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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 30.04.2008
Aktenzeichen: VII-Verg 23/08
Rechtsgebiete: BauGB, VgV, GWB, ZPO, VwGO, VwVG NRW, VOB/A


Vorschriften:

BauGB § 11
BGB § 138
VgV § 6 Abs. 1 S. 2, 2. Hs.
VgV § 13
VgV § 18 Abs. 4
VgV § 18 Abs. 7
GWB § 98 Nr. 1
GWB § 98 Nr. 2
GWB § 98 Nr. 3
GWB § 98 Nr. 6
GWB § 99
GWB § 99 Abs. 3
GWB § 101 Abs. 6 S. 1
GWB § 107 Abs. 2
GWB § 107 Abs. 3
GWB § 109
GWB § 114 Abs. 3 S. 2
GWB § 115
GWB § 115 Abs. 2
GWB § 115 Abs. 3
GWB § 115 Abs. 3 S. 2
GWB § 118 Abs. 1 S. 3
ZPO § 60
ZPO § 890
VwGO § 80
VwGO § 80a
VwGO § 172
VwVG NRW § 60 Abs. 1
VOB/A § 1a Nr. 1 Abs. 1 S. 1
VOB/A § 3a Nr. 6 S. 1 lit c)
VOB/A § 32a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die Anträge der Antragstellerinnen auf Erlass einstweiliger Anordnungen werden zurückgewiesen.

Damit haben sich ihre Anträge auf Zwischenverfügungen erledigt.

2. Die ARGE ... wird im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens der Antragstellerin zu 1. gegen die Antragsgegnerin zu 2. beigeladen.

3. Den Antragstellerin zu 2. wird Akteneinsicht in die dem Senat vorliegenden Akten der Antragsgegnerin zu 1. gewährt.

Gründe:

A.

Die Antragsgegnerin zu 1. erwog, den Einkaufsstandort "Oberstolberg" zu revitalisieren. Zu diesem Zweck begann sie mit Planungen, in einem Bereich am Rande der Stolberger Innenstadt Verbraucher- und Fachmärkte anzusiedeln.

Eigentümer der fraglichen Flächen war zum Teil die Antragsgegnerin zu 1., im Übrigen aber Private.

Die Antragstellerin zu 1. ist ein Projektentwicklungsunternehmen. Sie wandte sich im Namen der Antragstellerin zu 2. an die Antragsgegnerin zu 1. und schlug ihr vor, auf einem Teil der später von der Antragsgegnerin zu 1. für die Errichtung von Märkten überplanten Gelände einen E.-Verbrauchermarkt anstatt - wie von den Beigeladenen vorgeschlagen - das "K.-Projekt zu entwickeln. Am 16. Januar 2003 teilte die Antragsgegnerin zu 1. der Antragstellerin zu 1. den Ratsbeschluss zur Ansiedlung des Verbrauchermarktes und des Fachmärktezentrums mit, verbunden mit der Bitte, ihre konzeptionellen Vorstellungen ggf. mit einem Kaufangebot für die benötigten Grundstücke vorzulegen. Daraufhin legte die Antragstellerin zu 1. bestimmte Vorentwürfe vor. Am 17. Februar 2003 fand ein letztes Gespräch zwischen Antragstellerin zu 1. und Antragsgegnerin zu 1. statt, dessen genauer Inhalt streitig ist. Nach Angaben ersterer soll die Antragsgegnerin zu 1. erklärt haben, der Rat habe noch keine Entscheidung zwischen dem Projekt "E." und dem Projekt "K." getroffen, es sei noch unklar, ob sich die Vorstellungen der Antragsgegnerin zu 1. überhaupt realisieren ließen, einige Grundstückseigentümer seien zum Verkauf noch nicht bereit; nach Angaben der Antragsgegnerin zu 1. soll sich die Antragstellerin zu 1. zur Konkretisierung ihrer Vorstellungen nicht bereit gefunden haben.

In der Folgezeit verhandelte die Antragsgegnerin zu 1. mit den Beigeladenen weiter. Bereits am 31. Juli 2003 verkaufte die Antragsgegnerin zu 1. ihre in dem fraglichen Gelände befindlichen Grundstücke an die Beigeladene zu 1. (Gelände für den Verbrauchermarkt) bzw. an die Beigeladene zu 2. (Gelände für ein Fachmarktzentrum). In dem Vertrag verpflichteten sich die Beigeladenen jeweils zur Errichtung der Gebäude (V. bzw. VIII.). Nach XVI mussten die Käuferinnen spätestens drei Monate nach Rechtskraft des damals in der Aufstellung begriffenen Bebauungsplanes einen abgestimmten Bauantrag vorlegen, mit der Bebauung innerhalb von sechs Monaten nach Bestandskraft der jeweiligen Baugenehmigungen beginnen und die Bauvorhaben innerhalb bestimmter Fristen fertig stellen; bei Fristüberschreitungen behielt sich die Antragsgegnerin zu 1. einen Rücktritt vor. Außerdem verpflichteten sich die Beigeladenen zum Abschluss eines inhaltlich bestimmten städtebaulichen Vertrags nach § 11 BauGB (XV.).

Über den Abschluss des Grundstückskaufvertrages wurde in der örtlichen Presse berichtet.

Zu diesem Zeitpunkt hatten die Beigeladenen bereits bestimmte Grundstücke Privater gekauft und mit einer Gesellschaft, die Eigentümerin von Grundstücken in dem fraglichen Gelände sowie von Austauschgrundstücken war, einen "letter of intent" gewechselt.

Mit den Bauarbeiten konnte die Beigeladene zu 1. erst Ende 2007 beginnen, nachdem sie 2007 schließlich die restlichen Grundstücke Privater hatte erwerben können, der Bebauungsplan in Kraft getreten und daraufhin die Baugenehmigungen hatten erteilt werden können. Über die Pläne der Stadt und die Probleme bei der Aufstellung des Bebauungsplanes wurde in der örtlichen Presse berichtet.

