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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 15.01.2008
Aktenzeichen: I-4 U 69/07
Rechtsgebiete: VAG, VVG


Vorschriften:

VAG § 140
VVG §§ 16 ff.
VVG § 16 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Beklagten zu 1.) gegen das Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 01.03.2007 - Einzelrichter - wird als unzulässig verworfen, soweit sie sich gegen die Beklagte zu 2) richtet, und zurückgewiesen, soweit sie sich gegen die Klägerin richtet.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte zu 1).

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I. Der Beklagte zu 1) und die Beklagte zu 2) standen seit April 2004 in Vertragsverhandlungen betreffend die Übernahme von Krankenversicherungen im Ausland lebender Deutscher durch die Beklagte zu 1) als Risikoträgerin. Im Rahmen der Vertragsverhandlungen wurde u.a. der Entwurf eines "Gruppenversicherungsvertrags" zwischen der Beklagten zu 1) und dem B... e.V. (B...), dessen Vorstand zugleich Geschäftsführer der Beklagten zu 2) ist, gefertigt (Anl. 4, GA 56 ff.). Gemäß diesem Vertragsentwurf sollten die Mitglieder des B... nach Maßgabe bestimmter Tarife versichert sein. Sämtliche Verwaltungsaufgaben wie die Risikobeurteilung, die Bestätigung des Versicherungsschutzes oder die Schadensregulierung sollten auf die Beklagte zu 2) ausgelagert sein. Vorgesehener Vertragsbeginn war der 1. Januar 2005. Ende Oktober 2004 übersandte die von der Beklagten zu 1) mit den Vertragsverhandlungen beauftragte D... GmbH (D...), eine zu Absatzförderungszwecken von der Beklagten zu 1) gegründete Tochtergesellschaft, die Vertragsentwürfe an die Beklagte zu 2) mit der Bemerkung, dass der Vertrag bei den Vorständen "zur Unterschrift liege und eine Unterzeichnung wohl in der folgenden Woche erfolgen werde" sowie der Bitte, die unterzeichneten Exemplare zurückzusenden. Abschließend heißt es in den Email-Schreiben an den Geschäftsführer der Beklagten zu 2): "Aus meiner Sicht können Sie loslegen." (vgl. GA 64/65) . Der Geschäftsführer der Beklagten zu 2) sagte zu, die Vertragsentwürfe zu überprüfen, unterzeichnete sie jedoch nicht. Aufgrund einer Kundenanfrage stellte der Geschäftsführer der D..., R... B..., der zugleich Mitarbeiter des Beklagten zu 1) war, aufgrund einer Kundenanfrage fest, dass die Beklagte zu 2) unter Hinweis auf den Beklagten zu 1) bereits im Internet Versicherungsangebote präsentierte. Mit einer Email vom 9.12.2004 (GA 66) fragte er bei dem Geschäftsführer der Beklagten zu 2) an, wann mit den gegengezeichneten Verträgen zu rechnen sei. Wie sich die weiteren Vertragsverhandlungen gestalteten, geht aus dem Vortrag der Parteien nicht hervor. Es ist aber mit Blick auf die spätere Einschaltung der BaFin (etwa im August 2005) klar, dass die Beklagte zu 2) über Internet weiterhin Krankenversicherungsverträge anbot, wobei in den Versicherungsbedingungen und auch - für mehrere Kunden ausgestellten - Versicherungsscheinen der Beklagte zu 1) als Risikoträger (Versicherer) genannt war (vgl. Schreiben des Beklagten zu 1) an die BaFin vom 10.1.2005 (GA 74). Ebenfalls mit Schreiben vom 10.10.2005 teilte der Beklagte zu 1) der BaFin mit, sie habe dem B... e.V. in einem Gespräch eine vorläufige Deckungszusage erteilt mit der Maßgabe, den Gruppenvertrag endgültig in Kraft treten zu lassen, wenn alle noch offenen Fragen geklärt seien. Die Deckungszusage sei bis zum 31.12.2005 befristet (GA 73). Dies hat der Beklagte zu 1) auch der Beklagten zu 2) mit Schreiben vom 1.11.2005 bestätigt (GA 76). In diesem - von dem Vorstandsvorsitzenden des Beklagten zu 1) unterzeichneten - Schreiben werden des weiteren Fragen im Zusammenhang mit dem Abschluss und der Durchführung von Versicherungsverträgen durch die Beklagte zu 2) erörtert. Unter anderem wird diese aufgefordert, in die Versicherungspolicen einen Hinweis auf die Bedeutung der vorvertraglich zu beantwortenden Gesundheitsfragen aufzunehmen, organisatorische Mängel abzustellen und die Schadensbearbeitung "kundenfreundlicher" zu gestalten (vgl. GA 77). Angesichts dieser "grundsätzlichen Kritikpunkte" schlägt der Beklagte zu 1) vor, den Gruppenvertrag zunächst bis zum 30.6.2006 zu befristen, bekundet aber gleichzeitig sein Interesse an einer längerfristigen Zusammenarbeit unter der Voraussetzung einer "möglichst reibungslosen Abwicklung". In einem an den Beklagten zu 1) gerichteten Schreiben vom 15.11.2005, das der Beklagte zu 1) erstinstanzlich selbst vorgelegt hat (Anl. 13, GA 81 ff.) geht die BaFin davon aus, dass die in den Kooperationsverträgen zwischen dem Beklagten zu 1) und der Beklagten zu 2) vorgesehenen Produkte mindestens seit Jahresbeginn 2005 von der Beklagten zu 2) vertrieben und entsprechende Versicherungsverträge mit Interessierten im Namen des Beklagten zu 1) geschlossen wurden. Als Beispielsfall nennt sie einen Versicherungsvertrag gem. einem Versicherungsschein vom 6.1.2005, der von der Beklagten zu 2) "für den Versicherer D... a.G." unterzeichnet ist. Diesen Versicherungsvertrag hat die Beklagte zu 1) gem. einem Schreiben vom 17.8.2005 als wirksam abgeschlossen behandelt (vgl. GA 83). Weiter heißt es in dem Schreiben, dass der BaFin aufgrund eines Gesprächs am 1.9.2005 mit Vertretern der Beklagten zu 1) und der Teilnahme an ihrer Aufsichtsratssitzung vom 2.9.2005 bekannt sei, dass ihr das Online-Angebot der Beklagten zu 2), in denen sie Versicherungsprodukte unter Nennung der Beklagten zu 1) als Versicherer anbietet, bekannt sei und geduldet werde. Des weiteren weist die BaFin auf in die Internetseiten der Beklagten zu 2) eingestellte AVB hin, in denen es heißt: "Bei diesem Versicherungsvertrag handelt es sich um einen Gruppenvertrag der D... a.G., ..., Versicherungsnehmer ist die I... GmbH ..." (GA 85).

