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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 10.10.2001
Aktenzeichen: 3 Wx 231/01
Rechtsgebiete: WEG, BGB


Vorschriften:

WEG § 10
WEG § 15
BGB § 242
Ein Wohnungseigentümer hat gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft keinen Anspruch auf Abänderung der Miteigentumsanteile oder des in der Teilungserklärung festgelegten Kostenverteilungsschlüssels, wenn nachträgliche Veränderungen bei der Nutzung des Sondereigentums seiner eigenen Risikosphäre zuzuordnen sind.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

3 Wx 231/01

In dem Wohnungseigentumsverfahren

betreffend die Wohnungseigentumsanlage ... in 41812 Erkelenz,

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach vom 8. Mai 2001 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. G..., des Richters am Oberlandesgericht von W... und der Richterin am Oberlandesgericht S... am 10. Oktober 2001

beschlossen:

Tenor:

Das Rechtsmittel wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass eine Erstattung außergerichtlicher Kosten in den Vorinstanzen nicht stattfindet.

Die Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde werden dem Antragsteller insgesamt auferlegt; eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird (auch für die erste und zweite Instanz) auf 11.700,00 DM festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten zu 1 bis 9 bilden die im Rubrum genannte Wohnungseigentümergemeinschaft. Der Beteiligte zu 1. ist Sondereigentümer der im Aufteilungsplan mit der Nummer 2 bezeichneten Wohnung, bestehend aus einer im Erdgeschoss liegenden Wohnung und zwei Abstellräumen und drei Hobbyräumen im Kellergeschoss. In der Anlage 2 zur Teilungserklärung sind die Wohnflächen und Miteigentumsanteile für die Miteigentümer angegeben. Danach beträgt die Wohnfläche der Wohnung Nr. 2 98 qm, der Miteigentumsanteil ist mit 149/1.000 Anteil angegeben. Die "Wohnfläche" der Wohnung Nr. 2 errechnet sich unter Einbeziehung der zu dieser Wohnung gehörenden Kellerräume.

Der Beteiligte zu 1 hatte die im Kellergeschoss liegenden Räume in der Vergangenheit als weitere Wohnung genutzt und vermietet, bis ihm dies durch die Baubehörde der Stadt Erkelenz untersagt wurde. Gleichzeitig ist ihm die baurechtliche Genehmigung zu Umbaumaßnahmen erteilt worden, um die Räume einer Nutzung zu Wohnzwecken zugänglich zu machen. Die übrigen Miteigentümer haben jedoch ihre Zustimmung für eine solche Veränderung nicht erteilt.

Gemäß § 12 der Teilungserklärung sind die Kosten und Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile zu tragen. Entsprechend sind auch die Jahresabrechnung für das Jahr 1998 und der Wirtschaftsplan für das Jahr 1999 erstellt worden.

Der Beteiligte zu 1 meint, die zu seiner Wohnung gehörenden Kellerräume dürften nicht mehr in die nach der Teilungserklärung gegebene Wohnfläche einbezogen werden und auch sein Miteigentumsanteil müsse entsprechend angepasst werden. Infolgedessen habe er auch nur einen geringeren Anteil an den Kosten und Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums zu tragen.

Der Beteiligte zu 1 hat beantragt,

1. den Antragsgegnern aufzugeben, darin einzuwilligen - auch in eine entsprechende Grundbuchänderung -, dass die Angaben zu Wohnflächen und Miteigentumsanteilen in der Teilungserklärung und in ihrer Anlage 2 zur Eigentumswohnanlage ..., Erkelenz, mit Wirkung ab 1.1.1998 unter Berücksichtigung der Entscheidung der Stadt Erkelenz - Bauaufsichtsamt - vom 1.12.1987 neu ermittelt und entsprechend abgeändert wird,

2. hilfsweise, die Anlage 2 zur Urkunde des Notars G... W... in Erkelenz vom 16.4.1982 - UR.-Nr. .../... - wie folgt abzuändern:

Erdgeschoss Wohnungsbezeichnung Wohnfläche in qm Miteigentumsanteil in 1.0000stel

EG 1 67 113 EG 2 65 109 EG 3 56 94 1. OG 4 67 110 1. OG 5 68 114 1. OG 6 56 94 2. OG 7 95 160 2. OG 8 67 113 2. OG 9 54 90

und den Antragsgegnern aufzugeben, in die Grundbuchberichtigung der auf ihre Wohnung entfallenden Miteigentumsanteile - wie zuvor aufgelistet - einzuwilligen.

3. weiterhin hilfsweise festzustellen, dass die Beschlüsse der Wohnungseigentümergemeinschaft, mit denen sowohl der Wirtschaftsplan für das Wirtschaftsjahr 1999/2000 als auch die Jahresabrechnung 1998 für die Wohnungseigentumsanlage W..., 41812 Erkelenz, genehmigt wurden, ungültig bzw. unwirksam sind.