Die Antragstellerin zu 1. hat mit Schriftsatz vom 19. Februar 2008 einen Nachprüfungsantrag gegen die Antragsgegnerin zu 1. eingereicht. Sie hat sich darauf berufen, dass nach der Rechtsprechung des Senats derartige Verträge erst nach einem geordneten Vergabeverfahren hätten abschlossen werden können, was nicht geschehen sei. Der Kaufvertrag sei gemäß § 138 BGB sowie wegen Verstoßes gegen § 13 VgV nichtig. Sie habe erst wenige Tage zuvor davon erfahren, dass sich die Antragsgegnerin zu 1. für das "K."-Projekt entschieden sowie Kaufverträge, verbunden mit Bauverpflichtungen, geschlossen habe. Zu diesem Verfahren sind die Beigeladenen zu 1. und 2. von der Vergabekammer beigeladen worden. Nachträglich ist auch die Antragstellerin zu 2. in das Nachprüfungsverfahren eingetreten. Zudem hat die Antragstellerin zu 1. das Nachprüfungsverfahren auf die Beigeladene zu 1. erstreckt, weil sie (bzw. ein konzernangehöriges Unternehmen) am 19. Oktober 2007 einen Generalunternehmervertrag ohne vorherige Ausschreibung geschlossen habe, obwohl die Beigeladene zu 1. als öffentliche Auftraggeberin im Sinne des § 98 Nr. 6 GWB anzusehen sei; der Vertrag sei nach § 138 BGB unwirksam.

Die Antragsgegnerinnen und Beigeladenen haben eingewandt, die Verträge der Antragsgegnerin zu 1. mit den Beigeladenen zu 1. und 2. beinhalteten keine Bauaufträge/-konzessionen im Sinne des § 99 Abs. 3 GWB. Die anderslautende Rechtsprechung des Senats sei falsch. Die Antragstellerin zu 1. könne schon deswegen keine Rechte nach § 107 Abs. 3 GWB wahrnehmen, weil sie für die Antragstellerin zu 2. aufgetreten sei. Auch letztere sei nicht als Bieterin im Sinne des § 13 VgV anzusehen, weil sie ihr Interesse jahrelang nicht mehr weiterverfolgt habe, dies führe in jedem Falle zur Verwirkung. Zudem habe sich ihr Interesse nur auf den für die Errichtung eines Verbrauchermarktes benötigte Fläche, nicht aber auf die weiteren Flächen bezogen. Schließlich sei den Antragstellerinnen die Durchführung ihres Konzeptes bereits deshalb unmöglich, weil sie keinen Zugriff auf die privaten Grundstücke gehabt hätten und auch jetzt nicht hätten.

Die Vergabekammer hat die Nachprüfungsanträge und die damit verbundenen Anträge nach § 115 Abs. 2 GWB zurückgewiesen. Die Antragstellerin zu 1. sei durch den Abschluss der Grundstücksverträge nicht in ihren Rechten verletzt, weil sie lediglich für die Antragstellerin zu 2. aufgetreten sei. Darüber hinaus sei ihr Begehren verwirkt. Was den Antrag der Antragstellerin zu 2. gegen die Antragsgegnerin zu 1. betreffe, so sei er gleichfalls verwirkt. Die Anträge der Antragstellerin zu 1. gegen die Beigeladene zu 1. seien bereits unzulässig, das Nachprüfungsverfahren könne nicht nachträglich gegen einen Dritten mit einem anderen Streitgegenstand erweitert werden; aus diesem Grunde hat die Antragstellerin ein selbständiges Nachprüfungsverfahren gegen die hiesige Antragsgegnerin zu 2. angestrengt, welches die Vergabekammer mit Beschluss vom 18. April 2008 (VK VOB 9/2008) als unbegründet zurückgewiesen und auf die Beschwerde der hiesigen Antragstellerin zu 1. mittlerweile gleichfalls beim Senat anhängig ist (VII-Verg 34/08) .

Dagegen wenden sich die Antragstellerinnen mit sofortigen Beschwerden, mit denen sie ihre drei Nachprüfungsanträge - nebst Anträgen auf Erlass einstweiliger Anordnungen gemäß § 115 Abs. 3 GWB auf Untersagung weiterer Bauarbeiten, verbunden mit Anträgen auf Erlass von Zwischenverfügungen - weiterverfolgen.

Dem sind die Antragsgegnerinnen und Beigeladenen entgegen getreten.

Die Anträge haben keinen Erfolg.

B.

In verfahrensrechtlicher Hinsicht bestehen gegen die Anträge allerdings grundsätzlich keine Bedenken (zu bestimmten Anträgen s. jedoch nachfolgend unter II. 2., 3.).

I.

Die Antragstellerinnen verfolgen im Rahmen des Verfahrens ingesamt drei unterschiedliche Nachprüfungsbegehren, nämlich

- das der Antragstellerin zu 1. gegen die Antragsgegnerin zu 1. wegen der Investorenauswahl,

- das der Antragstellerin zu 2. gegen die Antragsgegnerin zu 1. wegen der Investorenauswahl,

- das der Antragstellerin zu 1. gegen Antragsgegnerin zu 2. wegen der Vergabe eines Generalunternehmervertrages.

Gegen diese Verfahrensweise ist grundsätzlich nichts einzuwenden.

Auf das Verfahren vor der Vergabekammer werden im Wesentlichen - soweit der vierte Teil des GWB nichts Anderes vorschreibt - die Vorschriften der VwGO entsprechend angewendet (vgl. BGH NZBau 2004, = VergabeR 2004, 201).

1.

§ 64 VwGO i.V.m. § 60 ZPO lässt u.a. eine subjektive Klagehäufung zu, wenn "auf im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grunde beruhende Ansprüche ... den Gegenstand des Rechtsstreites bilden". Diese Begriffe werden in Rechtsprechung und Literatur weit ausgelegt.

Was den Hinzutritt der Antragstellerin zu 2. betrifft, hat auch die Vergabekammer - zu Recht - keine Bedenken angemeldet; das von ihr eingeleitete Vergabenachprüfungsverfahren betrifft dieselbe Vergabe wie dasjenige der Antragstellerin zu 1..

