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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 16.03.2001
Aktenzeichen: 3 Wx 51/01
Rechtsgebiete: WEG, BGB


Vorschriften:

WEG § 15
WEG § 16
WEG § 23 Abs. 1
BGB § 242
1. Ein die Teilungserklärung abändernder Mehrheitsbeschluss über die Verteilung der Bewirtschaftungskosten ist wegen fehlender Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer nichtig (im Anschluss an BGH v. 20.09.2000, NJW 2000, 3500 ff = ZMR 2000, 771 ff). Eine auf einem nichtigen Abänderungsbeschluss beruhende Einzelabrechnung ist "anfechtbar".

2. Ein Teileigentümer kann eine Abänderung des in der Teilungserklärung festgelegten Kostenverteilungsschlüssels nicht verlangen, auch wenn sein Teileigentum nicht zu Wohnzwecken genutzt werden darf, bei der Festsetzung der Bewirtschaftungskosten aber wie Wohnungseigentum berücksichtigt wird.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

3 Wx 51/01 25 T 843/00 LG Düsseldorf 291 II 308/99 WEG AG Düsseldorf

In dem Wohnungseigentumsverfahren

betreffend die Wohnungseigentumsanlage ... in Düsseldorf,

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss der 25. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 11. Januar 2001 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. Gottschalg, des Richters am Oberlandesgericht Dr. Schütz und der Richterin am Oberlandesgericht Schaefer-Lang am 16. März 2001

beschlossen:

Tenor:

Die angefochtene Entscheidung wird teilweise dahin abgeändert, dass die Beschlüsse der Wohnungseigentümer vom 5.10.1999 zu TOP 2 und 3 für ungültig erklärt werden.

Das weitergehende Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

Die gerichtlichen Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligte zu 1 zu 1/3, die Beteiligten zu 2 zu 2/3.

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

Wert des Beschwerdegegenstandes: 18.000,00 DM.

Gründe:

I.

Die Beteiligten zu 1 und 2 sind die Wohnungseigentümer, der Beteiligte zu 3 der Verwalter der im Rubrum näher bezeichneten Wohnungseigentümergemeinschaft. Der Beteiligten zu 1 steht ein 170,5/1000 Miteigentumsanteil verbunden mit dem Sondereigentum an den im Aufteilungsplan mit Nummer 10 bezeichneten Kellerräumen mit insgesamt 90,05 qm zu. Diese hat sie im Jahr 1996 erworben.

Gemäß Ziffer 15.1 und 15.3 der Teilungserklärung tragen die Sondereigentümer die Kosten der Bewirtschaftung des Objekts im Verhältnis nach der Größe ihrer Miteigentumsanteile. Ziffer 15.4 der Teilungserklärung sieht vor, dass die Bewirtschaftungskosten für die Heizung mit 50% der Gesamtkosten entsprechend den in Ziffer 3 ausgewiesenen Flächen der Sondereigentumseinheiten und die restlichen 50% der Gesamtkosten nach dem tatsächlichen Verbrauch umgelegt werden.

In einer Wohnungseigentümerversammlung vom 17.1.1979 hatten die damaligen anwesenden Wohnungseigentümer einstimmig beschlossen, die Garageneigentümer von der Verpflichtung zur Zahlung der Bewirtschaftungskosten zu befreien; diese sollten künftig lediglich alle anfallenden Reparaturen selbst tragen. Dies führte dazu, dass in den Folgejahren die jeweiligen Jahresabrechnungen nach einem Verteilerschlüssel von 985,8 erstellt wurden.

Am 25.8.1982 beschlossen die Wohnungseigentümer, die Heizungskosten zu 60% nach dem tatsächlichen Verbrauch und zu 40% nach den in Ziffer 15 der Teilungserklärung bestimmten Flächen der Sondereigentumseinheiten umzulegen.

Entsprechend den vorgenannten Beschlüssen sind auch die Jahresabrechnung für das Jahr 1998/99 und der Wirtschaftsplan für das Jahr 1999/2000 erstellt worden, die von den Wohnungseigentümern in einer Versammlung vom 5.10.1999 zu TOP 2 und 3 genehmigt worden sind. Die Beteiligte zu 1 hat diese Beschlüsse sowie den ablehnenden Beschluss zu TOP 5 im vorliegenden Verfahren angefochten und darüber hinaus beantragt, die Beteiligten zu 2 zu verpflichten, der von ihr beantragten Änderung des Kostenverteilungsschlüssels zuzustimmen. Dazu hat sie ausgeführt, sie könne ihr Sondereigentum nur als Keller- oder Abstellraum nutzen; üblicherweise würden Kellerräume nicht mit Kosten belastet, sie sei aber bereit, 10% der üblicherweise, anfallenden Kosten zu tragen.