Die Antragsgegner haben beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Das Amtsgericht hat die Anträge zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1 ist beim Landgericht ohne Erfolg geblieben.

Der Beteiligte zu 1 hat sofortige weitere Beschwerde eingelegt. Die übrigen Beteiligten sind dem Rechtsmittel entgegengetreten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Das gemäß §§ 45 Abs. 1 WEG, 22 Abs. 1, 27, 29 FGG zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg, denn die Entscheidung des Landgerichts beruht nicht auf einer Verletzung gesetzlicher Vorschriften (§ 27 FGG ).

1. Das Landgericht hat ausgeführt, dem Antragsteller stehe ein Anspruch auf Einwilligung in die Änderung der Teilungserklärung nicht zu mit der Folge, dass auch der Anfechtungsantrag unbegründet sei. Die Voraussetzungen, unter denen ausnahmsweise wegen einer erheblichen Wertverschiebung eine Änderung der Miteigentumsanteile oder des Kostenverteilungsschlüssels in Betracht komme, seien nicht gegeben. Dem Beteiligten zu 1 hätten die im Kellergeschoss gelegenen Räume von Anfang an als Keller- bzw. Hobbyräume zur Verfügung gestanden, ohne dass hiermit ein Anspruch auf Nutzung zu Wohnzwecken verbunden gewesen sei. In einer Teilungserklärung könne die Wohnfläche auch unter Einbeziehung der Nutzfläche angegeben werden; im übrigen sei auch der einzelne Miteigentumsanteil nicht abhängig von der Größe und dem Wert des Sondereigentums.

2. Diese Ausführungen halten der dem Senat obliegenden rechtlichen Überprüfung stand.

Die Kammer hat zunächst die Zuständigkeit des Wohnungseigentumsgerichts zu Recht bejaht, denn es geht um die Regelung von Ansprüchen aus dem Gemeinschaftsverhältnis. Dies stellt der Beteiligte zu 1 in seiner weiteren Beschwerde auch nicht mehr in Abrede.

Die Entscheidung der Kammer beruht auch nicht auf der von dem Beteiligten zu 1 geltend gemachten Verletzung rechtlichen Gehörs wegen mangelnder Gelegenheit zur Einsichtnahme in die von der Kammer beigezogenen Bauakten. Rechtliches Gehör kann in der Rechtsbeschwerdeinstanz grundsätzlich zu Tatsachen nicht nachgeholt werden, da neue Tatsachen in dieser Instanz nicht berücksichtigt werden. Der Senat konnte indes die Bauakten dem Beteiligten zu 1 zuleiten, um so in Erfahrung zu bringen, was dieser - hätte die Kammer ihm vor ihrer Entscheidung die Akten zur Einsicht überlassen - im Beschwerdeverfahren vorgetragen hätte. Der Beteiligte zu 1 hat aber nach Einsichtnahme nicht einmal dargetan, dass ihm die Tatsachen aus den Bauakten zuvor unbekannt waren. Rechtliches Gehör muss jedoch nur zu solchen Tatsachen gewährt werden, die die Beteiligten nicht kennen, die Kammer für ihre Entscheidung aber als erheblich erachtet und deshalb verwertet. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die Akten 01253-98-01, auf die der Beteiligte die Verletzung rechtlichen Gehörs stützt, enthalten lediglich den Schriftverkehr zwischen der Stadt Erkelenz als Bauaufsichtsbehörde und ihm selbst betreffend die Erteilung einer Baugenehmigung zum Ausbau einer Wohnung im Kellergeschoss. Ungeachtet der Tatsache, dass dieser Schriftverkehr für den Beteiligten zu 1 als bekannt vorausgesetzt werden kann, war er für die Entscheidung des Verfahrens durch das Landgericht unerheblich. Soweit der Beteiligte nunmehr meint, die Kammer habe unzutreffend festgestellt, dass ihm die Nutzung der im Kellergeschoss liegenden Räume als Wohnung rechtskräftig untersagt sei, muss er sich an seinem eigenen Vorbringen in der Antragsschrift vom 31.5.1999 festhalten lassen, in der er genau diesen Sachverhalt vorgetragen hat. Ohne Bedeutung für die Entscheidung ist der Umstand, ob eine Innentreppe von der Wohnung des Beteiligten zu 1 zu den im Kellergeschoss gelegenen Räumen vorhanden ist oder nicht.

