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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 06.12.2000
Aktenzeichen: 3 Wx 393/00
Rechtsgebiete: GmbHG, InsO
Vorschriften:
GmbHG § 35 Abs. 1 | |
GmbHG § 38 | |
InsO § 97 | |
InsO § 101 |
Die Erklärung der Amtsniederlegung durch den alleinigen Geschäftsführer und einzigen Gesellschafter einer GmbH, der nicht zugleich einen neuen Geschäftsführer bestellt, ist in der Regel rechtsmissbräuchlich und daher unwirksam.
2.
Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung sowie die unterbliebene und für die Zukunft nicht gesicherte Vergütung des Geschäftsführers begründen keine besonderen Umstände, die der Beurteilung der Amtsniederlegung als rechtsmissbräuchlich ausnahmsweise entgegenstehen.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS
3 Wx 393/00 41 T 6/00 LG Duisburg 7 HRB 438 AG Oberhausen
In der Handelsregistersache
betreffend die Firma J gesellschaft m.b.H.
hier: Antrag des Geschäftsführers D vom 19. Juli 2000 (Urk.-R.-Nr. 544/2000 des Notars auf Eintragung seiner Abberufung als Geschäftsführer in das Handelsregister
Verfahrensbevollmächtigter gemäß §§ 129, 29 Abs. 1 Satz 3 FGG: Notar
hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die weitere Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss der 41. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Duisburg vom 19. Oktober 2000 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. Gottschalg und der Richter am Oberlandesgericht Dr. Schütz und von Wnuck-Lipinski am 06. Dezember 2000
beschlossen:
Tenor:
Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.
Wert des Beschwerdegegenstandes: 5.000,- DM.
Gründe:
I.
Am 26. Juni 2000 eröffnete das Amtsgericht Duisburg - 61 IN 64/00 - das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung. Zum Insolvenzverwalter wurde Rechtsanwalt S aus Oberhausen ernannt.
Der alleinige Geschäftsführer und einzige Gesellschafter DM meldete unter dem 19. Juli 2000 (Urk.-R.-Nr. 544/2000 des Notars zur Eintragung in das Handelsregister an, dass er seine Geschäftsführertätigkeit unter gleichzeitiger Kündigung des Geschäftsführeranstellungsvertrages zum 31. Juli 2000 niedergelegt habe.
Dies einzutragen hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 29. August 2000 abgelehnt, weil die Amtsniederlegung als missbräuchlich anzusehen sei. Der Antragsteller habe nämlich dadurch, dass er, ohne einen neuen Geschäftsführer zu bestellen, sein Amt niedergelegt habe, selbst daran mitgewirkt, dass die Gesellschaft keinen Vertreter habe.
Es sei aber die Aufgabe der Gesellschafterversammlung und nicht des Insolvenzverwalters, Geschäftsführer zu bestellen und abzuberufen.
Das gegen diesen Beschluss gerichtete Rechtsmittel des Antragstellers hat das Landgericht am 19. Oktober 2000 zurückgewiesen, wogegen sich der Notar für den Antragsteller mit der weiteren Beschwerde wendet.
Er macht geltend, das Landgericht habe bei seiner Beurteilung der Amtsniederlegung des Antragstellers als rechtsmissbräuchlich die besonderen Umstände des Falles nicht hinreichend berücksichtigt. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bei nicht vergüteter Inanspruchnahme seiner Dienste über Monate hinweg durch den Insolvenzverwalter gebe dem Antragsteller das Recht, sein Dienstverhältnis außerordentlich zu beenden.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Das zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet. Denn die Entscheidung des Landgerichts beruht nicht auf einer Verletzung des Gesetzes (§ 27 FGG).
1.
Das Landgericht hat ausgeführt: Unabhängig vom Vorliegen eines wichtigen Grundes dürfe der Geschäftsführer sein Amt nicht niederlegen, wenn die Amtsniederlegung als rechtsmissbräuchlich anzusehen sei. Diese Voraussetzung sei gegeben, wenn der das Amt Niederlegende alleiniger Geschäftsführer und zugleich einziger Gesellschafter sei und einen neuen Geschäftsführer nicht bestelle. In diesem Fall sei nämlich die im Interesse des Rechtsverkehrs sicherzustellende Handlungsfähigkeit der Gesellschaft aufgehoben.
Unter Berücksichtigung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft und der Bestellung eines Insolvenzverwalters gelte nichts anderes. Denn auch während der Bestellung des Insolvenzverwalters müsse die Gesellschaft mit Blick auf die aus §§ 97, 101 InsO sich ergebenden durch das gesetzliche Vertretungsorgan zu erfüllenden Auskunfts- und Mitteilungspflichten der Gemeinschuldnerin einen organschaftlichen Vertreter haben, den bei der GmbH der Geschäftsführer darstelle.
2.
