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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 08.12.2000
Aktenzeichen: 22 U 104/00
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 631
BGB § 640
BGB § 641
Leitsatz:

Bei dem Druck und der Versendung von Prospekten nebst Einladung zum "Tag der offenen Tür" eines Radio- und Fernsehfachhändlers handelt es sich um ein absolutes Fixgeschäft. Die Sendungen müssen so rechtzeitig zur Post gegeben werden, daß mit ihrem Zugang spätestens zwei Tage vor der Veranstaltung gerechnet werden kann, denn andernfalls ist die nicht nachbesserbare Werkleistung nicht abnahmefähig und dem Auftragnehmer steht kein Werklohnanspruch zu.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

22 U 104/00 4 O 87/99 LG Krefeld

Verkündet am 08.12.00

Gehenzig, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

hat der 22. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 10. November 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Weyer, die Richterin am Oberlandesgericht Müller-Piepenkötter und den Richter am Landgericht Fuchs

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld vom 16. Mai 2000 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin bis auf die Kosten der Streithilfe, die die Streithelferin zu tragen hat.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Sachverhalt:

Der Bekl, der ein Radio- und Fernsehfachgeschäft betreibt, wollte am 6. und 7.11.1998 einen "Tag der offenen Tür" durchführen. Er beauftragte die Kl mit dem Druck und der Versendung von 11.000 Prospekten und Einladungen zu dieser Veranstaltung. Der Subunternehmer der Kl gab die Sendung am Samstag, dem 31.10.1998, nach Dienstschluß der Post als Infopostsendung auf. Die Kl verlangt von dem Bekl für diese Leistung - einschließlich 6.737,12 DM Portokosten - 13.522,66 DM. Der Bekl verweigert die Zahlung, weil die Sendungen so spät aufgegeben worden seien, daß ein rechtzeitiger Zugang bei seinen Kunden ausgeschlossen gewesen sei.

Das LG hat die Klage abgewiesen. Auch die Berufung der Kl hat keinen Erfolg.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.

Ein Anspruch auf Werklohn für Druck und Versendung der Werbesendungen steht der Klägerin auch dann nicht zu, wenn die Sendungen entsprechend der Behauptung der Klägerin am Samstag, dem 31.10.1998 nach Dienstschluss, bei der Post abgegeben worden sind. Auch dann war die Werkleistung nicht ordnungsgemäß erbracht.

Zur ordnungsgemäßen Erbringung des Werkes gehörte hier die rechtzeitige Erbringung, denn es handelte sich um ein absolutes Fixgeschäft; bei dem die Leistung innerhalb eines eng begrenzten Zeitraums erbracht werden musste und danach unmöglich wurde (vgl. Thode in Münchener Kommentar zum BGB, 3. Aufl., § 284 Rdn. 24a m. w. N.). Eine bestimmte Frist war zwar nicht vereinbart, jedoch ergab sich aus der Tatsache, dass es sich um eine Einladung zu einer Veranstaltung am 7./8.11.1998 handelte, dass diese rechtzeitig vor dem genannten Termin zugehen musste. Die Klägerin war aufgrund dieses Umstandes verpflichtet, die Sendungen so rechtzeitig zur Post zu geben, dass bei regelmäßigem Postlauf die Zustellung rechtzeitig vor der Veranstaltung gewährleistet war. Als rechtzeitig wäre im vorliegenden Fall der zu erwartende Zugang bis zum 5.11.1998 anzusehen, denn der Beklagte selbst hätte dies nach seinem Vortrag als rechtzeitig betrachtet. Ein zu erwartender Zugang am 6.11.1998, dem Tag vor der Veranstaltung, zu der eingeladen wurde, kann, wie der Beklagte zu Recht geltend macht, nicht mehr als rechtzeitig angesehen werden. Eine so kurzfristige Einladung, von der berufstätige Kunden erst nachmittags oder abends Kenntnis hätten nehmen können, wäre sinnlos gewesen. Denn sie hätte den Kunden keine Zeit gegeben, eine Teilnahme an der Werbeveranstaltung zu überlegen Der Klägerin war bekannt, dass für Infopost mit einem Zeitraum von vier Tagen nach dem Tag der Einlieferung bis zum Zugang gerechnet werden musste. Dies hat sie selbst vorgetragen. Es wird auch durch die Auskunft der Deutschen Post AG (Bl. 82, 110 GA) bestätigt. Danach ist bei Infopostsendungen, die, wie im vorliegenden Fall, innerhalb Deutschlands jedoch über eine durch die beiden ersten Stelle der Postleitzahl gekennzeichnete Leitregion hinaus versandt werden, die Auslieferung in der Regel bis zum vierten auf den Einlieferungstag folgenden Werktag zu erwarten.

