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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 28.01.2002
Aktenzeichen: 2 b Ss (OWi) 312/01 - (OWi) 79/01 IV
Rechtsgebiete: StVO, StVG, BKatV
Vorschriften:
StVO § 41 Abs. 2 Nr. 7 (Zeichen 274) | |
StVO § 49 Abs. 3 Nr. 4 | |
StVG § 24 | |
StVG § 25 Abs. 1 | |
BKatV § 2 | |
BKatV § 2 Abs. 1 S. 1 |
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS
2 b Ss (OWi) 312/01 - (OWi) 79/01 IV 13 Js 265/00 StA Krefeld
In der Bußgeldsache
wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit
hat der 4 Senat für Bußgeldsachen durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Servos, den Richter am Oberlandesgericht Kosche und die Richterin am Oberlandesgericht Magiera-Steinacker
am 28 Januar 2002
auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Kempen vom 9. August 2001 nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft
beschlossen:
Tenor:
Das angefochtene Urteil wird mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht zurückverwiesen.
Gründe:
Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen einer fahrlässigen Ordnungswidrigkeit gemäß §§ 41 Abs. 2 Nr. 7 (Zeichen 274), 49 Abs. 3 Nr. 4 StVO in Verbindung mit § 24 StVG (Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit) zu einer Geldbuße von 400,00 DM verurteilt und gegen ihn ein Fahrverbot von einem Monat verhängt. Mit der hiergegen eingelegten Rechtsbeschwerde rügt der Betroffene die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
Die Sachrüge hat Erfolg.
I.
Das Amtsgericht ist von folgendem ausgegangen:
"Am 13.10.1999 befuhr er (der Betroffene) gegen 0.36 Uhr in Tönisvorst die L 379 in Fahrtrichtung Anrath. In Höhe der Ortschaft Kehn überschritt er die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb der geschlossenen Ortschaft. Abzüglich des Toleranzwertes wurde eine Geschwindigkeit von 131 km/h gemessen An der Messstelle betrug die zulässige Höchstgeschwindigkeit 70 km/h, so dass sich damit eine Geschwindigkeitsüberschreitung des Betroffenen von 61 km/h ergibt. Die Geschwindigkeitsüberschreitung wurde mittels eines Lasermessgerätes festgestellt. Das Lasermessgerät wurde entsprechend den Richtlinien des Herstellers betrieben ... Der Betroffene hat die ihm zur Last gelegte Geschwindigkeitsüberschreitung eingeräumt, sich im übrigen aber dahin eingelassen, er habe das fragliche 70 km/h Schild wohl aus Unachtsamkeit übersehen" (UA S. 2).
Diese Ausführungen können nicht Grundlage einer Verurteilung sein. Sie stellen keine ausreichende nachvollziehbare Beweiswürdigung dar, die eine Überprüfung ermöglicht, ob die festgestellte Geschwindigkeit von 131 km/h in zulässiger Weise ordnungsgemäß ermittelt worden ist.
1.
Es reicht nicht aus, die gemessene Geschwindigkeit anzugeben und mitzuteilen, dass die Geschwindigkeitsüberschreitung mittels eines entsprechend den Richtlinien des Herstellers betriebenen Lasermessgerätes festgestellt wurde Zwar ist es grundsätzlich zulässig und je nach Fall auch ausreichend, eine Verurteilung wegen Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit auf Messungen zu stützen, die mittels eines zugelassenen Lasermessgerätes nach einem standardisierten Verfahren durchgeführt worden sind. Zur Überprüfung ist jedoch erforderlich, dass angegeben wird, welches Gerät zum Einsatz gekommen ist, in welcher Messzeit auf welcher Messstrecke welches Messverfahren angewandt wurde und welcher Toleranzabzug für etwaige Messfehler vorgenommen wurde (vgl. BGH NJW 1993, 3081 ff.).
2.
Dieser Angaben bedarf es nur dann nicht, wenn der Betroffene uneingeschränkt und glaubhaft eingesteht, die vorgeworfene Geschwindigkeit - mindestens - gefahren zu sein (vgl. BGH a. a. O.). Der Senat vermag indes nicht festzustellen, dass ein solches Geständnis vorliegt. Zwar hat das erkennende Gericht ausgeführt, der Betroffene habe die ihm zur Last gelegte Geschwindigkeitsüberschreitung eingeräumt. Da aber nicht wiedergegeben wird, wie der Betroffene sich im einzelnen konkret eingelassen hat, vermag der Senat sich keine Klarheit darüber zu verschaffen, ob der Betroffene tatsächlich Äußerungen gemacht hat, die im Zusammenhang mit dem übrigen Verfahrensstoff und im Hinblick auf den konkret vorgeworfenen Rechtsverstoß als Geständnis gewertet werden können.
