Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 30.11.2001
Aktenzeichen: 23 U 18/01
Rechtsgebiete: EstG, AO, StBerG, BGB, ZPO


Vorschriften:

EstG § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1
EstG § 18
EstG § 18 I Nr. 1
AO § 122 Abs. 2 Nr. 1
AO § 218 Abs. 1
AO § 122
AO § 122 Abs. 2
AO § 108 II
StBerG § 68
BGB § 209 I
BGB § 211
BGB § 217
BGB § 208
BGB § 202 I
BGB § 278
BGB § 284
BGB § 288
ZPO § 253 I
ZPO § 270 III
ZPO § 92
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

23 U 18/01

Verkündet am 30. November 2001

In dem Rechtsstreit

hat der 23. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 13. November 2001 durch die Vorsitzende Richter am Oberlandesgericht Dohnke-Kraff, die Richterin am Oberlandesgericht Frechen und den Richter am Landgericht Dr. May

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Kläger wird unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 10. Juli 2000 teilweise abgeändert und wie folgt neugefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 22.684 DM nebst 8,25 % Zinsen ab 23.12.1999 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, den Klägern auch die künftigen durch die Gewerbesteuererklärungen für 1993, 1994, 1996 und 1997 eintretenden Steuernachteile zu ersetzen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des 1. Rechtszuges fallen den Klägern zu 27 %, dem Beklagten zu 73 % zur Last.

Die Kosten des 2. Rechtszuges fallen den Klägern zu 57 %, dem Beklagten zu 43 % zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die freiberuflich tätigen Kläger betreiben seit 1991 in der Rechtsform der GbR ein Ingenieurbüro für gebäudetechnische Ausrüstungsverfahren. Mit ihrer am 10.12.1999 eingereichten Klage nehmen sie den Beklagten auf Schadensersatz in Anspruch, weil er sie im Rahmen seiner steuerberatenden Tätigkeit veranlasst hat, ihre Tätigkeit als Gewerbe in das Gewerberegister der Stadt Duisburg eintragen zu lassen und ihre Einkünfte der Jahre 1992 bis 1997 als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu versteuern, obwohl sie nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EstG nicht der Gewerbesteuer unterlagen.

Das Landgericht hat durch das angefochtene Urteil den Beklagten verurteilt, den Klägern die für die Jahre 1996 und 1997 abgeführte Gewerbesteuer nebst einen Zinsschaden in Höhe von insgesamt 90.179,75 DM zu erstatten. Die weiter gehenden Ansprüche der Kläger auf Erstattung für die Jahre 1993, 1994 und 1995 gezahlter Gewerbesteuer hat das LG wegen Verjährung abgewiesen. Über das in der Klageschrift angekündigte Feststellungsbegehren hat das LG nicht entschieden.

Mit der Berufung verfolgen die Kläger den abgewiesenen Teil ihres Leistungsantrags in Höhe von insgesamt 59.449 DM (= abgeführte Gewerbesteuer gem. den Bescheiden vom 25.1.1995 für 1993 in Höhe von 7.362 DM, vom 8.12.1995 für 1994 in Höhe von 15.322 DM und vom 26.11.1996 für 1995 in Höhe von 36.765 DM) sowie ihr Feststellungsbegehren weiter.

Hinsichtlich des Steuerbescheids für 1995 vom 26.11.1996 bestreiten sie dessen Bekanntgabe vor dem 10.12.1996 und darüberhinaus auch dessen Absenden vor dem 7.12.1996. Sie vertreten vorsorglich die Auffassung, die Zugangsfiktion des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO sei nicht maßgeblich, außerdem sei die Verjährungseinrede angesichts des Schreibens der vom Beklagten eingeschalteten G Versicherungs AG vom 24.11.1999 rechtsmissbräuchlich, schließlich habe der Beklagte in einem Anfang September 1999 geführten Gespräch seine Haftung in verjährungsunterbrechender Weise anerkannt, als er erklärt habe, er werde für die Schäden im Fall einer Falschberatung in Absprache mit seiner Versicherung einstehen.

