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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 10.03.2008
Aktenzeichen: I-1 U 198/07
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, RVG


Vorschriften:

BGB § 254 Abs. 2
BGB § 286 Abs. 1
BGB § 288 Abs. 1
ZPO § 287
RVG § 14 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 19.07.2007 verkündete Urteil des Einzelrichters der 1. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.432 € sowie ein Schmerzensgeld in Höhe von 100 € jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.09.2006 und weitere 10 € zu zahlen

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen die Beklagte zu 63 % und der Kläger zu 37 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagte zu 2/3 und der Kläger zu 1/3.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Der Kläger ist Eigentümer einer Harley Davidson Electra-Glide FLHTI. Dieses Motorrad wurde am 18.03.2006 durch einen Verkehrsunfall beschädigt. Unfallgegner war die Ehefrau des Klägers. Die Beklagte ist die Haftpflichtversicherung des unfallverursachenden Fahrzeugs. Die volle Haftung der Beklagten für die unfallursächlichen Schäden ist zwischen den Parteien unstreitig. Das Motorrad des Klägers befand sich in dem Zeitraum vom 18.03.2006 bis zum 03.06.2006 zur Reparatur in einer Fachwerkstatt. Der Kläger begehrt für diesen Zeitraum (78 Tage) Nutzungsausfallentschädigung zu einem Tagessatz von 66 €, insgesamt also 5.148 €. Ihm stand für den Reparaturzeitraum ein weiterers Fahrzeug (PKW) zur Verfügung. Seine Ehefrau verfügt ebenfalls über einen privaten PKW und ein weiteres Motorrad. Das ganzjährig angemeldete Motorrad nutzt der Kläger nicht nur für reine Freizeitfahrten, sondern - je nach Witterungslage - auch als alltägliches Transportmittel für Fahrten zum Arbeitsplatz etc. Neben dem Nutzungsausfall verlangt er vorgerichtliche Anwaltskosten, die er unter Zugrundelegung einer 1,8 Geschäftsgebühr berechnet. Unstreitig sind auf Anwaltskosten bereits 883,46 € von der Beklagten vorprozessual gezahlt worden.

Der Kläger hat behauptet, die Reparatur habe sich durch ein fehlendes Ersatzteil verzögert. Er hat in erster Instanz zudem einen in der Berufungsinstanz nicht mehr streitgegenständlichen Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgelds und 10 € Eigenanteil an Heilbehandlungskosten geltend gemacht.

Er hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.148 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 16.09.2006 zu zahlen.

2. die Beklagte darüber hinaus zu verurteilen, an ihn ein Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch 500 € nicht unterschreiten sollte, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über des Basiszinssatz seit dem 19.03.2006 sowie 10 € Eigenanteil für die Krankenkasse zu zahlen.

3. die Beklagte darüber hinaus zu verurteilen, an ihn auf die Verfahrensgebühr nicht anrechenbare Anwaltskosten in Höhe von 691,01 € zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat - soweit in der Berufungsinstanz noch von Interesse - die Auffassung vertreten, ein Nutzungsausfallanspruch käme nicht in Betracht, weil der Kläger gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen habe. Der Kläger habe nämlich, was unstreitig ist, auf den PKW zurückgreifen können. Seinen Nutzungsbedarf, der nach Auffassung der Beklagten allein in der Fortbewegung mit einem Kraftfahrzeug liege, sei dadurch gedeckt. Soweit das Fahrzeug zu Vergnügungszwecken gefahren werde, läge ein immaterieller Schaden vor. Im Übrigen läge kein täglicher Nutzungswille vor. Auch habe der Kläger nicht hinreichend für eine rasche und zügige Reparaturdurchführung Sorge getragen. Es hätte eine Notreparatur durchgeführt oder ein Interimsfahrzeug beschafft werden müssen. Der Tagessatz für das streitgegenständliche Motorrad sei höchstens mit 46 € zu bemessen. Zuletzt hat sie die Auffassung vertreten, hinsichtlich der Anwaltskosten sei nur ein Gebührenfaktor von 1,3 zu berücksichtigen.

Das Landgericht hat dem Kläger mit der angefochtenen Entscheidung 100 € Schmerzensgeld und 10 € Eigenanteil zugesprochen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es - soweit noch von Interesse - im Wesentlichen folgendes ausgeführt:

Es läge keine fühlbare vermögenserhebliche Entbehrung vor, weil der Kläger auf seinen PKW zurückgreifen konnte. Sinn und Zweck des Nutzungsausfallschadenersatzanspruchs sei es, den Geschädigten für die Einschränkung seiner Bewegungsfreiheit zu entschädigen. Eine solche Einschränkung habe hier aber wegen des dem Kläger zur Verfügung stehenden PKW nicht vorgelegen. Dem Kläger sei allenfalls der "Fahrspaß" mit dem Motorrad entgangen, was aber keine fühlbare vermögensrechtliche Entbehrung darstelle. Hinsichtlich der Anwaltskosten ist das Landgericht unter Zugrundelegung einer entsprechend gekürzten Forderung und einem Gebührensatz von 1,3 davon ausgegangen, dass die Beklagte den Anspruch durch die vorprozessuale Zahlung bereits erfüllt habe.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger seinen Nutzungsausfallanspruch und teilweise die Anwaltskosten weiter. Er meint, das Fahrzeug habe insbesondere dem Fahrvergnügen gedient. Diesem Fahrvergnügen habe der Kläger nicht nachkommen können. Die Nutzung eines PKW sei damit nicht vergleichbar.

