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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 28.06.2000
Aktenzeichen: 3 Wx 163/00
Rechtsgebiete: WEG, BGB
Vorschriften:
WEG § 22 | |
WEG § 43 Abs. 1 Nr. 4 | |
BGB § 242 |
1.
Beschließt die Wohnungseigentümerversammlung, an den Häusern der Wohnanlage einen Blitzschutz installieren zu lassen, so entfällt mit der Durchführung dieser Maßnahme das Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtung des dahin gehenden Eigentümerbeschlusses jedenfalls solange nicht wie die Rückgängigmachung der Baumaßnahme nicht tatsächlich ausgeschlossen ist oder ihr der Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegen steht.
2.
Eine mit relativ geringem Kostenaufwand erstmals durchzuführende Maßnahme zur Bewahrung eines höheren Gebäudes vor der elementaren Gefahr des Blitzeinschlages stellt sich als ordnungsgemäße Instandsetzung des Gebäudes und nicht als eine die Zustimmung aller Wohnungseigentümer erfordernde bauliche Veränderung dar.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS
3 Wx 163/00 25 T 1159/99 LG Düsseldorf 290 II 100/97 WEG AG Düsseldorf
In dem Wohnungseigentumsverfahren betreffend die Wohnungseigentumsanlage Düsseldorf,
hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss der 25. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 13. März 2000 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. Gottschalg und der Richter am Oberlandesgericht Dr. Schütz und von Wnuck-Lipinski
am 28. Juni 2000
beschlossen:
Tenor:
Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.
Der Beteiligte zu 1 trägt die gerichtlichen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde.
Er hat ferner die den übrigen Beteiligten im dritten Rechtszug notwendig entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Wert des Beschwerdegegenstandes: 92.360,- DM.
Gründe:
I.
Die Beteiligten zu 1 und 2 bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft in Düsseldorf, deren Verwalterin die Beteiligte zu 3 ist.
Die Eigentümerversammlung vom 23. September 1997 fasste u.a. folgende Beschlüsse:
TOP 2:
"Die vom Verwalter vorgelegte Verwaltungsabrechnung 1996 (Abrechnungsausdruck vom 24.04.1997) einschließlich der hieraus resultierenden Einzelabrechnungen wird hiermit genehmigt.
Der Verwalter und der Verwaltungsbeirat werden entlastet...".
TOP 3:
"Anstelle eines neuen Wirtschaftsplanes für das Jahr 1998 wird beschlossen, daß der derzeit in Kraft befindliche Wirtschaftsplan mit einem Gesamtkostenvolumen in Höhe von DM 383.004,00 einschließlich der hieraus resultierenden Einzelwirtschaftspläne bis zur Beschlußfassung über einen neuen Wirtschaftsplan weiterhin bestehen bleibt"...
TOP 6:
"Alle Häuser sollen mit einem äußeren Blitzschutz versehen werden. Auftragsvergabe an die Firma L zum Pauschalfestpreis von DM 12.400,00 zuzüglich Mehrwertsteuer"...
TOP 7:
Der Antrag des Herrn H, die Mieten für Garagenplätze anzuheben, wurde abgelehnt.
Der zu TOP 6 gefasste Beschluss wurde zwischenzeitlich umgesetzt.
Der Beteiligte zu 1 hat beantragt,
1. die in der Eigentümerversammlung vom 23. September 1997 zu TOP 2, 3, 6 und 7 gefassten Beschlüsse für ungültig zu erklären,
2.
a) einen angemessenen Mietpreis für die Garagenplätze durch einen Sachverständigen bestimmen zu lassen,
b) anzuordnen, dass die Nutzer der Garagenplätze durch Losentscheid in einem Turnus von 2 Jahren bestimmt werden,
c) anzuordnen, dass eine Weitervermietung der Garagenplätze durch die jeweiligen Mieter untersagt wird,
3.
festzustellen und anzuordnen, dass die H GmbH dem Beteiligten zu 1 in Düsseldorf die Einsicht in die der Abrechnung 1996 zugrunde liegenden Verwaltungsunterlagen zu gewähren hat.
Das Amtsgericht hat am 21. Oktober 1999 den zu TOP 2 ("Verwaltungsabrechnung 1996, Entlastung des Verwalters und Verwaltungsbeirates") gefassten Eigentümerbeschluss für ungültig erklärt und die Anträge im übrigen abgelehnt.
Zur Begründung hat es insoweit u.a. ausgeführt:
Der zu TOP 3 gefasste Beschluss sei nicht für ungültig zu erklären, weil es den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entspreche, Wirtschaftspläne aus dem vorangegangenen Wirtschaftsjahr fortgelten zu lassen, sofern sich im Vergleich zum Folgejahr keine erheblichen Änderungen ergäben. Dies sei aber selbst dann nicht der Fall, wenn der Beschwerdeführer zu Unrecht mit Kabelfernsehgebühren von monatlich anteilig 8,70 DM, die er ggf. gutgeschrieben bekomme, belastet worden sei.