Ihr Schadensersatzbegehren betr. die Jahre 1993 und 1994 stützen die Kläger auf Verletzung von sekundären Pflichten des Beklagten vor Verjährung ihrer primären Schadensersatzansprüche. Sie behaupten, den Beklagten mehrfach, insbesondere am 28.2.1997 und 24.4.1997 konkret auf die Gewerbesteuerproblematik angesprochen zu haben. Im übrigen meinen sie, dass für den Beklagten jedes Jahr im Zusammenhang mit der Erstellung der Bilanzen und Steuererklärungen von neuem Anlass bestanden habe, ihre, der Kläger, Gewerbesteuerpflicht in Frage zu stellen.

Mit ihrem Feststellungsbegehren wollen die Kläger steuerliche Nachteile im Zusammenhang mit dem Erhalt der Schadensersatzleistung des Beklagten und dem damit verbundenen steuerlichen Progressionseffekt im Jahre 2000 bzw. später erfassen.

Die Kläger beantragen,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils

1. den Beklagten zu verurteilen, an sie weitere 59.449 DM nebst 8,25 % Zinsen seit dem 23.12.1999 zu zahlen,

2. festzustellen, dass der Beklagte ihnen zum Ersatz aller künftig auf Grund der von ihm erstellten Gewerbesteuererklärungen antretenden steuerlichen Nachteile verpflichtet sei.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die Verjährungseinrede und seine erstinstanzliche Behauptung, der Gewerbesteuerbescheid für 1995 sei am Tage seines Datums oder nur wenige Tage später, jedenfalls vor dem 7.12.1996, in den normalen Postlauf des Kassen- und Steueramtes gegeben worden, aufrecht und macht geltend, dass ihm in Bezug auf § 18 EstG jährlich der gleiche Fehler unterlaufen sei und noch im Jahr 1998 das Problembewusstsein gefehlt habe.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf Tatbestand und Gründe der angefochtenen Entscheidung, die amtliche Auskunft des Kassen- und Steueramtes Duisburg vom 2. und 6.11.2001 sowie die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Kläger ist zulässig und hat in der Sache teilweise Erfolg.

I.

Der Beklagte haftet aus positiver Vertragsverletzung, weil er vermeidbare Gewerbesteuerbelastungen der Kläger nicht nur für die Jahre 1996 und 1997 (die Entscheidung des LG hierüber ist nicht angegriffen worden), sondern auch für die Jahre 1993, 1994 und 1995 verursacht hat. Der hierdurch entstandene Schaden ist unstreitig in Höhe der durch die Gewerbesteuerbescheide festgesetzten Gewerbesteuern entstanden. Die mit der Möglichkeit der Absetzung der Steuern als Betriebsausgaben verbundene Minderung der Einkommenssteuerbelastung wirkt sich nicht schadensmindernd aus, da der Rückempfang der als Werbungskosten abgesetzten Gewerbesteuern nachversteuert werden muss (BGH NJW RR 1988, 788 f). Die mit dem Rückempfang verbundenen Nachteile des einkommenssteuerlichen Progressionseffektes sind Gegenstand des beim Landgericht anhängig gebliebenen Feststellungsbegehrens, das im Einverständnis mit dem Beklagten in die 2. Instanz hochgezogen worden ist.

Der durch die Gewerbesteuerfestsetzung für 1995 ausgelöste Schadensersatzanspruch ist gem. § 68 StBerG verjährt. Der durch die Gewerbesteuerfestsetzungen für 1993 und 1994 entstandene Schadensersatzanspruch ist - betr. die primären Ansprüche - ebenfalls gem. § 68 StBerG verjährt. Insoweit ist den Klägern jedoch vor Ablauf der Verjährungsfrist ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung von sekundären Pflichten des Beklagten entstanden, dessen Verjährung rechtzeitig durch Klageeinreichung am 10. 12. 1999 unterbrochen worden ist, §§ 209 I, 211, 217 BGB, §§ 253 I, 270 III ZPO.