Ende November 2005 betrachteten die Beklagten die Vertragsverhandlungen über den Abschluss eines Gruppenversicherungs- oder Rahmenvertrags als gescheitert. Erst mit Schreiben vom 13.12.2005 ließ der Beklagte zu 1) die Beklagte zu 2) auffordern, "ab sofort weder Firmenangaben noch Markenzeichen des D... oder der D... zu verwenden, insbesondere nicht in Druckstücken, wie z.B. in Bedingungswerken, Versicherungsanträgen, Versicherungsbestätigungen oder -scheinen", sowie potentielle Erwerber der von "B... und I... angebotenen Versicherungen" auf das Scheitern der Vertragsverhandlungen hinzuweisen (vgl. Anl. 15, GA 91). Ein weiterer Einigungsversuch, der auch mit Blick auf die inzwischen von der BaFin angestellten Ermittlungen versucht wurde (vgl. hierzu Schriftwechsel GA 92-107), scheiterte Anfang 2006 endgültig.

Der Kläger übermittelte der Beklagten zu 2) Anfang Januar 2005 einen aus deren Internetauftritt heruntergeladenen Antrag auf Krankenversicherung (GA 158 ff.), dem die GA 167 vorgelegten "Verbraucherinformationen" beigefügt waren. Mit Schreiben vom 18.1.2005 (GA 5) erhielt er zunächst den GA 6 vorgelegten Versicherungsschein, der von der Beklagten zu 2.) "für den Versicherer: D... a.G.". unterzeichnet ist. Mit Schreiben der Beklagten zu 2) vom 4.2.2005 (GA 168) erhielt er einen geänderten Versicherungsschein, der den Vertragsbeginn mit dem 1.4.2005 ausweist und wiederum von der Beklagten zu 2) "für den Versicherer: D... a.G." unterzeichnet ist (GA 169). In der dem Versicherungsschein beiliegenden Tarifbeschreibung (u.a. des von dem Kläger für sich und seine Familie gewählten Tarifs "I...-Explorer") ist als Versicherer der Beklagte zu 1) benannt. In der Rubrik "Versicherungsfähigkeit" heißt es: "Versicherungsfähig sind sämtliche natürlichen Personen sowie deren Familienangehörige mit Dauerwohnsitz im Ausland, die über den Rahmenvertrag des B... (B... e.V.) im Rahmen ihrer Mitgliedschaft versichert gelten." (GA 171, 172).