Die Frist von zwei Tagen für Zustellungen im regionalen Bereich, auf die sich die Klägerin nachträglich berufen hat, gilt nach der Auskunft der Deutschen Post AG (Bl. 110 GA) nur innerhalb einer Leitregion.

Rechtzeitiger Zugang der Einladungen hätte deshalb nur bei Aufgabe zur Post am 31.10.1998 vor Dienstschluss erwartet werden können. Die Versendung ist jedoch erst nach Dienstschluss am 31.10.1998 erfolgt. Das ergibt sich aus der Aussage des für die Streithelferin, welche die Versendung im Auftrag der Klägerin Übernommen hatte, tätigen Zeugen H, die sich die Klägerin zu eigen gemacht hat. Der Zeuge selbst ging davon aus, dass als Einlieferungstag der nächste Werktag, der Montag, zählte und mit dem Zugang bis einschließlich freitags zu rechnen war.

Damit war die Leistung der Klägerin mangelhaft. Sie war nicht im wesentlichen vertragsgerecht und auch nicht nachbesserungsfähig und damit nicht abnahmefähig, so dass der Klägerin ein Anspruch auf Werklohn nicht zusteht.

Dies gilt auch dann, wenn die Klägerin, wie sie behauptet, die für die Versendung der Infopost erforderliche Adressendatei von der Beklagten erst am 28.10.1998 in verarbeitungsfähiger Form erhalten haben sollte.

Wenn der Werkunternehmer aufgrund unzureichender Vorarbeiten anderer Werkunternehmer oder des Auftraggebers sein Werk nicht mehr mangelfrei erbringen kann, trifft ihn nach Treu und Glauben die Verpflichtung, darauf hinzuweisen. Dies war hier zum Schutze des Beklagten erforderlich, denn dieser konnte im Gegensatz zur Klägerin und zur Streithelferin am 28.10.1998 nicht übersehen, ob die Versendung noch am 29. oder 30.10.1998 möglich sein würde, was noch rechtzeitig gewesen wäre. Wäre ihm am 28.10.1998 mitgeteilt worden, dass dies nicht mehr möglich sein würde, so hätte er die Kosten für Porto, die nahezu die Hälfte des gesamten Werklohns ausmachten, und die Kosten für den Adressendruck und das Kuvertieren jedenfalls noch ersparen können.

Der Vortrag der Klägerin, sämtlichen Kunden seien die Einladungen vor Beginn des Tages der offenen Tür zugestellt worden, ist unsubstantiiert und vermag einen Werklohnanspruch nicht zu begründen. Auch ein Zugang am 6.11.1998 wäre vor Beginn der Veranstaltung, aber, wie oben ausgeführt, zu spät gewesen. Im übrigen hat die Klägerin diesen Vortrag nicht mit geeigneten Beweismitteln unter Beweis gestellt. Weder der Zeuge J H noch eine Auskunft der Bundespost können über den genauen Zugang Auskunft geben. Der Zeuge H kann nur etwas zur Aufgabe der Sendungen zur Post sagen, nicht über ihren Zugang. Auch die Deutsche Post AG kann bei 11.000 Massendrucksachen nicht über den Zugang der einzelnen Sendung Auskunft gegeben, sondern nur über die regelmäßige Postlaufzeit. Diese Auskunft liegt vor und besagt gerade, dass bei Infopost die Zielvorgabe von vier Tagen nach dem Einlieferungstag bestehe und bei 95 % der Sendungen erreicht werde.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97,101 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10. Für die Zulassung der Revision besteht kein gesetzlich begründeter Anlass, § 546 Abs. 1 ZPO.

Gegenstandswert für die Berufung und Beschwer der Klägerin: 13.522,66 DM.

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