Diese Ausführungen halten der dem Senat obliegenden rechtlichen Nachprüfung stand.
a)
Grundsätzlich ist die von dem Geschäftsführer einer GmbH erklärte Amtsniederlegung selbst dann wirksam, wenn objektiv ein wichtiger Grund nicht vorliegt und der Geschäftsführer sich auf das Vorhandensein eines solchen auch nicht beruft ( BGHZ 121, 257; NJW 1995, 2850; BayObLG BB 1999, 1748). Dies gilt indes nicht im Falle eines Rechtsmissbrauchs. Ein solcher ist regelmäßig gegeben, wenn der einzige Geschäftsführer und zugleich alleinige Gesellschafter sein Amt niederlegt und davon absieht, einen neuen Geschäftsführer zu bestellen (BayObLG a.a.O. m.w.N.; OLG Hamm, ZIP-1988, 1048; Scholz-Schneider, GmbHG 9. Auflage 2000 § 38 Rdz. 90). Dies verlangt das Interesse des Rechtsverkehrs an der Handlungsfähigkeit der Gesellschaft, die anderenfalls vollständig beseitigt würde. Grund für die Missbilligung der Amtsniederlegung in derartigen Fällen ist die Hintanstellung überwiegender Interessen anderer Beteiligter durch den Versuch, sich der freiwillig übernommenen Verantwortung für die Gesellschaft (§ 43 GmbHG) und aller weiteren Pflichten zu entledigen, die besonders in wirtschaftlich schwierigen Situationen der Gesellschaft an das Amt des Geschäftsführers geknüpft sind (BayobLG a.a.O.).
Eine andere Beurteilung kann sich in diesem Fall allerdings aus dem Vorhandensein besonderer Umstände ergeben (BayObLG a.a.O.; OLG Hamm, ZIP 1988, 1048, 1050).
b)
Dies vorausgeschickt, ist die Kammer verfahrensfehlerfrei davon ausgegangen, dass die Amtsniederlegung durch den Beschwerdeführer als Alleingeschäftsführer und einzigen Gesellschafter der GmbH missbräuchlich und daher unwirksam ist.
Der Beurteilung der Amtsniederlegung als rechtsmissbräuchlich entgegenstehende besondere Umstände sind vorliegend nicht gegeben.
aa)
Das wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung eröffnete Insolvenzverfahren stellt sich gerade als besonders schwierige wirtschaftliche Situation der Gesellschaft dar, in der vom Alleingeschäftsführer und einzigem Gesellschafter erwartet werden muss, dass er seinen Verpflichtungen genügt und sich nicht seiner Verantwortung entzieht. Zu Recht hat das Landgericht in diesem Zusammenhang auf §§ 97, 101 InsO hingewiesen. Hiernach ist der Beschwerdeführer als Geschäftsführer - Vertretungsorgan der GmbH (§§ 35 Abs. 1 GmbHG; 101 Abs. 1 Satz 1 InsO - verpflichtet, dem Insolvenzgericht, dem Insolvenzverwalter, dem Gläubigerausschuss und auf Anordnung des Gerichts der Gläubigerversammlung über alle das Verfahren betreffenden Verhältnisse Auskunft zu geben (§ 97 Abs. 1 Satz 1 InsO), den Verwalter bei der Erfüllung von dessen Aufgaben zu unterstützen (§ 97 Abs. 2 InsO), sich auf Anordnung des Gerichts jederzeit zur Verfügung zu stellen, um seine Auskunfts- und Mitwirkungspflichten zu erfüllen und alle Handlungen zu unterlassen, die der Erfüllung dieser Pflichten zuwiderlaufen (§ 97 Abs. 3 InsO).
Hieraus ergibt sich, dass jedenfalls die Eröffnung des Insolvenzverfahren nicht als besonderer Umstand zu werten ist, der dem Antragsteller als alleinigem Geschäftsführer und einzigem Gesellschafter ausnahmsweise die Amtsniederlegung erlaubt.
bb)
Letzteres gilt auch nicht unter Berücksichtigung dessen, dass die Tätigkeit als Geschäftsführer über einen längeren Zeitraum nicht honoriert worden ist, was befürchten lässt, dass auch ein Notgeschäftsführer unter diesen Umständen nicht zu gewinnen wäre. Mit Blick hierauf und die regelmäßig der Gläubigerseite bei Insolvenzen abverlangten wirtschaftlichen Einbußen erscheint zum einen ein gewisses finanzielles Opfer des Geschäftsführers der Gesellschaft nicht von vornherein unzumutbar, zum anderen ist der Beschwerdeführer, dem die gegenwärtig nicht honorierte Amtsführung abverlangt wird, nicht rechtlos gestellt. Es bleibt ihm vielmehr unbenommen, etwaige Vergütungsansprüche gerichtlich geltend zu machen.
Nach alledem verlangt der Antragsteller zu Unrecht die Eintragung der Aufgabe seiner Geschäftsführertätigkeit unter gleichzeitiger Kündigung des Geschäftsführeranstellungsvetrages in das Handelsregister, weshalb die angegriffene Entscheidung des Landgerichts und der zugrunde liegende Beschluss des Amtsgerichts zu bestätigen sind.
Ende der Entscheidung
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