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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 14.12.1999
Aktenzeichen: 10 W 125/99
Rechtsgebiete: UWG, ZPO, MarkenG
Vorschriften:
ZPO § 104 Abs. 3 | |
ZPO § 940 | |
UWG § 24 | |
MarkenG § 14 |
Wird eine von einem Konkurrenten wettbewerbsrechtlich beanstandete Werbemaßnahme bundesweit im Internet und in Magazinen verbreitet, und reicht der wegen dieser Werbemaßnahme Abgemahnte eine Schutzschrift bei Gerichten ein, die zwar für eine auf Unterlassung gerichtete einstweilige Verfügung örtlich zuständig sind, bei welchen aber das folgende Verfügungsverfahren aus für den Abgemahnten unvorhersehbaren Gründen nicht anhängig wird, so sind die außergerichtlichen Kosten für die Fertigung der Schutzschrift nicht in der Kostenfestsetzung des Verfügungsverfahrens erstattungsfähig.
Beschluß vom 14.12.1999 - 10 W 125/99 -
Gründe:
Das gemäß § 104 Abs. 3 ZPO in Verbindung mit § 11 Abs. 1 RpflG n.F. als sofortige Beschwerde zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg. Die Rechtspflegerin hat im Ergebnis zu Recht bei der Festsetzung der ausgleichungsfähigen außergerichtlichen Kosten der obsiegenden Antragsgegnerin davon abgesehen, die von dieser geltend gemachte Verkehrsanwaltsgebühr gemäß § 52 BRAGO nebst Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer ihrer in Stuttgart ansässigen Korrespondenzanwälte zu berücksichtigen. Diese Aufwendungen zählen nicht zu den notwendigen Kosten zweckentsprechender Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung der Antragsgegnerin in dem Verfahren auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung zu dem Aktenzeichen 34 O 129/98 Q LG Düsseldorf. Die Erstattungsfähigkeit der Verkehrsanwaltsgebühr ergibt sich insbesondere nicht daraus, daß die Stuttgarter Anwälte der Antragsgegnerin vorsorglich bei dem dortigen Landgericht sowie bei dem Landgericht Ravensburg eine wettbewerbsrechtliche Schutzschrift im Hinblick auf den erwarteten Antrag des Beschwerdegegners auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung betreffend einen markenrechtlichen Unterlassungsanspruch eingereicht haben. Die Schutzschrift ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens geworden.
I.
1)
Nach der Rechtsprechung des Senats sind die außergerichtlichen Kosten für die Fertigung einer Schutzschrift, welche vor Rechtshängigkeit des Antrages auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung bei dem Prozeßgericht eingeht, nach einer kostenfälligen Zurückweisung des Antrages im Kostenfestsetzungsverfahren erstattungsfähig, wenn die Schrift durch einen bei dem Prozeßgericht zugelassenen Rechtsanwalt verfaßt wurde (Beschluß vom 2. Januar 1995, Az: 10 W 137/94, veröffentlicht in MDR 1995, 859, Rpfleger 1995, 381; JMBl 1995, 95; OLGR-Düsseldorf 1995, 178 sowie in Mitteilungen der deutschen Patentanwälte 1995, 192). Nach diesen Grundsätzen muß die Erstattungsfähigkeit der streitigen Anwaltskosten schon daran scheitern, daß die Antragsgegnerin die Schutzschrift nicht durch einen bei dem Landgericht Düsseldorf als Prozeßgericht zugelassenen Bevollmächtigten hat fertigen lassen, sondern durch ihre auswärtigen Hausanwälte.
