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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 21.02.2002
Aktenzeichen: 2a Ss 265/01 - 91/01 II
Rechtsgebiete: StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 408 b
StPO § 407 Abs. 2 S. 2
Die Verteidigerbestellung, die auf Grund der §§ 408 b, 407 Abs. 2 S. 2 StPO, gilt nur für das Strafbefehlsverfahren (und nicht für das weitere Verfahren nach Einspruch gegen den Strafbefehl).
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

2a Ss 265/01 - 91/01 II

In der Strafsache

wegen Verletzung der Unterhaltspflicht

hat der 2. Strafsenat durch den Richter am Oberlandesgericht B. und die Richterinnen am Oberlandesgericht H.-R. und R.-H. am

21. Februar 2002

auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der 10. kleinen Strafkammer des Landgerichts Mönchengladbach vom 18. Mai 2001 auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft und nach Anhörung des Beschwerdeführers einstimmig

beschlossen:

Tenor:

Die Revision wird als unbegründet auf Kosten des Angeklagten verworfen.

Gründe:

1.

Die Revision ist unbegründet. Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angesagten ergeben (§ 349 Abs. 2 und 3 StPO).

Das Landgericht hat die Berufung des Angeklagten zu Recht gemäß § 329 Abs. 1 StPO verworfen, weil der Angeklagte in der Berufungshauptverhandlung ohne genügende Entschuldigung nicht erschienen und nicht in zulässiger Weise vertreten war. Zwar hat das Amtsgericht Erkelenz dem Angeklagten in der Hauptverhandlung 20. Dezember 1999 Rechtsanwalt Dr. F. aus J. als Pflichtverteidiger beigeordnet. Diese Pflichtverteidigerbestellung erfolgte aufgrund der Regelung in § 408 b Satz 1 StPO, weil die Voraussetzungen des § 407 Abs. 2 Satz 2 StPO insofern vorgelegen haben als gegen den Angeklagten durch den Strafbefehl vom gleichen Tage eine Freiheitsstrafe von vier Monaten mit Strafaussetzung zur Bewährung verhängt worden ist. Die Bestellung eines Pflichtverteidigers nach § 408 b StPO wirkt nach herrschender Auffassung nur für das Strafbefehlsverfahren und gilt nicht für das weitere Verfahren nach Einspruch gegen einen Strafbefehl (vgl. AG Höxter NJW 1994, 2842 = NStE Nr. 1 zu § 408 b StPO; Kleinknecht/Meyer-Goßner, 45. Aufl., § 408 b StPO Rdnr. 6; KMR-Metzger, § 408 b StPO Rdnr. 10; Pfeifer-Fischer, 3. Aufl., § 408 b StPO Rdnr. 4, Hohendorf MDR 1993, 597, 598; Lutz NStZ 1998, 395, 396; a.A. KK-Fischer, 4. Aufl., § 408 b StPO Rdnr. 8; differenzierend LR-Gössel, 25. Aufl., § 408 b StPO Rdnr. 13: bis zur erstinstanzlichen Hauptverhandlung nach Einspruch, nicht aber für das Berufungsverfahren).

Der Senat schließt sich dieser Meinung an. Die gebotene einschränkende Auslegung des § 408 b StPO ergibt sich zunächst aus der systematischen Stellung im Gesetz, da die Vorschrift mit dem Entlastungsgesetz vom 11.1.1993 (BGBl. 1993 I, 51) nicht in die §§ 140 ff StPO eingefügt wurde, sondern in den Abschnitt über das Strafbefehlsverfahren. § 408 b Satz 2 StPO verweist auch nicht auf die Vorschriften über die Pflichtverteidigung insgesamt, sondern nur auf § 141 Abs. 3 StPO, der die Bestellung eines Verteidigers für das Vorverfahren betrifft. Diese einschränkende Interpretation entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers, da ausweislich der amtlichen Begründung die Bestellung eines Pflichtverteidigers nur aufgrund der besonderen prozessualen Situation geboten ist und der Katalog der notwendigen Verteidigung in § 140 StPO unberührt bleiben sollte (vgl. BT-Drucks. 12/3832 Seite 42). Dieses Ergebnis erscheint auch konsequent, denn die für das Strafbefehlsverfahren getroffene Regelung in § 408 b StPO würde ansonsten zu einer vom Gesetzgeber nicht gewollten Vergünstigung führen. Die abweichende Auffassung würde aber gerade eine solche Besserstellung eines Beschuldigten bewirken, der im Hinblick auf § 407 Abs. 2 Satz 2 StPO lediglich eine Freiheitsstrafe bis einem Jahr mit Strafaussetzung zur Bewährung zu befürchten hat, während ein Beschuldigter, der nach § 200 StPO sofort angeklagt wird und gegebenenfalls eine Freiheitsstrafe ohne Strafaussetzung zu erwarten hat, nur unter den eingeschränkten Voraussetzungen des § 140 Abs. 2 StPO einen Pflichtverteidiger erhalten kann. Die Richtigkeit dieses Ergebnisses zeigt der vorliegende Fall, in dem die Staatsanwaltschaft gemäß § 408 a StPO in der Hauptverhandlung den Erlass eines Strafbefehls über eine Freiheitsstrafe von vier Monaten mit Strafaussetzung zur Bewährung beantragt hatte. Insofern bestand von vornherein kein Anlass, über die ersichtlich nicht vorliegenden Voraussetzungen des § 140 Abs. 2 StPO nachzudenken. Dies bedeutet aber, dass der Angeklagte mangels Vorliegens eines Falls der notwendigen Verteidigung über die Regelung des § 140 Abs. 2 StPO in keinem Fall einen Pflichtverteidiger erhalten hätte.

Die Verteidigerbestellung nach § 408 b StPO soll nur die berechtigten Interessen des Beschuldigten auf ein faires Verfahren wahren und das Unterbleiben der persönlichen Anhörung durch den erkennenden Richter ausgleichen. Mehr soll durch die Regelung nicht erreicht werden. Ob eine Pflichtverteidigerbestellung für das weitere Verfahren geboten ist, hat sich allein an den Voraussetzungen des § 140 Abs. 2 StPO zu orientieren.

2.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.

Ende der Entscheidung

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