Das Amtsgericht hat die Anträge der Beteiligten zu 1 zurückgewiesen. Ihre hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde ist beim Landgericht ohne Erfolg geblieben. Gegen den Beschluss des Landgerichts wendet sich die Beteiligte zu 1 mit ihrer sofortigen weiteren Beschwerde, mit der sie ihr ursprüngliches Begehren weiterverfolgt. Die Beteiligten zu 2 sind dem Rechtsmittel entgegengetreten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die gemäß §§ 45 Abs. 1 WEG, 22 Abs. 1, 27, 29 FGG zulässige sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 hat Erfolg, soweit die Beteiligte zu 1 beantragt, die Beschlüsse der Wohnungseigentümer zu TOP 2 und 3 für ungültig zu erklären. Im übrigen ist sie nicht begründet, denn insoweit beruht die landgerichtliche Entscheidung nicht auf einer Verletzung gesetzlicher Vorschriften.

1. Das Landgericht hat ausgeführt, die Beteiligte zu 1 habe keinen Anspruch auf eine Änderung des Kostenverteilungsschlüssels, da sie bereits beim Erwerb ihres Sondereigentums aus dem Aufteilungsplan und der Teilungserklärung habe ersehen können, dass ihr Sondereigentum aus drei Kellerräumen bestehe, die nach ihrer Bezeichnung nicht zu Wohnzwecken geeignet seien; aus der Teilungserklärung habe sie weiterhin entnehmen können, dass eine Befreiung von der Kostentragungspflicht für ihr Sondereigentum nicht vorgesehen sei. Die Beschlüsse zur Genehmigung der Jahresabrechnung 1998/99 und des Wirtschaftsplans 1999/2000 seien wirksam, obwohl sie nicht nach dem in der Teilungserklärung bestimmten Verteilerschlüssel erstellt seien. Die Wohnungseigentümer hätten nämlich den Kostenverteilungsschlüssel für die allgemeinen Bewirtschaftungskosten am 17.1.1979 und die Verteilung der Heizkosten durch Beschluss vom 25.8.1982 geändert. Selbst wenn die Abänderungsbeschlüsse wegen fehlender Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer nichtig gewesen sein sollten, könne sich die Beteiligte zu 1 nach den Grundsätzen von Treu und Glauben hierauf nicht berufen, da durch jahrelange Übung ein Vertrauenstatbestand zugunsten der übrigen Wohnungseigentümer geschaffen worden sei.

2. Diese Erwägungen des Landgerichts halten der dem Senat obliegenden rechtlichen Nachprüfung nur zum Teil stand.

2.1. Die Jahresabrechnung für die Abrechnungsperiode 1998/99 sowie der Wirtschaftsplan für das Jahr 1999/2000 sind nicht nach dem in der Teilungserklärung bestimmten Kostenverteilungsschlüssel erstellt worden und daher unrichtig. Ziffer 15 der Teilungserklärung bestimmt, dass die Kosten für die Bewirtschaftung nach der Größe der Miteigentumsanteile umgelegt werden. Da die Wohnungseigentumsanlage über 1000 Miteigentumsanteile verfügt, müssen auch die Bewirtschaftungskosten für das Abrechnungsjahr auf 1000 Anteile verteilt sein. Der Beschluss der Wohnungseigentümer vom 17.1.1979 über eine Änderung des Kostenverteilungsschlüssels dahingehend, dass die Eigentümer der beiden Garagen von der Kostentragungspflicht ausgenommen werden, widerspricht den Bestimmungen der Teilungserklärung. Zwar ist dieser Beschluss seinerzeit nicht angefochten worden. Wie der Bundesgerichtshof bereits in seiner Entscheidung vom 13.7.1995 ausgeführt hat, handelt es sich bei der Änderung des Kostenverteilungsschlüssels nicht um eine Gebrauchsregelung im Sinne des § 15 Abs. 2 WEG, sondern um die Änderung der Gemeinschaftsordnung, welche nur durch eine Vereinbarung aller Wohnungseigentümer erfolgen kann ( vgl. BGH NJW 1995, 2791, 2793 ). Während die frühere Rechtsprechung einen nicht angefochtenen und damit bestandskräftigen (Mehrheits-)Beschluss auch dann für wirksam hielt, wenn er - wie hier - nur als (allstimmige) Vereinbarung hätte getroffen werden können ( vgl. z.B. Senat NZM 1999, 378), spricht die neuere höchstrichterliche Rechtsprechung der Wohnungseigentümergemeinschaft von vorneherein die erforderliche Beschlusskompetenz für solche Angelegenheiten ab, die die Gemeinschaftsgrundordnung betreffen ( vgl. BGH, Beschl. v. 20.09.2000, NJW, 2000, 3500 ff.). Danach bedarf insbesondere die Änderung des gesetzlichen ( § 16 Abs. 2 WEG ) oder des vereinbarten Kostenverteilungsschlüssels einer Vereinbarung. Dies hat zur Folge, dass ein entsprechender Beschluss nicht nur anfechtbar, sondern nichtig ist ( vgl. BGH NJW 2000, 3500 f. ). Der hier streitige Beschluss aus 1979 über die Änderung des Kostenverteilungsschlüssels entfaltet deshalb keinerlei rechtliche Wirkungen, vielmehr gelten ausschließlich die in der Teilungserklärung getroffenen Bestimmungen.