Der Kläger hat zunächst ausschließlich von der Beklagten zu 1) Erstattung der Kosten für eine Gallenblasenoperation, die im Juni 2005 in Wien durchgeführt wurde, verlangt (vgl. zur Forderungsberechnung GA 24). Nach der Darstellung der geschäftlichen Beziehungen zwischen den Beklagten in der Klageerwiderung hat der Kläger die Beklagte zu 2) als Gesamtschuldner mit dem Beklagten zu 1) in Anspruch genommen.

Er hat geltend gemacht, die Beklagte zu 2) habe ihn nicht darüber informiert, dass "gegebenenfalls eine Mitgliedschaft im B... notwendig" sei. Er sei aufgrund der ihm übermittelten unterschriebenen Versicherungsscheine davon ausgegangen, dass ein Versicherungsverhältnis bestehe, zumal die Beklagte zu 2) die vertraglich vereinbarte Prämie bereits im Januar 2005 (unstreitig) von seinem Konto eingezogen habe. Die Beklagte zu 2) habe im Auftrag des Beklagten zu 1) gehandelt, der der Beklagten zu 2) überdies eine Deckungszusage erteilt habe. Mit Schriftsatz vom 30.5.2006 (GA 136) hat der Kläger die Erstattung weiterer Arzt- und Medikamentenkosten geltend gemacht (vgl. im einzelnen GA 137-139). Er hat die Ansicht vertreten, aufgrund der den Internet-Antragsformularen - unstreitig - beigefügten "wichtigen Erklärungen des Antragstellers ... (Anl. K 24)" mit dem Passus: "Der Antragsteller beantragt Versicherungsnehmer zu werden und insoweit Beitragsschuldner; bei Gruppenversicherungsverträgen stellt er den Antrag auf Beitritt zum Vertrag. In diesem Fall erklärt er gleichzeitig, dass er dem versicherbaren Personenkreis angehört", habe er angenommen und annehmen müssen, dass, sofern weitere Anmeldungen vorgenommen werden müssten, dies spätestens mit der Annahme seines Antrags geschehe. Es habe sich nirgendwo ein Hinweis darauf gefunden, dass er als Antragsteller bereits Mitglied des B... hätte sein müssen. Auch der geänderte Versicherungsschein (GA 168) mit dem beigefügten Anlagenkonvolut habe nicht erkennen lassen, dass eine Mitgliedschaft im B... notwendig sei.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 8.468,20 € nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klage zu zahlen,

2. an ihn weitere 2.223,26 € und 954,45 UAH nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klageerweiterung zu zahlen,

3. festzustellen, dass der mit Datum vom 1.2.2006 in der Klageerwiderung der Beklagten zu 1) erklärte Rücktritt vom Versicherungsvertrag unwirksam ist.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte zu 1) hat geltend gemacht, der Kläger habe mit ihm keinen wirksamen Krankenversicherungsvertrag abgeschlossen; er sei nicht, wie in den von der Beklagten zu 2) ausgestellten Versicherungsscheinen fälschlich ausgewiesen, der das Risiko tragende Krankenversicherer. Über Inhalte und Umfang der Deckungszusage, die er in seinem Schreiben vom 10.10.2005 an die BaFin erwähnt habe (vgl. GA 73), sei mit der Beklagten zu 2) nie verhandelt worden. Er, der Beklagte zu 1), habe mit seinen "diesbezüglichen Einlassungen" den Geschäftsführer der Beklagten zu 2) nicht länger dem von der BaFin bereits am 13.10.2005 schriftlich geäußerten Verdacht aussetzen wollen, sich wegen des unerlaubten Betriebs von Versicherungsgeschäften gem. § 140 VAG strafbar zu machen (GA 47). Ein wirksamer Vertrag sei jedoch "auch auf Basis einer vorläufigen Deckungszusage nie zustandegekommen".