Der bezifferte Schadensersatzanspruch der Kläger ist daher nur in Höhe der abgeführten Gewerbesteuern für 1993 (= 7.362 DM) und für 1994 (= 15.322 DM)und der Feststellungsantrag mit entsprechender Einschränkung begründet.

Zu den umstrittenen Verjährungsfragen im einzelnen:

1.

Ersatz der für 1995 abgeführten Gewerbesteuern:

Gemäß § 68 StBerG verjährt der vertragliche Anspruch gegen einen Steuerberater in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Anspruch entstanden ist. Dieser entsteht regelmäßig nicht erst mit der Bestandskraft oder Unanfechtbarkeit eines Steuerbescheids, sondern bereits dadurch, dass die Finanzbehörde mit seinem Erlass ihren hauptsächlichen Entscheidungsprozess zu Ungunsten des Steuerpflichtigen abschließt, den öffentlich-rechtlichen Steueranspruch konkretisiert (§§ 37 Abs. 1, 38, 155 Abs. 1 AO) und - gemäß § 218 Abs. 1 AO - die Grundlage für die Verwirklichung dieses Anspruchs schafft (BGH NJW 1995, 2108/2109). Die Schaffung dieser Grundlage ist bereits mit der Bekanntgabe des Steuerbescheids, also mit dessen Zugang vollendet (BGH, a.a.O.; OLG Düsseldorf, 13. ZS, Gl 2000, 90/146; Zugehör, Handbuch der Anwaltshaftung, Rdn. 1199). Die im Verhältnis zwischen der Finanzbehörde und dem Steuerpflichtigen hierfür maßgebliche Vorschrift des § 122 AO ist auch bei der Bestimmung des Beginns der Verjährungsfrist des § 68 StBerG heranzuziehen, da die hierfür entscheidungserhebliche Entstehung des Vermögensschadens an die Konkretisierung des öffentlich-rechlichen Steueranspruchs anschließt (BGH und Zugehör, a.a.O.). Vor diesem Hintergrund ist es konsequent, auch die Fiktion der Bekanntgabe gemäß § 122 Abs. 2 AO bei einer Übermittlung im Geltungsbereich dieses Gesetzes am 3. Tag nach der Aufgabe zur Post im Regressprozess gegen den Steuerberater gelten zu lassen. Hiervon geht auch der BGH grundsätzlich aus (BGH NJW 2000, 2678/2679).

Zur Klärung des Streits der Parteien über den Zeitpunkt der Aufgabe zur Post hat der Senat eine amtliche Auskunft des Kassen- und Steueramtes Duisburg eingeholt. Nach dessen schriftlicher Auskunft vom 6.11.2001 wurde der Steuerbescheid vom 26.11.1996 tatsächlich an dem Tag versandt, der als Ausstellungsdatum auf dem Bescheid vermerkt ist. Nach einer telefonisch eingeholten ergänzenden Auskunft (der hierüber von der Vorsitzenden verfasste Vermerk auf Bl. 226 GA wurde im Senatstermin vom 13.11.2001 verlesen) beruht diese Erkenntnis nicht auf einem in den Steuerakten festgehaltenen Vermerk (ein solcher fehlt), sondern auf der üblichen Gestaltung des Postabsendeverfahrens, bei dem der Steuerbescheid als Ausstellungsdatum das Datum der Postaufgabe erhielt. Die von den Klägern gegen diese Auskunft erhobenen Bedenken greifen nicht durch; ihr Schriftsatz vom 16.11.2001 rechtfertigt nicht die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.

Nur bei begründeten Zweifeln bleibt der in Regress genommene Steuerberater zum vollen Nachweis des Zeitpunktes des Zugangs des den Vermögensschaden auslösenden Steuerbescheids verpflichtet. Seine Position ist vergleichbar mit der der Finanzbehörde, die sich auf die Fiktion des § 122 Abs. 2 AO beruft. Auch ihr gegenüber sind nur begründete Zweifel am Zugang des Steuerbescheids erheblich (BFH-Beschluss vom 30.6.2000, NV S. 1449; BFH-Urteil vom 24.6.1989, BStBl II, 695).

