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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 09.05.2000
Aktenzeichen: 2b Ss 82/00 - 32/00 I
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 318 Abs. 1
StPO § 318 Abs. 1

Die von dem Angeklagten erklärte Beschränkung seiner Berufung auf die Überprüfung des Rechtsfolgenausspruchs ist nicht allein deshalb unwirksam, weil das Berufungsgericht - unter Missachtung der Rechtskraft des Schuldspruchs des angefochtenen Urteils - dem erstinstanzlich festgestellten Sachverhalt entgegenstehende Feststellungen trifft und deshalb zu der Überzeugung gelangt, der Schuldspruch des Amtsgerichts sei nicht gerechtfertigt und der Angeklagte müsse statt dessen freigesprochen werden.

OLG Düsseldorf, 1. Strafsenat, Urteil vom 09.05.2000 - 2b Ss 82/00 - 32/00 I


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

2b Ss 82/00 - 32/00 I 612 Js 922/97 StA Düsseldorf

Eingegangen auf der Geschäftsstelle am 11.05.2000

R..., Justizsekretärin z.A.

In der Strafsache

gegen ...

wegen Verbreitung pornographischer Schriften

hat der 1. Strafsenat auf die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil der XXII. kleinen Strafkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 10. November 1999 in der Hauptverhandlung vom

9. Mai 2000

an der teilgenommen haben:

Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht S... als Vorsitzender,

Staatsanwältin H...

als Vertreterin der Generalstaatsanwaltschaft,

Justizsekretärin z. A. R...

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

für Recht erkannt:

Tenor:

Das angefochtene Urteil wird mit. den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

I.

1. Das Amtsgericht Ratingen hat den Angeklagten am 17. August 1998 wegen Verbreitens pornographischer Schriften in zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 25,-- DM verurteilt und sichergestellte Software eingezogen.

Dagegen hat der Angeklagte Berufung eingelegt, die er in der Berufungshauptverhandlung mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt hat.

Durch das angefochtene Urteil hat die Strafkammer das Urteil des Amtsgerichts Ratingen aufgehoben und den Angeklagten freigesprochen. In den Urteilsgründen wird ausgeführt, in der Berufungshauptverhandlung habe sich herausgestellt, daß die Beschränkung der Berufung unwirksam sei, denn sie widerspreche dem tatsächlichen Sachverhalt. Der Angeklagte sei nicht schuldig, weil ihm vorsätzliches Handeln nicht nachzuweisen sei. Eine solche Sachentscheidung mit einem Freispruch bewirke aber, daß sie als vorrangige Entscheidung vorgehe und die Strafmaßbeschränkung unwirksam sei.

2. Hiergegen richtet sich die Revision der Staatsanwaltschaft, mit der sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt und insbesondere geltend macht, die Beschränkung der Berufung des Angeklagten auf den Rechtsfolgenausspruch sei nach § 318 Satz 1 StPO wirksam, so daß die Strafkammer an den Schuldspruch gebunden gewesen sei und den Angeklagten nicht habe freisprechen dürfen.

II.

Das Rechtsmittel hat Erfolg. Es führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz. Es liegt das - von Amts wegen zu beachtende Verfahrenshindernis der Teilrechtskraft des amtsgerichtlichen Urteils im Schuldspruch vor.

1. Die Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch ist grundsätzlich zulässig (vgl. BGHSt 29, 359; 33, 59). Sie ist nur dann unwirksam, wenn die zum objektiven Tatgeschehen und zur inneren Tatseite getroffenen Feststellungen derart unvollständig, unklar oder widersprüchlich sind, daß sie den Schuldspruch nicht tragen und deshalb keine Grundlage für die Überprüfung des nur noch angefochtenen Rechtsfolgenausspruchs bilden (BGHSt 33, 59; NStZ 1994, 130; Senat NStZ 1992, 298; OLG Köln VRS 82, 39).

2. Derartige Mängel enthält die Begründung des amtsgerichtlichen Urteils nicht.

Das Amtsgericht hat zum Tatgeschehen festgestellt:

"Im Mai 1997 schickte der Angeklagte unter dem Pseudonym A... an die Zeugin R... B... per E-mail zwei Bilder mit kinderpornographischem Inhalt. Diese Bilder zeigen Kinder bei gegenseitigen sexuellen Aktivitäten. Der Angeklagte nahm mindestens bedingt in Kauf, daß die Dateien, die er an die Zeugin R... B... verschickte, kinderpornographischen Inhalt hatten.

Nachdem die Zeugin R B eine Anzeige erstattet hatte, wurde bei dem Angeklagten die Wohnung am 10.09.1997 durchsucht. Auf seinem PC wurden folgende Dateien mit kinderpornographischen Bildern gefunden:

Diese Bilddateien stellen als tatsächliches Geschehen den sexuellen Mißbrauch eines Kindes, insbesondere den oralen Verkehr zwischen einem Kind und einem erwachsenen Mann, Masturbation, Oralverkehr und Geschlechtsverkehr auch mit Erwachsenen dar."

Diese Feststellungen erfüllen - wie vom Amtsgericht der Verurteilung zugrunde gelegt - die objektiven Tatbestände des § 184 Abs. 3 Nr. 1 und Abs. 5 StGB.

Auch die Schuld des Angeklagten in Form bedingten Vorsatzes hat das Amtsgericht klar und widerspruchsfrei festgestellt. Dazu heißt es nicht nur - wie oben zitiert -, der Angeklagte habe zumindest billigend in Kauf genommen, daß die an die Zeugin B... verschickten Dateien kinderpornographischen Inhalt gehabt hätten, sondern das Amtsgericht hat in seinem Urteil weiter ausgeführt:

"Der Angeklagte räumt den Sachverhalt ein. Er habe im April 1997 einen Computer gekauft und gleichzeitig über den Anbieter AOL Zugang zum Internet erhalten. In der Folgezeit habe er im Internet "gesurft". Dabei sei er auch auf pornographische Dateien gestoßen. Irgendwann einmal habe er auch kinderpornographische Dateien erhalten. Sowohl die normalen pornographischen Dateien als auch die kinderpornographischen Dateien habe er auf seine Festplatte geladen. Wahllos habe er später dann die Dateien auch an andere Personen verschickt."

Angesichts dieser den Schuldspruch tragenden lückenlosen, klaren und widerspruchsfreien Feststellungen zum objektiven Tatbestand und zur inneren Tatseite war die Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch wirksam. Ein Fall, in dem die erklärte Rechtsmittelbeschränkung ausnahmsweise nicht wirksam ist (vgl. hierzu Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 44. Aufl. § 302 Rn 10 m. w. N.) liegt ersichtlich nicht vor. Insbesondere macht der in der Berufungshauptverhandlung von seinem Verteidiger beratene Angeklagte nicht geltend, von der Strafkammer mit unlauteren Mitteln, durch eine unzutreffende Auskunft oder eine fehlerhafte Belehrung über deren Folgen zur Rechtsmittelbeschränkung veranlaßt worden zu sein. Die Strafkammer war infolgedessen nicht berechtigt, aufgrund einer veränderten Einlassung des Angeklagten abweichende Feststellungen zu treffen und auf diese den Freispruch des Angeklagten zu gründen.

Die Aufhebung des Urteils beruht auf § 353 StPO, die Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz auf § 354 Abs. 2 StPO.



Ende der Entscheidung

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