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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 20.06.2000
Aktenzeichen: 21 U 209/99
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 543 Abs. 1 | |
ZPO § 97 Abs. 1 | |
ZPO § 708 Nr. 10 | |
ZPO § 713 | |
ZPO § 596 Abs. 1 |
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
21 U 209/99 1 O 87/99 LG Wuppertal
Verkündet am 20.06.2000
In dem Rechtsstreit
pp.
hat der 21. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 30. Mai 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Prof. Dr. V die Richterin am Oberlandesgericht H und den Richter am Landgericht
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 12.10.1999 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht sie zur Zahlung von 10.768,46 DM nebst Zinsen verurteilt und die Klage im übrigen abgewiesen.
I. Anspruchsgrund
Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß es dahingestellt bleiben kann, ob die Beklagte vorgerichtlich ein Anerkenntnis ihrer Haftung dem Grunde nach abgegeben hat. Denn jedenfalls haftet sie der Beklagten aus positiver Vertragsverletzung (pVV) des zwischen den Parteien geschlossenen Werkvertrages aufgrund der unterlassenen Sicherungsmaßnahmen zur Verhinderung, des Eindringens von Feuchtigkeit.
Aus dem Werkvertrag war die Beklagte verpflichtet, sich bei der Abwicklung des Schuldverhältnisses so zu verhalten, daß das Eigentum der Klägerin nicht beschädigt wird. Hierbei handelt es sich um eine Verkehrssicherungspflicht (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, 59. Auflage, § 276 Rn. 117 mwN), der der Gedanke zugrunde liegt, daß jeder, der Gefahrenquellen schafft, die notwendigen Vorkehrungen zur Abwendung dieser Gefahren zu treffen hat. Es gehörte deshalb zum Bausoll der Beklagten, die selbst ihr dem Vertrag zugrunde liegendes Angebot erstellt und damit die Planung für die Dacherneuerung übernommen hatte, bei der Flachdachsanierung Sicherungsmaßnahmen gegen das Eindringen von Niederschlagswasser zu ergreifen. Diese Notwendigkeit entfiel nicht deshalb, weil der Himmel am Morgen der Arbeitsaufnahme am 26.10.1996 noch wolkenlos war. Im Herbst muß mit schnell sich ändernden Wetterlagen gerechnet werden. Im übrigen hätten die Mitarbeiter der Beklagten sehen müssen, wie sich der Himmel bewölkte. Dies erfolgt nicht binnen weniger Minuten. In der hiesigen Region (Rheinland / Bergisches Land) zeichnet sich ein Wetterwechsel in der Regel deutlich ab, so daß vorbereitete Schutzmaßnahmen auch hätten eingesetzt werden können. Die Mitarbeiter der Beklagten hatten hingegen keinerlei Sicherungsmaßnahmen ergriffen. Von dem Wassereinbruch am 26.10.1998 wurden sie offensichtlich völlig überrascht, sie haben weder eine einfache Folie über das zu diesem Zeitpunkt offene Flachdach gezogen noch andere Maßnahmen zur Schadensabwendung ergriffen.
Ohne Belang ist in diesem Zusammenhang, daß nicht nur am 26.10.1998, sondern auch am 23.10.1998 Wasser in das Haus der Klägerin eindringen konnte, weil das zwischenzeitlich von der Beklagten installierte Notdach durch einen starken Wind der Stärke 8 Beaufort (nach der Beaufort-Skala liegt ein Sturm erst bei der Stärke 9-11 vor, vgl. Meyers Grosses Taschenlexikon in 24 Bänden, "Sturm") weggeweht worden war. Auch dieses Geschehen geht zu Lasten der Beklagten, weil mit starken Winden im Herbst gerechnet werden muß und auch insoweit ausreichende Sicherungsmaßnahmen zu treffen sind (vgl. insoweit auch OLG Bremers, BauR 1997, 854 f. zu § 7 Nr. 1 VOB/B). Sie haftet deshalb auch für die bei diesem Ereignis eingedrungene Feuchtigkeit.
Es kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin die Mitarbeiter der Beklagten auf die Gefahr des Wetterwechsels hingewiesen hat. Denn diese mußten von sich aus die drohende Gefahr erkennen und notwendige Maßnahmen ergreifen, weshalb ein dahingehender Hinweis der Klägerin nicht erforderlich war.
II. Höhe des Anspruchs
Der Klägerin steht ein Schadensersatzanspruch in Höhe der vom Landgericht zuerkannten 10.768,96 DM zu.