Solche begründeten Zweifel sind im vorliegenden Fall nicht ersichtlich. Insbesondere liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass das vom Kassen- und Steueramt Duisburg praktizierte Postabsendeverfahren keine ausreichende Gewähr dafür bot, dass der Zeitpunkt der tatsächlichen Aufgabe zur Post mit dem auf dem Steuerbescheid vermerkten Ausstellungsdatum übereinstimmte. Erst recht fehlen Anhaltspunkte dafür, dass die Aufgabe zur Post über den 6.12.1996 hinaus verzögert worden ist. Die Kläger haben den ihnen zugesandten Steuerbescheid nach eigenen Angaben nicht mit einem Eingangsstempel, der Rückschlüsse auf den Zeitpunkt der Aufgabe zur Post zulassen könnte, versehen. Der Umstand, dass der festgesetzte Erhöhungsbetrag erst am 15.1.1997 vom Konto der Kläger abgebucht worden ist, lässt nicht den Schluss auf eine Bekanntgabe nach dem 10.12.1996 zu. Ausweislich der Angaben auf der Rückseite des Steuerbescheids vom 26.11.1996 war der Erhöhungsbetrag erst innerhalb von 1 Monat nach Bekanntgabe zu zahlen, bei Anwendung des § 122 Abs. 2 AO also bis zum 30.12.1996. Es ist also naheliegend, dass die Finanzbehörde die Abbuchung deshalb erst nach dem 30.12.1996 veranlasst hat, wobei die Verzögerung der Abbuchung um 2 Wochen allein schon durch die Feiertage um die Jahreswende erklärbar ist.

Die Verjährungsfrist des § 68 StBerG begann daher gem. §§ 122 II Nr. 1, 108 II AO am 30.11.1996 und endete 3 Jahre später am 30.11.1999. Sie wurde durch die erst am 10.12.1999 erfolgte Klageeinreichung nicht rechtzeitig unterbrochen.

Die Verjährung ist nicht durch die von den Klägern in ihren Schriftsätzen v. 11.4.2000 (Bl. 63 GA) und 29.10.2001 (Bl. 217 GA) geschilderten Äußerungen des Beklagten anlässlich der Besprechung Anfang 1999 in Gegenwart des erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Kläger, er, der Beklagte, werde im Fall einer Falschberatung ggf. für die Schäden in Absprache mit seiner Versicherung einzustehen haben, gem. § 208 BGB unterbrochen worden. Die Äußerung enthält nicht einmal ein uneingeschränktes Eingeständnis, Steuerberaterfehler begangen zu haben, aber auch keine Zusage, für den Schaden persönlich zu haften, unabhängig davon, ob und in welchem Umfang der Haftpflichtversicherer den Schaden reguliert (zu den Anforderungen an ein die Verjährung unterbrechendes Schuldanerkenntnis: OLG Düsseldorf - 13. ZS - Gl 2000, 90 f).

d.

