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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 21.09.1999
Aktenzeichen: 4 U 154/98
Rechtsgebiete: AKB


Vorschriften:

AKB § 12 Abs. 1 Nr. I b
AKB § 13 Abs. 5
Leitsatz

§§ 12 Abs. 1 Nr. I b, 13 Abs. 5 AKB

Ein behaupteter Einbruchdiebstahl aus einem in geringer Stückzahl hergestellten Typ eines Wohnwagens, wobei nahezu alle Holztüren der Inneneinrichtung einschließlich Kühlschranktür nebst Holzblende und Waschraumtür, Schubladen, Polster, Gardinen und Vorhänge ohne Beschädigungen ausgebaut und gestohlen worden sein sollen, ist mit erheblicher Wahrscheinlichkeit vorgetäuscht.

Urteil des 4. Zivilsenats des OLG Düsseldorf vom 21. September 1999 - (4 U 154/98) - rechtskräftig


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

4 U 154/98 7 O 52/98 LG Wuppertal

Verkündet am: 21. September 1999

T., Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 10. August 1999 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. S, des Richters am Oberlandesgericht Dr. W und des Richters am Landgericht O für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 25. Juni 1998 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal wie folgt abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet und führt zur Abweisung der Klage.

Die Klägerin steht der mit der Klage geltend gemachte Anspruch aus §§ 1 Abs. 1 S. 1, 49 VVG in Verbindung mit §§ 12 Abs. I Nr. 1 b), 13 Abs. V AKB nicht zu. Sie kann von der Beklagten aus der bei dieser unterhaltenen Fahrzeugteilversicherung für den Schaden, der ihr durch den behaupteten Einbruchsdiebstahl in ihren Wohnwagen in der Zeit 7. bis zum 8. September 1997 angeblich entstanden ist, keine Entschädigung beanspruchen. Ihr Begehren scheitert daran, daß sie den erforderlichen Vollbeweis für den behaupteten Einbruchsdiebstahl nicht zu führen vermag

I.

1. Für die Entscheidung kann offen bleiben, ob es der Klägerin möglich ist, durch das Zeugnis ihres Ehemanns das äußere Bild des behaupteten Einbruchdiebstahls zu beweisen.

Zwar sind an die Beweisführung des redlichen Versicherungsnehmers in einem Diebstahlsfall keine allzu strengen Anforderungen zu stellen. Er genügt seiner Beweislast regelmäßig schon dadurch, daß er einen Sachverhalt behauptet und erforderlichenfalls beweist, der nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf die Entwendung der versicherten Sache in einer den Versicherungsbedingungen entsprechenden Weise schließen läßt. Dazu genügt die Feststellung von Beweisanzeichen (Indizien), denen hinreichend deutlich das äußere Bild eines Diebstahls entnommen werden kann (vgl. Römer in Römer/Langheid, VVG, § 49, Rn. 13 ff. m.w.Nw.) und die nach der Lebenserfahrung den Schluß auf das Vorliegen eines Diebstahles hinreichend sicher zulassen (vgl. BGH, NJW 1993, 2678; 1995, 2169; OLG Hamm, r+s 1988, 161, 162; 1988, 351). Dies gilt aber nur im Regelfall, wenn nicht aufgrund konkreter Tatsachen, die entweder unstreitig oder bewiesen sind, mit erheblicher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, der Versicherungsnehmer habe den Diebstahl nur vorgetäuscht (vgl. BGH, VersR 1992, 666 = NJW-RR 1992 = r+s 1992, 240 und Römer in Römer/Langheid, VVG, § 49, Rn. 17). So liegen die Dinge aber hier zum Nachteil der Klägerin, die deshalb den Vollbeweis für die behauptete Fahrzeugentwendung führen müßte.

2. a) Für die erhebliche Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung des behaupteten Einbruchdiebstahls spricht vor allem die Art des angeblichen Diebesguts.

Abgesehen von dem als gestohlen gemeldeten Fernseher, dem Satellitenreceiver und 3 Teppichen, deren - von der Kaskoversicherung ohnehin nicht gedeckter - Gesamtwert nur einen geringen Teil des Schadens ausmacht, behauptet die Klägerin, nahezu die gesamte Inneneinrichtung des Wohnwagens sei gestohlen worden. Dies schließt - ausweislich des Schadensgutachtens des Sachverständigen B vom 12. September 1997 - insbesondere die Polsterung der Hecksitzgruppe, Gardinen und Vorhänge, die Waschraumtüren, fast alle Schranktüren, Schubladen sowie die Kühlschranktür nebst Blende ein.

Daß ein Dieb derartiges Inventar entwendet, erscheint ausgeschlossen, weil es eine nennenswerte Nachfrage nach gebrauchten Inneneinrichtungsteilen von Wohnwagen nicht gibt (vgl. OLG Hamm, r+s 1988, 161, 162; 356, 357; OLG Zweibrücken, r+s 1990, 332, 333; Karlsruhe, r+s 1994, 328, 329; OLG Nürnberg, Urteil vom 30. April 1998 = 8 U 4342/97 <GA 112>).

