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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 10.04.2000
Aktenzeichen: 3 Wx 425/99
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 10
WEG § 23
WEG § 25
Wird - gemäß der Teilungserklärung - die Vertretung der Wohnungseigentümer, die in der Eigentümerversammlung nicht anwesend und nicht anderweitig vertreten sind, vom Verwalter ausgeübt, so führt dies auch bei einem "einstimmigen" Beschluss nicht zu einer Vereinbarung i.S. des § 10 WEG.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF

BESCHLUSS

3 Wx 425/99 19 T 165/99 LG Düsseldorf 27 II 35/96 WEG AG Neuss

In der Wohnungseigentumssache

betreffend die Wohnungseigentümergemeinschaft

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 3) gegen den Beschluß der 19. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 28. Oktober 1999 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. Gottschalg, der Richterin am Oberlandesgericht Schaefer-Lang und des Richters am Oberlandesgericht Dr. Schütz am 10. April 2000

beschlossen:

Tenor:

Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten zu 3) tragen die gerichtlichen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde.

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

Wert des Beschwerdegegenstandes: 50.000,00 DM.

Gründe:

I.

In der die o. a. Wohnungseigentümergemeinschaft betreffende Teilungserklärung sind in § 5 Nr. 2.5 die Außenfenster dem gemeinschaftlichen Eigentum zugewiesen. In § 26 Nr. 1.2.2 ist festgelegt, daß die Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums von den Eigentümern nach dem Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile getragen werden.

Am 15.04.1994 fand eine Versammlung der Wohnungseigentümer statt, an der nicht alle Wohnungseigentümer teilgenommen haben. Hinsichtlich der Vertretung eines Wohnungseigentümers in Eigentümerversammlungen bestimmt § 33 Nr. 8 der Teilungserklärung:

"In der Eigentümerversammlung kann sich jeder Wohnungseigentümer aufgrund schriftlicher Vollmacht durch seinen Ehegatten, Verwandte ersten Grades, den Verwalter, einen vom Verwalter bestimmten Unterbevollmächtigten oder einen anderen Miteigentümer vertreten lassen. Eine Vertretung durch Dritte ist ausgeschlossen. Dritten kann jedoch vom Verwalter die Anwesenheit bei der Eigentümerversammlung gestattet werden.

Die Vertretung der Wohnungseigentümer, die nicht anwesend und nicht anderweitig vertreten sind, wird vom Verwalter ausgeübt."

In der Versammlung befaßten sich die Wohnungseigentümer u. a. auch mit der Erneuerung der Außenfenster und der Verteilung der insoweit anfallenden Kosten.

Unter TOP 5 d) beschlossen sie u. a. im Beschluß 2:

Laut Teilungserklärung sind die Außenfenster zwingend Gemeinschaftseigentum. Trotzdem beschließt die Versammlung, daß jeder Eigentümer die Kosten für die Fenster seiner eigenen Wohnung auch selbst bezahlt und die Kosten nicht nach Miteigentumsanteilen umgelegt werden. Trotz evtl. einer anderen gesetzlichen Regelung erklärt die Versammlung die bisher geübte Praxis bezüglich der Bezahlung für in Ordnung.

Als Abstimmungsergebnis ist im Protokoll der Versammlung insoweit "einstimmig" vermerkt.

Die Beteiligten zu 1) und 2) haben beim Amtsgericht u. a. beantragt, den zu TOP 5 d) 2. ergangenen Beschluß für ungültig zu erklären. Sie haben gerügt, sie seien zu der Versammlung nicht eingeladen worden. Durch den angefochtenen Beschluß würden sie zudem "unrechtmäßig" belastet.

Das Amtsgericht hat den Beschluß zu TOP 5 d) 2. für ungültig erklärt und den weitergehenden Antrag zurückgewiesen.

Die Beteiligten zu 3) haben gegen die Entscheidung des Amtsgerichts sofortige Beschwerde eingelegt.

Sie haben die Auffassung vertreten, der zu TOP 5 d) 2. ergangene Beschluß sei nicht zu beanstanden, denn für die darin getroffene, den Bestimmungen der Teilungserklärung nicht entsprechende Kostenverteilung sei ein sachlicher Grund vorhanden. Im übrigen hätten die Beteiligten zu 1) und 2) das Recht auf Anfechtung des Beschlusses verwirkt. Schließlich sei der in der Teilungserklärung festgesetzte Verteilungsschlüssel bereits durch die langjährige entgegenstehende Praxis und die insoweit ergangenen Beschlüsse im Sinne einer Vereinbarung geändert worden.

Das Landgericht hat das Rechtsmittel der Beteiligten zu 3) zurückgewiesen.

Gegen die Entscheidung des Landgerichts wenden sich die Beteiligten zu 3) unter Wiederholung ihres früheren Vorbringens mit der sofortigen weiteren Beschwerde.

Die Beteiligten zu 1) und 2) sind dem Rechtsmittel entgegengetreten.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig (§ 45 Abs. 1 WEG, §§ 22, 27, 29 FGG), sachlich aber nicht begründet, denn die Entscheidung des Landgerichts beruht nicht auf einer Gesetzesverletzung (§ 27 FGG).

