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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 10.06.2003
Aktenzeichen: 23 U 68/02
Rechtsgebiete: AO, StBGebV, BGB, BRAGO, ZPO
Vorschriften:
AO § 208 Abs. 1 | |
AO § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 | |
StBGebV § 45 | |
StBGebV § 29 Nr. 1 | |
StBGebV § 13 | |
StBGebV § 9 | |
BGB § 164 Abs. 1 | |
BRAGO § 18 Abs. 1 | |
BRAGO § 3 Abs. 1 | |
ZPO § 97 Abs. 1 | |
ZPO § 528 Satz 2 | |
ZPO § 708 Nr. 10 | |
ZPO § 713 |
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am 10. Juni 2003
In dem Rechtsstreit
hat der 23. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 13. Mai 2003 durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht D............... sowie die Richter am Oberlandesgericht D............... und Dr. M..........
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Kläger gegen das am 11. März 2002 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts W............ wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe:
A.
Die zulässige Berufung der Kläger hat in der Sache keinen Erfolg. Die Klage ist zum Teil endgültig, zum Teil derzeit unbegründet.
I.
Endgültig unbegründet ist die Klage insoweit, als die Kläger eine Vergütung für ihre Tätigkeit bei der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen durch die Steuerfahndung im Rahmen des § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geltend machen.
1. Unzutreffend ist allerdings die Auffassung des Landgerichts, die Kläger hätten auch insoweit gemäß § 45 StBGebV nach den Vorschriften der BRAGO abzurechnen, weil eine Aufspaltung in Grundlagenermittlung und Strafverfahren nicht möglich sei. § 29 Nr. 1 StBGebV nennt ausdrücklich die Teilnahme des Steuerberaters an der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen auch für den Fall des § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO. Der Steuerberater erhält hierfür die Zeitgebühr nach § 13 StBGebV.
2. Unabhängig von dieser, die Einforderbarkeit nach § 9 StBGebV berührenden Frage besteht aber insoweit eine Vergütungsforderung der Kläger gegen die Beklagten nicht. Zu vergütende Steuerberaterleistungen haben die Kläger nämlich nicht gegenüber den Beklagten aufgrund eines mit diesen geschlossenen Vertrages, sondern ausschließlich gegenüber der GmbH erbracht, die nach den Umständen als Vertragspartner der Kläger anzusehen ist. Hierauf weist die Berufungserwiderung zu Recht hin.
Die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen betraf nämlich nicht die Besteuerung der Beklagten persönlich, sondern die der GmbH. Dies ergibt sich aus dem Vermerk des Finanzamts für Steuerstrafsachen W............ vom 9.5.2000. Danach wurde der Verdacht einer Steuerhinterziehung durch die Beklagten "zugunsten der GmbH" überprüft. Bei der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen kann es folglich nur darum gegangen sein, welche Steuern die GmbH tatsächlich zu zahlen hatte. Dann kann eine Beauftragung der Kläger zur Teilnahme an dieser Prüfung aber nur als im Namen der GmbH, die von der Besteuerung betroffen war, erteilt angesehen werden, § 164 Abs. 1 BGB. Das gilt vor allem vor dem Hintergrund, dass die Kläger bereits vor Einleitung des Ermittlungsverfahrens mehrere Jahre die steuerlichen Berater gerade auch der GmbH gewesen waren. Besonders deutlich wird dies hinsichtlich des Beklagten zu 2., der nur Angestellter der GmbH war und im Zusammenhang mit der Erteilung der Strafprozessvollmacht kaum einen Vertrag zugunsten der GmbH schließen wollte, aus dem er selbst persönlich gegenüber den Klägern verpflichtet gewesen wäre, die Überprüfung der steuerlichen Verhältnisse der GmbH zu vergüten. Nichts anderes kann aber auch für die Beklagte zu 1., die Geschäftsführerin der GmbH, gelten. Anhaltspunkte für einen Parteiwillen, der auf den Abschluss eines Vertrages zugunsten der GmbH (§ 328 BGB) gerichtet gewesen sein könnte, sind nicht ersichtlich.
3. Der Senat ist nicht an der Abweisung der Klage als endgültig unbegründet gehindert, obwohl das Landgericht die Klage insoweit noch als "derzeit unschlüssig" angesehen hat. Das Verbot der Schlechterstellung im Berufungsverfahren, § 528 Satz 2 ZPO, steht dem nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat anschließt, nicht entgegen (z. B. BGH NJW 1988, 1982, 1983).
II.
Soweit die geltend gemachte Vergütung andere Tätigkeiten als die Teilnahme an der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen nach § 208 Abs. 1 AO betrifft, ist sie nicht einforderbar im Sinne des § 9 StBGebV bzw. des § 18 Abs. 1 BRAGO.
