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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 20.04.1999
Aktenzeichen: 4 U 105/98
Rechtsgebiete: BGB, ALB 57


Vorschriften:

BGB § 398
BGB § 812 Abs. 1
BGB § 818 Abs. 3
ALB 57 § 13 Nr. 3
§ 398 BGB § 812 Abs. 1 BGB § 818 Abs. 3 BGB § 13 Nr. 3 ALB 57

Hat der Versicherungsnehmer mit Einverständnis des Versicherers seine Rechte aus einem Lebensversicherungsvertrag wirksam an seine Ehefrau abgetreten und nimmt der Versicherungsnehmer später abermals eine - ins Leere gehende - Abtretung seiner Ansprüche an einen Dritten vor, so richtet sich die Bereicherungsforderung des Versicherers, der fäschlich an den Dritten geleistet hat, gegen diesen Dritten.

Durch die von dem Dritten zwecks Erwerbs der Versicherungsansprüche an den Versicherungsnehmer gezahlte Abfindung ist die Bereicherung des Dritten nicht entfallen.

OLG Düsseldorf Urteil 20.04.1999 - 4 U 105/98 - 2 O 390/97 LG Duisburg


hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 23. März 1999 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. ... und der Richter am Oberlandesgericht Dr. W. und Z. für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 25. März 1998 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Denn das Landgericht hat zutreffend einen Bereicherungsanspruch der Klägerin gegen den Beklagten bejaht. Dieser beruft sich auch in Höhe von 6.200 DM ohne Erfolg auf den Wegfall der Bereicherung.

1.

Grundsätzlich steht der Klägerin gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB ein Anspruch auf Rückzahlung des Rückkaufswertes der Lebensversicherung in Höhe unstreitiger 10.070,30 DM gegen den Beklagten zu, weil der Beklagte durch Leistung der Klägerin diesen Betrag rechtsgrundlos erlangt hat.

Ansprüche aus dem Lebensversicherungsvertrag des Zeugen ... und der Klägerin (Vers.-Nr. ...) sind auf den Beklagten nicht wirksam übertragen worden, weil solche Ansprüche zuvor schon vom Zeugen S. abgetreten worden waren.

Das Landgericht hat zu Recht angenommen, daß sich die Eheleute S. über die Abtretung der Versicherungsansprüche gegen die Klägerin am 19. Juli 1980 einig waren. Darauf deutet die Abtretungsanzeige vom selben Tage (GA 5) hin, die von dem Zeugen S. im wesentlichen bestätigt worden ist, auch wenn er keine Einzelheiten der Abtretungsvereinbarung mehr zu bekunden wußte. Im übrigen spricht die Urkunde dafür, daß die Parteien sich auch gegenüber der Klägerin einvernehmlich im Sinne einer Abtretung geäußert haben, so daß darin nochmals die Bestätigung eines Abtretungsvertrages gesehen werden kann. Denn Zedentin und Zessionar haben die Abtretungsanzeige nicht nur unterzeichnet. Vielmehr findet sich auch noch die Erklärung der Ehefrau W. S., in die Stellung des Versicherungsnehmers einrücken, insbesondere die Prämienzahlung übernehmen zu wollen.

Da die Klägerin damit einverstanden war, liegt möglicherweise nicht nur eine Abtretung der Versicherungsansprüche vor, sondern sogar ein Vertragswechsel. Denn es kann zugleich der alte Vertrag mit dem Zeugen S. aufgehoben und ein neues Vertragsverhältnis zur Ehefrau W. S. begründet worden sein. Dann war aber der Zeuge S. erst recht im Zeitpunkt der Abtretung an den Beklagten nicht mehr Inhaber von Ansprüchen aus dem Versicherungsverhältnis.