Für von vornherein unzulässig hat die Vergabekammer demgegenüber die Erweiterung des Vergabenachprüfungsverfahren auf das Begehren der Antragstellerin zu 1. gegen die Antragsgegnerin zu 2. gehalten; es betreffe ein anderes Vergabeverfahren, nämlich die Vergabe des Generalunternehmervertrages, und richte sich gegen einen anderen Antragsgegner (mit der Folge, dass § 44 VwGO nicht eingreift). Mit dieser Begründung konnte sie jedoch die Zulässigkeit der Verfahrenserweiterung nicht verneinen. Es bestand nämlich eine tatsächliche und rechtliche Verbindung zwischen der Vergabeentscheidung der Antragsgegnerin zu 1. und derjenigen der Antragsgegnerin zu 2. dadurch, dass aus Rechtsgründen die Antragsgegnerin zu 2. nur dann als öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 6 GWB anzusehen war, wenn das fragliche Geschäft zwischen der Antragsgegnerin zu 1. und der Antragsgegnerin zu 2. (= Beigeladener zu 1.) als öffentlicher Auftrag im Sinne des § 99 GWB, nämlich als Baukonzession anzusehen war. Zudem handelte es sich dabei um eine "Untervergabe" eines Teils des von der Antragsgegnerin zu 1. an die Antragsgegnerin zu 2. vergebenen Auftrages.

Dass die Antragsgegnerin zu 2. bereits Beigeladene des Verfahrens der Antragstellerin zu 1. gegen die Antragsgegnerin zu 1. war, hinderte nicht an der Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens auch gegen die Beigeladene. Sie besaß diesen Verfahrensstatus nämlich nur in dem Verfahrensrechtsverhältnis zwischen Antragstellerin zu 1. und Antragsgegnerin zu 1.. Genauso wie der Streithelfer einer Partei auch durch Klageerweiterung zur Partei gemacht werden kann (oder umgekehrt)(vgl. Vollkommer, in Zöller, ZPO, 26. Aufl., § 46 Rdnr. 6), kann ein Beigeladener auch Partei eines - anderen - Vergabenachprüfungsverfahrens werden.

2.

Auch die Grundsätze über die Klageerweiterung standen dem Eintritt einer weiteren Antragstellerin bzw. Antragsgegnerin nicht entgegen.

Allerdings werden auf nachträgliche Parteierweiterungen vielfach die Regelungen über die Klageänderung angewendet (§ 91 VwGO; § 263 ZPO; streitig, vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl., § 91 Rdnr. 2; Becker-Eberhard, in Münchener Kommentar, ZPO, 3. Aufl., § 263 Rdnr. 84 m.w.N.; aA Greger, in Zöller, a.a.O., § 263 Rdnr. 24; Schumann, in Stein/Jonas, ZPO, 21. Aufl., § 264 Rdnrn. 131 ff.). Bedenken gegen die Anwendung dieser Regelungen auf eine Parteierweiterung in 1. Instanz rühren daher, dass niemand sich gegen eine gesonderte Klage wehren könnte, bei Unzuträglichkeiten zudem eine Abtrennung erfolgen könnte (vgl. § 93 VwGO). Das kann jedoch offen bleiben. Selbst wenn man dann alternativ eine Zustimmungserklärung der bisherigen Beteiligten oder eine Sachdienlichkeit verlangt, so lag die letztgenannte Voraussetzung vor. Bedenken könnten lediglich aus dem Beschleunigungsbedürfnis für ein Nachprüfungsverfahren erwachsen, die Erweiterungen und die sich daraus ergebenden Verzögerungen entgegen stehen könnten: Dafür ist hier aber nichts ersichtlich. Bei der Entscheidung der Vergabekammer war das rechtliche Gehör sämtlicher Verfahrensbeteiligter - auch zu den nachträglich anhängig gemachten Anträgen - gewahrt; es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Notwendigkeit einer Sachentscheidung eine Beschlussfassung weiter verzögert hätte. Hinzu kam, dass die Behandlung der Erweiterung als unzulässig durch die Vergabekammer die Antragstellerin zu 1. dazu bewog, ein selbständiges Nachprüfungsverfahren gegen die hiesige Antragsgegnerin zu 2. einzuleiten, was zum einen unter dem Gesichtspunkt der doppelten Rechtshängigkeit zu unnötigen Komplikationen hätte führen können und zum anderen zu einer unnötigen Verzögerung einer Sachentscheidung geführt hat, was mit dem Beschleunigungsbedürfnis nicht in Einklang zu bringen ist; notfalls hätte die Vergabekammer das Verfahren abtrennen müssen (vgl. § 93 S. 2 VwGO).

II.

Auch die Anträge auf Erlass einstweiliger Anordnungen in entsprechender Anwendung des § 115 Abs. 3 GWB sind statthaft. Ob die weiteren Zulässigkeitsvoraussetzungen vorliegen (vgl. 2., 3.), bedarf im Hinblick auf die Ausführungen unter C.) keiner näheren Ausführungen.

1.

Zwar ist § 115 Abs. 3 GWB nicht unmittelbar anwendbar, weil sich die Vorschrift lediglich auf die Vergabekammer bezieht. Der Senat hat jedoch bereits in seinem Beschluss vom 18. Dezember 2007 (VII-Verg 47/07) zur Gewährleistung wirksamen Rechtsschutzes eine entsprechende Anwendung auf das Beschwerdesenat bejaht und dazu Folgendes ausgeführt:

Der Senat ist für den Erlass einstweiliger Maßnahmen in entsprechender Anwendung des § 115 Abs. 3 GWB zuständig.

