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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 13.08.2003
Aktenzeichen: 3 Wx 181/03
Rechtsgebiete: WEG, BGB


Vorschriften:

WEG § 26 Abs. 1
WEG § 43 Abs. 1 Nr. 4
BGB § 615
BGB § 242
1.

In dem Beschluss der Wohnungseigentümer über eine Abberufung des Verwalters kann zugleich die Erklärung einer fristlosen Kündigung des Verwaltervertrages liegen.

2.

Macht der Verwalter von seiner Befugnis, den Abberufungsbeschluss anzufechten, keinen Gebrauch und lässt er auch in sonstiger Weise nicht erkennen, dass er am Verwaltervertrag festhalten will, verstößt es gegen die Grundsätze aus Treu und Glauben, wenn er 3 1/2 Jahre später für die restliche Laufzeit des Verwaltervertrages Vergütungsansprüche erhebt.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

3 Wx 181/03

In dem Wohnungseigentumsverfahren

betreffend die Wohnungseigentümergemeinschaft C-Straße in Kleve,

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Kleve vom 07. Mai 2003 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. H, des Richters am Oberlandesgericht Dr. T und der Richterin am Oberlandesgericht T1

am 13. August 2003

beschlossen:

Tenor:

Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

Die gerichtlichen Kosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde trägt die Beteiligte zu 1. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet. Wert des Beschwerdegegenstandes: 61.280,48 Euro.

Gründe:

Die Beteiligte zu 2 bildet die im Rubrum genannte Eigentümergemeinschaft. Die Beteiligte zu 1 ist aufgrund eines Beschlusses der Eigentümerversammlung vom 06.06.1997 zur Verwalterin der Anlage bestellt worden. Der mit Wirkung zum 01.06.1997 abgeschlossene Verwaltervertrag sieht eine Laufzeit bis zum 31.05.2002 vor. Eine vorzeitige Abberufung des Verwalters sollte nur aus wichtigem Grund möglich sein.

Die der Teilungserklärung zugehörige Gemeinschaftsordnung enthält unter § 17 Nr. 2 folgende Regelung:

"Über die Bestellung und Abberufung des Verwalters und über die Dauer der Bestellung beschließt die Eigentümerversammlung mit einfacher Stimmenmehrheit. Beim Vorliegen eines wichtigen Grundes können die Eigentümer jederzeit eine Abberufung des Verwalters beschließen."

In einer Wohnungseigentümerversammlung vom 03.07.1998, die von einem Vertreter der Beteiligten zu 1 geleitet wurde, beschlossen die Miteigentümer unter TOP 5 einstimmig, die Beteiligte zu 1 als Verwalterin gemäß § 17.2 der Teilungserklärung abzuberufen. Unter TOP 6 bestellten sie die Firma als neue Verwalterin. Die Beteiligte zu 1 widersprach ihrer Abwahl, ließ jedoch den entsprechenden Beschluss der Eigentümerversammlung unangefochten bestehen. Im September 1999 verpflichtete das Amtsgericht Kleve die Beteiligte zu 1 auf Antrag der GmbH u.a. zur Herausgabe der Hausakten der Wohnungseigentumsanlage.

Mit einem am 27.12.2001 beim Amtsgericht Hagen eingegangenen Mahnbescheidsantrag hat die Beteiligte zu 1 von den übrigen Beteiligten für die Zeit vom 01.01.1999 bis 31.12.1999 eine Verwaltervergütung in Höhe von 35.078,40 DM verlangt. Nach Widerspruch und Abgabe an das Amtsgericht Kleve hat die Beteiligte zu 1 ihren Antrag auf insgesamt 119.854,20 DM erweitert. Sie hat geltend gemacht, eine Kündigung des Verwaltervertrages sei nicht erklärt worden; dafür habe es auch an einem wichtigen Grund gefehlt. Sie habe daher Anspruch auf Zahlung der vereinbarten Vergütung, wobei sie für ersparte Aufwendungen einen Abzug in Höhe von 30 % vornehme.

Die Beteiligten zu 2.1 - 16 haben demgegenüber eingewandt, die Kündigung des Verwaltervertrages sei in dem Abberufungsbeschluss enthalten. Sie sei auch aus wichtigem Grund erfolgt, denn die Beteiligte zu 1 habe bis zur Eigentümerversammlung vom 03.07.1998 keine Jahresabrechnung für das Wirtschaftsjahr 1997 erstellt und darüber hinaus keine Sanierungsarbeiten veranlasst, wodurch der Eigentümergemeinschaft Schäden entstanden seien. Im übrigen haben sie darauf hingewiesen, dass die Beteiligte zu 1 den Abberufungsbeschluss nicht angefochten habe.

