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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 22.08.2000
Aktenzeichen: 22 W 51/00
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 252
ZPO § 567
ZPO § 794
Leitsatz:

Wenn die Parteien eines Rechtsstreits über die Höhe des Kaufpreises für zwei Prunkvasen sich dahin vergleichen, daß das Gericht ein Sachverständigengutachten über den Wert der Vasen einholt, daß die Kosten des Gutachtens von ihnen je zur Hälfte zu tragen sind und daß der Bekl, wenn der Sachverständige einen Wert von über 90.000 DM feststellt, einen bestimmten weiteren Betrag zahlt, handelt es sich lediglich um einen Zwischenvergleich und das Gericht ist nach Eingang des Sachverständigengutachtens verpflichtet, neuen Verhandlungstermin zu bestimmen.


Oberlandesgericht Düsseldorf Beschluß

22 W 51/00 3 O 138/99 LG Wuppertal

In Sachen

hat der 22. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Weyer, den Richter am Oberlandesgericht Muckel und den Richter am Landgericht Fuchs am 22. August 2000 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluß des Einzelrichter der 3. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 11.07.2000 aufgehoben.

Die Sache wird zur abschließenden Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Beschwerdewert: 10.500,00 DM.

Gründe:

Der Kläger hat mit der Klage die Zahlung eines restlichen Kaufpreises von 35.500 DM für zwei Prunkvasen (Amphoren) der Königlichen Porzellanmanufaktur Berlin mit Stadtansichten von Berlin und Potsdam begehrt. Er hat behauptet, der Beklagte habe die Vasen für 100.000 DM gekauft und - dies ist im übrigen unstreitig - 64.500 DM auf den vereinbarten Kaufpreis gezahlt. Der Beklagte hat die Aktivlegitimation des Klägers bestritten und im übrigen behauptet, eine Einigung über den endgültigen Preis sei nicht zustande gekommen; er habe den Kauf der Vasen davon abhängig gemacht, daß ihm ein ordnungsgemäßes Gutachten zur Verfügung gestellt werde. Als der Kläger die Vasen zur Ansicht angeliefert habe, habe er erklärt, er werde ein Wertgutachten und einen Herkunftsnachweis zur Verfügung stellen.

Nach vorausgegangener Beweiserhebung über die Vereinbarungen der Parteien anläßlich der Lieferung der Vasen haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 11.06.1999 den folgenden Vergleich geschlossen:

1. Das Gericht bestellt auf Vorschlag der Industrie- und Handelskammer Wuppertal - Solingen - Remscheid einen Sachverständigen, der ein Gutachten zum Wert der beiden Vasen erstellt.

2. Die Parteien tragen jeweils die Hälfte der Kosten des Sachverständigengutachtens.

3. Stellt der Sachverständige einen Wert der beiden Vasen fest, der über 90.000,00 DM liegt, so zahlt der Beklagte an den Kläger weitere 34.500,00 DM.

4. Der Rechtsstreit ruht so lange, bis eine der Parteien dessen Fortsetzung beantragt.

Die gemäß dem Vergleich beauftragte Sachverständige kam zu dem Ergebnis, einer Bewertung der Vasen zwischen 100.000 und 140.000 DM sei nichts entgegenzusetzen. Nachdem das Gutachten den Parteien am 27./28.04.2000 zugestellt worden war, beantragte der Kläger mit dem Hinweis, eine Zahlung des Beklagten sei nicht erfolgt, mit Schriftsatz vom 22.05.2000, das Verfahren fortzusetzen. Durch den angefochtenen Beschluß hat das Landgericht die Fortsetzung des Verfahrens mit der Begründung abgelehnt, der Rechtsstreit sei bereits durch den Vergleich vom 11.06.1999 beendet. Ferner hat es (deklaratorisch) festgestellt, die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs - mit Ausnahme der Kosten des Sachverständigengutachtens - seien als gegeneinander aufgehoben anzusehen.

Mit der form- und fristgerecht eingelegten (sofortigen) Beschwerde wendet sich der Kläger gegen diese Entscheidung. Mit der Erklärung, der Beklagte habe inzwischen auf wiederholte Aufforderungen gemäß Nr. 3 des Vergleichs 34.500 DM an ihn gezahlt, beantragt er,

- festzustellen, daß der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt sei, sowie,

- dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der hälftigen Kosten des Sachverständigengutachtens aufzuerlegen.

Er vertritt die Auffassung, bei dem Vergleich vom 11.06.1999 habe es sich nur um einen Zwischenvergleich gehandelt, durch den der Rechtsstreit nicht beendet worden sei.

Die Beschwerde ist zulässig.

Das Landgericht hat es durch den angefochtenen Beschluß abgelehnt, dem Verfahren durch Bestimmung eines Termins zur mündlichen Verhandlung Fortgang zu geben. Dies ist eine analog § 252 ZPO mit der Beschwerde nach § 567 BGB anfechtbare Entscheidung (vgl. OLG München OLGR 1995,161; Zöller-Stöber, ZPO, 21. Auflage, § 216 Rn. 21 m. w. N.).

Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist der Rechtsstreit durch den Vergleich, den die Parteien in der mündlichen Verhandlung am 11.06.1999 geschlossen haben, weder ganz noch teilweise beendet worden.