Auch den Eigentümerbeschluss zu TOP 6 habe der Beschwerdeführer zu Unrecht angefochten. Es könne offenbleiben, ob es sich bei der beschlossenen Blitzschutzmaßnahme um eine zustimmungspflichtige bauliche Veränderung im Sinne des § 22 WEG handele oder um eine modernisierende Instandsetzung. Jedenfalls habe sich der Anfechtungsantrag des Beteiligten zu 1 nach Durchführung der Maßnahme und mit Blick auf die unterbliebene Darlegung einer Beeinträchtigung erledigt. Einem Rückbauanspruch stehe der Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegen. Bei dem Beschluss zu TOP 7 handele es sich um einen Negativbeschluss, dessen Anfechtung unzulässig sei.
Bestimmung eines angemessenen Mietpreises für die Garagen durch einen Sachverständigen könne der Beteiligte zu 1 nicht beanspruchen. Eine Monatsmiete von 50,- DM möge in Düsseldorf als moderat gelten, sei aber andererseits nicht so niedrig, dass die Versagung einer Erhöhung mit den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung unvereinbar wäre. Überdies sei es an dem Beteiligten zu 1 gewesen, zunächst unter Benennung prüfbarer Erkenntnisgrundlagen selbst einen von ihm für angemessen gehaltenen Mietzins vorzuschlagen. Hinsichtlich der Anträge zu 2 b und c habe der Beteiligte zu 1 vor Anrufung des Gerichts zunächst eine Beschlussfassung der Eigentümerversammlung herbeiführen müssen. Soweit der Beteiligte zu 1 die gerichtliche Feststellung und Anordnung begehre, dass die Verwalterin ihm in Düsseldorf Einsicht in die der Abrechnung 1996 zugrunde liegenden Verwaltungsunterlagen zu gewähren habe (Antrag zu 3), fehle es mit Rücksicht auf die erklärte Bereitschaft der Verwalterin und die gerichtlich unterbreiteten Terminvorschläge, die der Beteiligte zu 1 ohne eigene Vorschläge zu machen, abgelehnt habe, an der Darlegung, dass und wann die Verwaltung sein Einsichtbegehren grundlos zurückgewiesen habe.
Die gegen die Entscheidung des Amtsgerichts gerichtete sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1 hat das Landgericht am 13. März 2000 zurückgewiesen.
Mit seiner - nicht mit einer Begründung versehenen - sofortigen weiteren Beschwerde verfolgt der Beteiligte zu 1 seine erstinstanzlichen Anträge - soweit das Amtsgericht denselben nicht entsprochen hat - weiter.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die gemäß § 45 Abs. 1 WEG, §§ 22 Abs. 1, 27, 29 FGG zulässige sofortige weitere Beschwerde ist nicht begründet. Denn die Entscheidung des Landgerichts beruht nicht auf einer Verletzung gesetzlicher Vorschriften im Sinne der §§ 27 FGG, 550 ZPO.
1.
Das Landgericht hat u.a. ausgeführt, das Amtsgericht habe zutreffend den Eigentümerbeschluss zu TOP 3 nicht für ungültig erklärt, da es den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entspreche, Wirtschaftspläne aus dem vergangenen Wirtschaftsjahr fortgelten zu lassen, wenn sich im Vergleich zum Folgejahr keine erheblichen Änderungen ergeben. Solche habe der Beteiligte zu 1 in Bezug auf die Position "Kabelfernsehen" nicht dargetan. Hinsichtlich des Eigentümerbeschlusses zu TOP 6 sei, der Amtsrichterin folgend, nach Montage des Blitzschutzes der diesbezügliche Anfechtungsantrag unzulässig geworden.
Für die Anfechtung des einen Antrag mehrheitlich ablehnenden Eigentümerbeschlusses zu TOP 7 fehle es am Rechtsschutzbedürfnis, weil die gerichtliche Ungültigerklärung nicht zu einer positiven Entscheidung führen könne. Die Anträge des Beschwerdeführers zu 2 a, b und c führten, worauf die Amtsrichterin zutreffend hingewiesen habe, zu keinem anderen Ergebnis. Der Antrag zu 3 sei nicht erfolgreich, weil der Beteiligte zu 1 nicht substantiert dargelegt habe, wann die Beteiligte zu 3 ein zeitlich konkretisiertes Einsichtbegehren grundlos abgelehnt habe.
2.
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung in den wesentlichen Punkten stand.
a) TOP 3:
Der Eigentümerbeschluss ist von den Vorinstanzen zu Recht nicht beanstandet worden.
