Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 30.05.2000
Aktenzeichen: 22 U 225/99
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 433
BGB § 433

Leitsätze:

Ein Kaufinteressent, der die beim Kauf eines neuen Kraftfahrzeugs allgemein übliche schriftliche Bestellung unterschrieben hat, darf entgegen deren und der umseitigen AGB eindeutigen Wortlaut auch dann nicht von einer sofortigen Annahme seines Angebots ausgehen, wenn das Fahrzeug sich bei dem Händler befindet und er, weil es innerhalb weniger Tage ausgeliefert werden soll, dem Verkaufsberater des Händlers sogleich seinen Personalausweis und die Versicherungsdoppelkarte für die Fahrzeuganmeldung aushändigt, nachdem er mit diesem die nach Inzahlunggabe eines Gebrauchtwagens zu entrichtende Zuzahlung ausgehandelt hat.

OLG Düsseldorf, Urteil vom 30.5.2000 - 22 U 225/99 rechtskräftig


Sachverhalt: Die Kl unterschrieb am 4.6.1999 im Büro der Bekl die von deren Verkaufsberater ausgefüllte "Bestellung" eines Opel Sintra, den die Bekl vorrätig hatte. Als Liefertermin ist in der "Bestellung" genannt: "10.-11.6.99". Nach deren weiterem Inhalt sollte die Kl einen Mercedes 230 CE in Zahlung geben. Unter "Besondere Bedingungen" ist handschriftlich eingefügt: "Bar oder Scheck bei Bereitstellung DM 32.500,-". Unmittelbar oberhalb des Datums und der Unterschrift der Kl heißt es fett gedruckt: "Die Bestellung unterliegt den umseitigen AGB des Verkäufers". Auf der Rückseite sind die AGB für den Verkauf von neuen Kraftfahrzeugen und Anhängern abgedruckt. Mit Schreiben an die Kl vom 9.6.1999 lehnte die Bekl die Bestellung ab.

Die Kl meint, die Bekl habe den "Kaufvertrag" angenommen, denn es sei nicht nur sogleich ein Liefertermin vereinbart worden. Sie habe der durch ihren Verkaufsberater K vertretenen Bekl dessen Aufforderung entsprechend außerdem die für die Anmeldung des Fahrzeugs erforderlichen Unterlagen (Versicherungsdoppelkarte und Personalausweis) zur Verfügung gestellt. Mit ihrer Klage begehrt die Kl die Verurteilung der Bekl zur Übereignung des in der "Bestellung" beschriebenen Fahrzeugs Zug um Zug gegen Übereignung des DB 230 CE und Zahlung von 32.500 DM.

Das LG hat der Klage stattgegeben, weil die Bekl das Angebot durch das Verhalten ihres Verkaufsberaters schlüssig angenommen habe. Dagegen wendet sich die Bekl mit ihrer Berufung.

Oberlandesgericht Düsseldorf Im Namen des Volkes Urteil

22 U 225/99 4 O 232/99 LG Wuppertal

Verkündet am 30. Mai 2000

Papner, Justizobersekretärin als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

hat der 22. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 05. Mai 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Weyer, den Richter am Oberlandesgericht Muckel und die Richterin am Oberlandesgericht Müller-Piepenkötter

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 10. November 1999 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg.

Die Klage ist nicht begründet.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist ein Kaufvertrag über den PKW "Opel Sintra", dessen Erfüllung die Klägerin verlangen könnte, nicht wirksam zustande gekommen.

Bei der "Bestellung (verbindlich)" überschriebenen Urkunde handelt es sich nicht schon um einen Kaufvertrag. Dagegen spricht bereits die ausdrückliche Bezeichnung als Bestellung. Im übrigen fehlt die für einen schriftlichen Vertrag erforderliche Unterzeichnung durch beide Vertragsparteien (§§ 126, 127 BGB), also auch durch die Beklagte.

Es läßt sich auch nicht feststellen, daß ein Kaufvertrag am 04.06.1999 dadurch zustande gekommen ist, daß die durch ihren Verkaufsberater K vertretene Beklagte die schriftliche Bestellung der Klägerin mündlich angenommen hat.

Dagegen spricht bereits der Wortlaut des Angebotes, das abschließend und durch Fettdruck hervorgehoben auf die auf der Rückseite abgedruckten Allgemeinen Geschäftsbedingungen Bezug nimmt, gemäß deren Absatz I "Vertragsschluß" die Beklagte als Verkäuferin berechtigt sein sollte, die Annahme der Bestellung (Angebot des Käufers) binnen 20 Tagen abzulehnen, und ein Vertrag erst mit dem Ablauf der Ablehnungsfrist oder der vorherigen Lieferung zustande kommen sollte.

Zwar konnte die Beklagte von dieser in ihren Geschäftsbedingungen vorgesehenen, im Handel mit neuen Kraftfahrzeugen allgemein üblichen rechtlichen Handhabung im Falle der Klägerin absehen und deren schriftliches Angebot sogleich an Ort und Stelle annehmen. Hierzu hätte es jedoch ausdrücklicher oder schlüssiger Erklärungen der Beklagten bedurft, die eindeutig und unmißverständlich als Annahme des schriftlichen Angebotes der Klägerin aufzufassen waren. Diese sind aber nicht dargetan.