Das Amtsgericht hat den Zahlungsantrag zurückgewiesen. Es hat ausgeführt, es widerspreche den Grundsätzen von Treu und Glauben, wenn die Beteiligte zu 1 einerseits die in der Abberufung liegende Kündigung des Verwaltervertrages hinnehme, andererseits den Fortbestand des Vertrages geltend mache, indem sie eine Vergütung verlange. Im übrigen hat das Amtsgericht einen wichtigen Grund für eine Kündigung für gegeben gehalten. Die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1 ist beim Landgericht ohne Erfolg geblieben. Gegen den Beschluss des Landgerichts wendet sich die Beteiligte zu 1 nunmehr mit ihrer sofortigen weiteren Beschwerde.

Die Beteiligte zu 2 ist dem Rechtsmittel entgegengetreten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 ist gemäß §§ 43 Abs. 1, 45 Abs. 1 WEG, §§ 27, 22 FGG zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Die Entscheidung des Landgerichts beruht nicht auf einer Verletzung des Gesetzes ( § 27 FGG ).

1. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, der Verwaltervertrag habe nicht aus wichtigem Grund gekündigt werden können. Ein wichtiger Grund habe nämlich nicht vorgelegen. Ein solcher sei insbesondere nicht in dem Umstand zu sehen, dass die Beteiligte zu 1. die Jahresabrechnung für das Jahr 1997 noch nicht bis zum 03.07.1998 erstellt hatte. Nach der Teilungserklärung hätte die Jahresabrechnung bis zum 31.05. vorgelegt werden müssen. Eine Überschreitung dieser Frist um lediglich fünf Wochen sei geringfügig und mache die Fortsetzung des Verwaltervertrages für die Wohnungseigentümer nicht unzumutbar, zumal eine Abrechnung über die Hausgelder erfolgt sei. Auch die übrigen in der Anlage zum Protokoll der Eigentümerversammlung vom 03.07.1998 aufgeführten Gründe der Abberufung hätten nicht ein solches Gewicht, dass sich hieraus eine Zerstörung des Vertrauensverhältnisses ergäbe. Der Vergütungsanspruch der Beteiligten zu 1 sei jedoch gemäß § 323 Abs. 1 BGB a.F. erloschen. Die Beteiligte zu 1 könne die ihr nach dem Verwaltervertrag obliegenden Leistungen wegen des inzwischen eingetretenen Zeitablaufs nicht mehr erbringen. Die Beteiligte zu 1 habe ihre Leistungen der Eigentümergemeinschaft nach der Kündigung nicht angeboten ( § 295 BGB ), so dass diese nicht etwa in Annahmeverzug ( § 293 BGB ) geraten seien. Daher ergebe sich weder aus § 324 Abs. 2 BGB a.F. noch aus § 615 BGB ein Vergütungsanspruch.

2. Diese Ausführungen halten der dem Senat obliegenden rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.

2.1. Das Landgericht hat zunächst zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, festgestellt, dass der Verwaltervertrag mit der Beteiligten zu 1 wirksam abgeschlossen worden ist.

2.2. Dieser ist konkludent mit dem Abberufungsbeschluss in der Eigentümerversammlung vom 03.07.1998 gekündigt worden. Zwar ist grundsätzlich die Kündigung des Verwaltervertrages von der Abberufung des Verwalters durch Beschluss der Eigentümerversammlung zu unterscheiden. Sie kann aber in dem Abberufungsvorgang enthalten sein. Der Abberufungsbeschluss ist konstitutiver Bestandteil des zweistufigen Abberufungsaktes, der neben der gemeinschaftlichen Willensbildung auf Beendigung der Verwaltertätigkeit eine entsprechende Abberufungserklärung und deren Zugang erfordert ( BGH Beschluss vom 20.06.2002, NZM 2002, 788 ff.; Bay ObLG ZMR 2003 438 ). Im vorliegenden Fall war ein Vertreter der Beteiligten zu 1 bei der Eigentümerversammlung vom 03.07.1998 anwesend. Die Beteiligte zu 1 bestreitet nicht, dass ihr die Abberufungserklärung damit unmittelbar zugegangen ist und sie auch Kenntnis davon erlangte, dass gleichzeitig eine neue Verwalterin bestellt wurde. Dies konnte sie nur so verstehen, dass mit der Abberufung auch der Verwaltervertrag im Wege der Kündigung beendet sein sollte.