1. Das gilt zunächst insoweit, als die Tätigkeit der Kläger eine Vertretung der Beklagten im Steuerstrafverfahren zum Gegenstand hatte. Dies wäre gemäß § 45 StBGebV nach den Vorschriften der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte abzurechnen, was die Kläger bislang trotz entsprechender Hinweise des Landgerichts nicht getan haben.
Aus dem eigenen Vortrag der Kläger ergibt sich, dass sie auch insoweit tätig geworden sind und ihre Tätigkeit keineswegs ausschließlich Gebührentatbestände der StBGebV betrifft. Das folgt in erster Linie aus einigen Positionen der erstmals in der Berufungsinstanz zur weiteren Begründung der Klageforderung vorgelegten Stundenaufstellung. Hervorzuheben sind vor allem die Tätigkeiten am 16.8. und 20.8.2001. Dort ging es um den Vorwurf der Steuerfahndung, dass beide Eheleute gemeinschaftlich gehandelt hätten, und um den Entwurf einer Stellungnahme dazu. Das ist eindeutig nicht ein Tätigwerden bei der Ermittlung von Besteuerungsgrundlagen der GmbH, sondern Vertretung im Strafverfahren, weil es um die Abwehr strafrechtlicher Vorwürfe ging.
Inwieweit außerdem sonstige Tätigkeiten der Kläger noch § 45 StBGebV unterfielen, ist der Stundenaufstellung wegen der nichtssagenden Tätigkeitsbeschreibungen ("Schreiben", "Stellungnahme zum Beschluss des Amtsgerichts" usw.) nicht zu entnehmen. Dies liegt angesichts des Hintergrundes der Auftragserteilung aber nahe. Auf die Erteilung einer Strafprozessvollmacht, in deren Zusammenhang die Kläger auch die Erteilung des Auftrags sehen, hat bereits das Landgericht hingewiesen. Die Kläger rechnen weiterhin auch selbst einen nicht näher bezifferten Teil der Vergütung mit dem Gegenstand "Steuerermittlungs-, Strafverfahren für die noch nicht strafverfolgungsverjährten Jahre" ab, und zwar auch noch in der nachgereichten Honorarrechnung vom 21.2.2002, die nach wie vor der Klage zugrunde liegt. Auch noch in der Klagebegründung haben die Kläger ausgeführt: "Gegenstand der Beauftragung war ein von Seiten der Finanzbehörden gegen die Beklagten eingeleitetes steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren." Erst nach dem erstinstanzlich vom Berichterstatter telefonisch erteilten Hinweis haben die Kläger versucht, den Schwerpunkt der Tätigkeit bei der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen und bei der steuerrechtlichen Beratung hinsichtlich der künftigen Gestaltung des Unternehmens der Beklagten herauszustellen und dies in der Berufungsbegründung vertieft.
2. Soweit die Kläger schließlich die Beklagten über die zukünftige Gestaltung des Unternehmens berieten, unterfällt diese Beratung weder § 45 noch § 29 StBGebV. Insoweit kann ein Anspruch der Kläger gegen die Beklagten persönlich gegeben sein, weil diese Gestaltungsberatung gerade nicht die bisherige GmbH, sondern künftig mögliche andere Formen unternehmerischer Tätigkeit der Beklagten persönlich betraf.
Auch diese Vergütung ist aber nicht einforderbar im Sinne des § 9 StBGebV. Das folgt zum einen daraus, dass für eine derartige Tätigkeit keine Zeitgebühr nach § 13 StBGebV, sondern eine Gebühr nach § 21 Abs. 1 StBGebV anzusetzen wäre. Zum anderen vermischt die sehr pauschale Abrechnung auch unter Berücksichtigung der in der Berufungsinstanz erstmals vorgelegten Stundenabrechnung sämtliche, auch die in Wirklichkeit unterschiedlich abzurechnenden Tätigkeiten ununterscheidbar miteinander.
3. Die Entscheidung des Landgerichts, die die Einforderbarkeit verneint, war keineswegs eine Überraschungsentscheidung, wie die Berufungsbegründung meint. Der Berichterstatter hat vielmehr telefonisch am 13.2.2002 auf die §§ 9, 45 StBGebV hingewiesen. Der Schriftsatz der Kläger vom 18.2.2002, in dem ein gegenüber der Klagebegründung anderer Gegenstand der Beauftragung vorgetragen wird, stellt gerade eine Reaktion hierauf dar.
4. Aus der von den Klägern behaupteten Vereinbarung einer anderen als der von der StBGebV vorgesehenen Berechnung der Vergütung folgt kein abweichendes Ergebnis. Es ist nämlich die sowohl nach § 4 Abs. 1 StBGebV als auch nach § 3 Abs. 1 BRAGO erforderliche Schriftform der Erklärung der Beklagten nicht eingehalten.
B.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 713 ZPO.
Für die Zulassung der Revision besteht kein Anlass.
Streitwert für das Berufungsverfahren: 13.736,16 €.
Ende der Entscheidung
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