Bei dem Beschluss eines neuen Wirtschaftsplanes ist es unbedenklich, die Ansätze des alten Planes unverändert zu übernehmen, sofern nicht feststeht, dass die Vorauszahlungen erheblich zu niedrig oder überhöht sind (BayObLG WE 1988, 141; 1991, 295, 296; Bärmann/Pick/Merle WEG 8. Auflage 2000 § 28 Rdz. 46). Eine Anfechtung wegen eines Verstoßes gegen den Grundsatz ordnungsgemäßer Verwaltung kommt etwa in Betracht, wenn die mit dem Wirtschaftsplan beschlossenen Vorauszahlungen wesentlich überhöht sind oder andererseits mit erheblichen Nachzahlungen zu rechnen ist (BayobLG WE 1991, 363; BPM § 28 Rdz. 47). Letzteres hat das Landgericht vorliegend in Bezug auf die anteilige Belastung des Beschwerdeführers mit der Position "Kabelfernsehen" rechtsfehlerfrei verneint.
b) TOP 6:
Der Anfechtungsantrag im Verfahren nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG setzt in der Regel nicht den Nachweis eines besonderen Rechtsschutzbedürfnisses voraus. Vielmehr haben Wohnungseigentümer und Verwalter, die in § 43 WEG als Antragsteller und Beteiligte bezeichnet werden, grundsätzlich ein berechtigtes und schutzwürdiges Interesse an der Anfechtung fehlerhafter Beschlüsse (BayObLG WuM 1999, 179, 180; BPM § 43 Rdz. 97).
Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt nicht schon, wenn der angefochtene Beschluss bereits ausgeführt worden ist, denn mit der Ungültigerklärung wird der Beschluss rückwirkend unwirksam, so dass die Ausführung im Rahmen des Möglichen rückgängig zu machen ist (BayObLG ZMR 1976, 310, 311; BPM § 43 Rdz. 98). Erklärt der Antragsteller, es gehe ihm nicht in erster Linie um die Rückgängigmachung einer aufgrund eines Eigentümerbeschlusses ausgeführten Maßnahme, sondern um seine Kostenbeteiligung, so führt auch dies nicht zum Wegfall des Rechtsschutzinteresses (BayObLG WE 1995, 92; BPM § 43 Rdz. 98). Dasselbe entfällt erst, wenn die Rückgängigmachung der beschlossenen Maßnahme ausgeschlossen ist und der Beschluss auch sonst keine Auswirkungen mehr haben kann (BayObLG WE 1999, 33; BPM a.a.O).
Dies vorausgeschickt, hat das Landgericht im Anschluss an das Amtsgericht ein Rechtsschutzbedürfnis des Beschwerdeführers an der Anfechtung des Eigentümerbeschlusses zu TOP 6 (Anbringung eines Blitzschutzes) wegen zwischenzeitlicher Durchführung dieses Eigentümerbeschlusses zu Unrecht verneint. Denn zum einen ist eine Rückgängigmachung der Maßnahme nicht tatsächlich ausgeschlossen, zum anderen steht ihr - jedenfalls nicht ohne weiteres - der Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegen. Umstände die diese Annahme rechtfertigen könnten, haben die Vorinstanzen nicht festgestellt.
Hiernach konnte es nicht dahinstehen, ob es sich bei der Blitzschutzmaßnahme um eine zustimmungspflichtige bauliche Veränderung im Sinne des § 22 WEG oder um eine modernisierende Instandsetzung, möglicherweise auch erstmalige Herstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes handelt.
Zwar haben die Vorinstanzen, aus ihrer Sicht folgerichtig, Feststellungen zu den ergriffenen Blitzschutzmaßnahmen im Einzelnen nicht getroffen. Gleichwohl nötigt dies den Senat nicht zur Zurückverweisung. Denn allein daraus, dass die beschlossene, mit dem relativ geringen Kostenaufwand von netto 12.400,- DM durchzuführende, Maßnahme der Bewahrung des Gebäudes vor der gerade bei höheren Häusern nicht zu vernachlässigenden elementaren Gefahr des Blitzeinschlages dient, ergibt sich, dass es sich hierbei nicht um eine bauliche Veränderung, sondern um eine Maßnahme handelt, die über eine ordnungsgemäße Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums nicht hinausgeht und deshalb die Zustimmung aller Wohnungseigentümer nicht erfordert.
c) TOP 7:
Dass hierin ein nicht der Anfechtung unterliegender "Negativbeschluss" zu sehen ist, haben die Vorinstanzen rechtsfehlerfrei festgestellt. Die Frage einer etwaigen Umdeutung des Anfechtungsantrages in einen solchen auf ordnungsgemäße Verwaltung (vgl. hierzu BayObLG, ZMR 1999, 495, 496 f.) stellt sich nicht, weil der Beschwerdeführer selbst Entsprechendes beantragt hat:
d) Antrag 2 a), b) und c):
Insoweit sind allerdings die Ausführungen des Amtsgerichts, auf die sich das Landgericht bezogen hat, rechtlich nicht zu beanstanden.
e) Antrag 3:
Auch diesbezüglich ist gegen die Ausführungen der Kammer rechtlich nichts zu erinnern.
Dem Rechtsmittel der sofortigen weiteren Beschwerde bleibt daher insgesamt der Erfolg versagt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Es entspricht mit Blick auf die in den wesentlichen Punkten übereinstimmenden und überwiegend überzeugend begründeten Entscheidungen der Vorinstanzen der Billigkeit, dass der Beteiligte zu 1 den übrigen Beteiligten - soweit ihnen notwendige außergerichtliche Kosten im Verfahren im Verfahren der weiteren Beschwerde entstanden sind - diese erstattet.
Ende der Entscheidung
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