Die Beteiligte zu 1 kann sich auch auf die Nichtigkeit des Beschlusses berufen. Ein Vertrauenstatbestand zugunsten der übrigen Wohnungseigentümer ist entgegen der Ansicht des Landgerichts lediglich für die bereits beschlossenen und wegen mangelnder Anfechtung bestandskräftigen Beschlüsse über die in der Vergangenheit liegenden Jahresabrechnungen geschaffen worden. Hinsichtlich der für das Abrechnungsjahr 1998/99 beschlossenen Jahresabrechnung greift ein Vertrauenstatbestand indes nicht ein, weil diese Abrechnung im vorliegenden Verfahren angefochten worden ist, rechtlich schützenswerte Positionen deshalb noch nicht entstanden sind.

2.2. Die Jahresabrechnung und der Wirtschaftsplan sind darüber hinaus auch wegen der nicht entsprechend den Bestimmungen der Teilungserklärung verteilten Heizungskosten unrichtig. Ziffer 15.4 der Teilungserklärung sieht eine Verteilung der Heizungskosten im Verhältnis von 50% nach dem tatsächlichen Verbrauch und 50% nach den ausgewiesenen Flächen vor. Der diese Verteilung abändernde Beschluss der Wohnungseigentümer vom 25.8.1982 ist aus den vorgenannten Gründen nichtig. Dabei kann offen bleiben, ob etwas anderes gelten würde, wenn die Teilungserklärung nicht den Bestimmungen der Heizkostenverordnung vom 20.1.1989 entsprechen würde. Danach müssen die Heizkosten mindestens zu 50% nach dem tatsächlichen Verbrauch abgerechnet werden ( vgl. Niedenführ/Schulze, WEG, 5. Aufl., Anm. 25 zur HeizkostenV ). Diese Vorgabe hält indes die hier in Rede stehende Teilungserklärung ein. Dann aber kommt eine Änderung durch (bloßen ) Mehrheitsbeschluss nicht in Betracht ( vgl. wie vor Anm. 26 ).

Die Beschlüsse der Wohnungseigentümer vom 5.10.1999 zu TOP 2 und 3 waren daher für ungültig zu erklären.

3. Ohne Erfolg bleibt das Rechtsmittel der Beteiligten zu 1, soweit sie die Änderung des in der Teilungserklärung bestimmten Kostenverteilungsschlüssels zu ihren Gunsten begehrt. Zu Recht hat die Kammer darauf hingewiesen, dass die Beteiligte zu 1 beim Erwerb ihres Miteigentums aus der Teilungserklärung und dem Aufteilungsplan ersehen konnte, dass es sich bei den von ihr erworbenen Räumlichkeiten um Teileigentum handelt, das nicht zu Wohnzwecken bestimmt ist ( Ziffer 1.12 in Verbindung mit Ziffer 3.1 und 3.10 der Teilungserklärung ). Sie konnte weiterhin aus der Teilungserklärung entnehmen, dass eine geringere Beteiligung an den Bewirtschaftungskosten nicht vorgesehen ist. Eine nachträgliche Veränderung der Verhältnisse, die wegen außergewöhnlicher Umstände ein Festhalten an der geltenden Regelung als grob unbillig und damit gegen Treu und Glauben verstoßend erscheinen lassen, liegt damit nicht vor. Im übrigen wurden im Zeitpunkt des Erwerbs die Räume auch nicht mehr zu Wohnzwecken genutzt; vielmehr war dies nach dem eigenen Vorbringen der Beteiligten zu 1 in ihrer Antragsschrift vom 22.10.1999 bereits seit dem Jahr 1993 durch das Ordnungsamt der Stadt Düsseldorf untersagt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Es entspricht der Billigkeit, dass die Beteiligten entsprechend dem Ausgang des Verfahrens die Gerichtskosten anteilig tragen. Von dem Grundsatz, dass im Wohnungseigentumsverfahren alle Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen, abzuweichen, bestand keine Veranlassung.

Ende der Entscheidung

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