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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 17.12.1999
Aktenzeichen: 22 U 115/99
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 823
BGB § 847
BGB §§ 823, 847

Leitsatz:

Auch für das Spiel von Kindern und Jugendlichen, die sich zum Fußballspielen zusammenfinden, gelten mangels abweichender Absprachen die Fußballregeln des Deutschen Fußballbundes; wenn einzelne Kinder und Jugendliche auf ein Tor spielen, gilt nichts anderes.

OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.12.1999 - 22 U 115/99

rechtskräftig

Sachverhalt:

Der seinerzeit 9 Jahre alte und etwa 20kg schwere KI und der 15 Jahre alte und mindestens 50kg schwere Bekl spielten am 21.4.1998 auf einer Wiese Fußball, und zwar auf ein Tor, in welchem der Zeuge W stand. Der KI erlitt während des Spiels einen Schrägbruch des linken Schien- und Wadenbeins. Er behauptet: Der Bekl habe den Ball geführt und sich mit diesem in Richtung Tor bewegt. Er habe versucht, dem Bekl den Ball abzujagen. Im Rahmen dieses Zweikampfes sei der Bekl so ungestüm zur Sache gegangen, daß er - der KI - ausgerutscht und zu Boden gefallen sei. Der Bekl sei im Ballbesitz geblieben, jedoch aufgrund seines energischen Einsatzes seinerseits zu Fall gekommen und auf sein - des KI - linkes Bein gestürzt. Der KI verlangt von dem Bekl 9.000 DM als Schmerzensgeld, Ersatz von 503,80 DM materiellen Schadens sowie Feststellung der Ersatzpflicht wegen künftiger Schäden. Das LG hat die Klage abgewiesen.


22 U 115/99 9 O 386/98 LG Duisburg

Verkündet am 17. Dezember 1999

Schönfeld, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

Oberlandesgericht Düsseldorf

Im Namen des Volkes Urteil

In dem Rechtsstreit

des minderjährigen S K, geboren am 29. August 1988, gesetzlich vertreten durch seine Eltern A und W K, B straße 65, D,

Klägers und Berufungsklägers,

Prozeßbevollmächtigte: Rechtsanwälte

gegen

den minderjährigen T R, geboren am 9. März 1983, gesetzlich vertreten durch seine Eltern, die Eheleute N R, B straße 1, D,

Beklagten und Berufungsbeklagten,

Prozeßbevollmächtigte: Rechtsanwälte

hat der 22. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 26. November 1999 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Weyer, den Richter am Oberlandesgericht Muckel und den Richter am Landgericht Galle für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 20. Mai 1999 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.

Zu Recht hat das Landgericht die Klage, mit der der Kläger wegen seiner beim Fußballspiel am 21.04.1998 erlittenen Verletzung Ersatz materiellen Schadens sowie Schmerzensgeld begehrt, abgewiesen. Auch das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine ihm günstige Entscheidung.

Eine Haftung für Verletzungen beim Fußballsport ist nach der Rechtsprechung des BGH nur dann gegeben, wenn ein schuldhafter Regelverstoß zur Verletzung führt, wobei ein Verschulden nicht vorliegt, wenn der Regelverstoß im Grenzbereich zwischen der einem solchen Kampfspiel eigenen gebotenen Härte und Unfairneß liegt. (vgl. BGHZ 63, 140, 142 f; BGH NJW 1976, 957-958 = VersR 1976, 591). Im vorliegenden Fall ist bereits nicht hinreichend dargetan, daß ein Verstoß des Beklagten gegen die Fußballregeln zu der Verletzung des Klägers geführt hat.

Auch für das Spiel von Kindern und Jugendlichen, die sich zum Fußballspielen auf einer Wiese zusammenfinden, gelten mangels abweichender Absprachen die Fußballregeln des Deutschen Fußballbundes grundsätzlich in gleicher Weise wie bei auf Vereinsbasis organisierten Wettkämpfen von Fußballmannschaften. Das gilt auch dann, wenn sich nur einzelne Jugendliche und Kinder zusammenfinden, um - wie hier - auf ein Tor zu spielen. Die dabei praktizierte Spielweise, insbesondere der für das Fußballspiel typische Kampf um den Ball, entspricht im wesentlichen der beim Wettkampf von zwei Fußballmannschaften geübten Spielweise mit der Ausnahme, daß nur auf ein Tor gespielt wird und der Torwart neutral ist (vgl. OLG Hamm OLGR 1998, 30, 31).