Die von der Beklagten anerkannten Beträge des Kostenvoranschlags der Firma O in Höhe von insgesamt 2.227,20 DM (Pos. 1 mit 1.450,-- DM und Pos. 2. mit 970,-- DM zuzüglich Mehrwertsteuer) ergeben ausgehend vors dem geltend gemachten Betrag von 28.768,96 DM eine Summe von 26.541,26 DM für die Material- und Einbaukosten der Paneele (jeweils Bruttobeträge). Hinsichtlich dieser Position schuldet die Beklagte jedoch mehr als die vorgerichtlich gezahlten 13.800,-- DM netto (= 16.008,-- DM brutto). Vielmehr kann die Klägerin die noch ausstehenden 9.080,90 DM netto (= 10.533,26,-- brutto) als weiteren Schadensersatz verlangen. Bei der von der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgelegten Paneele handelt es sich um eine Echtholz-Paneele Rundkante gemäß der Beschreibung im Angebot des Schreiners O vom 14.12.1998. Die insoweit gegebene eigene Sachkunde e des Senats hat der an Gerichtsstelle in einer anderen Sache anwesende und insoweit vom Senat informatorisch gehörte Sachverständige W (gerichtlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für das Tischlerhandwerk) bestätigt. Weiterhin hat er ausgeführt, der Einbau einer solchen Paneele ohne Unterkonstruktion einschließlich Material erfordere einen Kostenaufwand von 160,-- bis 170,-- DM pro qm. Die gemäß dem Kostenvoranschlag O angesetzten 165,80 DM liegen innerhalb dieser Spanne und sind folglich angemessen, weshalb der Senat diesen Betrag der Schadensberechnung zugrundelegt. Insoweit ist entgegen dem Vorbringen der Beklagten auch zu berücksichtigen, daß solche Arbeiten nach Kenntnis des Senats regelmäßig von 2 Personen durchgeführt werden, wodurch allein Lohnkosten von etwa 120,-- DM pro Stunde anfallen können (70,-- DM für den Monteur und 50,-- DM für einen Helfer). Zuzüglich entstehender Gerüst- und Materialkosten sowie der darauf entfallenden Mehrwertsteuer muß deshalb der angesetzte Betrag als angemessen erachtet werden.
Von diesem Schadensersatzanspruch braucht sich die Klägerin keine Ohnehin-Kosten als ersparte Aufwendungen, für die Errichtung eines Notdaches anrechnen zu lassen. Bei Ohnehin- oder Sowieso-Kosten handelt es sich um Mehrkosten für bestimmte Einzelleistungen, die in der in dem Vertrag zugrundeliegenden Leistungsbeschreibung ursprünglich nicht bzw. nicht in dieser Form vorgesehen waren, die aber notwendig sind, um das eigentliche Vertragsziel, nämlich die Herstellung eines mangelfreien Gesamtwerks, zu erreichen. Um diese Kosten wäre das Werk bei von Anfang an ordnungsgemäßer Planung teurer geworden (BGHZ 91, 210; Haerendel, Sowieso-Kosten und weitere zusätzliche Kosten infolge Fehlplanung, S. 23 f.). Sie sind beim Schadensersatzanspruch als Vorteilsausgleich wegen ihres engen Zusammenhangs mit dem entstandenen Nachteil nach der Differenzhypothese grundsätzlich anzurechnen (Palandt-Heinrichs, aaO, Vorbem v § 249 Rn. 1).
Solche Ohnehin-Kosten sind jedoch nicht entstanden. Die Beklagte hat am Tag nach dem ersten Schadenseintritt, dem 27.10.1998 (vgl. Schreiben vom 11.11.1998, Bl. 42), ein solches Notdach installiert. Die damit zusammenhängenden Kosten waren entweder vom Bau-Soll von Anfang an erfaßt oder sie sind nachträglich von der Klägerin bezahlt worden und insoweit nicht erspart, wie auch der Sachverständige der Versicherung unter Ziffer 8 auch ausdrücklich festgestellt hat. Daran ändert nichts, daß dieses Notdach am 28.10.1998 durch einen Sturm weggerissen würde und weitere Durchfeuchtungen im Haus der Klägerin eintraten.
Ein Anspruch auf 500,-- DM für Reinigungskosten steht der Klägerin ebenfalls zu. Insoweit kann gemäß § 543 Abs. 1 ZPO auf die zutreffenden Ausführungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen werden. Entgegen der Auffassung der Beklagten hat der Sachverständige S in seinem Gutachten (Seite 5 unter 6.3., Bl. 13 GA) eine Durchfeuchtung von Polstermöbeln festgestellt. Da die Klägerin Anspruch auf eine professionelle Reinigung der Möbel hat, ist der Betrag von 500,-- DM angemessen (§ 287 Abs. 1 ZPO).
III. Nebenentscheidungen:
Der Zinsanspruch wurde vom Landgericht zutreffend ermittelt und ist von der Beklagten nicht gesondert angegriffen worden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Anlaß, die Revision gemäß § 596 Abs. 1 ZPO zuzulassen, besteht nicht.
Der Streitwert im Berufungsverfahren beträgt 10.768,96 DM.
Ende der Entscheidung
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