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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 19.01.2001
Aktenzeichen: 22 U 99/00
Rechtsgebiete: HGB


Vorschriften:

HGB § 377
HGB § 378
HGB § 381
Leitsätze:

1.

Mängel an nach Muster hergestellten Metallbauteilen - hier: Verbindungselemente der Trauf- und Firstpunkte einer Zeltkonstruktion - müssen gemäß §§ 377, 381 Abs.2 HGB unverzüglich gerügt werden.

2.

Werden nach Muster hergestellte Metallbauteile wie vorgesehen beim Aufbau von Ausstellungszelten verwendet, so stellen zu große Bohrungen und falsche Winkel, auch wenn deretwegen zusätzliche Sicherungsmaßnahmen erforderlich sind, allenfalls Schlechtleistungen aber keine Aliudlieferung i.S. des § 378 HGB dar.

3.

Die Beanstandung, es sei "derselbe Mist wieder geliefert" worden, ist keine ausreichende Mängelrüge i.S. des § 377 Abs.1 HGB, weil der Auftragnehmer daraus nicht entnehmen kann, was als nicht vertragsgemäß beanstandet wird.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

22 U 99/00 5 O 451/99 LG Krefeld

Verkündet am 19. Januar 2001

Gehenzig, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

hat der 22. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 15. Dezember 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Weyer, den Richter am Oberlandesgericht Muckel und die Richterin am Landgericht Schuh-Offermanns

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld vom 28. April 2000 (Az.: 5 O 451/99) wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Sachverhalt:

Die Bekl beauftragte den Kl im März 1999 mit der Herstellung von Metallbauteilen für von ihr produzierte und vermietete mobile Zelthallen. Die Trauf- und Firstpunkte sollte der Kl nach von der Bekl vorgelegten Mustern fertigen. Bei der ersten Anlieferung der Teile beanstandete die Bekl mangelhafte Maßhaltigkeit. Die Parteien kamen überein, daß der Kl die Teile bis zum 27.8.1999 reparieren oder neu fertigen sollte. Der Kl lieferte am 26.8.1999 die letzten Teile. Die Bekl errichtete mit den Teilen in Dänemark Hallen für eine am 24.9.1999 beginnende Messe. Am 15.10.1999 rügte sie Mängel der Teile. Die Bekl behauptet, ihr Angestellter Z habe diese Mängel schon am 26.8.1999 telefonisch mitgeteilt.

Das LG hat der Klage auf Zahlung des vereinbarten Werklohns von 32.816,40 DM in vollem Umfang stattgegeben.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.

Der Kläger kann von der Beklagten Zahlung der für die Fertigung von Metallteilen (Verbindungselemente an Trauf- und Firstpunkten einer Zeltkonstruktion) vereinbarten Vergütung verlangen, §§ 631 Abs. 1, 651 Abs. 1 Satz 2 BGB.

Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, daß die Beklagte Gegenrechte wegen angeblicher Abweichungen der an sie gelieferten First- und Traufpunkte von dem an den Kläger überreichten Muster nicht mehr geltend machen kann. Denn die klägerische Leistung gilt gemäß §§ 377, 381 Abs. 2 HGB als genehmigt, weil die Beklagte dem Kläger die von ihr behaupteten Abweichungen nicht unverzüglich angezeigt hat. Die Entscheidung erstinstanzlich auf den Verspätungseinwand des Klägers zu stützen, war nicht überraschend und damit verfahrensfehlerhaft. Denn der Kläger hat nicht erst im nachgelassenen Schriftsatz vom 29.3.2000, sondern bereits in der Klageschrift sowie im Schriftsatz vom 9.2.2000 vorgetragen, daß die Beklagte zwei Monate nach Auslieferung der Montageteile Mitte Oktober 1999 erstmals gerügt habe, die Montageteile entsprächen nicht den Mustern.

Die Bestimmung des § 377 HGB findet auf den hier vorliegenden Werklieferungsvertrag über nicht vertretbare bewegliche Sachen Anwendung.

Der Beklagten oblag hinsichtlich der gelieferten Metallbauteile eine Rügeverpflichtung gemäß § 377 Abs. 1 HGB. Beide Parteien sind Kaufleute, auf die die Vorschrift über den Handelskauf Anwendung finden.

