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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 06.05.2003
Aktenzeichen: 24 U 99/02
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 301 Abs. 1
BGB § 130
BGB § 133
BGB § 147 Abs. 2
BGB § 157
BGB § 259
BGB § 315 Abs. 2
BGB § 320 Abs. 1
BGB § 536 a.F.
BGB § 537 Abs. 1 S. 1 a.F.
BGB § 539 a.F.
BGB § 542 Abs. 2 a. F
BGB § 571 a.F.
BGB § 571 Abs. 1 a.F.
BGB § 542 Abs. 1 a.F.
BGB § 543 a.F.
BGB § 554a a.F.
BGB § 1030
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

24 U 99/02

Verkündet am 6. Mai 2003

In dem Rechtsstreit

hat der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf unter Mitwirkung seiner Richter Z, E und T auf die am 25. März 2003 geschlossene mündliche Verhandlung

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 16. April 2002 verkündete Teilurteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf -Einzelrichterin- wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass der Kostenausspruch, der der künftigen Schlussentscheidung des Landgerichts vorbehalten bleibt, entfällt und dass Zinsen "von je 1.320 DM" (statt 1.300 DM) zu zahlen sind.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Entscheidungsgründe:

Das zulässige Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg.

I. In verfahrensrechtlicher Hinsicht hat das Landgericht ein (verdecktes) Teilurteil erlassen. Ausweislich des Sitzungsprotokolls vom 30. Oktober 2001 hat die Klägerin nicht nur den Zahlungsantrag aus dem Schriftsatz vom 10. August 2001, sondern ferner den Leistungsantrag auf Herausgabe des Schlüssels zum Panzerriegel der Tür im Mietobjekt verlesen. Entschieden hat das Landgericht aber nur über den Zahlungsantrag.

Das Teilurteil wäre allerdings aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben, wenn es unzulässig wäre im Sinne des § 301 Abs. 1 ZPO. Unzulässig ist ein Teilurteil dann, wenn die Gefahr bestünde, dass die Teilentscheidungen zueinander in Widerspruch treten, wobei ein solcher Widerspruch im Instanzenzug und in rechtlichen Vorfragen ausreicht.

Eine solche Gefahr besteht hier nicht. Unabhängig von der Frage, ob der Beklagte das Mietverhältnis wirksam gekündigt hat, ist die Frage nach der Herausgabe des in Rede stehenden Schlüssels zu beantworten. Denn der Beklagte hat das von der Klägerin gemietete Büro zurückgegeben, um ihr die Möglichkeit der Anschlussvermietung zu geben. Dann aber ist die Frage nach der Herausgabepflicht nicht (mehr) abhängig von der Frage der wirksamen Beendigung des Mietvertrags durch die Kündigung, sondern nur von der Frage, ob die vereinbarte Rückgabe der Mieträume vollständig oder unvollständig erfüllt worden ist.

II. Zu Unrecht wehrt sich der Beklagte gegen seine Verurteilung zu den Mieten der Monate Juni 2000, Oktober bis Dezember 2000 und Januar bis Juli 2001 in Höhe von jeweils 1.320 DM monatlich (nicht, wie das Landgericht im Rahmen des Zins-auspruchs irrtümlich tenoriert hat, 1.300 DM monatlich, was der Senat gemäß § 319 ZPO zu berichtigen hat), insgesamt in Höhe von 14.250 DM.

1. Die Klägerin ist aktiv legitimiert. Sie hat dargelegt und urkundlich belegt, dass sie nach dem Tod ihres Ehegatten als dessen Alleinerbin (Erbschein vom 19. Juni 2002, 92 VI 137/00 AG Düsseldorf) seit dem 19. Januar 2000 alleinige Nießbraucherin des vermieteten Grundstücks auf der Grundlage des im Grundbuch von Pempelfort (AG Düsseldorf Bl. 6787 Abt. II) eingetragenen Rechts ist. Gemäß § 1030 BGB stehen ihr die Grundstückserträgnisse zu. Die Übertragung des Grundstücks auf die Töchter unter gleichzeitigem Vorbehalt des Nießbrauchs führt, wenn der Nießbraucher wie hier zuvor Vermieter und (Mit-)Eigentümer des Grundstücks gewesen ist, nicht gemäß § 571 Abs. 1 BGB a.F. (§ 566 Abs. 1 BGB n.F.) zu einem Vermieterwechsel (vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB, 61. Aufl., § 566 Rn. 3 und ders./Bassenge, § 1030 Rn. 5 m.w.N).

Dem steht nicht entgegen, dass es unter Nr. III.2 des notariellen Übertragungsvertrags u.a. heißt:

"Miet- und Pachtverhältnisse sind bekannt und werden übernommen."