2)
Allerdings macht die Antragsgegnerin zu Recht geltend, daß für sie nicht sicher vorhersehbar war, bei welchem Landgericht der Antragsteller seinen Verfügungsanspruch anhängig machen werde: Zwar waren ihr vorprozessual Abmahnschreiben zugegangen, welche der Antragsteller seinerzeit durch Rechtsanwälte in Düsseldorf hatte fertigen lassen. Durch diese Maßnahme war jedoch die Zuständigkeit des dortigen Prozeßgerichts nicht vorgegeben. Gemäß § 24 Abs. 1 UWG kam auch eine Zuständigkeit des Landgerichts Stuttgart in Betracht, in dessen Bezirk die Antragsgegnerin ihre gewerbliche Niederlassung hat. Unabhängig davon war auch die Regelung des § 24 Abs. 2 UWG mit der Zuständigkeitszuweisung an das Gericht zu beachten, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist. Mit Rücksicht darauf war auch eine Anrufung des Landgerichts Ravensburg denkbar, in dessen Bezirk die Antragsgegnerin die durch den Antragsteller in seinem Abmahnschreiben beanstandete Messewerbung vorgenommen hatte. Die Zuständigkeit des angerufenen Landgerichts Düsseldorf hat der Antragsteller allein damit begründet, die Antragsgegnerin habe dort - wie auch im übrigen bundesweit - in Magazinen und im Internet ihre Werbung unterbreitet. Diese Begründung eröffnete dem Antragsteller in praktischer Konsequenz die Möglichkeit, frei eine ihm geeignet erscheinende Zuständigkeitswahl zu treffen. Mit Rücksicht darauf kann entgegen der Begründung des angefochtenen Beschlusses der Antragsgegnerin nicht ein Verstoß gegen ihre Verpflichtung zur sparsamen Prozeßführung aufgrund des Umstandes angelastet werden, daß sie ihre in Stuttgart ansässigen Hausanwälte auch mit der Fertigung der wettbewerbsrechtlichen Schutzschrift beauftragte. Die Anwälte hatte sie schon im Zusammenhang mit den bezeichneten Abmahnschreiben mandatiert.
3)
Dies ändert jedoch nichts daran, daß die Schutzschrift nicht Gegenstand des bei dem Landgericht Düsseldorf anhängig gewesenen Verfügungsverfahrens geworden ist. Deshalb können die mit der Herstellung dieser Schrift verbunden gewesenen außergerichtlichen Aufwendungen auch nicht als Kosten des Verfahrens 34 O 129/98 Q LG Düsseldorf behandelt werden, die darin zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung der Antragsgegnerin notwendig waren (§ 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Die wettbewerbsrechtliche Schutzschrift wird vorprozessual zur Abwehr eines befürchteten Verfügungsantrages oder spätestens nach Eingang des Verfügungsantrages bei Gericht eingereicht und soll dem Richter des Eilverfahrens Kenntnisse verschaffen, die ihn davon abhalten, eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zu treffen (Zöller/Herget, Kommentar zur ZPO, 21. Aufl., § 91, Rdnr. 13, Stichwort "Schutzschrift"). Die Erstattungsfähigkeit der für die Fertigung der Schutzschrift anfallenden Kosten wird heute in der Rechtsprechung überwiegend bejaht, wenn ein Verfügungsantrag eingereicht und damit ein Prozeßrechtsverhältnis begründet wird (vgl. die Rechtsprechungsnachweise bei Zöller/Herget a.a.O.). Wird jedoch der Antrag nicht bei dem Gericht anhängig gemacht, bei welchem die Schutzschrift hinterlegt ist, kann diese zwangsläufig auch nicht Gegenstand des antragsbezogenen Prozeßrechtsverhältnisses werden. Im Hinblick auf den begrenzten und nur auf Prävention gerichteten Schutzzweck ist Kriterium für die Verfahrensbezogenheit einer Schutzschrift, ob sie sich im Hinblick auf das tatsächlich anhängig gewordene Verfügungsverfahren als ein taugliches Mittel der vorbeugenden Rechtsverteidigung durch Einbringung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und durch Einwirkung auf den Verfahrensgang erwiesen hat (OLG Köln Rpfleger 1995, 518). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt, denn die Schutzschrift ist nicht Bestandteil der Akten des Prozeßgerichts geworden. Eine Schutzschrift als solche ist nicht zur Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens geeignet. Sie wird vom Gericht nur im Hinblick auf ein mögliches Verfügungsverfahren in Verwahrung genommen. Kommt es nicht zur Anhängigkeit eines solchen Verfahrens, scheidet auch eine Kostenfestsetzung gemäß §§ 103 ff. ZPO aus (KG JurBüro 1998, 30).