Die Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, bei den vom Kläger gelieferten Metallbauteilen handele es sich um eine nicht genehmigungsfähige Falschlieferung gemäß § 378 2. Halbs. HGB. Die Auffassung der Beklagten, aufgrund der vertraglichen Vereinbarung führten die von ihr geltend gemachten Abweichungen der gelieferten Teile von den von ihr vorgelegten Mustern zur Genehmigungsunfähigkeit, geht fehl. Es ist schon nicht davon auszugehen, daß eine mit dem von der Beklagten vorgelegten Muster übereinstimmende Ausführung der Metallbauteile Vertragsgegenstand war, die Parteien also ausschließlich die Eigenschaften des vorgelegten Musters zur Beschreibung der zu liefernden Metallbauteile herangezogen haben. Nach dem von der Beklagten in erster Instanz selbst vorgelegten Telefax vom 17.8.1999 (Anl. 2 z. Schrifts. v. 18.1.2000) teilte der Kläger dem bei der Beklagten tätigen und für den Auftrag zuständigen Herrn Sch mit, daß es noch Unstimmigkeiten in den Schablonen gebe und eine schnelle Klärung unbedingt erforderlich sei. Er erhielt daraufhin die mit der Berufungserwiderung vom Kläger vorgelegte Skizze (Anl. SW 1), nach der die Bohrlöcher abweichend vom Muster keine Durchmesser von 22 mm, sondern von 24 mm haben sollten. Soweit die Beklagte demgegenüber geltend macht, diese Skizze sei ihr unbekannt, ist dies unerheblich, da die Beklagte sich Handlungen und Absprachen des für sie tätigen Herrn Sch zurechnen lassen muß. Darüber hinaus hat die Beklagte auch nicht substantiiert dargetan, in welchem Umfang die Winkel der vom Kläger gelieferten Metallteile größer oder kleiner gewesen sein sollen als die des Musters und inwiefern die Firstpunkte falsch zusammengeschweißt gewesen sein sollen.

Aber selbst eine um 2 mm zu große Bohrung sowie eine Ausführung mit falschem Winkel stellt bei den hier zu liefernden First- und Traufpunkten allenfalls eine Schlechtleistung, nicht jedoch eine derart erhebliche Abweichung von der geschuldeten Leistung dar, daß von einer Aliudlieferung ausgegangen werden müßte. Denn während eine Schlechtleistung bei jeder Abweichung der Beschaffenheit des gelieferten von dem vertraglich vereinbarten Gegenstand anzunehmen ist, liegt eine Falschlieferung, ein Aliud, dagegen erst dann vor, wenn von einer anderen als der geschuldeten Ware ausgegangen werden muß. Die erbrachte Leistung muß gegenständlich von der geschuldeten abweichen (vgl. BGH NJW 84, 1955). Dies ist hier nicht der Fall. Geschuldet waren Metallteile zur Verbindung von Aluminiumvierkantrohren an First- und Traufpunkten der von der Beklagten hergestellten Mobilhallenkonstruktionen. Geliefert wurden eben solche Verbindungsteile, die den vertraglich vereinbarten Zweck erfüllten, die Aluminumvierkantrohre an Trauf- und Firstpunkten miteinander zu fixieren. Unstreitig hat die Beklagte die vom Kläger gelieferten Metallteile zu diesem vertraglich vereinbarten Zweck auch beim Aufbau ihrer Messehallen in Dänemark eingesetzt. Ob aufgrund vom Muster abweichender Winkelmaße und Bohrungen ein ordnungsgemäßer und haltbarer Aufbau der Zelthalle möglich war, spielt dagegen keine Rolle. Denn ist der gelieferte mit dem festgelegten Leistungsgegenstand identisch, dann kann von einer Falschlieferung auch dann keine Rede sein, wenn er seiner Art nach oder infolge von Sachmängeln für den vorgesehenen Verwendungszweck ungeeignet ist (vgl. BGH NJW 84, a.a.O.).

Ihrer Rügeverpflichtung ist die Beklagte nicht nachgekommen. Das im Berufungsverfahren erfolgte Vorbringen der Beklagten, der Zeuge Z habe dem Kläger am 26. August 1999 fernmündlich und in aufgebrachter Form erklärt, es sei "derselbe Mist wieder geliefert" worden, ist unerheblich. Die Mängelanzeige gemäß § 377 Abs. 1 HGB muß nach ständiger Rechtsprechung des BGH (vgl. BGH NJW 1996, 2228 m.w.N.) den Verkäufer in die Lage versetzen, aus seiner Sicht und Kenntnis der Dinge zu erkennen, in welchen Punkten und in welchem Umfang der Käufer die gelieferte Ware als nicht vertragsgemäß beanstandet. Sie soll dem Verkäufer ermöglichen, Beanstandungen zu prüfen, ggf. abzustellen, und ihn gleichzeitig gegen ein Nachschieben anderer Beanstandungen durch den Käufer schützen. Aus diesen Gründen muß die Mängelanzeige Art und Umfang der Beanstandungen zumindest in allgemeiner Form benennen. Diesen Anforderungen wird die von der Beklagten geltend gemachte telefonische "Beschwerde" des Zeugen Z nicht gerecht. Diese Äußerung war nicht geeignet, dem Kläger zu verdeutlichen, welche Beanstandungen noch bestanden, zumal es ja nach der ersten unpassenden Lieferung Gespräche und Anpassungen gegeben hat, so daß Veranlassung bestand darzulegen, was nunmehr genau beanstandet wurde.