Zwar bezieht sich die genannte Vorschrift nach ihrem Wortlaut und ihrer systematischen Stellung lediglich auf das Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer. Sie ist jedoch - wie auch andere Vorschriften aus dem Abschnitt "Verfahren vor der Vergabekammer" - entsprechend auf das Verfahren vor dem Vergabesenat anzuwenden (vgl. Kus, in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 115 Rdnrn. 50/51; Byok/Goodarzi, WuW 2004, 1024, 1026/1027). Zu Recht weist das Oberlandesgericht Naumburg (Beschluss vom 31. Juli 2007 - 1 Verg 6/06) darauf hin, dass Art. 2 Abs. 1 lit. a) der Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 effektive einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des unterlegenen Bieters verlangt.

Daran hält der Senat fest (vgl. auch OLG Brandenburg, Beschluss vom 13.03.2008 - Verg W 4/08).

Statthaft sind auch die Anträge, soweit die Antragstellerinnen Anordnungen nicht nur - teilweise hilfsweise - gegenüber den jeweiligen Vergabestellen (Anträge zu 4.b), 10.), sondern auch gegen die jeweiligen Auftragnehmer (Anträge zu 4.a), 5., 14.) begehren. Zwar ist diese Frage - soweit ersichtlich - in Rechtsprechung und Literatur noch nicht geklärt; lediglich Byok (in Byok/Jaeger, Vergaberecht, 2. Aufl., § 115 GWB Rdnr. 1105) meint eher beiläufig, dass sich Anordnungen auch gegen diesen Personenkreis richten können.

Dieser Auffassung schließt sich der Senat an. Die Rechtsmittelrichtlinie zwingt die Nachprüfungsstellen zur Gewährung wirksamen einstweiligen Rechtsschutzes. Dazu gehören notfalls auch Anordnungen gegen den (unwirksam) von der Vergabestelle Beauftragten.

Zur Auslegung des § 115 Abs. 3 GWB kann die Rechtslage bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung nicht unbesehen übernommen werden. Zwar wird auch dort das Problem der Unterbindung eines Vollzugs eines angefochtenen Verwaltungsakts durch den begünstigten Dritten erörtert (vgl. Kirste DÖV 2001, 397); danach ist es möglich, dass das Gericht der Behörde aufgibt, die notwendigen Maßnahmen gegen diesen Dritten zu unternehmen, eine direkte Anordnung des Gerichts gegen ihn soll allerdings nicht möglich sein (vgl. Kopp/Stelkens, a.a.O., § 80 Rdnr. 181 a.E., § 80a Rdnrn. 17, 17a; vgl. VGH München, NJW 1983, 835); Grundlage einer solchen Anordnung der Behörde gegen den Dritten sind die §§ 80, 80a VwGO, die derartige Anordnungen ausdrücklich vorsehen, so dass die Behörde zur Begründung derartiger Anordnungen auf das materielle Recht nicht zurückzugreifen braucht. An einer solchen, den Eingriff der Vergabestelle gegen den Dritten rechtfertigenden Vorschrift fehlt es jedoch im GWB. Ob der Vergabestelle anderweitige - öffentlich-rechtliche oder materiell-rechtliche - Anspruchsgrundlagen für derartige Anordnungen zur Verfügung stehen, hängt vielfach vom Zufall ab. Dementsprechend macht die Antragsgegnerin zu 1. u.a. geltend, sie könne - nachdem die Beigeladenen bereits Eigentümer der von ihnen gekauften Grundstücke seien - Arbeiten auf diesen Grundstücken nicht unterbinden. Wirksamer Rechtsschutz des übergangenen Bieters lässt sich mithin nur durch die Möglichkeit von Anordnungen auch gegen den Auftragnehmer erreichen. Derartiges lässt der Wortlaut des § 115 Abs. 3 GWB auch zu. Dieser Verfahrensweg ist auch erheblich einfacher als die bloße Anordnung gegenüber der Vergabestelle, ihrerseits Maßnahmen gegen den Auftragnehmer zu ergreifen; dieser Umweg führte nämlich gegebenenfalls zu weiteren Rechtsstreitigkeiten im Verhältnis zwischen Vergabestelle und Auftragnehmer, zudem müsste der Vergabesenat vielfach inzidenter prüfen, ob und inwieweit der Vergabestelle Möglichkeiten zu Maßnahmen gegen den Auftragnehmer zur Verfügung stehen.

2.

Ob die auf § 114 Abs. 3 S. 2 GWB i.V.m. § 60 Abs. 1 VwVG NRW gestützten Anträge auf Androhung von Zwangsgeld zulässig sind, bedarf aus den unter C. genannten Gründen keiner näheren Erörterung. Der Senat bemerkt dazu lediglich:

Die Antragstellerinnen gehen davon aus, dass sich die Vollstreckung gerichtlicher Anordnungen in entsprechender Anwendung des § 115 Abs. 3 GWB nach dem VwVG NRW richtet. Das mag für derartige Anordnungen der Vergabekammer zutreffen; der in der Diskussion befindliche Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts sieht eine Ergänzung des § 115 Abs. 3 GWB zwecks Androhung (und gegebenenfalls Festsetzung) von Zwangsgeld vor (dort allerdings durch Verweis auf § 86a GWB). Hinsichtlich gerichtlicher Anordnungen ist dies aber sehr fraglich. Der Entwurf geht in seinen Erläuterungen zu § 115 GWB davon aus, dass gerichtliche Anordnungen nicht nach § 115 Abs. 3 S. 2 GWB, sondern nach der ZPO zu vollstrecken sind. Dafür spricht, dass die Einordnung der Entscheidung der Vergabekammer als vollstreckbarer Verwaltungsakt lediglich zu dem durch die Rechtsmittelrichtlinie vorgegebenen Zweck erfolgte, eine Vollstreckungsmöglichkeit zu schaffen. Hinzu kommt, dass auf das Beschwerdeverfahren die ZPO anzuwenden ist.