Der Beklagte zu 1) hat mit der Klageerwiderung vom 1.2.2006 gem. § 16 Abs. 2 VVG seinen Rücktritt vom Versicherungsvertrag wegen der Nichtanzeige gefahrerheblicher Umstände erklärt und hierzu geltend gemacht, der vom Kläger vorgelegte Operationsbericht vom 23.6.2005 weise eine chronische Entzündung der Gallenblase aus sowie seit einigen Monaten auftretende Leibschmerzen. Der Gesundheitszustand "dürfte" dem Kläger daher bereits bei Abgabe seiner Beitrittserklärung zum Gruppenversicherungsvertrag des B... bekannt gewesen sein (GA 49).

Die Beklagte zu 2) hat geltend gemacht, der Beklagte zu 1) habe von ihrem Internetangebot und der Ausstellung von Versicherungsscheinen in seinem Namen Kenntnis gehabt und sei damit einverstanden gewesen. Die von dem Beklagten zu 1) eingeräumte Deckungszusage beziehe sich auch auf den streitgegenständlichen Versicherungsvertrag mit dem Kläger. Sie, die Beklagte zu 2), habe aufgrund des Versicherungsantrags des Klägers den B... e.V. informiert, der dem Kläger mit Schreiben vom 14.1.2005 eine Mitgliedsbestätigung ausgestellt habe (GA 187, 188).

Das Landgericht hat den Beklagten zu 1) antragsgemäß verurteilt und die Klage gegen die Beklagte zu 2) abgewiesen. Aus dem über Internet zustandegekommenen Versicherungsvertrag ergebe sich mit hinreichender Klarheit, dass die Beklagte zu 2) sich nicht selbst als Versicherer des Krankenversicherungsvertrages habe verpflichten wollen, sondern für den Beklagten zu 1) gehandelt habe. Dieser habe in seiner Klageerwiderung eingeräumt, dass er dem B... e.V. eine mündliche Deckungszusage erteilt habe. Aus dem Schreiben des Beklagten zu 1) vom 10.10.2005 gehe zudem hervor, dass von Beginn an trotz der noch andauernden Vertragsverhandlungen beabsichtigt gewesen sei, neue Kunden für die bestehenden Versicherungsprodukte zu werben. Daher habe die Beklagte zu 2) mit Wissen und in Vollmacht des Beklagten zu 1) den Versicherungsschein ausgestellt. Der Kläger sei Mitglied des B... und als solcher nach den maßgeblichen Bedingungen des Tarifs "I... Explorer senior" versicherungsfähig. Dies ergebe sich aus dem plausiblen Vortrag der Beklagten zu 2). Es sei davon auszugehen, dass der Kläger sich diesen ihm günstigen Vortrag der Beklagten zu 2) zu eigen mache. Selbst wenn der Kläger nicht Mitglied des B... geworden sein sollte, sei er nach Treu und Glauben als Mitglied zu behandeln.

Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte sowie begründete Berufung des Beklagten zu 1), die er sowohl gegen den Kläger als auch gegen die Beklagte zu 2) richtet.

Er macht geltend, der Versicherungsschein sei von der Beklagten zu 2) eigenmächtig ausgefertigt worden. Soweit das Landgericht auf die in dem Schreiben an die BaFin vom 10.10.2005 erwähnte Deckungszusage abgestellt habe, müsse berücksichtigt werden, dass sich diese Aussage auf die Übernahme der unter der Regie des Vorversicherers begründeten Versicherungsverhältnisse in einen neuen Gruppenversicherungsvertrag bezogen habe. Die zitierte Deckungsaussage könne sich daher nur auf den von dem Vorversicherer zu übernehmenden Vertrag bezogen haben und nicht auf neu hinzugewonnene Kunden wie den Kläger. Die Beklagte zu 2) oder der B... hätten die ihnen angebotene vorläufige Deckungszusage überdies nie angenommen. Die Beklagte zu 2) habe ihm, dem Beklagten zu 1), keine Mitteilungen über neue Geschäftsabschlüsse zukommen lassen, so dass er nicht habe erkennen können, dass er bereits verpflichtet worden sei. Er habe keinerlei Erst- oder Folgebeiträge aus den angeblich in seinem Namen geschlossenen oder übernommenen Versicherungsverhältnissen erhalten. In der werblichen Gestaltung der Versicherungsangebote der Beklagten zu 2) habe sich kein Hinweis darauf gefunden, dass er, der Beklagte zu 1), als Versicherer fungiere. Ein derartiger Hinweis ergebe sich erst aus dem später zugeschickten Versicherungsschein.

