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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 12.11.2001
Aktenzeichen: 4 W 50/01
Rechtsgebiete: GVG, SGG, SGB V, BGB, StGB
Vorschriften:
GVG § 13 | |
GVG § 17 a | |
SGG § 57 | |
SGB V §§ 31 ff. | |
BGB § 823 Abs. 2 | |
StGB § 263 |
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS
In Sachen
pp.
hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. S, des Richters am Oberlandesgericht Dr. W und der Richterin am Landgericht F am 12. November 2001
beschlossen:
Tenor:
Die sofortigen Beschwerden der Klägerin und des Beklagten gegen den Beschluss des Landgerichts Wuppertal vom 26. September 2001 werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Gründe:
Die sofortigen Beschwerden der Parteien sind gemäß § 17 a Abs. 4 Satz 3 GVG i.V.m. § 577 ZPO zulässig, bleiben jedoch in der Sache ohne Erfolg.
Im Ergebnis zutreffend hat das Landgericht den beschrittenen ordentlichen Rechtsweg zu den Zivilgerichten für unzulässig erachtet und den Rechtsstreit an das für den Rechtsweg vor den Sozialgerichten zuständige Sozialgericht Düsseldorf verwiesen (§§ 13, 17 a GVG, 57 Abs. 1, Satz 2 SGG).
Die Klägerin, eine gesetzliche Krankenversicherung, wirft dem Beklagten, der Direktor einer Hautklinik ist, vor, sie durch falsche Angaben über die Umstände einer beta-Interferon-Therapie zu einer Kostenübernahmeerklärung zugunsten ihres Versicherten für das Medikament Fiblaferon veranlaßt zu haben.
Bei der Schadenersatzklage der Klägerin gegen den Beklagten, gestützt auf § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB, handelt es sich - ungeachtet der dem Zivilrecht zuzuordnenden Anspruchsgrundlage - um eine sozialgerichtliche Streitigkeit nach § 51 SGG.
1.
Zwar ist den Beschwerden zuzugeben, dass sich der Rechtsweg zu den Sozialgerichten nicht - wie vom Landgericht angenommen - aus § 51 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGG ergibt, weil durch die Kostenübernahmeerklärung der Klägerin zwischen den Parteien keine Rechtsbeziehungen nach dem Sozialgesetzbuch V zwischen einer Krankenkasse und einem Arzt begründet wurden. Denn § 51 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGG erfasst die Streitigkeiten nach §§ 72 ff SGB V, also zwischen Krankenkassen und den Ärzten, die über eine kassenärztliche Zulassung verfügen (Meyer-Ladewig, 6. Aufl., § 51 SGG, Rdnr. 27). Da der Beklagte als Direktor der Hautklinik der Kliniken der Stadt W unstreitig nicht zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt ist, liegt keine Streitigkeit nach § 51 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGG vor.
2.
Auch dürfte der Rechtsweg zu den Sozialgerichten hier nicht gemäß § 51 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGG eröffnet sein, weil die Klägerin durch ihre Kostenübernahmeerklärung zugunsten ihres Versicherten keinen Vertrag mit dem Beklagten geschlossen hat und der Beklagte durch diese Kostenzusage in seinen Rechten auch nicht "betroffen" ist.
3.
Das Fehlen einer ausdrücklichen Rechtswegzuweisung zu den Sozialgerichten schließt indes das Vorliegen einer sozialgerichtlichen Streitigkeit nicht aus.
Ob eine Streitigkeit öffentlichrechtlich oder bürgerlichrechtlich ist, richtet sich, wenn - wie hier - eine ausdrückliche Rechtswegzuweisung des Gesetzgebers fehlt, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird. Dieser Grundsatz bestimmt die Auslegung sowohl von § 13 GVG als auch von § 51 SGG. Ausgangspunkt für die Prüfung muß daher die Frage sein, welcher Art das Klagebehren nach dem zugrunde liegenden Sachverhalt ist. Die bürgerlich-rechtliche Natur eines Klageanspruches kann sich demgemäß nicht schon daraus ergeben, daß das prozessuale Begehren - wie hier - auf die zivilrechtliche Anspruchsgrundlage des § 823 BGB gestützt wird. Vielmehr ist darauf abzustellen, ob der zur Klagebegründung vorgetragene Sachverhalt für die aus ihm hergeleitete Rechtsfolge von Rechtssätzen des Zivil- oder des Sozialversicherungsrechts geprägt wird (vgl. BGH NJW 1988, 1731; NJW 1997, 1636; Zöller-Gummer, 22. Aufl., § 13 GVG, Rdn. 21).
Gemessen hieran hat das Landgericht zutreffend den Sozialrechtsweg für eröffnet gehalten.
Die Klägerin wirft dem Beklagten vor, sie durch Täuschung über die Hintergründe der Fiblaferon-Therapie zur Kostenübernahme veranlasst zu haben, zu der sie tatsächlich nach den §§ 31 ff SGB V nicht verpflichtet gewesen wäre. Bei der Prüfung der Frage, ob dem Beklagten eine unerlaubte Handlung zur Last fällt, kommt es daher - wie schon der umfangreichen Klageerwiderung des Beklagten zu entnehmen ist - im Kern darauf an, ob die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten für das Medikament Fiblaferon im Rahmen der vorgesehenen Therapie zu erstatten haben. Dies bestimmt sich maßgeblich nach den §§ 31 ff SGB V und der dazu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, während Fragen des Deliktsrechts bei der Entscheidung des Rechtsstreits nur eine untergeordnete Rolle spielen. Der Schwerpunkt des Streits liegt daher im Sozialversicherungsrecht, so dass es gerechtfertigt ist, ihn vor den Sozialgerichten auszutragen, die durch ihre Sachkunde und Sachnähe zur Entscheidung über den Klageanspruch besonders geeignet sind (vgl. BGH NJW 1988, 1731, 1732).
4.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Da beide Parteien mit ihren Beschwerden gegen den Beschluss des Landgerichts unterlegen sind, ist es sachgerecht, die Kosten des Beschwerdeverfahrens gegeneinander aufzuheben.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der weiteren Beschwerde sind nicht erfüllt. Weder ist die hier zu entscheidende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, noch weicht der Senat mit der vorliegenden Entscheidung von einer Entscheidung eines obersten Gerichtshofes des Bundes oder des Gemeinsamen Senates der obersten Gerichtshöfe des Bundes ab (§ 17 a Abs. 4 Satz 5 GVG).
Streitwert für das Beschwerdeverfahren: 40.225,42 DM (= 1/4 des Hauptsachewertes, vgl. BGH NJW 1997, 1636, 1637).
Ende der Entscheidung
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