Daß der Verkaufsberater K der Beklagten ihr gegenüber ausdrücklich erklärt habe, die Beklagte nehme das Angebot an, oder in anderer Weise mit Worten zum Ausdruck gebracht habe, die Beklagte werde das Angebot nicht ablehnen, der Vertrag sei auch für diese verbindlich, trägt die Klägerin nicht vor.

Auch eine schlüssige Annahme des schriftlichen Angebotes der Klägerin durch die Beklagte läßt sich nicht feststellen.

Sie kann nicht schon darin gesehen werden, daß der Verkaufsberater K sich von der Klägerin zum Zwecke der Fahrzeuganmeldung den Personalausweis und die Versicherungsdoppelkarte aushändigen ließ. Dies macht zwar in der Regel erst dann Sinn, wenn endgültig feststeht, daß der Kaufinteressent ein Fahrzeug kauft. Naheliegend und deshalb nicht auszuschließen ist jedoch, daß der Verkaufsberater K sich die genannten Unterlagen lediglich im Hinblick auf die recht kurze Zeitspanne bis zu dem in Aussicht genommenen Liefertermin und in der Erwartung, die Geschäftsführung werde die Bestellung der Klägerin annehmen, hat geben lassen. Unter den gegebenen Umständen war deshalb die Entgegennahme der Papiere durch den Verkaufsberater auch aus der Sicht der Klägerin nicht, jedenfalls nicht eindeutig als Annahme ihres Kaufangebotes zu sehen.

Zwar mag es zutreffen, daß die Klägerin der Ansicht gewesen ist, bereits einen für beide Seiten verbindlichen Kaufvertrag geschlossen zu haben, nachdem sie die im Einvernehmen mit dem Verkaufsberater der Beklagten ausgefüllte schriftliche "Bestellung" am 04.06.1999 unterschrieben und ihm die für die Zulassung des Fahrzeugs auf ihren Namen benötigten Papiere ausgehändigt hatte. Die Vorstellung der Klägerin ist jedoch für die rechtliche Beurteilung des Sachverhalts nicht maßgeblich. Für die Frage, ob zwischen den Parteien durch Annahme der "Bestellung" der Klägerin ein Kaufvertrag zustande gekommen ist, kommt es vielmehr entscheidend darauf an, wie das Verhalten des Verkaufsberaters der Beklagten von der Klägerin als Erklärungsempfängerin nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte zu verstehen war (vgl. BGH NJW 1992, 1446/7 m. w. N.). Angesichts der Verwendung eines Formblattes für die Bestellung der Klägerin, das mit "Bestellung (verbindlich)" überschrieben war und lediglich die Unterzeichnung durch den Käufer vorsah, sowie der Bezugnahme auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Verkauf von neuen Kraftfahrzeugen und Anhängern, die unter Abs. I bestimmten, daß der Kaufvertrag - abgesehen von dem Fall vorzeitiger Lieferung - erst zustande kam, wenn der Verkäufer die Bestellung (Angebot des Käufers) nicht binnen 20 Tagen ablehnte, konnte die Klägerin das Verhalten des Verkaufsberaters nicht als Annahme ihres Angebotes (ihrer Bestellung) durch die Beklagte verstehen. Dies konnte sie um so weniger, weil die Entgegennahme schriftlicher Bestellungen der Kaufinteressenten, die für diese verbindlich sind, und die Verwendung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Verkauf von neuen Kraftfahrzeugen und Anhängern, die u. a. das Recht des Fahrzeughändlers vorsehen, die Annahme der Bestellungen innerhalb bestimmter Fristen abzulehnen, im Handel mit Neufahrzeugen schon seit langem allgemein üblich ist und zwar unabhängig davon, ob es sich - wie hier - um ein Lagerfahrzeug oder um ein nach den Ausstattungswünschen des Bestellers noch herzustellendes Fahrzeug handelt.

Daß die Klägerin bereits bei der Bestellung am 04.06.1999 mit dem Verkaufsberater der Beklagten die nach Inzahlunggabe des Gebrauchtwagens von der Klägerin zu entrichtende Zuzahlung und den Liefertermin ausgehandelt hat, entsprach dem, was zur inhaltlichen Bestimmung des Angebotes der Klägerin erforderlich war. Allein daraus, daß diese Punkte bereits vorab mit dem Verkaufsberater der Beklagten ausgehandelt worden waren und das Kauffahrzeug schon im Sinne einer Spezifizierung des Kaufgegenstandes festgelegt war, kann deshalb nicht schon auf eine verbindliche Einigung der Parteien über alle wesentlichen Vertragsbestandteile geschlossen werden.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Für die Zulassung der Revision besteht kein gesetzlich begründeter Anlaß (§ 546 Abs. 1 ZPO).

Streitwert für die Berufungsinstanz und zugleich Beschwer der Klägerin: 57.000,00 DM.

Ende der Entscheidung

Zurück