Entgegen der im Senatstermin vertretenen Auffassung der Berufung haben die Vertragsparteien damit keine Vereinbarung geschlossen, mit welcher das Mietverhältnis auf Vermieterseite schuldrechtlich auf die Töchter der Klägerin übertragen werden sollte. Eine solche Vereinbarung kann ohne Mitwirkung des Beklagten als Mieter nicht wirksam getroffen werden (vgl. dazu Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 8. Aufl. Rn. 1365, 1367, 1371 m. zahlr. Rspr.-Nachw.). Die Vertragsklausel hat vielmehr rein deklaratorischen Charakter. Sie greift auf, was das Gesetz in § 571 BGB a.F. (§ 566 BGB n.F.) regelt: Mit dem Eigentumsübergang des Grundstücks tritt der Erwerber kraft Gesetzes in ein vom Veräußerer eingegangenes und vollzogenes Mietverhältnis als Vermieter ein. Im Streitfall ist dieser Hinweis, wie bereits ausgeführt worden ist, indes falsch.

Auch nicht gefolgt werden kann der Berufung in der im Senatstermin geäußerten Auffassung, die in Rede stehende Vertragsklausel sei ein Angebot von Veräußerer und Erwerberinnen an den Beklagten als Mieter, dem Vermieterwechsel zuzustimmen. Es liegt schon kein annahmefähiges Angebot der Erwerberinnen vor. Auf die vorstehenden Ausführungen zur Qualifizierung der Vertragsklausel wird Bezug genommen. Zudem fehlt es an rechtzeitiger Annahme im Sinne von § 147 Abs. 2 BGB.

2. Der Senat folgt dem Landgericht darin, dass die vom Beklagten ausgesprochene Kündigung gemäß § 542 Abs. 2 BGB a.F.(§ 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB n.F.) nicht zur Beendigung des Mietverhältnisses geführt hat. Dabei kann zu Gunsten des Beklagten unterstellt werden, dass er in der Vergangenheit angeblich schon seit 1994 bestehende Mängel konkret und wiederholt gerügt hat und schließlich dazu übergegangen ist, einen Teil der Miete einzubehalten. Mit der kompletten Nachzahlung des einbehaltenen Mietteils im Juni 2000 hat der Beklagte nachträglich auf den Vorbehalt der Gewährleistung verzichtet, § 539 BGB a.F. analog. Einen anderen Erklärungsinhalt kann dieser Nachzahlung gemäß §§ 133, 157 BGB nicht beigelegt werden (vgl. Senat NJW-RR 2003, 153). Mit dem nachträglichen Verzicht auf den Mängelvorbehalt ist der Beklagte wie der Mieter zu behandeln, der in Kenntnis des Mangels den Mietvertrag vorbehaltlos abschließt oder trotz eines im Laufe des Mietverhältnisses auftretenden Mangels die Miete vorbehaltlos über einen längeren Zeitraum fortentrichtet (vgl. BGH NJW 1997, 2674 m.w.N., zuletzt ZMR 2000, 666). Dem Beklagten nützt es deshalb nichts, dass er die Junimiete 2000 wiederum einbehalten hat und dieses Recht auf dieselben Mängel stützt, auf deren gewährleistungsrechtliche Geltendmachung er bis Mai 2000 nachträglich verzichtet hat. Seine Gewährleistungsrechte hat er damit nicht nur für die Vergangenheit, sondern auch für die Zukunft verloren (vgl. BGH NJW 1997, 2674).

3. Aus dem Verlust der Gewährleistungsrechte folgt, dass der Beklagte nicht nur das Kündigungsrecht aus § 542 Abs. 1 BGB a.F. gemäß § 543 BGB a.F. verloren hat (BGH ZMR 2000, 666), sondern auch das Recht, nur eine geminderte Miete zu zahlen, § 537 Abs. 1 S. 1 BGB a.F.. Die Mieten für die gesamte hier streitige Zeit sind deshalb ungekürzt zu zahlen.

4. Diese Rechtsfolge kann der Beklagte nicht dadurch umgehen, dass er die Kündigung hilfsweise auf § 554a BGB a.F. stützt. Diese Bestimmung ist nicht einschlägig. Die Voraussetzungen der Kündigung wegen der Nichtgewährung des vertragsgemäßen Gebrauchs ergeben sich (allein) aus § 542 Abs. 1 BGB a.F. mit den dort geregelten Einschränkungen (vgl. BGH MDR 1988, 137 sub. lit. b; OLG Düsseldorf - 10. ZS- ZMR 1990, 57; OLG Koblenz MDR 1997, 1113).

5. Der Senat braucht nicht zu prüfen, ob der Beklagte wegen des behaupteten Herstellungsanspruchs aus § 536 BGB a.F. ein Leistungsverweigerungsrecht aus § 320 Abs. 1 BGB haben könnte. Zwar geht dieses Recht als Erfüllungsanspruch nicht gemäß § 539 BGB a.F. analog nach vorbehaltloser Zahlung der Miete über längere Zeit verloren. Verloren geht es aber dann, wenn der Mieter sein Interesse an der Herstellung der Mietsache durch (berechtigte oder unberechtigte) Kündigung und durch die Rückgabe der Mietsache dementiert (BGH NJW 1982, 874). So verhält es sich im Streitfall. Der Beklagte hatte das Mietverhältnis (unberechtigt) im August 2000 gekündigt und hat mit Ablauf des Monats September 2000 die Mietsache an die Klägerin zurückgegeben. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hat er ein Leistungsverweigerungsrecht eingebüßt.