Daß der Verletzung des Klägers ein Regelverstoß des Beklagten vorausgegangen ist, läßt sich nicht feststellen. Nach der Darstellung, die der Kläger in der Klageschrift gegeben hat, sind beide Parteien zu Boden gefallen, nachdem der Kläger versucht hatte, dem den Ball führenden Beklagten "den Ball abzujagen". Daß der Beklagte sich gegen diesen Angriff des Klägers zur Wehr gesetzt hat, stellte selbst dann keinen Regelverstoß dar, wenn der Einsatz - wie der Kläger behauptet hat energisch erfolgte. Es entspricht vielmehr den Fußballregeln, wenn der den Ball führende Spieler durch geschickte Körperstellung verhindert, daß der Angreifer den Ball erreichen kann. Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn der Beklagte seine dem Alter und Gewicht entsprechende körperliche Überlegenheit unfair gegen den angreifenden Kläger eingesetzt hätte. Ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte für einen unfairen und im Hinblick auf die Verletzungsfolge schuldhaften körperlichen Einsatz des Beklagten trägt der Kläger jedoch nicht vor. Die Behauptung, der Beklagte sei "ungestüm zur Sache gegangen", so daß er, der Kläger zu Boden gegangen sei, reicht dafür nicht aus. Die lediglich wertende Beschreibung des körperlichen Einsatzes des Beklagten ermöglicht nicht die Beurteilung, ob die Abwehr des Angriffes des Klägers durch den Beklagten noch dem in der gegebenen Situation zulässigen körperlichen Einsatz entsprach oder bereits die Grenze zur Unfairneß überschritt.

Nunmehr stellt der Kläger den Unfallhergang in der Berufungsbegründung zwar so dar, daß der Beklagte sich gegen ihn geworfen habe, um zu verhindern, daß er den Ball erreichte, daß er darauf zu Boden gestürzt sei, der Beklagte sich dann auf ihn habe fallen lassen und sich auf sein Bein gesetzt habe. Das stimmt, soweit es den äußeren Geschehensablauf betrifft, im wesentlichen mit der erstinstanzlichen Sachdarstellung des Klägers überein. Dadurch, daß er den Sturz des Beklagten nunmehr als ein Sich-fallen-lassen und Setzen auf sein, des Klägers, Bein darstellt, rückt er allerdings den zunächst als unbeabsichtigte Folge ungestümen Körpereinsatzes geschilderten Sturz des Beklagten in den Bereich vom Willen gesteuerten, vorsätzlichen Handelns, bei dem dieser die Verletzungsfolgen billigend in Kauf genommen hat. Der in dieser Weise geänderte Sachvortrag des Kläger steht nicht nur in Widerspruch zu dem auch noch im ersten Rechtszug und auch schon vorprozessual geschilderten Unfallhergang. Es läßt sich auch nicht mit dem normalen Ablauf des Fußballspiels, dessen Ziel es ist, den Ball ins Tor zu schießen, in Einklang bringen, daß ein Spieler, der sich im Kampf um den Ball durchgesetzt hat und dessen Gegenspieler bereits am Boden liegt, statt den Ball auf das Tor zu schießen, sich absichtlich mit dem Gesäß auf den am Boden liegenden fallen läßt. Tatsächlich zieht der Kläger nunmehr aus demselben äußeren Geschehensablauf lediglich Folgerungen für die Willensrichtung des Beklagten, für die er jedoch keinerlei konkrete Anhaltspunkte aufzeigt. Die vom Kläger beantragte Beweiserhebung durch Vernehmung aller noch minderjährigen Beteiligten, nämlich der Parteien und des Mitspielers R W als Zeugen (§ 455 ZPO) ist deshalb nicht erforderlich.

Die Berufung des Klägers mußte daher ohne Erfolg bleiben.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Für die Zulassung der Revision besteht kein gesetzlich begründeter Anlaß (§ 546 Abs. 1 ZPO).

Streitwert für die Berufungsinstanz und zugleich Beschwer des Klägers: 11.003,80 DM (9.000,00 DM + 503,80 DM + 1.500,00 DM).



Ende der Entscheidung

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