Das Schreiben der G Allgemeine Versicherungs-AG vom 24.11.1999 (Bl. 146 GA) hat weder die Hemmung der Verjährung nach § 202 I BGB ausgelöst, noch rechtfertigt es den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB). Dabei kann unterstellt werden, dass sich der Beklagte das Verhalten seines Versicherers gem. § 278 BGB zurechnen lassen muss (vgl. BGH NJW 1981, 2243). Der Hinweis in dem Schreiben der G Allgemeine Versicherungs-AG, sie werde weitere Informationen einholen und danach kurzfristig auf die Sache zurückkommen, beinhaltet weder ein Angebot zum Abschluss eines Stillhalteabkommens, noch gab es Anlass darauf zu vertrauen, die Einrede der Verjährung werde nicht erhoben. Es enthält nicht einmal andeutungsweise einen Verzicht auf die Verjährungseinrede und geht mit keinem Wort auf die Berechtigung der Schadensersatzansprüche der Kläger ein. Der Zweck der Verjährungsregelung des § 68 StBerG gebietet es aber, strenge Maßstäbe anzulegen und den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung nur bei einem wirklich groben Verstoß gegen Treu und Glauben durchgreifen zu lassen, etwa wenn der Verpflichtete den Berechtigten durch sein Verhalten von der rechtzeitigen Klageerhebung abgehalten oder ihn nach objektiven Maßstäben zu der Annahme veranlasst hat, es werde auch ohne Streit eine vollständige Befriedigung seines Anspruchs geben. Bloßes Ausweichen, Ablenken oder Schweigen, wie es hier gegeben ist, rechtfertigt nicht das Unwerturteil einer unzulässigen Rechtsausübung (BGH NJW 1988, 2245/2247; NJW 2001, 3543/3545).

e.

Der Beklagte ist schließlich auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Sekundärhaftung gehindert, sich auf den Ablauf der Verjährungsfrist für Schäden aus dem Steuerbescheid vom 26.11.1996 zu berufen. Die Kläger sind nämlich noch vor Ablauf der Verjährungsfrist spätestens ab September 1999 wegen der Haftungsfrage anderweitig durch ihren erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten beraten worden mit der Folge, dass der Beklagte davon ausgehen konnte, die Kläger seien über den Regressanspruch und seine bevorstehende Verjährung rechtzeitig belehrt worden (BGH NJW 2000, 2678/2680; NJW 2001, 826 f).

2.

Ersatz der für 1993 und 1994 abgeführten Gewerbesteuern

a.

Insoweit sind zwar die primären Schadensersatzanspüche vor Klageeinreichung verjährt gewesen, denn der Schaden ist Ende Januar 1995 bzw. Mitte Dezember 1995 entstanden und die Dreijahresfrist des § 68 StBerG ist Anfang bzw. Ende 1998 abgelaufen.

b.

Der Beklagte hat sich jedoch vor Ablauf der Verjährungsfrist erneut schadensersatzpflichtig gemacht und ist daher unter dem Gesichtspunkt der Sekundärhaftung gehindert, sich auf die Verjährung des Regressanspruchs zu berufen.

Ein Steuerberater ist - ebenso wie ein Rechtsanwalt - verpflichtet, den Auftraggeber auf die Möglichkeit einer eigenen Regresshaftung und die dafür geltende Verjährungsfrist hinzuweisen, wenn sich für ihn vor der Verjährung ein begründeter Anlass zur Überprüfung seiner Tätigkeit ergibt und er erkennt oder bei gehöriger Sorgfalt erkennen muss, dass er durch einen Fehler dem Mandanten Schaden zugefügt hat. Verletzt er diese Pflicht, dann beginnt mit Eintritt der Primärverjährung die dreijährige Verjährungsfrist von neuem zu laufen (BGH NJW 1985, 220/2251; 1991, 2828/2830; 2001, 826/828).

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Beklagte hatte in der Zeit zwischen dem Entstehen der Schadensersatzansprüche und ihrer Verjährung (1995-1998) mehrfach begründeten Anlass zur Überprüfung seiner früheren Empfehlung an die Kläger, ihre Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu versteuern, und hätte seinen Fehler bei gehöriger Sorgfalt erkennen können.

Dieser Anlass ergab sich für ihn schon auf Grund der Bearbeitung der Gewerbesteuererklärungen der Kläger für das nächste und die folgenden Jahre im Rahmen seines Dauermandats, so dass offen bleiben kann, ob die Kläger ihm weiteren konkreten Anlass dadurch gegeben haben, dass sie ihn 1997 ausdrücklich auf die Gewerbesteuerproblematik angesprochen haben.