II. Der Beklagte ist auch zu Recht zur Zahlung der Salden aus den Betriebskostenabrechnungen der Jahre 1997 bis 2000 verurteilt worden (insgesamt 1.731,78 DM). Die Einwendungen gegen die Abrechnungen sind unbegründet.

1. Entgegen der Ansicht des Beklagten sind die Nachzahlungssalden aus den Betriebskostenabrechnungen fällig. Fällig sind Betriebskostennachzahlungen mit dem Zugang einer für den Mieter nachvollziehbaren Abrechnung, §§ 130, 259 BGB. Nachvollziehbar sind die Abrechnungen dann, wenn aus ihnen die Gesamtkosten, der Verteilungsschlüssel, der Kostenanteil des belasteten Mieters und die davon abzusetzenden Vorauszahlungen hervorgehen (BGH NJW 1982, 573 und MDR 2003, 382). Diesen Anforderungen genügen die hier umstrittenen Abrechnungen in Verbindung mit den dem Beklagten überreichten Heizkostenabrechnungen. Unter diesen Umständen ist es dem Mieter versagt, pauschal die Richtigkeit der Abrechnung und der Einzelkosten zu bestreiten. Jeder Mieter hat das Recht, die Belege jeder einzelnen Kostenposition einzusehen (Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 8. Aufl. Rn. 524; BGH NJW 1982, 573). Dieses Recht steht ihm zu, um die Richtigkeit jeder Kostenposition überprüfen zu können. Daraus folgt zugleich, dass nur konkrete Angriffe einzelner Kostenpositionen außergerichtlich und auch im Prozess wirksame Rügen darstellen. Verzichtet ein Mieter darauf, die Kostenbelege einzusehen und kann er deshalb konkrete Rügen nicht erheben, ist ihm auch im Prozess der Einwand unrichtiger Kostenabrechnung abgeschnitten (vgl. OLG Düsseldorf -10. ZS- NJW-RR 2001, 299 und OLGR 2001, 286). Dass die Klägerin sich geweigert hätte, einem Begehren des Beklagten auf Belegeinsicht nachzukommen, behauptet der Beklagte nicht.

2. Ohne Erfolg rügt der Beklagte ferner, die Abrechnungsperiode (jeweils 01.Juni eines Jahres bis 31.Mai des Folgejahres) sei unzutreffend. Ist wie im Streitfall Beginn und Ende der Abrechnungsperiode nicht vereinbart (gemäß § 4 Nr. 3 Mietvertrag ist nur jährliche Abrechnung vereinbart), bedeutet das nicht, wie der Beklagte meint, dass der Beginn der Abrechnungsperiode mit dem Beginn des Mietverhältnisses zusammenfällt. Das wäre nicht praktikabel, weil das dazu führen würde, dass in einem Mehrparteienmietshaus ganz unterschiedliche Abrechnungsperioden herrschen würden. Für den Vermieter würde das zu einem ganz erheblichen Abrechnungsmehraufwand führen. Vielmehr hat der Vermieter gemäß § 315 Abs. 2 BGB ein Leistungsbestimmungsrecht, das nur auf Angemessenheit überprüfbar ist (vgl. BGH NJW 1993, 1061). Im Streitfall beruht die Wahl der Abrechnungsperiode offenbar auf dem Ende der Heizperiode (üblicherweise im Mai eines jeden Jahres). Dass diese Wahl der Klägerin unangemessen ist, kann nicht festgestellt werden.

III. Das Landgericht hat schließlich auch den mit der Widerklage geltend gemachten Anspruch auf Rückzahlung der Kaution (3.481,47 DM) zu Recht abgewiesen.

Die Kaution ist noch nicht fällig. Sie dient dem Vermieter zur Absicherung aller Ansprüche aus dem Mietverhältnis und dessen Abwicklung. Im Streitfall ist zwischen den Parteien noch nicht geklärt, ob der Klägerin aus dem Einbau des Panzerriegels Schadensersatzansprüche erwachsen. Das kann dann der Fall sein, wenn sich der Beklagte weigern sollte, den dazu gehörenden Schlüssel an die Klägerin heraus zu geben oder wenn die Klägerin dessen Herausgabe nicht durchzusetzen vermag. In diesem Fall müsste der Panzerriegel entfernt werden mit der nicht ausschließbaren Folge, dass dann die Eingangstür zur Mietsache ausgetauscht werden müsste. Zur Sicherung dieses jedenfalls nicht ausschließbaren Anspruchs kann die Klägerin die Kaution behalten. Dass sie übersichert wäre, kann nicht festgestellt werden.

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO. Die Kostenentscheidung des Landgerichts entfällt. Sie kann einheitlich erst ergehen, wenn das Landgericht in der noch zu treffenden Schlussentscheidung über den noch nicht beschiedenen Leistungsantrag urteilt.

Es besteht kein Anlass, die Revision zuzulassen, § 543 Abs. 2 ZPO n.F.

Berufungsstreitwert: 10.089,45 € (19.733,25 DM)

Ende der Entscheidung

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