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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 28.12.1999
Aktenzeichen: 2b Ss (OWi) 288/99 - (OWi) 111/99 I
Rechtsgebiete: BauO NW


Vorschriften:

BauO NW § l Abs. 1 Satz 2
BauO NW § 13 Abs. 1
BauO NW § 63 Abs. 1
BauO NW § 65, 84 Abs. 1 Nr. 13
BauO NW § 86 Abs. 2 Nr. 1
BauO NW §§ 1 Abs. 1 Satz 2, 13 Abs. 1, 63 Abs. 1, 65, 84 Abs. 1 Nr. 13, 86 Abs. 2 Nr. 1; Satzung über Werbeanlagen und Warenautomaten für den Altstadtbereich der Landeshauptstadt Düsseldorf vom 26.05.1988 § 1 Abs. 3

Zu den notwendigen Merkmalen einer die baubehördliche Genehmigung erfordernden Anlage der Außenwerbung (hier: an der Fassade eines Gastronomiebetriebes befestigtes Spanntuch mit Werbeaufschrift).

OLG Düsseldorf, l. Senat für Bußgeldsachen, Beschluß vom 28.12.1999 - 2b Ss (OWi) 288/99 - (OWi) 111/99 I


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

2 b Ss (OWi) 288/99 - (OWi) 111/99 I 910 Js 2514/98 StA Düsseldorf

In der Bußgeldsache

Gegen

aus Düsseldorf, geboren am 10. Juni 1935 in Krefeld,

wegen Ordnungswidrigkeit nach der Landesbauordnung Nordrhein-Westfalen (BauO NW)

hat der l. Senat für Bußgeldsachen durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Schröter sowie die Richter am Oberlandesgericht Heidemann und Schimmann auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf vom 17. Juni 1999 nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft am 28. Dezember 1999 beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde wird als unbegründet auf Kosten des Betroffenen verworfen.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen "Zuwiderhandlung gegen § 63 Abs. l BauO NW" zu einer Geldbuße von 500,-- DM verurteilt. Hiergegen wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde. Mit dem durch besonderen Beschluß des Senats vom heutigen Tage zugelassenen Rechtsmittel rügt er - wie sich aus dem Zusammenhang des Beschwerdevorbringens ergibt - die Verletzung materiellen Rechts.

II.

1.

Das Amtsgericht hat u.a. festgestellt:

"Der verheiratete Betroffene, der keine Unterhaltsverpflichtungen hat,... betätigt sich derzeit als Betreiber eines auf der K.-Straße in Düsseldorf gelegenen Restaurants. Er hat geregelte Einkünfte. In dem Restaurant beschäftigt er 25 Mitarbeiter.

Mitte 1998 befestigte der Betroffene ohne Genehmigung an dem Gebäude auf dem Grundstück in Düsseldorf, in welchem er das Restaurant betreibt, ein rechteckiges Spanntuch mit der Aufschrift "Enten eingeflogen, halbe Mastente mit Kartoffelknödel und Apfelrotkraut DM 18,50".".

2.

Die Einlassung des Betroffenen, es sei bei Gastronomiebetrieben in der Düsseldorfer Altstadt üblich, nach außen erkennbar durch Transparente, Tafeln oder ähnliche Vorrichtungen auf die Tagesgerichte hinzuweisen, ohne daß dies als Verstoß gegen die Landesbauordnung Nordrhein-Westfalen geahndet werde, hat das Amtsgericht aus Rechtsgründen als unerheblich erachtet.

III.

1.

Die Feststellungen des Amtsgerichts tragen den Schuldspruch wegen einer vorsätzlich begangenen Ordnungswidrigkeit nach §§ 84 Abs. l Nr. 13, 63 Abs. l, 13 Abs. l, l Abs. l Satz 2 BauO NW in objektiver und subjektiver Hinsicht rechtsbedenkenfrei.

a)

Zutreffend hat der Tatrichter angenommen, daß es sich bei dem von dem Betroffenen an dem Gebäude auf dem Grundstück K.-Straße in Düsseldorf angebrachten rechteckigen Spanntuch um eine Anlage der Außenwerbung im Sinne des § 13 Abs. l BauO NW handelt. Alle vier Merkmale, die nach der bezeichneten Vorschrift eine Anlage der Außenwerbung im baurechtlichen Sinne bestimmen, sind gegeben (vgl. dazu Gädtke/Böckenförde/Temme/ Heintz, Kommentar zur BauO NW, 9. Aufl., § 13 Rdnrn. 78 ff.). Hiernach sind im einzelnen erforderlich:

- eine Einrichtung im Sinne einer künstlich geschaffenen Anlage

- mit örtlicher Gebundenheit (sog. ruhende Reklame),

- die vom öffentlichen Verkehrsraum aus sichtbar sein und

- als Mittel zur Ankündigung oder Anpreisung von Gegenständen und/oder Veranstaltungen dienen soll.