Schließlich erfolgt auch in der Verwaltungsgerichtsbarkeit die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen grundsätzlich nach der ZPO (vgl. § 167 VwGO), wobei allerdings in bestimmten Fällen auf die Regeln über die Vollstreckung nach Sonderregeln bzw. dem VwVG verwiesen wird. Bei Unterlassungsverpflichtungen erfolgt jedoch eine Vollstreckung nach § 890 ZPO, weil § 172 VwGO nicht eingreift (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 172 Rdnr. 2 ff.; BVerfG NVwZ 1999, 1330; OVG Berlin, NVwZ-RR 2001, 99; aA Pietzner, in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgeerichtsordnung, 15. Erg.Lief., § 172 Rdnrn. 18/19; VGH Kassel NVwZ-RR 2000, 730; s. auch OVG Berlin, NVwZ-RR 1999, 411; in der Sozialgerichtsbarkeit s. Leitherer, in Meyer/Ladewig/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 201 Rdnr. 2a).

3.

Auch das Begehren der Antragstellerinnen auf Erlass sogenannter Zwischenverfügungen ist statthaft.

Derartige Zwischenverfügungen sind in § 115 GWB zwar nicht ausdrücklich vorgesehen, sind aber dennoch zur Gewährleistung wirksamen Rechtsschutzes statthaft. Die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte hat solche Zwischenverfügungen (auch Zwischenregelungen oder Hängebeschlüsse genannt) in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes für die Fallgestaltung entwickelt, dass zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes dringend eine Regelung notwendig ist, obwohl das rechtliche Gehör Beteiligter nicht gewahrt oder der Sachverhalt - auch für ein summarisches Verfahren - unzureichend aufbereitet erscheint (vgl. Kopp/Stelkens, a.a.O. § 80 Rdnr. 170). Auch in Vergabenachprüfungsverfahren sind "Hängebeschlüsse" in den Fallgestaltungen anerkannt, in denen ein Beschluss nach § 118 Abs. 1 S. 3 GWB aus diesen Gründen noch nicht ergehen kann.

Ob und in welchem Umfange die Voraussetzungen hier vorlagen, bedarf im Hinblick auf die nachfolgenden Ausführungen unter C. keiner näheren Darlegung. Der Senat bemerkt jedoch Folgendes:

Die Antragstellerinnen haben nichts dafür vorgetragen, aus welchem Grunde nicht bis zu einer geregelten Entscheidung nach § 115 Abs. 3 GWB abgewartet werden kann. Die aus der Gewährung rechtlichen Gehörs und der Entscheidungsfindung sich ergebende Verzögerung fällt angesichts der Dauer des Nachprüfungsverfahrens nicht ins Gewicht. Es ist nicht ersichtlich, dass durch die Verzögerung um wenige Tage die Rechte der Antragstellerin erheblich beeinträchtigt werden. Das gilt auch für Anordnungen, die sich gegen noch nicht Verfahrensbeteiligte richten (hier: Generalunternehmer); in diesen Fällen kann die Beiladung und die Möglichkeit zur Stellungnahme durch sie abgewartet werden.

C.

Die Anträge sind unbegründet, denn die Beschwerden der Antragstellerinnen haben voraussichtlich keinen Erfolg.

I. Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zu 1. gegen die Antragsgegnerin zu 1.

Der Nachprüfungsantrag ist, wie die Vergabekammer zu Recht ausführt, unzulässig. Die Antragstellerin kann nicht geltend machen, durch die Entscheidung der Antragsgegnerin zu 1. in eigenen Rechten verletzt worden zu sein, § 107 Abs. 2 GWB.

Antragsteller eines Nachprüfungsverfahrens kann lediglich der (potentielle) Auftragnehmer sein. Sonstige - mittelbar - an dem Auftrag interessierte Unternehmen (z.B. Subunternehmer, Berater) sind demgegenüber nicht antragsbefugt.

Demgemäß kann einen Nachprüfungsantrag nur derjenige stellen, der darlegt, er habe sich bei ordnungsgemäßer Vergabe um den fraglichen Auftrag beworben. Dies wäre hier von vornherein nur dann der Fall, wenn die Antragstellerin zu 1. darlegen könnte, willens gewesen zu sein, den Vertrag (Grundstückskaufvertrag mit Bauverpflichtung) mit der Antragsgegnerin zu 1. im eigenen Namen abzuschließen.

Das ist jedoch nicht der Fall. Wie die Vergabekammer zutreffend feststellt, hat sich die Antragstellerin zu 1. lediglich namens der Antragstellerin zu 2. an die Antragsgegnerin zu 1. gewandt (vgl. Schreiben vom 08. November 2002). Es ging allein um ihr - der Antragstellerin zu 2. - Projekt. Soweit die Antragstellerin zu 1. unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des EuGH (NZBau 2005, 111 Rdnr. 40) darauf verweist, für die Annahme eines Interesses an einem Auftrag sei keine formale Bieter- oder Bewerbereigenschaft erforderlich, betrifft dies Fallgestaltungen, in denen der Interessent nicht als Bieter auftrat, weil ihm das Vergabeverfahren nicht bekannt oder die - von ihm als vergaberechtswidrig angesehenen - Bedingungen des Vergabeverfahrens von einem förmlichen Angebot oder Teilnahmeantrag abgehalten haben. Beides ist hier nicht gegeben. Die Antragstellerin zu 1. legt nicht dar, wieso sie sich damals nicht an dem Verfahren im eigenen Namen beteiligt hat, obwohl ihr die Absichten der Antragsgegnerin zu 1. bekannt waren.

II. Nachprüfungsantrag der Antragsstellerin zu 2. gegen die Antragsgegnerin zu 1.

1. Der Nachprüfungsantrag ist allerdings - von der Frage der Verwirkung abgesehen (dazu 2.) - zulässig.

a) Die Antragsgegnerin zu 1. ist öffentliche Auftraggeberin nach § 98 Nr. 1 GWB.

b) Unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Senats (NZBau 2007, 530 = VergabeR 2007, 634 - Ahlhorn; NZBau 2008, 139 = VergabeR 2008, 89 - Wuppertal; VergabeR 2008, 229 - Oer-Erkenschwick; kritisch dazu u.a. Ziekow, VergabeR 2008, 151; Horn, VergabeR 2008, 158; s. auch Losch, VergabeR 2008, 239) beinhaltete der Vertrag eine Baukonzession (die möglicherweise als Bauauftrag anzusehenden Teile [Parkplatz] sind nebensächlich und erreichen den Schwellenwert nicht). Die Käufer wurden zu Bauleistungen verpflichtet.