Diese Vereinbarung war nicht wegen Geschäftsunfähigkeit des Zeugen S. (§ 104, 105 BGB) oder Sittenwidrigkeit durch kollusives Zusammenwirken der Eheleute S. zum Nachteil von Gläubigern (§ 138 BGB) nichtig. Was der Beklagte dazu vorbringt, ist nicht hinreichend substantiiert. Allein die Tatsache, daß der Zeuge S. bei seiner Vernehmung bekundet hat, er sei zur damaligen Zeit arbeitslos und alkoholkrank gewesen, rechtfertigt weder den Schluß auf Geschäftsunfähigkeit des Zeugen S. noch darauf, daß die Eheleute Selbach gemeinsam Gläubiger haben benachteiligen wollen. Mangels substantiierten Vorbringens kommt es deshalb nicht auf den Beweisantritt Zeugnis S. an.

Entgegen der Auffassung des Beklagten richtet sich der Anspruch der Klägerin wegen rechtsgrundloser Zahlung nicht gegen den Zeugen S. oder seine Ehefrau, sondern den Beklagten. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, nach der bei der Rückforderung von ungerechtfertigt gezahlten Versicherungsleistungen in Zessionsfällen sich der Bereicherungsanspruch regelmäßig auch dann gegen den Versicherungsnehmer richtet, wenn der Versicherer die Versicherungsleistung in Unkenntnis eines leistungsbefreienden Tatbestandes an einen Abtretungsempfänger gezahlt hat (BGHZ 122, 46, 50; 105, 65), ist auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Denn hier geht es nicht um Mängel des Versicherungsverhältnisses (Deckungsverhältnisses), sondern um solche des Valutaverhältnisses. Für diese Fälle unwirksamer Zession bei wirksamem Deckungsverhältnis ist der Abtretungsempfänger aber Bereicherungsschuldner (vgl. BGHZ 113, 62, 70). Bei irrig angenommener Zession kann die dem vermeintlichen Zessionar erbrachte Leistung bei diesem kondiziert werden. Die Zession des Zeugen S. ging ins Leere und entfaltete keine Wirkungen, weil die Forderung zuvor schon anderweitig abgetreten war.

2.

Gegenüber dem Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung des empfangenen Betrages beruft der Beklagte sich ohne Erfolg auf den Wegfall der Bereicherung (§ 818 Abs. 3 BGB). Davon kann nämlich nur ausgegangen werden, wenn der Vermögensstand des Bereicherten zur Zeit der Entstehung des Bereicherungsanspruchs, verglichen mit dem zur Zeit der Herausgabe des Bereicherungsgegenstandes bzw. des Wertersatzes sich vermindert hat. Das war im Falle des Beklagten aber nicht der Fall. Er hatte nämlich, bevor er die Leistung der Klägerin erlangte, bereits am 4. November 1996 an den Zeugen S. 6.200 DM gezahlt. Die Zahlung erfolgte mithin nicht aus dem Bereicherungsgegenstand.

3.

Daß § 814 BGB den Bereicherungsanspruch der Klägerin nicht ausschließt, hat das Landgericht zutreffend ausgeführt. Auf diesen Gesichtspunkt ist der Beklagte im zweiten Rechtszug auch nicht mehr zurückgekommen.

4.

Der Zinsanspruch ergibt sich in geltend gemachter Höhe von 7,2 % gemäß §§ 284 Abs. 1, 286 Abs. 1 BGB aus dem Gesichtspunkt des Verzuges. Die Klägerin hat durch den von dem Beklagten nicht angezweifelten "Lagebericht" dargelegt, daß sie mit Kapital eine Nettoverzinsung von 7,5 % pro Jahr erzielt. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Zur Zulassung der Revision besteht gemäß § 546 Abs. 1 ZPO kein begründeter Anlaß.

Der nicht nachgelassene Schriftsatz des Beklagten vom 23. März 1999 gibt keinen Anlaß zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§ 156 ZPO).

Streitwert für die Berufungsinstanz und Beschwer des Beklagten: 10.070,30 DM.

Ende der Entscheidung

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