Allein schon diese Mängel führen zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung an das Amtsgericht zwecks neuer Verhandlung und Entscheidung.
Die Zurückverweisung an eine andere Abteilung des Amtsgerichts hält der Senat nicht für veranlasst.
II.
Für die erneute Hauptverhandlung und Entscheidung weist der Senat auf folgendes hin:
1.
Auch der Rechtsfolgenausspruch hätte im Hinblick auf die Verhängung des Fahrverbotes keinen Bestand haben können, weil seine Begründung unzureichend ist und nicht überprüft werden kann, ob alle zu berücksichtigenden Gesichtspunkte bedacht worden sind.
Die in § 2 BKatV genannten Regelbeispiele entheben zwar die Gerichte der Verpflichtung, die Angemessenheit der verhängten Rechtsfolge besonders zu begründen, aber nur dann, wenn keine Anhaltspunkte für ein Abweichen ersichtlich sind. Die Bestimmung des § 25 Abs. 1 StVG ist alleinige Rechtsgrundlage für ein Fahrverbot, auch wenn bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung, die die Voraussetzungen des Regelfalls von § 2 Abs. 1 S. 1 BKatV erfüllt, eine grobe Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers indiziert wird, die grundsätzlich eines Fahrverbotes bedarf. Deshalb dürfen die konkreten Umstände des Einzelfalles in objektiver und subjektiver Hinsicht nicht unberücksichtigt bleiben. Bei einem einmaligen, nur fahrlässig begangenen Verstoß ist ausgehend vom festzustellenden Grad der Fahrlässigkeit zunächst zu prüfen, ob eine grobe Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers vorliegt. Auch bei objektiv grobem Verstoß setzt die Anordnung eines Fahrverbotes (subjektiv) ein besonders verantwortungsloses Verhalten des Fahrers voraus, das durch Darlegung der tatsächlichen Situation in nachprüfbarer Weise zu begründen ist. Wenn dies bejaht wird, ist weiterhin zu prüfen, ob ein Ausnahmefall vorliegt, der ein Absehen vom Fahrverbot rechtfertigt. Zu berücksichtigen sind dabei eventuell vorhandene entlastende Umstände, die Höhe der Geschwindigkeitsüberschreitung, die bisherige Kilometerleistung, die Zeit des unbeanstandeten Verhaltens im Straßenverkehr, die durch ein Fahrverbot zu erwartenden beruflichen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten, der drohende Verlust des Arbeitsplatzes oder der wirtschaftlichen Existenz und insbesondere im Hinblick darauf, dass das Fahrverbot eine Warnungs- und Besinnungsmaßnahme ist, die Zeit, die seit der Zuwiderhandlung verstrichen ist. Bei einer lange Zeit zurückliegenden Zuwiderhandlung kann je nach Fall die Verhängung eines Fahrverbotes nicht mehr angezeigt sein. Insoweit ist auch der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten. Schließlich muss sich das erkennende Gericht in nachprüfbarer Weise mit der Frage auseinandersetzen, ob bei Vorliegen besonderer Aspekte in dem aufgezeigten Sinne der Verstoß unter Abweichung von der Regel auch mit einem erhöhten Bußgeld bei gleichzeitigem Fortfall eines Fahrverbotes geahndet werden kann, weil auch auf diese Weise der mit dem Fahrverbot erstrebte Erfolg erreicht werden kann (BGH 38, 125, 136 und Peter Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 36. Aufl., § 25 Rdn. 14 ff m. w. N.).
2.
Die Urteilsformel soll die rechtliche Bezeichnung der Tat angeben, wobei die gesetzliche Überschrift des Straftatbestandes oder, wenn eine solche fehlt, die übliche Bezeichnung der Tat zu verwenden ist (§ 260 Abs. 3 StPO). Zur rechtlichen Bezeichnung der Tat gehört bei Taten, die vorsätzlich oder fahrlässig begangen werden können, auch die Angabe der Schuldform, sofern sie sich nicht bereits aus der gesetzlichen Überschrift ergibt (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 45. Aufl. Rdn. 19 ff. m. w. N.).
Ende der Entscheidung
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