Der Beklagte zu 1) beantragt,

für den Fall, dass das Berufungsgericht der in Teil I (seiner Berufungsbegründung) ausgeführten Begründung folgt,

die Beklagte zu 2) unter Abänderung des am 1.3.2007 verkündeten Urteils des Landgerichts Düsseldorf (11 O 561/05) zu verurteilen, an den Kläger 8.468,20 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.1.2006 sowie weitere 2.223,26 € und 954,45 UAH nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.4.2006 zu zahlen,

und für den Fall, dass das Berufungsgericht der in Teil II ausgeführten Begründung folgt,

das am 1.3.2007 verkündete Urteil des Landgerichts Düsseldorf (11 O 561/05) abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er macht unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens im wesentlichen geltend, der Beklagte zu 1) habe das Verhalten der Beklagten zu 2) geduldet und hafte zudem aus der Deckungszusage.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils und auf die in der Berufungsinstanz zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II. 1. Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil, soweit es die Beklagte zu 2) betrifft:

Die Berufung ist nicht statthaft, soweit sie sich gegen die Beklagte zu 2) richtet und der Beklagte zu 1) deren Verurteilung gem. dem erstinstanzlichen Klageantrag erstrebt. Der Beklagte zu 1) ist durch die Abweisung der Klage gegen die Beklagte zu 2) nicht beschwert. Die Frage, ob der Rechtsmittelkläger beschwert ist, ist nach seiner Parteirolle in der Vorinstanz zu beantworten. Zu richten ist das Rechtsmittel gegen die dem Berufungskläger gegenüberstehende Hauptpartei (vgl. Zöller/Gummler/Heßler, ZPO, 26. Aufl., vor § 511, Rdnr. 12 und § 511, Rdnr. 7). Der Beklagte zu 1) kann daher nicht Berufung mit dem Ziel einlegen, eine Verurteilung der Beklagten zu 2) zu erreichen. Die Beklagten waren erstinstanzlich aufgrund der Klageerweiterung des Klägers nicht notwendige Streitgenossen. Indem der Kläger keine Berufung gegen das die Klage gegen die Beklagte zu 2) abweisende Urteil eingelegt hatte, ist das Urteil insoweit rechtskräftig geworden. Ein etwaiger Schadensersatz- oder Ausgleichsanspruch der Beklagten untereinander ist nicht Streitgegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens gewesen; einen derartigen Anspruch müsste der Beklagte zu 1) in einem selbständigen Verfahren verfolgen. Soweit er die Verurteilung der Beklagten zu 2) zur Leistung an den Kläger beantragt, erstrebt er nicht Beseitigung seiner durch die erstinstanzliche Verurteilung gegebenen Beschwer. Anhaltspunkte dafür, dass er den erstinstanzlich geltend gemachten Anspruch des Klägers gegen die Beklagte zu 2) im eigenen Namen - als Prozessstandschafter - weiterverfolgen kann, sind nicht ersichtlich. Aus seiner Berufungsschrift oder der Berufungsbegründung ergibt sich auch nicht, dass er insoweit als Prozessstandschafter des Klägers handeln will.

2. Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil, soweit der Beklagte zu 1) betroffen ist:

Diese Berufung ist unbegründet.

Zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 1) ist ein Krankenversicherungsvertrag durch Übersendung des Versicherungsscheins GA 169 zustande gekommen. Den Versicherungsschein hat die Beklagte zu 2) im Namen des Beklagten zu 1) ausgefertigt. Dies ergibt sich klar aus der Unterzeichnung "für den Versicherer: D... a.G.". Das dem Versicherungsschein beigelegte Tarifblatt (GA 171/172) weist ebenfalls eindeutig den Beklagten zu 1) als Versicherer aus, während die Beklagte zu 2) lediglich als das mit der "Administration und Schadensbearbeitung" betraute Unternehmen bezeichnet ist (vgl. GA 172).