Es unterliegt keinem Zweifel, daß alle diese Voraussetzungen vorliegend erfüllt sind:

Der Betroffene hat das Spanntuch, also ein künstlich geschaffene Anlage, an der Hauswand - also mit örtlicher Bindung - befestigt, und zwar so, daß es von dem umgebenen öffentlichen Verkehrsraum her sichtbar war und den Verkehrsteilnehmern die angebotene Leistung seines Gastronomiebetriebes anpreisend zur Kenntnis brachte. Klarstellend und in Ergänzung seiner Rechtsausführung sowie wegweisend für die Rechtsprechung der nachgeordneten Gerichte weist der Senat in diesem Zusammenhang auf folgendes hin:

aa)

Eine Anlage der Außenwerbung im baurechtlichen Sinne kann, muß aber nicht zugleich eine bauliche Anlage nach § 2 Abs. l Abs. 2 BauO NW sein. Es genügt vielmehr, daß der Werbeträger im weitesten Sinne bauliche Relevanz aufweist, d.h. in einer dem Bauen vergleichbaren Weise errichtet oder angebracht worden ist (vgl. Gädtke/Böckenförde/Temme/Heintz, a.a.O., § 13 Rdnrn. 79 und 81).

bb)

Ortsfest ist eine Werbeanlage nicht nur dann, wenn sie selbst fest mit dem Erdboden verbunden ist (§ 2 Abs. l Satz l BauO NW) oder durch eigene Schwere auf dem Erdboden ruht (§ 2 Abs. l Satz 2 BauO NW). Vielmehr erfüllen auch - wie hier - Transparente, Schilder oder Tücher mit Werbeaufschriften, die an ortsfesten Gegenständen - z.B. an einem Gebäude oder einem Zaun - angebracht sind, das Tatbestandsmerkmal einer ortsfesten Einrichtung, wobei nicht erforderlich ist, daß die Einrichtung auf Dauer oder für längere Zeit an dem Ort bleiben muß (vgl. Gädtke/Böckenförde/Temme/Heintz, a.a.O., § 13 Rdnr. 82). Selbst eine Lichtprojektion auf eine ortsfeste Wand oder aus einem ortsfesten Projektor reicht aus (vgl. OVG NW Baurechtssammlung 56 Nr. 133; Bay VGH Baurechtssammlung 57 Nr. 177).

cc)

Der öffentliche Verkehrsraum, von dem aus die ortsfeste Werbeanlage sichtbar sein muß, ist nicht identisch mit öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen, sondern umfaßt auch alle sonstigen Flächen, die der Allgemeinheit offenstehen, und zwar unabhängig davon, ob sie dem öffentlichen Verkehr gewidmet sind oder nicht, also auch Sportplätze, Parkgelände, Gewässer, Freizeitanlagen und private Stellplätze für Kraftfahrzeuge (vgl. Gädtke/Böckenförde/Temme/Heintz, a.a.O., § 13 Rdnr. 85 m.w.N.).

dd)

Die ortsfeste, vom öffentlichen Verkehrsraum im vorgenannten Sinne aus sichtbare künstlich geschaffene Werbeanlage muß schließlich der Ankündigung und Anpreisung von Gegenständen oder Veranstaltungen oder als Hinweis auf Gewerbe oder Beruf des Werbenden dienen (vgl. Gädtke/Böckenförde/Temme/Heintz, a.a.O., § 13 Rdnr. 86).

b)

Zutreffend hat der Tatrichter weiterhin angenommen, daß die von dem Betroffenen an der Wand des Hauses angebrachte Werbeanlage der Genehmigung der Bauaufsichtsbehörde der Landeshauptstadt Düsseldorf bedurfte (§ 63 Abs. l, l Abs. l Satz 2 BauO NW). Insbesondere bestand keine Genehmigungsfreiheit nach § 65 BauO NW.

aa)

