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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 15.06.2000
Aktenzeichen: 2a Ss (OWi) 129/00 - (OWi) 54/00 II
Rechtsgebiete: StVO, OWiG, BKatV, Tatbestandskatalog NW, TBNR
Vorschriften:
StVO § 29 Abs. 1 | |
OWiG § 17 Abs. 3 | |
BKatV § 1 Abs. 1 | |
Tatbestandskatalog NW für Straßenverkehrsordnungswidrigkeiten § 29 | |
TBNR 3264 |
StVO § 29 Abs. 1 OWiG § 17 Abs. 3 BKatV § 1 Abs. 1 Tatbestandskatalog NW für Straßenverkehrsordnungswidrigkeiten § 29, TBNR 3264
Verwaltungsinterne Richtlinien für die Bußgeldbemessung können für das Gericht allenfalls grobe Orientierungshilfen sein, die eine Prüfung der Einzelfallumstände nicht entbehrlich machen.
Diese Richtlinien finden unter dem Gesichtspunkt einer möglichst gleichmäßigen Behandlung gleichgelagerter Sachverhalte nur dann Beachtung, wenn sie festgestelltermaßen in der Praxis einen breiteren Anwendungsbereich erreicht haben.
Oberlandesgericht Düsseldorf 2. Senat für Bußgeldsachen Beschluß vom 15. Juni 2000 2a Ss (OWi) 129/00 - (OWi) 54/00 II
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS
2a Ss (OWi) 129/00 - (OWi) 59/00 II 86 Js 1102/99 StA Duisburg
In der Bußgeldsache
gegen
wegen
Verkehrsordnungswidrigkeit
hat der 2. Senat für Bußgeldsachen durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Steffen, den Richter am Oberlandesgericht Braunöhler und die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Redick am
15. Juni 2000
auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Duisburg-Hamborn vom 25. Januar 2000 nach Anhörung des Beschwerdeführers und der Generalstaatsanwaltschaft - zu 2. auf deren Antrag einstimmig
beschlossen
Tenor:
1. Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben und im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Rechtsbeschwerde wird als unbegründet verworfen.
Gründe:
Durch das angefochtene Urteil hat das Amtsgericht gegen den Betroffenen wegen vorsätzlicher Teilnahme an einem verbotenen Rennen im Sinne von § 29 Abs. 1 StVO eine Geldbuße von 300,- DM festgesetzt und ein einmonatiges Fahrverbot angeordnet. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen mit der Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts.
I.
Die Verfahrensrüge ist nicht in der gemäß §§ 79 Abs. 3 OWiG, 344 Abs. 2 S. 2 StPO erforderlichen Weise ausgeführt und daher unbeachtlich.
II.
Mit der Sachrüge ist die Rechtsbeschwerde in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang erfolgreich.
1. Zum Schuldspruch hat die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Beschwerderechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Betroffenen ergeben. (§§ 79 Abs. 3 OWiG, 349 Abs. 2 und 3 StPO). Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers wird die Annahme der vorsätzlichen Teilnahme an einem gemäß § 29 Abs. 1 StVO verbotenen Rennen in Form der sogenannten "Sprintprüfung" durch die tatrichterlichen Feststellungen zum objektiven Geschehenshergang in ausreichender Weise getragen (vgl. zu ähnlich gelagerten Fällen bereits die Senatsbeschlüsse vom 6. April 2000 (2a Ss (OWi) 57/00 - (OWi) 21/00 II) m.w.N. und vom 15. Mai 2000 (2a Ss (OWi) 103/00 - (OWi) 37/00 II und 2a Ss (OWi) 104/00 - (OWi) 44/00 II)).
2. Der Rechtsfolgenausspruch im angefochtenen Urteil hat keinen Bestand.
Ausweislich der Urteilsgründe ist das Amtsgericht davon ausgegangen, daß die verhängte Geldbuße von 300,- DM "dem Regelsatz" entspreche und ferner "auf das regelmäßig vorgesehene Fahrverbot zu erkennen" sei. Diese Ausführungen sind nicht frei von Rechtsfehlern. Die gemäß § 26a StVG bundeseinheitlich erlassene Bußgeldkatalogverordnung sieht für Verstöße gegen § 29 Abs. 1 StVO weder einen Regel-Bußgeldsatz noch ein Fahrverbot als Regelfolge im Sinne von § 2 Abs. 1 BKatV vor; lediglich dem vom Ministerium für Inneres und Justiz Nordrhein-Westfalen herausgegebenen Tatbestandskatalog für Straßenverkehrsordnungswidrigkeiten (Stand: 1. Juli 1998) ist unter § 29 StVO, TBNR 3264, S. 104/0 Entsprechendes zu entnehmen. Derartige verwaltungsinterne Richtlinien für die Bußgeldbemessung können für das Gericht allenfalls grobe Orientierungshilfen darstellen, die eine Prüfung der Einzelfallumstände nicht entbehrlich machen und die unter dem Gesichtspunkt einer möglichst gleichmäßigen Behandlung gleichgelagerter Sachverhalte nur dann Beachtung finden müssen, wenn sie festgestelltermaßen in der Praxis einen breiteren Anwendungsbereich erreicht haben (vgl. hierzu Lemke, OWiG, § 17 Rn. 45; Göhler, OWiG, 12. Auflage, § 17 Rn. 32).
Daß sich das Amtsgericht dieser Grundsätze bewußt war, laßt die angefochtene Entscheidung mangels jeglicher Einzelausführungen zum rechtlichen Charakter der hier zur Anwendung gekommenen "Regelfolgen" nicht ersehen. Vielmehr ist zu besorgen, daß der Tatrichter insoweit irrig von einer zu weitgehenden Bindungswirkung ausgegangen ist und infolge dessen sowohl von einer eingehenden Begründung der Voraussetzungen für die Verwirkung des Fahrverbots im Sinne von § 25 Abs. 1 StVG abgesehen als auch bei der Festsetzung der Rechtsfolgen den ihm gemäß §§ 17 OWiG, 25 Abs. 1 StVG eröffneten Ermessensspielraum verkannt hat (vgl. hierzu bereits Senatsbeschluß vom 6. April 2000 (2a Ss (OWi) 57/00 (OWi) 21/00 II)). Der pauschale Hinweis auf die "Tat- und Schuldangemessenheit" sowie "Erforderlichkeit" des Fahrverbots vermag am Einzelfall orientierte Ausführungen zur groben oder beharrlichen Pflichtverletzung im Sinne von § 25 Abs. 1 StVG nicht zu ersetzen.
Der aufgezeigte Rechtsfehler nötigt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils im Rechtsfolgenausspruch mit den zugrundeliegenden Feststellungen und - insoweit - zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht. Ein Anlaß, die Sache an eine andere Abteilung des Amtsgerichts zu verweisen, besteht nicht.
Ende der Entscheidung
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