Dies stellen auch die Antragsgegnerinnen nicht in Abrede. Sie bekämpfen vielmehr die Rechtsprechung des Senats im Ansatzpunkt. Sie sind der Auffassung, dass

- öffentliche Aufträge ein unmittelbares Beschaffungsbedürfnis des Auftraggebers voraussetzten,

- es bei den fraglichen Verträgen an der notwendigen Entgeltlichkeit fehle,

- eine Baukonzession eine Befristung der Konzession voraussetze, an deren Ende die Konzession wieder an den Auftraggeber zurückfalle, was bei einer Eigentumsübertragung nicht der Fall sei,

- eine Nutzung des bebauten Grundstücks durch Veräußerung an Dritte mit dem Charakter einer Baukonzession nicht vereinbar sei.

Einer Auseinandersetzung mit diesen Bedenken, die der Senat letztlich nicht für durchgreifend erachtet (vgl. auch Beschluss des OLG Bremen vom 13.03.2008, Verg 5/07), bedarf es nicht, weil es aus den Gründen zu 2. nicht auf diesen Punkt ankommt.

c) Der Schwellenwert ist ersichtlich überschritten.

d) Die Antragstellerin zu 2. kann auch geltend machen, durch die Entscheidung der Antragsgegnerin zu 1. in ihren Rechten verletzt zu sein, § 107 Abs. 2 GWB. Sie hat sich bei der Antragsgegnerin zu 1. "beworben".

Dem steht nicht entgegen, dass sich ihr Konzept lediglich auf einen Teil des Geländes bezog, den die Antragsgegnerin zu 1. - verbunden mit einer Bauverpflichtung - später verkaufte. Es handelte sich um denselben Auftrag; dass sich die genauen Grenzen verschieben, ist bei Projekten dieser Größenordnung nichts Ungewöhnliches. Zudem ist nicht von vornherein ausgeschlossen, dass die Antragsgegnerin zu 1. bei ordnungsgemäßem Vorgehen das - weniger ambitionierte - Projekt der Antragstellerin zu 2. vorgezogen oder dass die Antragsstellerin zu 2. ihr Konzept weiterentwickelt hätte.

2.

Der Antrag ist jedoch - wie die Vergabekammer zutreffend ausgeführt hat - verwirkt.

Das Recht, einen Nachprüfungsantrag einzureichen, kann verwirken (vgl. Wiese, in Kulartz/Kus/Portz, GWB-Vergaberecht, § 107 GWB Rdnr. 112). Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 11. Oktober 2007 (NZBau 2007, 798 - Lämmerzahl) steht dem entgegen der Auffassung der Antragstellerinnen nicht entgegen. Allerdings muss dem betroffenen Unternehmen die Möglichkeit verbleiben, wirksamen Rechtsschutz gegen einen Vergaberechtsverstoß zu seinen Lasten in Anspruch zu nehmen. Dies ist jedoch der Fall. Eine Verwirkung greift nur dann ein, wenn das betroffene Unternehmen keine Maßnahmen ergreift, obwohl ihm dies möglich war, durch sein derart langes Zuwarten mit der Rüge oder bei der Weiterverfolgung der Rüge bei der Vergabestelle das Vertrauen erweckt wird, das Unternehmen werde keine Schritte mehr unternehmen (Zeitmoment), und die Vergabestelle im Vertrauen darauf in dem Vergabeverfahren fortfährt (Umstandsmoment). Dass der Verwirkungszeitraum nicht klar bestimmt ist, hindert das Unternehmen an einer wirksamen Verfolgung seines Anspruchs nicht.

Die Voraussetzungen einer Verwirkung liegen in diesem Falle vor.

Die Antragstellerin zu 2. hatte zuletzt unstreitig im Februar 2003 (über die Antragstellerin zu 1.) Kontakte mit der Antragsgegnerin zu 1.. Sie wusste zu diesem Zeitpunkt, dass die Antragsgegnerin zu 1. Verkäufer- und Fachmärkte auf dem fraglichen Gelände ausweisen wollte, dass das Gelände teils der Antragsgegnerin zu 1., teils Dritten gehörte und dass die K.-Gruppe ihrerseits Interesse an dem Gelände geäußert und Konzepte vorgestellt hatte. Auf den genauen Inhalt des Gesprächs vom Februar 2003 kommt es nicht an. Selbst wenn die Antragsgegnerin zu 1. geäußert haben sollte, dass es Probleme gebe, weil private Eigentümer nicht zum Verkauf notwendiger Grundstücke bereit seien, hat die Antragstellerin zu 2. durch ihre jahrelange Untätigkeit bei der Antragsgegnerin zu 1. den berechtigten Eindruck erweckt, nicht mehr an der Weiterentwicklung und Umsetzung ihres - bis dahin nur in sehr groben Umrissen vorgelegten - Entwurfs interessiert zu sein. Sie hat weder weiteren Kontakt zur Antragsgegnerin zu 1. gehalten noch irgendwelche anderen Schritte (z.B. Klärung der Frage, ob die Eigentümer der privaten Grundstücke zum Verkauf bereit seien) unternommen. Dass die Antragsgegnerin zu 1. mit der Planung fortschritt und dabei allein das "K."-Konzept weiterverfolgte, kann der Antragstellerin zu 2. schlechterdings nicht verborgen geblieben sein. Wie sich aus den unbestrittenen Angaben in der Vergabeakte ergibt, gab es in Stolberg mehrere E.-Märkte, u.a. einen nur wenige km von dem Gelände entfernt. Über die Planungen der Antragsgegnerin zu 1. wurde in der örtlichen Presse ausführlich berichtet, wie sich aus dem Pressespiegel in Ordner IV ergibt. Die Auswirkungen der Planungen auf den örtlichen Einzelhandel waren dabei von besonderem Interesse, was auch die Antragstellerin zu 2. erkannt hat, wie sich aus dem Schreiben der Antragstellerin zu 1. an die Antragsgegnerin zu 1. vom 16. Dezember 2002 ergibt, in dem u.a. auf die Folgewirkungen der Planungen auf die Lebensmittel-Fachmärkte (u.a. von E.) hingewiesen wird. Es ist schlechterdings nicht vorstellbar, dass der weitere Fortgang der Planungen der Antragstellerin zu 2. nicht zu Ohren gekommen ist. Auch über den Abschluss des angegriffenen Kaufvertrages der Antragsgegnerin zu 1. mit den Beigeladenen am vom 31. Juli 2003 ist in der Presse an prominenter Stelle berichtet worden. Soweit die Antragstellerin darauf hinweist, dass nicht zu erkennen gewesen sei, dass die Beigeladenen darin auch Bauverpflichtungen übernommen hätten, ist dies unerheblich. Abgesehen davon, dass in der Berichterstattung teilweise von dem Abschluss eines städtebaulichen Vertrages die Rede ist, musste (worauf die Beigeladenen vor der Vergabekammer unwidersprochen hingewiesen haben) der Antragstellerin zu 2. als markterfahrenem Wettbewerber klar sein, dass die Antragsgegnerin zu 1. - wie dies jedenfalls früher bei derartigen Geschäften üblich war - die Grundstücke nur verbunden mit einer Bauverpflichtung verkaufen würde, bereits um das gewünschte städtebauliche Ergebnis tatsächlich zu erzielen.

