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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 28.12.1999
Aktenzeichen: 1 Ws 1052/99
Rechtsgebiete: StPO, BRAGO


Vorschriften:

StPO § 395 ff.
BRAGO § 95
BRAGO § 12 Abs. 1
Die Tätigkeit des Nebenklägervertreters ist grundsätzlich nicht von gringerer Bedeutung als die des Verteidigers des Beschuldigten/Angeklagten. Dass er neben dem Staatsanwalt tätig wird, rechtfertigt es nicht, seine Vergütung zu kürzen.

OLG Düsseldorf, 1. Strafsenat, Beschluß vom 28.12.1999 - 1 Ws 1052/99 -


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF

BESCHLUSS 1 Ws 1052/99 111 Js 782/96 StA Düsseldorf

In der Strafsache

gegen

wegen Totschlags

hat der 1. Strafsenat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht S... sowie die Richter am Oberlandesgericht H... und S... auf die als Beschwerde geltende Erinnerung des Verurteilten gegen den Beschluß der Rechtspflegerin bei dem Landgericht Düsseldorf vom 23. September 1998 am 28. Dezember 1999 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde wird als unbegründet auf Kosten des Verurteilten (§ 473 Abs. 1 Satz 1 StPO), der auch die der Nebenklägerin im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen trägt (§ 473 Abs. 1 Satz 2 StPO), verworfen.

Gründe

Die Rechtspflegerin hat aus den Gründen des Vorlagebeschlusses der Strafkammer vom 9. Dezember 1999 im Ergebnis zutreffend entschieden.

Der Senat sieht jedoch - auch im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen, das allerdings zu keiner anderen Beurteilung führt - Veranlassung zu folgenden Hinweisen:

1. Die Tätigkeit des Nebenklägervertreters ist grundsätzlich nicht von geringerer Bedeutung als die des Verteidigers. Dies ergibt sich aus der Vorschrift des § 95 Halbs. 1 BRAGO (vgl. dazu OLG Düsseldorf - 2. Strafsenat - NStE Nr. 1 zu § 95 BRAGO; ferner Hartmann, Kostengesetze, 28. Aufl., § 95 BRAGO Rdnr. 7 m.w.N.). Deshalb rechtfertigt auch der Umstand, daß der Nebenklägervertreter neben dem Staatsanwalt tätig wird, es nicht, seine Vergütung zu kürzen (vgl. OLG Düsseldorf, a.a.O.). Im Hinblick darauf erscheint es nicht unbedenklich, zumindest aber mißverständlich, wenn die Rechtspflegerin die Gebühren des Nebenklägervertreters vorliegend ohne nähere Begründung pauschal auf 75 % der Höchstwahlanwaltsgebühren beschränkt hat. Dies läßt besorgen, daß sie sich des Grundsatzes nicht bewußt war, daß die Tätigkeit des Nebenklägervertreters grundsätzlich nicht niedriger bewertet werden darf als die des Verteidigers. Allerdings hat der Nebenklägervertreter den Kostenfestsetzungsbeschluß unter diesem Aspekt nicht beanstandet.

2. Ungeachtet dessen sind die von der Rechtspflegerin angesetzten Gebühren unter Beachtung der Kriterien des § 12 Abs. 1 BRAGO gleichwohl angemessen und entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers keinesfalls ungerechtfertigt überhöht. Die Bedeutung des Verfahrens für die zur Vorfallszeit erst 17 Jahre, zur Zeit der Hauptverhandlung gerade 18 Jahre alte Nebenklägerin, deren leiblicher Vater ihre leibliche Mutter vorsätzlich zu Tode gebracht hatte, ferner der Umfang der Sache und der dadurch bedingte erhebliche Aufwand der anwaltlichen Tätigkeit sowie vor allem die besonderen Schwierigkeiten, die sich für den Nebenklägervertreter aus der Problematik der Beziehungstat auf dem Hintergrund einer seit Jahren völlig zerrütteten Ehe ergaben, rechtfertigen die Gebührensätze des angefochtenen Beschlusses. Diese liegen allerdings auch unter Berücksichtigung der Tatsache, daß die Nebenklägerin ohne Einkommen und Vermögen war und ist, eher an der unteren Grenze.

3. Fahrtkosten und Abwesenheitsgelder sind korrekt errechnet und festgesetzt (§ 28 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 BRAGO). Die von dem Beschwerdeführer dagegen erhobenen Beanstandungen sind teils in tatsächlicher Hinsicht unrichtig, teils völlig aus der Luft gegriffen. Ergänzend wird insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des Vorlagebeschlusses der Strafkammer verwiesen, die sich der Senat zu eigen macht.

4. Zu Recht haben Rechtspflegerin und Strafkammer schließlich angenommen, daß die Nebenklägerin, die erst kurz vor der Hauptverhandlung das 18. Lebensjahr vollendet hatte, aus Gründen der Gebührenersparnis nicht gehalten war, einen in Düsseldorf ansässigen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung ihrer Rechte zu beauftragen. Es ist nach Lage des Falles nicht zu beanstanden, daß sie, als sie sich seinerzeit bei einer in W... wohnenden Verwandten aufhielt, auf deren Veranlassung an einen dieser bekannten Rechtsanwalt in B... wandte und ihn mit ihrer Vertretung als Nebenklägerin in dem umfangreichen und schwierigen Verfahren betraute. Auch der Senat hegt keinen Zweifel daran, daß die unter dem Schockerlebnis der Tat stehende junge und einer derartigen Ausnahmesituation nicht gewachsene Nebenklägerin nicht in der Lage gewesen wäre, allein alles Erforderliche zur Wahrung ihrer Rechte zu veranlassen.

5. Der Senat verweist abschließend darauf, daß über den Festsetzungsantrag vom 24. Juni 1998, betreffend die Auslagen für das Revisionsverfahren, - soweit ersichtlich - noch nicht entschieden ist. Diese Positionen sind nicht Bestandteil des angefochtenen Beschlusses. Ein gesonderter Festsetzungsbeschluß hierzu befindet sich nicht bei den Akten.



Ende der Entscheidung

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