An wen der über das Internet versandte Antrag (GA 158 ff.) gerichtet war, ergibt sich aus dem GA 158 vorgelegten ausgefüllten Antragsformular zwar nicht; klar ist aber, dass das Formular von der Internetseite der Beklagten zu 2) heruntergeladen und per Email an diese zurückgesandt wurde. Bei Antragstellung mag dem Kläger daher nicht bewusst gewesen sein, dass sich sein Antrag an ein von der Beklagten zu 2) zu unterscheidendes Versicherungsunternehmen richtete. Mit der Übersendung des Versicherungsscheins ist der Antrag aber ausdrücklich im Namen des Beklagten zu 1) angenommen worden. Den Umstand, dass der Kläger nach der Übersendung des ersten Versicherungsscheins GA 6 offenbar um einen hinsichtlich des Versicherungsbeginns geänderten Versicherungsschein gebeten hat (vgl. GA 168), durfte die Beklagte zu 2) als Empfängerin dahin verstehen, dass der Kläger mit dem Abschluss eines Versicherungsvertrags mit dem Beklagten zu 1) als Versicherer einverstanden war, auch wenn ihm bei Übermittlung des Antrags GA 158 per Email an die Beklagte zu 2) möglicherweise noch nicht bewusst war, wer sein Versicherer sein sollte, und er die Beklagte zu 2) für das Versicherungsunternehmen hielt (so der Kläger selbst GA 158). Die Klägerin hat zudem in ihrem Schreiben an die BaFin vom 10.10.2005 (GA 74) ausdrücklich eingeräumt, dass sie in den im Internetauftritt der Beklagten zu 2) aufrufbaren Versicherungsbedingungen ausdrücklich als "Risikoträger", d.h. als Versicherer genannt war (vgl. GA 74 u. 253). Deshalb war bereits der Antrag nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte (§§ 133, 157 BGB) dahin zu verstehen, dass er auf Abschluss eines Versicherungsvertrages mit dem hinter der Beklagten zu 2) stehenden "Risikoträger" gerichtet war. Dagegen, die Beklagte zu 2) selbst als Versicherungsunternehmen anzusehen, spricht auch ihre Firmierung als "Vertriebs- und Dienstleistungsgesellschaft".

Danach hat die Beklagte zu 2) durch Übersendung des Versicherungsscheins, den sie für den Beklagten zu 1) ausgestellt und unterschrieben hat, einen Versicherungsvertrag im Namen des Beklagten zu 1) mit dem Kläger abgeschlossen . Dies muss sich der Beklagte zu 1) zurechnen lassen, sei es nach den Grundsätzen der Duldungsvollmacht, einer späteren Genehmigung (§ 177 BGB), oder aufgrund der versicherungsrechtlichen Vertrauenshaftung.

Eine Duldungsvollmacht ist gegeben, wenn der Vertretene es wissentlich geschehen lässt, dass ein anderer für ihn wie ein Vertreter auftritt und der Geschäftsgegner dieses Dulden nach Treu und Glauben dahin versteht und auch verstehen darf, dass der als Vertreter Handelnde bevollmächtigt ist (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 173, Rdnr. 11 m.w.N.).