Bei alljährlicher Beratung liegen mehrere Verstöße und damit mehrere Schadensfälle vor. Der Beklagte hat es jedes Jahr versäumt, die Anwendbarkeit des § 18 I Nr. 1 EstG auf die freiberuflich tätigen Kläger zu überprüfen. Zwar begründet allein die Pflichtwidrigkeit, die den Regressfall auslöst, nicht zugleich den Sekundäranspruch (BGH NJW 1985 und 1991 a.a.O.). Bei der Pflichtwidrigkeit des Beklagten im Zusammenhang mit der Bearbeitung der Steuererklärungen für das nächste und die folgenden Jahre handelt es sich aber nur um eine gleichartige Pflichtwidrigkeit, wie die, die den Regressfall ausgelöst hat, sie ist jedoch mit jener nicht identisch (BGH NJW 1991, 2830). Der Beklagte hätte jährlich bei der Vorbereitung der Gewerbesteuererklärung erneut prüfen müssen, ob die Kläger tatsächlich gewerbesteuerpflichtig sind. Diese stets zu wiederholende Prüfung war schon deshalb nicht entbehrlich, weil sich ihm, dem Beklagten, der ebenfalls als Freiberufler tätig war, Zweifel an der Gewerbesteuerpflicht der Kläger geradezu hätten aufdrängen müssen. Die Perpetuierung des schon 1992 begangenen Fehlers bis in das Jahr 1999 kann ihn nicht entschuldigen (BGH a.a.O.; Borgmann, NJW 2000, 2953/2970; so im Ergebnis auch OLG Düsseldorf - 13 ZS - Gl 2000, 90 f; die Entscheidung des LG Düsseldorf, Gl 2000, 50, steht dem nicht entgegen, da dieser Entscheidung ein Fall zugrundelag, in dem der Mandant nach fehlerhafter Beratung die Steuererklärungen auf der Grundlage dieser Beratung für die folgenden Jahre ohne Hinzuziehung seines Steuerberaters selbst gefertigt hatte). Der Beklagte war daher verpflichtet, die Kläger auf seine Haftung wegen der fehlerhaften Steuererklärung für das jeweils vorausgegangene Jahr und die Verjährungsvorschrift hinzuweisen. Weil er diese vertragliche Pflicht nicht innerhalb der noch laufenden Verjährungsfrist erfüllt hat, darf er sich nicht auf die Verjährung der durch die Steuerbescheide vom 25.1.1995 und 8.12.1995 ausgelösten Schadensersatzansprüche der Kläger berufen.

Der Sekundäranspruch unterliegt ebenfalls der Verjährungsregelung des § 68 StBerG. Er entsteht regelmäßig mit der Vollendung der Verjährung des Regressanspruchs und endet drei Jahre später (BGH NJW 1985, 2252/2253). Hier begann die Verjährung des Sekundäranspruchs Ende Januar bzw. Mitte Dezember 1998 und wurde rechtzeitig durch Klageeinreichung am 10.12.1999 unterbrochen. Dass die Kläger bereits vor Eintritt der Primärverjährung Anwälte mit der Prüfung ihres Regressanspruchs beauftragt hatten, wird nicht behauptet.

3.

Das Feststellungsbegehren ist im Umfang der Tenorierung begründet. Der Beklagte hat hiergegen keine Einwände erhoben.

III.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 284, 288 BGB; 92, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Der Streitwert für die 1. Instanz wird unter Abänderung der anderweitigen Streitwertfestsetzung des Landgerichts wie folgt festgesetzt:

bis 20.3.2000: 151.787 DM + 5.000 DM = 156.787 DM 21.3.2000 bis 18.4.2000: 149.608,75 DM + 5.000 DM = 154.608,75 DM ab 19.4.2000: 149.608,75 DM.

Streitwert für die 2. Instanz: 59.449 DM + 5.000 DM = 64.449 DM

Die Beschwer beider Parteien liegt unter 60.000 DM. Es besteht kein Anlass, die Revision zuzulassen.

Ende der Entscheidung

Zurück