1)

Das Landgericht hat ausgeführt, der Beschluß zu TOP 5 d) 2. sei auf Antrag der Beteiligten zu 1) und 2) für ungültig zu erklären, weil die Änderung des Kostenverteilungsschlüssels nur durch eine Vereinbarung, nicht aber durch einen Mehrheitsbeschluß der Wohnungseigentümer habe herbeigeführt werden können. Eine Vereinbarung sei aber - ungeachtet der im Protokoll vermerkten "Einstimmigkeit" des Beschlusses - nicht gegeben. Auch die von den Beteiligten zu 3) angeführte bisherige Praxis der Fenstersanierung und die dazu ergangenen Beschlüsse seien nicht als eine "Vereinbarung" über die Änderung der Kostenverteilung anzusehen. Schließlich hätten die Beteiligten zu 1) und 2) ihr Anfechtungsrecht auch nicht verwirkt.

Diese Erwägungen des Landgerichts halten der dem Senat obliegenden rechtlichen Nachprüfung stand.

a)

Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß eine in der Teilungserklärung getroffene Regelung über die Verteilung der Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums grundsätzlich nur durch eine Vereinbarung aller Wohnungseigentümer geändert werden kann, eine solche Vereinbarung aber hier nicht vorliegt.

Eine Vereinbarung setzt ein einheitliches Handeln aller Wohnungseigentümer voraus. Nach dem Protokoll über die Versammlung vom 15.04.1994 ist der Beschluß zu TOP 5 d) 2. zwar einstimmig gefaßt worden, jedoch waren in der Versammlung nicht alle Wohnungseigentümer anwesend oder aufgrund einer zuvor erteilten Vollmacht vertreten, vielmehr waren 424,58/1000 Miteigentumsanteile "nur" nach der o. a. Bestimmung in § 33 Nr. 8 der Teilungserklärung durch den Verwalter vertreten.

Ob die Regelung, daß nicht anwesende oder nicht aufgrund einer Vollmacht vertretene Wohnungseigentümer vom Verwalter vertreten werden, wodurch dem einzelnen Wohnungseigentümer das Recht genommen wird, sich an bestimmten Angelegenheiten, die in einer Wohnungseigentümerversammlung behandelt werden sollen, nicht zu beteiligen, und zwar über die bloße Stimmenthaltung hinaus, einer rechtlichen Kontrolle standhält (bejahend OLG Frankfurt OLGZ 1986, 45; Staudinger/Bub BGB 12. Aufl., Rn. 54 zu § 25 WEG), kann dahinstehen, denn auch wenn man von der Wirksamkeit der Vertretung der abwesenden Wohnungseigentümer, die keine Vollmacht erteilt hatten, durch den Verwalter ausgeht, so erstreckte sich die Vertretungsbefugnis des Verwalters jedenfalls - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - nicht auf Regelungen, die grundsätzlich einer Vereinbarung aller Wohnungseigentümer bedurften, denn eine "Zwangsvertretung" der abwesenden Wohnungseigentümer durch den Verwalter kann allenfalls insoweit im Interesse der Gemeinschaft liegen, als - wie das Oberlandesgericht Frankfurt ausgeführt hat - die Beschlußfähigkeit schon der ersten Wohnungseigentümerversammlung gewährleistet werden soll.

c)

Eine Verwirkung des Anfechtungsrechts der Beteiligten zu 1) und 2) hat das Landgericht frei von Rechtsfehlern verneint. Der Umstand, daß bereits seit längerer Zeit die Frage der Fenstersanierung in den jeweiligen Wohnungseigentümerversammlungen zur Sprache kam und beschlossen worden war, die alten Holzfenster gegen neue Kunststoffenster auszuwechseln, vermag eine Verwirkung des Anfechtungsrechtes einzelner Wohnungseigentümer - hier der Beteiligten zu 1) und 2) - bezüglich des erst 1994 gefaßten Beschlusses zur Frage der Kostenverteilung und der damit verbundenen Änderung der Teilungserklärung nicht zu begründen. Nach dem eigenen Vorbringen der Beteiligten zu 3) ist in den früheren Versammlungen gerade bezüglich der Kostenverteilung keine Einigung erzielt worden. Es kann daher nicht angenommen werden, daß die Beteiligten zu 3) sich berechtigtermaßen darauf eingerichtet hatten oder darauf einrichten durften, daß eine Änderung der in der Teilungserklärung getroffenen Kostenverteilung von allen Wohnungseigentümern akzeptiert werde.

Daß die von den Beteiligten zu 3) angeführte Praxis, wonach bei bereits durchgeführten Fenstersanierungen die jeweiligen Wohnungseigentümer die dabei anfallenden Kosten für die Fenster ihrer Wohnung selbst getragen haben, nicht eine "Vereinbarung" der in der Teilungserklärung geregelten Kostenverteilung darstellt, liegt auf der Hand.

Die sofortige weitere Beschwerde konnte danach keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG.

Es bestand kein Anlaß, von dem Grundsatz, daß die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen, abzuweichen.

Den Geschäftswert hat der Senat auf 50.000,00 DM festgesetzt. Dabei ist berücksichtigt worden, daß es nicht um die Frage geht, ob eine Sanierung überhaupt durchgeführt wird und damit Kosten in Höhe von mehr als 3 Mio. DM auf die Gemeinschaft zukommen, sondern lediglich um die Frage, wie diese anfallenden Kosten auf die einzelnen Wohnungseigentümer verteilt werden.

Ende der Entscheidung

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