Diese Einschätzung wird durch die von der Klägerin aufgezeigten theoretischen Verwendungsmöglichkeiten für das Diebesgut nicht widerlegt, sondern gestützt. Es mag zwar sein, daß gestohlene Teile bei der Reparatur beschädigter Wohnwagen Verwendung finden könnten oder daß ein Erwerber im Einzelfall einen unvollständig eingerichteten Wohnwagen erwirbt, um ihn mit derartigen Teilen selbst auszubauen. Es ist auch nicht ausgeschlossen, daß derartige Teile für den Ausbau eines Hausboots Verwendung finden können. Diese Beispiele verdeutlichen aber, daß der Kreis potentieller Abnehmer derartigen Diebesguts nur sehr klein ist. Denn ein entsprechender Interessent müßte über einen solchen Innenausbau verfügen oder ihn so vornehmen, daß die angeblich gestohlenen Teile paßgenau eingefügt werden können. Darüber hinaus werden nur wenige aus dem ohnehin kleinen Kreis der in Betracht kommenden Abnehmer bereit sein, für ihre Zwecke gestohlene Teile zu erwerben. Die danach nur sehr geringe Aussicht, die gestohlenen Teile weiterveräußern zu können, läßt es ausgeschlossen erscheinen, daß ein Dieb den erheblichen Arbeits- und Zeitaufwand auf sich genommen hat, um die Einrichtungsgegenstände - wie geschehen - sauber und ohne Beschädigung der zurückbleibenden Inneneinrichtung auszubauen.

Auch die immerhin denkbare Möglichkeit, der Dieb könnte die Entwendung im Auftrag eines Dritten ausgeführt haben, kommt nicht ernsthaft in Betracht. Sie würde voraussetzen, daß ein Interessent für Einrichtungsteile mit den entsprechenden Maßen überhaupt die Gelegenheit hätte, Kontakt zu einer Person aufzunehmen, die zur Ausführung einer solchen Tat bereit und in der Lage wäre. Darüber hinaus wäre ein solches Vorhaben angesichts des für die Suche geeigneten Diebesguts und die Planung Und Ausführung der Tat zu veranschlagenden Zeitaufwandes nicht lohnend.

Noch unwahrscheinlicher erscheint es, daß ein Dieb zufällig auf die Inneneinrichtung des nur in geringer Stückzahl hergestellten Wohnwagens der Klägerin aufmerksam wurde, weil gerade diese Einrichtung für seine Zwecke geeignet war, und sie dann entweder selbst entwendete oder entwenden ließ.

Nach alledem ist die Annahme der erheblichen Wahrscheinlichkeit einer Vortäuschung des behaupteten Einbruchdiebstahls gerechtfertigt. Sie wird dadurch gestützt, daß der Dieb sich z. B. der Mühe unterzogen hat, nicht nur die Blende der Kühlschranktür, sondern auch die Tür selbst auszubauen, die für jemanden, der nicht zufällig das gleiche Kühlschrankmodell besitzt, völlig nutzlos ist. Eine solche Häufung von Zufällen ist äußerst unwahrscheinlich.

Auch der sorgfältige Ausbau der gestohlenen Teile ohne Beschädigung der zurückbleibenden Einrichtung spricht gegen den behaupteten Einbruchdiebstahl. Der sorgfältige und schonende Ausbau der Inneneinrichtung erforderte einen erheblichen Arbeits- und Zeitaufwand und hätte das Entdeckungsrisiko für einen Dieb erheblich vergrößert (vgl. OLG Zweibrücken, r+s 1990, 332, 333; Karlsruhe, r+s 1994, 328, 329; OLG Nürnberg a.a.O.). Daß ein Dieb dies in Kauf genommen hätte, um den Wohnwagen nicht mehr als unbedingt notwendig zu beschädigen ist kaum vorstellbar.

Schließlich ist es auffällig, daß die Klägerin ihren Wohnwagen knapp 2 Jahre nach der Tat immer noch in unrepariertem Zustand nutzt. Da sie selbst angibt, in guten finanziellen Verhältnissen zu leben, hätte ihr die Reparatur auch ohne die Versicherungsleistung der Beklagten finanziell möglich sein müssen. Ihr nahezu zweijähriges Zuwarten läßt es deshalb naheliegend erscheinen, daß die Reparatur des Wohnwagens mit den angeblich gestohlenen Gegenständen ausgeführt werden sollte, nachdem die Beklagte die Versicherungsleistung erbracht hatte.

b) Darüber hinaus kann der behauptete Versicherungsfall auch nicht isoliert gesehen werden (vgl. OLG Hamm, r+s 1988, 161, 162; 356, 357). Jedenfalls kann nicht außer Betracht bleiben, daß, wie sich aus den zahlreichen hierzu ergangenen Urteilen (vgl. OLG Karlsruhe, r+s 1994, 328, 329 m.w.Nw.) ergibt, eine auffällige Häufung behaupteter gleichgelagerter Entwendungen bei sorgfältigem Ausbau sämtlicher Türen und Klappen der Inneneinrichtung von Wohnwagen vorliegt, obwohl es für derartiges Diebesgut keinen Markt gibt (vgl. OLG Hamm, r+s 1988, 161, 162; 356, 357). Auch dies spricht für die erhebliche Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung des behaupteten Einbruchdiebstahls.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Begründeter Anlaß zur Zulassung der Revision (§ 546 Abs. 1 Satz 2 ZPO) besteht nicht.

Berufungsstreitwert und Beschwer der Klägerin: 24.700 DM.



Ende der Entscheidung

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