Gemäß Abs. l Nr. 33 der letztgenannten Vorschrift sind Werbeanlagen bis zu einer Größe von 0,5 m2 genehmigungsfrei. Allerdings enthält das angefochtene Urteil keinerlei Feststellungen zur Größe des von dem Betroffenen angebrachten rechteckigen Spanntuchs. Jedoch ist wenig wahrscheinlich, daß das Tuch nicht größer als 0,5 m2 war, weil sonst die damit erstrebte Werbewirkung wohl kaum hätte erreicht werden können. Letztlich kann diese Frage aber dahinstehen. Denn nach § l Abs. 3 der Satzung über Werbeanlagen und Warenautomaten für den Altstadtbereich der Landeshauptstadt Düsseldorf vom 26. Mai 1988, zu dem auch die K.-Straße gehört (vgl. § 2 der Satzung) bedarf es auch bei Werbeanlagen bis zu einer Größe von 0,5 m2 einer Baugenehmigung. Diese Satzung ist am Tage nach ihrer ordnungsgemäßen Bekanntmachung im Düsseldorfer Amtsblatt am 4. Juni 1988 in Kraft getreten. Es besteht keinerlei Veranlassung, an der Rechtswirksamkeit der Satzung zu zweifeln. Die Vorschrift des § 86 Abs. 2 Nr. l der BauO NW ermächtigt die Gemeinden, durch Ortssatzung eine Genehmigungspflicht auch für solche Werbeanlagen zu begründen, die nach § 65 Abs. l Nr. 33 BauO NW genehmigungsfrei sind (vgl. Gädtke/Böckenförde/Temme/Heintz, a.a.O., § 26 Rdnr. 39).

bb)

Die Werbeanlage des Betroffenen war auch nicht nach § 65 Abs. l Nr. 34 BauO NW von der baubehördlichen Genehmigungspflicht befreit. Denn ersichtlich handelte es sich bei der angepriesenen Mahlzeit nicht um eine von vornherein zeitlich begrenzte Veranstaltung wie Ausverkäufe und Schlußverkäufe an der Stätte der Leistung. Im übrigen aber ist gemäß § l Abs. 3 der bereits erwähnten Satzung über Werbeanlagen und Warenautomaten für den Altstadtbereich der Landeshauptstadt Düsseldorf vom 26. Mai 1988 in zulässiger Abweichung von der Regelung des § 65 Abs. l Nr. 34 BauO NW eine baubehördliche Genehmigung grundsätzlich erforderlich. Die in der genannten Satzungsbestimmung vorgesehenen Ausnahmen liegen hier ersichtlich nicht vor.

cc)

Schließlich bestand für den Betroffenen auch keine Genehmigungsfreiheit nach § 65 Abs. l Nr. 35 BauO NW. Denn die Werbeanlage - das Spanntuch - war nach den getroffenen Feststellungen an der Fassade des Hauses in Düsseldorf befestigte also mit einer baulichen Anlage durch eine konstruktive Maßnahme verbunden, wobei es auf die Dauer dieser Verbindung nicht ankommt (vgl. Gädtke/Böckenförde/Temme/ Heintz, a.a.O., § 65 Rdnr. 42).

c)

Da der Betroffene bei der Errichtung der Werbeanlage nach eigenen Angaben nicht über die nach alledem erforderliche Baugenehmigung verfügte, hat er den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit nach §§ 84 Abs. l Nr. 13, 65 Abs. l, 13 Abs. l, l Abs. l Satz 2 BauO NW verwirklicht.

d)

Der Betroffene hat auch vorsätzlich gehandelt. Dies ergibt sich bereits aus seiner Einlassung. Er hat nicht etwa geltend gemacht, ihm sei die Genehmigungsbedürftigkeit seiner Werbeanlage unbekannt gewesen. Vielmehr hat er sich lediglich darauf berufen, er habe nur in einer Weise geworben, wie sie bei den Gastronomiebetrieben in der Altstadt üblich sei. Daraus folgt, daß es ihm zumindest gleichgültig war, ob er für seine Werbemaßnahme der baubehördlichen Genehmigung bedurfte. Danach hat der Betroffene zumindest mit bedingtem Vorsatz gehandelt.

2.

Die Festsetzung der Geldbuße läßt Rechtsfehler nicht erkennen. Der Bußgeldrahmen reicht von 10,-- DM bis 100.000,-- DM (§§ 17 Abs. l OWiG, 84 Abs. 3 BauO NW). Der Tatrichter hat unter Beachtung der Bemessungsgrundsätze nach § 17 Abs. 3 und Abs. 4 OWiG auf eine Geldbuße von 500,-- DM erkannt, die nach Lage des Falles an der unteren Grenze des Vertretbaren liegt.

3.

Das Vorbringen der Verteidigung, gleiche oder vergleichbare Werbemaßnahmen von Gastronomen im Bereich der Düsseldorfer Altstadt ohne behördliche Genehmigung würden nicht als Ordnungswidrigkeiten verfolgt und geahndet, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Abgesehen davon, daß konkrete Einzelheiten hierzu nicht dargelegt worden sind, hat bereits der Tatrichter zu Recht hervorgehoben, daß es "eine Gleichheit im Unrecht" nicht gebe.

Der Betroffene trägt die Kosten seiner Rechtsbeschwerde gemäß §§ 46 Abs. l OWiG, 473 Abs. l Satz l StPO.



Ende der Entscheidung

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