Das Landgericht hat zu Recht festgestellt, dass dem Beteiligten zu 1 gegenüber den übrigen Miteigentümern ein Anspruch auf Änderung der Miteigentumsanteile in der Teilungserklärung nicht zusteht. Grundsätzlich kann die Größe der einzelnen Miteigentumsanteile, die für den Umfang der Kosten- und Lastentragungspflicht entscheidend sind, unabhängig von dem Wert und der Größe der Wohnung festgelegt werden ( Bay ObLG WE 1995, 343, 344 ). Ein Anspruch auf Abänderung der Miteigentumsanteile oder auch lediglich des Kostenverteilungsschlüssels aus § 242 BGB kommt nur dann in Betracht, wenn eine nicht sachgerechte Festlegung der Miteigentumsanteile gegeben ist und darüber hinaus außergewöhnliche Umstände ein Festhalten an der geltenden Regelung als unbillig und als gegen Treu und Glauben verstoßend erscheinen lassen (vgl. Senat ZMR 2001, 722; Bay ObLGZ 91, 396, 398 ). Bei der Prüfung dieser Voraussetzungen ist ein strenger Maßstab anzulegen, denn die Regelung über die Kostenverteilung in der Gemeinschaftsordnung ist grundsätzlich bindend und jeder Wohnungseigentümer und Sondernachfolger soll sich darauf verlassen können, dass einmal Vereinbartes Geltung hat (vgl. Bay ObLGZ 98, 199, 205; WE 1995, 343, 344 ). Nachträgliche Veränderungen, die der Risikosphäre eines Eigentümers zuzuordnen sind, begründen grundsätzlich keinen Anspruch auf Abänderung des Kostenverteilungsschlüssels; zur Risikosphäre eines Wohnungseigentümers gehört es insbesondere, wenn er sein Eigentum aufgrund behördlicher Auflagen nicht wie ursprünglich beabsichtigt nutzen kann (vgl. Senat WE 1999, 188, 189; Wendel ZWE 2001, 408, 411 ).

Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe hält es der Senat nicht für unbillig, dass der Beteiligte zu 1 an den in der Teilungserklärung festgelegten Miteigentumsanteilen und dem sich hieraus ergebenden Kostenverteilungsschlüssel festgehalten wird. Der Beteiligte zu 1 war - gemeinsam mit seinem Bruder - teilender Eigentümer. Er hatte also von Anfang an Kenntnis darüber, dass es sich bei den im Kellergeschoss gelegenen, seiner Wohnung zugeordneten Räumlichkeiten um solche handelte, die in der Teilungserklärung nicht als zu Wohnzwecken nutzbar und erst recht nicht als selbständig vermietbare Wohnung ausgewiesen sind. In der Teilungserklärung werden diese Räume ausdrücklich als Abstell- und Hobbyräume bezeichnet. Auch die Abgeschlossenheitsbescheinigung vom 6.1.1982 weist die streitgegenständlichen Räume im Kellergeschoss nicht etwa als Wohnung aus. Darüber hinaus hat der Beteiligte zu 1 in Kenntnis der Zweckbestimmung bei der Aufteilung des Grundbesitzes in Wohnungseigentum mit seinem Bruder selbst festgelegt, dass sein Miteigentumsanteil entsprechend der seinem Sondereigentum unterliegenden Wohnung nebst der dazu gehörigen Kellerräume bestimmt wird. Wenn der Beteiligte zu 1 dieser Zweckbestimmung zuwider handelte, indem er die Räume als Wohnung vermietete, ihm aber später eine solche Nutzung durch die Baubehörde untersagt wird, gehören diese Umstände zu seinem Risikobereich, so dass eine Abänderung von Miteigentumsanteilen oder Kostenverteilungsschlüssel nicht gerechtfertigt ist. Schließlich verbleiben die hier streitgegenständlichen Kellerräume dem Beteiligten zu 1 weiterhin zur Nutzung etwa - wie ausgewiesen - als Hobbyräume oder eventuell als Gästezimmer.

Auch der Anfechtungsantrag hat keinen Erfolg. Dass die Jahresabrechnung für das Jahr 1998 und der Wirtschaftsplan für 1999/2000 dem nach der Teilungserklärung bestimmten Kostenverteilungsschlüssel entspricht, ist unstreitig. Der Beteiligte zu 1 hat auch keine weiteren Einwendungen gegen die Jahresabrechnung oder den Wirtschaftsplan vorgebracht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Es bestand weder in den Vorinstanzen noch im Verfahren der weiteren Beschwerde Veranlassung, von dem Grundsatz abzuweichen, dass im Wohnungseigentumsverfahren die Beteiligten ihre außergerichtlicher Kosten selbst tragen.

Der Senat hat den Beschwerdewert auf 11.700,00 DM festgesetzt, da mit den Anträgen zu Ziffer 1 und 2 das gleiche Ziel erreicht werden sollte.

Ende der Entscheidung

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