Die Antragstellerin zu 2. hat sich sodann erstmals wieder - rechnet man das Verhalten der Antragstellerin zu 1. zu ihren Gunsten ihr zu - im Februar 2008 gemeldet. In der Zwischenzeit war bei der Antragsgegnerin zu 1. der berechtigte Eindruck entstanden, dass nur noch die K.-Gruppe als Bewerber interessiert war. Im Vertrauen darauf hat sie ihre Schritte auf deren Vorhaben konzentriert. Bei Einleitung des Nachprüfungsverfahrens war das Vorhaben derart weit fortgeschritten (Bebauungsplan, Baugenehmigung, Beginn der Bauarbeiten, teilweise Fertigstellung), als dass es sich ohne erhebliche Verluste noch hätte rückgängig machen lassen.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin zu 2. ist unerheblich, dass der Kaufvertrag später abgeändert und ergänzt worden ist. Anders als in der Fallgestaltung, die der Entscheidung des Senats VergabeR 2008, 229 zugrunde lag, ist der abgeänderte Vertrag nicht unter bewusster Aufhebung des früheren Vertrages an seine Stelle getreten, sondern hat ihn lediglich ergänzt. Mit dem Abschluss des Vertrages am 31. Juli 2003 waren "die Würfel" zugunsten der Beigeladenen und zulasten der Antragstellerin zu 2. "gefallen".

3.

Auf die Frage der Begründetheit des Nachprüfungsantrages kommt es danach nicht mehr an. Das gilt insbesondere von der von den Verfahrensbeteiligten vor der Vergabekammer umfangreich diskutierten Frage, ob § 3a Nr. 6 S. 1 lit c) VOB/A angewendet werden kann, obwohl § 32a VOB/A nur auf die Basisparagraphen Bezug nimmt und auch Art. 58 VKR über die Baukonzession keine Ausnahmen für die Bekanntmachung vorsehen. Der Senat bemerkt dazu lediglich:

Bei Abschluss des Vertrages vom 30. Juli 2007 war die Antragsgegnerin zu 1. nicht auf die Beigeladenen aus tatsächlichen Gründen festgelegt, es bestand insoweit kein "Monopol" oder "Ausschließlichkeitsrecht". Die Beigeladenen waren noch nicht, auch nicht teilweise Eigentümer des fraglichen Geländes. Sie hatten zwar mit einem Eigentümer einen Kaufvertrag geschlossen, der aber unter der aufschiebenden Bedingung einer planerischen Verwirklichung des Projektes der Beigeladenen stand. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass es den Eigentümern der fraglichen Grundstücke gerade auf die Verwirklichung des Projekts der Beigeladenen ankam und dass bei einem Erfolg der Antragstellerin ihr der Erwerb der privaten Grundstücke nicht - möglicherweise in veränderter Form - hätte gelingen können. Auf die Frage, ob diese Vorschrift überhaupt Anwendung findet, wenn sich nur ein Teil der fraglichen Grundstücke in privater Hand befindet, kommt es danach nicht an.

III. Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zu 1. gegen die Antragsgegnerin zu 2.

Der Nachprüfungsantrag ist unzulässig.

a) Allerdings handelt es sich in folgerichtiger Fortführung der Rechtsprechung des Senats bei der Antragsgegnerin zu 2. um einen öffentlichen Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 6 GWB. Sie hat nämlich von einem Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 1 bis 3 GWB (hier der Antragsgegnerin zu 1. als Gebietskörperschaft im Sinne des § 98 Nr. 1 GWB) eine Baukonzession erhalten.

b) Die Vergabekammer bei der Bezirksregierung Köln war zuständig, § 18 Abs. 4, Abs. 7 VgV. Die Baukonzession ist nämlich durch eine Gebietskörperschaft ausgegeben worden, die dem Land Nordrhein-Westfalen zuzuordnen ist.

c) Zugunsten der Antragstellerin zu 1. kann unterstellt werden, dass sie auch als Generalunternehmerin tätig ist und - was nicht ganz zweifelsfrei ist - auch bei einer ordnungsgemäßen Vergabe durch die Antragsgegnerin zu 2. als Generalunternehmerin ein Angebot abgegeben hätte.

d) Der Nachprüfungsantrag ist jedoch deswegen unzulässig, weil der Auftrag bei Einleitung des Nachprüfungsverfahrens bereits wirksam erteilt worden war.