2.3. Eine solche vorzeitige Beendigung war nach den Regelungen des Verwaltervertrages nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes wirksam. Es kann offen bleiben, ob - wie das Landgericht gemeint hat - ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung fehlte. Selbst wenn ein solcher nicht gegeben war, steht der Beteiligten zu 1 ein Anspruch auf Zahlung der Verwaltervergütung für die im Verwaltervertrag vereinbarte Laufzeit unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben ( § 242 BGB ) nicht zu. In dem o.g. Beschluss vom 20.06.2002 hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass der durch Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer abberufene Verwalter in entsprechender Anwendung des § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG zur Anfechtung des Abberufungsbeschlusses berechtigt ist und darüber hinaus befugt ist, die materiellen Voraussetzungen einer Kündigung im Feststellungsverfahren nach § 43 Abs. 1 Nr. 2 WEG i.V.m. § 256 Abs. 1 ZPO gerichtlich überprüfen zu lassen. Da die Anfechtung nur innerhalb der Monatsfrist des § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG geltend gemacht werden kann, ergibt sich aus dem Anfechtungsrecht eine Anfechtungslast des Verwalters ( BGH a.a.O.; a.A. Becker ZWE 2003, 162, 166, der den Verwalter auch hinsichtlich des Abberufungsbeschlusses auf das nicht fristgebundene Feststellungsverfahren verweisen möchte ). Unterlässt der Verwalter eine Anfechtung, stellt der bestandskräftige Abberufungsbeschluss nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, der sich der Senat anschließt, auch das Vorliegen der erforderlichen Abberufungsvoraussetzungen für alle Beteiligten bindend fest ( vgl. BGH a.a.O. ). Dieser entfaltet zwar keine vorgreifliche Wirkung für die Frage der Wirksamkeit der Kündigung. Diese kann der Verwalter im Feststellungsverfahren überprüfen lassen; das erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich nach den Ausführungen des Bundesgerichtshofs ( a.a.O. ) aus dem Umstand, dass der Verwalter zur Wahrung seiner vertraglichen Vergütungsansprüche darauf angewiesen ist, die Wirksamkeit der Vertragsbeendigung infolge einer Kündigung gerichtlich klären zu lassen. Ein solches Feststellungsverfahren ist nicht an die Frist des § 23 WEG gebunden. Ob es das Interesse der Wohnungseigentümer an einer Rechtsklarheit und Rechtssicherheit gebietet, dass der Verwalter zeitnah von den ihm eingeräumten Rechten Gebrauch macht, braucht hier nicht entschieden zu werden. Die Beteiligte zu 1 hatte vorliegend nämlich nicht nur die Abberufung, sondern auch die Kündigung unbeanstandet hingenommen und auch in der Folgezeit nicht zu erkennen gegeben, dass sie am Fortbestand des Verwaltervertrages festhalten will. Sie hat erst etwa 3 1/2 Jahre nach der Kündigung Vergütungsansprüche erhoben und diese mit der Unwirksamkeit der Kündigung begründet. Ein solches Verhalten widerspricht den in § 242 BGB verankerten Grundsätzen von Treu und Glauben und führt in diesem Fall zum Verlust der Vergütungsansprüche.

2.4. Unter diesen Umständen kann es dahin stehen, ob - wie das Landgericht meint - die Vergütungsansprüche der Beteiligten zu 1 deswegen entfielen, weil die Wohnungseigentümer sich nicht mit der Annahme der Verwaltungsleistungen gemäß § 293 BGB im Verzug befanden. Dies könnte zweifelhaft sei, wenn die Beteiligte zu 1 mit dem Zugang der Abberufungserklärung ihre Organstellung als Verwalterin verloren hatte ( so Bay ObLG ZMR 2003, 438 ) und deshalb ein Angebot zur Erbringung ihrer vertraglichen Leistungen ins Leere gegangen wäre.

Die sofortige weitere Beschwerde konnte danach keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Für eine Erstattungsanordnung hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten nach Billigkeitsgesichtspunkten besteht keine Veranlassung.

Ende der Entscheidung

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