Nachdem von dem Beklagten zu 1) mit der Klageerwiderung selbst vorgelegten Schriftwechsel mit der Beklagten zu 2) und der BaFin ist klar, dass der Beklagte zu 1) seit Dezember 2004 wusste, dass die Beklagte zu 2) die in den in Aussicht genommenen "Rahmenverträgen" (vorgelegt als Anl. 4, GA 56 ff.) vorgesehenen Versicherungstarife bereits vor Unterzeichnung dieser Verträge anbot. In der Email vom 9.12.2004 des Vertreters des Beklagten zu 1) an den Geschäftsführer der Beklagten zu 2) heißt es, dass er davon ausgehe, dass die Produkte "aktiv" seien, nachdem sich "bereits ein Kunde bei uns gemeldet hat". Dies zeigt, dass der Beklagte zu 1) auch wusste, dass die Produkte in seinem Namen angeboten wurden. Die AVB, aus denen sich nach dem eigenen Vortrag des Beklagten zu 1) seine Stellung als Versicherer ergibt, waren zuvor zwischen ihm und der Beklagten zu 2) abgestimmt worden (vgl. Email vom 28.10.2004, GA 64). Dass der Beklagte zu 1) Kenntnis von der Verwendung der auf ihn als Versicherer verweisenden AVB in dem Internetauftritt der Beklagten zu 2) hatte, ergibt sich auch aus dem Schreiben der BaFin vom 12.9.2005. Auf Seite 2 dieses Schreibens (GA 69) wird auf ein Schreiben des Beklagten zu 1) vom 18.8.2005 Bezug genommen, in dem auf die seit 11/2004 gültigen AVB verwiesen wird, in denen ein Gruppenversicherungsvertrag des Beklagten zu 1) mit der Beklagten zu 2) erwähnt wird. Auch aus dem Schreiben der BaFin vom 15.11.2005 (GA 81) ergibt sich, dass "mindestens seit Jahresbeginn 2005" die im Rahmen der Kooperation vorgesehenen Produkte von der Beklagten zu 2) vertrieben wurden und entsprechende Versicherungsverträge im Namen des Beklagten zu 1) geschlossen wurden (vgl. GA 82 unten). Weiter wird in dem Schreiben GA 83 auf eine seit dem 1.1.2005 bestehende Versicherung eines Kunden im Rahmen des Gruppenversicherungsvertrages im Tarif "IHF-Resident" Bezug genommen, von dem der Beklagte zu 1) aufgrund einer Beschwerde Kenntnis hatte und den er, wie sich aus dem angekündigten Rücktritt nach den §§ 16 ff. VVG ergibt, als wirksam in seinem Namen abgeschlossen behandelte. Dass dem Beklagten zu 1) das auf ihn als Versicherer verweisende Internetangebot der Beklagten zu 2) bekannt war, ergibt sich ferner aus Äußerungen gegenüber der BaFin anlässlich von Gesprächen am 1.9.2005 und einer Aufsichtsratssitzung in Gegenwart ihrer Mitarbeiter vom 2.9.2005 (GA 83). Dass der Beklagte zu 1) bereits vor Vertragsschluss mit dem Kläger (durch Übersendung des Versicherungsscheins am 18.1.2005 und des zweiten, hinsichtlich des Versicherungsbeginns abgeänderten Versicherungsscheins am 4.2.2005 (GA 5, 168)) Kenntnis von dem Internetangebot der Beklagten zu 2) und ihrem Auftreten in seinem Namen hatte, liegt angesichts der Email vom 9.12.2004 und dem Hinweis auf die zahlreichen "Beschwerdefälle", die seit Anfang 2005 bei dem Beklagten zu 1) eingegangen sind (vgl. insbesondere GA 83, 74 u. 77), auf der Hand. Aufgrund der Duldung des Auftretens der Beklagten zu 2) in seinem Namen liegt sogar der Schluß auf eine konkludent erteilte rechtsgeschäftliche Vollmacht nahe. Jedenfalls muss sich der Beklagte zu 1) das Auftreten in seinem Namen durch die Beklagte zu 2) aber nach Rechtsscheingrundsätzen zurechnen lassen. Auch kann in seinem Schreiben vom 1.11.2005 eine konkludente Genehmigung der bisher in seinem Namen abgeschlossenen Versicherungsverträge gesehen werden. Dies kann zum einen aus der Mitteilung, er habe der BaFin gegenüber erklärt, der B... e.V. habe eine mündliche Deckungszusage erhalten, hergeleitet werden. Aus dem Gesamtzusammenhang des Schreibens ergibt sich sogar noch, dass der Beklagte zu 1) das Akquirieren und die Durchführung von Versicherungsverträgen für ihn billigte und lediglich hinsichtlich der "Geschäftspolitik" gewisse Änderungen wünschte. So bittet er, in die "Versicherungspolice" einen deutlichen Hinweis auf die Bedeutung der Gesundheitsfragen aufzunehmen und schlägt eine entsprechende Klausel vor. Hiermit gibt er gegenüber der Beklagten zu 2) zu erkennen, dass er grundsätzlich mit der Ausstellung von Versicherungspolicen in seinem Namen einverstanden ist. Das gleiche gilt für seine Frage, welche Maßnahmen die Beklagte zu 2) eingeleitet habe, um auf der "vertrieblichen Seite für mehr Seriösität zu sorgen". Auch dies lässt den Schluss darauf zu, dass der "Vertrieb" der Krankenversicherungen durch die Beklagte zu 2) gebilligt wird. Bestätigt wird dies durch die Anmahnung von Verbesserungen bei der Leistungsabwicklung ("organisatorische Mängel in ihrem Hause, der grundsätzliche Umgang mit Kunden").

Insgesamt musste die Beklagte zu 2) dem Schreiben entnehmen, dass der Beklagte zu 1) zwar gewisse Mängel in der bisherigen Zusammenarbeit beanstandete, das bisherige Auftreten und insbesondere den Abschluss von Versicherungsverträgen in seinem Namen aber nicht in Frage stellte und die abgeschlossenen Verträge als wirksam behandeln wollte. So hat er sich insbesondere nicht dagegen verwahrt, dass die Beklagte zu 2) bereits vor Unterzeichnung der Gruppen- und Dienstleistungsverträge die dort geregelten Versicherungstarife vertrieb. Dies durfte die Beklagte zu 2) im Sinne einer Genehmigung der von ihr bis zu diesem Zeitpunkt im Namen des Beklagten zu 1) abgeschlossenen Verträge auffassen.