Dabei kann offen bleiben, ob auf einen stillschweigenden Auftrag der Antragsgegnerin zu 2. an eine Konzerngesellschaft oder auf den Auftrag an die ARGE abzustellen ist. Es bedarf auch keiner Erörterung, ob ein Baukonzessionär sich der Ausschreibungspflicht nach § 98 Nr. 6, § 101 Abs. 6 S. 1 GWB, § 6 Abs. 1 S. 2, 2. Hs. VgV, § 1a Nr. 1 Abs. 1 S. 1 VOB/A dadurch entledigen kann, dass er zunächst eine "In-House-Vergabe" innerhalb desselben Konzerns durchführt (Art. 63 Abs. 2 VKR, allerdings dürfte die Verpflichtung nach Art. 63 Abs. 2 UA 3 VKR zur Beifügung einer Liste der konzernangehörigen Unternehmen bei der Bewerbung um die Baukonzession nicht eingehalten worden sein) und dann dieses Konzernunternehmen den Auftrag außerhalb des Konzerns ungeregelt weitergibt.

Stellt man auf einen stillschweigenden Auftrag innerhalb des Konzerns ab, muss dieser vor dem 19. Oktober 2007 abgeschlossen worden sein.

Hält man demgegenüber allein den Auftrag an die ARGE für maßgeblich, ist der Vertrag am 19. Oktober 2007 - und damit lange vor Einleitung des Nachprüfungsverfahrens - geschlossen worden.

Der Vertrag ist nicht unwirksam.

Für eine Unwirksamkeit nach § 13 VgV ist nichts ersichtlich und wird auch nichts geltend gemacht. Die Antragstellerin zu 1. hat sich nicht als Interessentin bei der Antragsgegnerin zu 2. zu erkennen gegeben.

Der Vertrag ist auch nicht gemäß § 138 BGB unwirksam. In der Rechtsprechung (BGH NZBau 2001, 151, 154/155; s. auch OLG Hamburg NZBau 2007, 801, 803; OLG Karlsruhe NZBau 2007, 395, 399; Senat NZBau 2004, 113, 116) wird neben der Kenntnis von den Tatsachen auch verlangt, dass die Vergabestelle sich der Vergabepflichtigkeit bewusst ist bzw. sich einer entsprechenden Kenntnis verschließt; nachvollziehbare Rechtsirrtümer sind unschädlich. Geht man davon aus, kann der Vertrag nicht als sittenwidrig angesehen werden. Selbst wenn die Rechtsprechung des EuGH und des Senats im Oktober 2007 über die Vergabepflichtigkeit von mit Bauverpflichtungen gekoppelten Grundstückskaufverträgen bekannt gewesen sein sollte, konnte die Antragsgegnerin zu 2. daraus nicht ohne Weiteres schließen, dass sie selbst ausschreibungspflichtig geworden ist. Diese Folgen waren damals - und (soweit ersichtlich, bis heute) - in der veröffentlichten Literatur nicht angesprochen worden.

Geht man davon aus, dass der Generalunternehmervertrag der ARGE mit einer konzernangehörigen Gesellschaft und nicht mit der Antragsgegnerin zu 2. geschlossen worden ist (wofür das vorliegende Vergabeprotokoll spricht; die Erklärungen der Antragsgegnerin zu 2. waren jedenfalls zeitweise in dieser Hinsicht nicht ganz klar), kommt noch hinzu, dass die Frage, welche Folgen die Zwischenschaltung konzernangehöriger Unternehmen hat, in Rechtsprechung und Literatur bisher nicht erörtert worden ist. Art. 63 Abs. 1 VKR schreibt eine Ausschreibungspflicht nur bei Aufträgen des Baukonzessionärs an Dritte vor, wobei Dritte nicht konzernangehörige Unternehmen im Sinne des Art. 63 Abs. 2 VKR sind. Hinsichtlich der Weitergabe der Aufträge durch das beauftragte Konzernunternehmen lässt sich dem Text nichts entnehmen. Von der Möglichkeit des Art. 60 VKR, die derartiges verhindern könnte, hat die Antragsgegnerin zu 1. keinen Gebrauch gemacht.

D.

1.

Da der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zu 1. gegen die Antragsgegnerin zu 2. (vgl. oben unter B.I.) in der Sache zu prüfen ist, ist auch eine Beiladung des von dem Verfahren betroffenen Generalunternehmers geboten. Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschluss vom 13.02.2007 - VII-Verg 2/07 m.w.N.) kann im Beschwerdeverfahren die Beiladung in entsprechender Anwendung des § 109 GWB ausgesprochen werden. Nach dem Vorbringen der Antragstellerin zu 1. ist nicht völlig auszuschließen, dass der fragliche Auftrag mit dem Generalunternehmer selbst von der Antragsgegnerin zu 2. erteilt worden ist. Die Erläuterungen der Antragsgegnerin zu 2. dazu sind teilweise unklar und unvollständig.

2.

Einwände gegen die Einsichtnahme der Antragstellerin zu 2. in die bei dem Senat vorhandenen Akten der Antragsgegnerin zu 1. werden nicht vorgebracht. Insoweit kann bereits jetzt eine Entscheidung ergehen.

Was die Unterlagen der Antragsgegnerin zu 2. über die Vergabe des Generalunternehmervertrages betrifft, so macht sie geltend, derartige Unterlagen - soweit sie nicht bereits vorgelegt seien - gebe es nicht, und zwar weder bei ihr noch bei der K. GmbH & Co. KG. Das bedarf der Erläuterung. Bisher fehlt es an einer Darlegung, auf welcher Grundlage die K. GmbH & Co. KG im Verhältnis zur Antragsgegnerin zu 2. zu einer Tätigkeit im Hinblick auf das fragliche Gelände berechtigt war. Dass über die Vorbereitung des Vertrages mit der ARGE keine Unterlagen existieren sollen, erscheint so nicht nachvollziehbar. Insoweit bleibt eine Entscheidung über die Akteneinsicht vorbehalten.

3.

Eine Kostenentscheidung ist gegenwärtig nicht veranlasst.

Ende der Entscheidung

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