4)
Möglicherweise steht der Antragsgegnerin ein materiell-rechtlicher Erstattungsanspruch gegen den Antragsteller wegen der schutzschriftbezogenen Aufwendungen gegen den Antragsteller zu. Nach der Begründung des in Rechtskraft erwachsenden Urteils des Landgerichts Düsseldorf vom 30. September 1998 war ein markenrechtlicher Verfügungsanspruch des Antragstellers mangels einer Verwechslungsgefahr der gegenüber stehenden Zeichen der Parteien im Sinne des § 14 MarkenG nicht gegeben. Die Umstände sprechen daher für die Annahme, daß die an die Antragsgegnerin gerichteten Abmahnschreiben sachlich nicht gerechtfertigt waren. Der Abgemahnte hat einen Anspruch auf Schadensersatz, wenn der Abmahnende erkennen konnte, daß die Übernahme der Geschäftsführung dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Abgemahnten widersprach, auch wenn ihm ein sonstiges Verschulden nicht zur Last fällt. Der sich aus § 678 BGB ergebende Schadensersatzanspruch des zu Unrecht Abgemahnten erfaßt auch Rechtsanwaltskosten aus Anlaß der Fertigung einer Schutzschrift (Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 20. Aufl., Einl. UWG, Rdnr. 560). Indes kann hier die Frage der Begründetheit eines materiellen Kostenerstattungsanspruches der Antragsgegnerin dahinstehen, da dieser nicht im Verfahren der §§ 103 ff. ZPO festsetzungsfähig ist.
II.
Sieht man von der Schutzschrift ab, sind die Korrespondenzanwaltskosten der Antragsgegnerin auch nicht aufgrund des Umstandes erstattungsfähig, das ihre Stuttgarter Anwälte den Verkehr mit ihrem Prozeßbevollmächtigten in Düsseldorf vermittelt haben. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist die Verkehrsanwaltsgebühr einem kaufmännisch geführten Unternehmen grundsätzlich nur in Ausnahmefällen zu erstatten (Beschluß vom 16. November 1995, Az: 10 W 232/95, veröffentlicht in OLGR-Düsseldorf 1996, 107). Ein solcher Ausnahmefall ist hier nicht gegeben. Das bei dem Landgericht Düsseldorf anhängig gewesene Verfahren auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung betraf auf der Grundlage eines relativ einfach gelagerten Sachverhaltes im wesentlichen die Rechtsfrage einer markenrechtlichen Verwechslungsgefahr ("X-RAY" gegen "X-RAGE"). Einem Wirtschaftsunternehmen, das - wie hier die Antragsgegnerin - eine nicht unerhebliche gewerbliche Tätigkeit entfaltet, ist unter Berücksichtigung des Gebotes der sparsamen Prozeßführung eine schriftlich oder mit Mitteln der Telekommunikation geführte Unterrichtung ihres Prozeßbevollmächtigten ausreichend und zumutbar, wenn es sich um einen durchschnittlich gelagerten Rechtsstreit handelt, der keine wesentlichen Kenntnisse oder Erfahrung der Partei bei der Sachdarstellung gegenüber einem Anwalt erfordert (Senat Beschluß vom 23. Mai 1991, Az: 10 W 48/91, abgedruckt in Rpfleger 1991, 522). Aus diesen Gründen sind auch nicht die Kosten einer ersparten Informationsreise der Antragsgegnerin zu ihrem Prozeßbevollmächtigten in Düsseldorf erstattungsfähig.
Ende der Entscheidung
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