Nach den Grundsätzen der versicherungsrechtlichen Vertrauenshaftung ist der Krankenversicherungsvertrag zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 1) selbst dann zustande gekommen, wenn der Kläger möglicherweise nicht Mitglied des B... e.V. geworden sein sollte, und zwar selbst dann, wenn von einer Duldungsvollmacht bzw. einer Genehmigung des Beklagten zu 1) gegenüber der Beklagten zu 2) möglicherweise nur Versicherungsverträge mit Mitgliedern des B... e.V. umfasst sein sollten. Nach den Grundsätzen der versicherungsrechtlichen Vertrauenshaftung hat ein Versicherer für Erklärungen seines Versicherungsagenten einzustehen, wenn der Versicherungsnehmer auf die Richtigkeit der Angaben vertraut und ihm kein erhebliches eigenes Verschulden an seinem Irrtum trifft (vgl. Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 43 Rdnr. 29 ff. m.W.).

Das OLG Hamm, dem der Senat sich anschließt, wendet diese Grundsätze nicht nur auf bereits bestehende oder später zustandegekommene Verträge an, sondern zieht sie auch bei der Frage heran, ob es überhaupt zum Vertragsschluss gekommen ist (vgl. OLG NZV 1992, 491, 492 für die Erteilung einer vorläufigen Deckungszusage). Der Beklagte zu 1) hat hier gewusst und geduldet, dass die Beklagte zu 2) bereits vor Unterzeichnung der Rahmenverträge, mit denen sie die Stellung eines Abschlussagenten, der auch für die gesamte Durchführung der Versicherungsverträge einschließlich der Leistungsabwicklung bevollmächtigt gewesen wäre erlangt hätte, mit dem Vertrieb der vorgesehenen Versicherungsprodukte begonnen und sich entsprechend der in den Rahmenverträgen vorgesehenen Rechtsstellung geriert hat. Der Beklagte zu 1) muss sich daher die im Rahmen der Vertragsverhandlungen und des Vertragsschlusses abgegebenen Erklärungen der Beklagten zu 2) zurechnen lassen. Anhaltspunkte für ein erhebliches Eigenverschulden des Klägers als Versicherungsnehmer sind nicht ersichtlich. Insbesondere hatte er keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte zu 2) nicht bevollmächtigt war, Versicherungsscheine für den Beklagten zu 1) auszustellen und damit ein Versicherungsverhältnis zu diesem zu begründen. Auch über den vertragswesentlichen Punkt der Mitgliedschaft im B... e.V. hätte die Beklagte zu 2) den Kläger spätestens bei Übersendung des Versicherungsscheins in eindeutiger Weise aufklären schaffen müssen. Allein der Rubrik "Versicherungsfähigkeit" in der dem Versicherungsschein beigefügten Tarifbeschreibung konnte der Kläger nicht mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen, dass er als Nichtmitglied des B... e.V. die Voraussetzungen der Versicherungsfähigkeit nicht erfüllte und deshalb entgegen dem äußeren Anschein und dem sonst Üblichen ein wirksamer Versicherungsvertrag nicht bereits mit Übersendung des Versicherungsscheins zustandegekommen war. Das musste sich dem Kläger auch noch weniger erschließen, nachdem die Prämien bereits abgebucht waren.

Aus dem danach wirksam zustandegekommenen Krankenversicherungsvertrag ist der Beklagte zu 1) dem Kläger zur Erstattung der geltend gemachten Heilbehandlungs- und Heilmittelkosten verpflichtet. Das gilt insbesondere auch hinsichtlich der in Wien durchgeführten Gallenblasenoperation. Die entsprechenden Feststellungen des Landgerichts sind nicht angegriffen worden.

Darauf, ob für die Beklagte zu 2) Handelnde den Beklagten zu 1) betrogen haben, kommt es für die Frage der Einstandspflicht des Beklagten zu 1) gegenüber dem Kläger nicht an.

3. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1 ZPO, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Gründe, die Revision nach § 543 ZPO zuzulassen, liegen nicht vor. Weder erfordert die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Befassung durch den Bundesgerichtshof.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt bis 13.000 €.

Ende der Entscheidung

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