Die von der Beklagten am 15. Oktober 1999 erhobene Rüge ist jedenfalls zu spät. Hat es das von der Beklagten behauptete Telefonat zwischen dem Kläger und dem Zeugen Z gegeben, waren die von der Klägerin monierten Abweichungen auch ohne Vorlage des Musters erkennbar und hätten unverzüglich nach Erhalt gerügt werden müssen. Aber selbst solche Mängel, die bei Anlieferung auch durch eine stichprobenartige Überprüfung nicht aufgefallen wären, hätten spätestens zum Zeitpunkt des Aufbaues der Messehallen in Dänemark, der vor dem 24. September 1999, dem Messebeginn, abgeschlossen gewesen sein mußte, Veranlassung zur unverzüglichen Rüge gegeben. Ein nochmaliges mindestens dreiwöchiges Zuwarten war der Beklagten dagegen nicht zuzubilligen.

Die Beklagte hat auch nicht hinreichend substantiiert dargetan, daß der Kläger ihr das Vorhandensein von Mängeln arglistig verschwiegen hat, § 377 Abs. 5 HGB. Arglist setzt voraus, daß der Kläger einen Mangel der von ihm angelieferten Ware kannte, oder doch mit seiner Möglichkeit rechnete und ihm bewußt war, daß der Beklagten dieser Mangel unbekannt sein könnte und sie bei Kenntnis die angebotene Ware nicht als Vertragserfüllung annehmen werde (vgl. BGH, LM § 377 HGB Nr. 28, Bl. 125 ff.). Allein der Umstand, daß dieselben Teile nochmals geliefert wurden, reicht nicht aus, um von einem arglistigen Verhalten des Klägers auszugehen. Ausweislich des auch von der Beklagten in Bezug genommenen Telefaxes des Klägers vom 17.8.1999 entsprach es vielmehr der Vereinbarung der Parteien, daß der Kläger die zunächst reklamierten Traufpunkte reparieren bzw. neu fertigen sollte, was die Wiederanlieferung derselben Teile nicht ausschließt. Daß eine Veränderung der Winkel um max. 1,7° nicht durch Umarbeitung der vorhandenen Metallteile, sondern nur durch eine Neuanfertigung vorgenommen werden konnte, hat die Beklagte nicht hinreichend substantiiert dargetan und ist auch nicht nachvollziehbar. Aber selbst dann würde die Annahme eines arglistigen Verhaltens nicht nur voraussetzen, daß die Nachbesserung nicht möglich ist, sondern auch, daß der Kläger dies wußte und ohne Nachbesserungsversuch dieselben Teile nochmals anlieferte. Der Vortrag der Beklagten ist jedoch nicht ohne weiteres dahingehend zu verstehen, der Kläger habe dieselbe Ware ohne jegliche Bearbeitung nochmals wieder angeliefert. Dies hätte die Behauptung vorausgesetzt, man habe festgestellt, daß die zuletzt gelieferte Ware dieselbe Paßungenauigkeit und dieselben Abweichungen vom Muster aufgewiesen hätten. Dies aber trägt die Beklagte nicht vor. Soweit die Beklagte in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 19.12.00 erstmals pauschal vorträgt, der Zeuge Z habe festgestellt, dass die bereits im Juli reklamierten Teile völlig unverändert nochmals geliefert worden seien, gab dies keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen. Auch der Umstand, daß die Muster nicht mitgeliefert würden, begründet den Vorwurf einer arglistigen Täuschung nicht. So waren die Muster unstreitig schon bei der ersten Anlieferung nicht mitgeliefert worden und dennoch war eine sofortige Überprüfung und Rüge der Paßungenauigkeit möglich. Hierzu bedurfte es nicht des Musters, sondern allein der stichprobenartigen Überprüfung durch den Aufbau einer Verbindung mit bei der Beklagten vorhandenen Aluminiumvierkantrohren. So kann nicht davon ausgegangen werden, der Kläger habe die Beklagte wissentlich mit fehlerhafter Ware beliefert und Vorkehrungen dafür getroffen, daß die Beklagte dies nicht unverzüglich überprüfen konnte. Auf die §§ 376 HGB, 326 Abs. 2 BGB, die die Rechte des Bestellers bei nicht fristgerechter Leistung betreffen, kann die Beklagte sich nicht berufen, weil die Leistung des Klägers nicht genehmigungsunfähig, sondern allenfalls mangelhaft war, und der von den Parteien fixierte Termin vom 27.8.1999 durch den Kläger eingehalten wurde.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 ZPO.

Streitwert und Beschwer der Beklagten: 32.816,40 DM.

Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 546 Abs. 1 Satz 2 ZPO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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