Seiner Wirksamkeit als Prozeßvergleich stünde allerdings - sofern er als solcher einzuordnen wäre - nicht schon entgegen, daß die in ihm geregelte Zahlungsverpflichtung des Beklagten an eine bestimmte Voraussetzung geknüpft ist. Zwar ist ein Prozeßvergleich nach § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Vollstreckungstitel, dies aber nur, soweit er überhaupt einen vollstreckungsfähigen Inhalt hat. Seine Wirksamkeit als Prozeßvergleich ist jedoch unabhängig davon, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang sein Inhalt vollstreckungsfähig ist (vgl. das Senatsurteil vom 19.02.1999 - 22 U 188/98 - OLGR 1999, 364 = BauR 1999, 790 L und 2000, 940 L).

Tatsächlich haben die Parteien das Verfahren aber gar nicht durch einen Prozeßvergleich beendet. Bei dem Vergleich vom 11.06.1999 handelt sich vielmehr lediglich um einen sogenannten Zwischenvergleich, durch den die Parteien vereinbart haben, daß das vom Gericht einzuholende Gutachten eines noch zu bestellenden Sachverständigen als Schiedsgutachten die streitige Frage, welchen Wert die beiden Vasen haben, verbindlich klären sollte. Zwar haben die Parteien darüber hinaus in dem Vergleich vereinbart, der Beklagte habe an den Kläger weitere 34.500 DM zu zahlen, wenn der vom Sachverständigen festgestellte Wert über 90.000 DM liege. Es fehlt jedoch jede Vereinbarung für den Fall, daß der von dem Sachverständigen festgestellte Wert der Vasen 90.000 DM nicht überschritt. Dafür, daß es in diesem Fall bei der bereits geleisteten Zahlung des Beklagten von 64.500 DM verbleiben sollte, ergibt sich weder aus dem Wortlaut des Vergleiches noch aus dem Akteninhalt ein Anhaltspunkt. Die schriftsätzlich geäußerten Vorstellungen der Parteien vom Wert der Vasen gingen ganz erheblich auseinander. Während der Kläger dessen Größenordnung mit 120.000 - 140.000 DM angegeben hat (vgl. das von ihm vorgelegte Schreiben der Antiquitäten M GmbH vom 18.09.1998 - Bl. 12 GA), hat der Beklagte diese noch wenige Tage vor dem Vergleich unter Berufung auf die Auskunft einer Sachverständigen mit nur 20.000 DM beziffert (vgl. Bl. 49 GA).

Hinzu kommt, daß die Parteien zwar über die Kosten des Sachverständigengutachtens, nicht aber über die weiteren Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs eine Vereinbarung getroffen haben. Sollte der Rechtsstreit nach dem Willen der Parteien bereits durch den Vergleich beendet werden und hinsichtlich der Kosten sowohl des Rechtsstreits als auch des Vergleichs die gesetzliche Regelung eingreifen, hätte es der Vereinbarung über die Gutachterkosten nicht bedurft. Diese wären in diesem Fall als Teil der Kosten des Rechtsstreits gemäß den §§ 92 Abs. 1 S. 2, 98 ZPO auch ohne die getroffene Vereinbarung von beiden Parteien zur Hälfte zu tragen.

Schließlich spricht auch die Schlußklausel des Vergleiches, derzufolge der Rechtsstreit so lange ruhen sollte, bis eine der Parteien dessen Fortsetzung beantragte, gegen die Annahme, der Streitgegenstand habe durch den Vergleich eine abschließende Regelung erfahren und der Rechtsstreit sei durch den Vergleich beendet worden. Zwar war ein Ruhen des Verfahrens von den Parteien entgegen dem Wortlaut dieser Klausel ersichtlich nicht gewollt, so daß die Regelung ins Leere ging. Auch das Gericht ist bei der weiteren Sachbearbeitung nicht davon ausgegangen, daß das Verfahren ruhte. Es hat vielmehr umgehend die Gerichtsakten der zuständigen IHK mit der Bitte um Benennung eines geeigneten Sachverständigen übersandt, die von der IHK benannte Sachverständige nach Anhörung der Parteien beauftragt und den Parteien das Gutachten der Sachverständigen schließlich unter Fristsetzung gemäß § 411 Abs. 4 S. 2 ZPO zugeleitet. Durch die unter Nr. 4 des Vergleiches getroffene Regelung ist aber hinreichend zum Ausdruck gekommen, daß der Rechtsstreit nach der Vorstellung aller Beteiligten durch den Vergleich noch nicht sein Ende gefunden hatte. Das wird auch durch die Fortsetzung der gerichtlichen Beweisaufnahme bestätigt.

Der Vergleich vom 11.06.1999 stellt sich hiernach lediglich als Zwischenvergleich dar, der über die Vereinbarung eines Schiedsgutachtens hinaus für den Fall, daß der vom Sachverständigen festgestellte Wert der Vasen einen bestimmten Betrag, nämlich 90.000 DM, überstieg, bestimmte, daß der Kläger den nach seiner Darstellung vereinbarten Kaufpreis bis auf 1.000 DM erhalten sollte, zugleich aber auch festlegte, daß der Kläger dem Beklagten die Vasen auch dann zu diesem Preis überlassen mußte, wenn der Sachverständige - wie es dann auch tatsächlich der Fall war - einen höheren Wert ermittelte. Da der Rechtsstreits durch den Vergleich vom 06.11.1999 nicht beendet worden ist, hätte das Landgericht nach dem Eingang des Sachverständigengutachtens Termin zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung bestimmen müssen. Der die Bestimmung eines neuen Verhandlungstermins verweigernde Beschluß kann deshalb keinen Bestand haben. Das Landgericht wird vielmehr unter Berücksichtigung der inzwischen vom Kläger erklärten Erledigung der Hauptsache abschließend zu entscheiden haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Ende der Entscheidung

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