Er beantragt,

1. die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Urteils des Landgerichts Duisburg vom 19.07.2007 zu verurteilen, an den Kläger 5.148 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.09.2006 zu zahlen.

2. die Beklagte darüber hinaus zu verurteilen, an den Kläger nicht anrechenbare Anwaltskosten in Höhe von 324,45 € zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und vertritt weiter die Auffassung, vorliegend sei dem Kläger nur der Fahrspaß entgangen, was einen nicht ersatzfähigen immateriellen Schaden darstelle.

Zum weiteren Sach- und Streitstand wird auf das schriftsätzliche Vorbringen der Parteien verwiesen.

II.

Die Berufung ist zulässig, und teilweise begründet. Dem Kläger steht grundsätzlich ein Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung zu (§ 251 BGB). Die unstreitige Tatsache, dass dem Kläger während des Ausfallzeitraums ein PKW zur Verfügung stand, steht dem nicht entgegen. Entgegen der Auffassung des Landgerichts fehlte es dem Kläger nicht an einer "fühlbaren" vermögensrechtlichen Entbehrung. Lediglich hinsichtlich des Zeitraums muss sich der Kläger einen Abschlag von seinem Schadenersatzanspruch in Höhe von 1/3 gefallen lassen.

Im Einzelnen:

1. Nach ständiger Rechtsprechung kann im Falle der Beschädigung eines privat genutzten Kraftfahrzeugs der Geschädigte Nutzungsausfallentschädigung für den Verlust der Gebrauchsmöglichkeit verlangen, auch wenn er keine besonderen Aufwendungen zur Überbrückung der ausgefallenen Nutzungsmöglichkeiten, wie insbesondere Mietwagenkosten, getätigt hat (zuletzt BGH vom 18.12.2007, VI ZR 62/07, zit. nach Juris; grundlegend BGHZ 40, 345; 45, 212; 98, 212; zusammenfassend zum Meinungsstand Lange/Schiemann, Schadensersatz, § 6 VII 4.). Grund für die Bejahung eines ersatzfähigen vermögensrechtlichen Nachteils ist die Tatsache, dass der Geschädigte mit der Anschaffung des Kraftfahrzeugs vermögenswerte Aufwendungen getätigt und sich damit die Nutzungsmöglichkeit erkauft hat (BGH a.a.O.). Das Vermögen des Geschädigten beinhaltet nicht nur den reinen Sachwert des Kraftfahrzeugs, sondern auch die Möglichkeit zum ständigen Gebrauch und zur Nutzung desselben. Die Gebrauchsmöglichkeit eines Kraftfahrzeugs stellt deshalb gegenüber dem Substanzwert einen selbständigen Vermögenswert dar, deren Verlust schadenersatzrechtlich vom Schädiger auszugleichen ist. Eine abstrakte Nutzungsausfallentschädigung ist gleichwohl mangels einer "fühlbaren" vermögenserheblichen Entbehrung zu versagen, wenn der Geschädigte ein ihm zur Verfügung stehendes zweites Fahrzeug zur Verfügung hatte, dessen Nutzung ihm zumutbar war (Senat, VersR 2001, 208; BGH VersR 1976, 170). Ersetzt das Zweitfahrzeug den spezifischen Gebrauchsvorteil der beschädigten Sache, ist dem Geschädigten ein spürbarer Vermögensnachteil durch den Verlust nur der reinen Nutzungsmöglichkeit der beschädigten Sache nicht entstanden. Bei Einsatz eines ansonsten nicht benutzten Zweitfahrzeuges wird der Verlust der Nutzung an dem beschädigten Fahrzeug durch den nunmehr sinnvoll gewordenen Gebrauch des bisher brachliegenden Ersatzfahrzeugs ausgeglichen (BGH NJW 1976, 286). Greift der Geschädigte trotz Vorhandensein eines Ersatzfahrzeugs auf dieses nicht zurück, kann auch über den Gesichtspunkt des Mitverschuldens gemäß § 254 Abs.2 BGB ein Haftungsausschluss in Betracht kommen (BGH a.a.O.).

2. Die beschädigte Harley Davidson des Klägers unterfällt - insoweit zwischen den Parteien nicht streitig - den oben dargestellten Grundsätzen über die abstrakte Entschädigung entgangener Nutzungsvorteile. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH kommt Nutzungsausfallentschädigung nur bei Wirtschaftgütern in Betracht, auf deren ständige Verfügbarkeit die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung typischerweise ausgerichtet ist (BGZ 98, 212). Bei PKW steht außer Frage, dass die durch die Nutzung als Transportmittel gewonnene Mobilität von zentraler Bedeutung für die eigenwirtschaftliche Lebensführung ist. Dementsprechend kann auch einem Motorrad, welches diesen spezifischen Nutzungswert unzweifelhaft zumindest auch bietet, ein vermögensrechtlich relevanter Gebrauchsvorteil im Allgemeinen nicht abgesprochen werden (OLG Hamm MDR 1983, 932; Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, § 25 Rn.51; st.Rspr. des Senats). Für ein Motorrad der Marke Harley Davidson gilt in dieser Hinsicht nichts anderes. Sowie bei PKW nicht nach Marke und Typs unterschieden wird, müssen auch Motorräder im Ausgangspunkt gleich behandelt werden.

3. Der Gebrauchsvorteil des Fahrzeugs des Klägers ist ihm in dem Zeitraum der unfallbedingt vereitelten Nutzungsmöglichkeit entgangen. Dieser Verlust war hier, entgegen der Auffassung des Landgerichts und der Beklagten, für den Kläger auch fühlbar.

a) Es ist unstreitig, dass der Kläger im Zeitraum der Reparatur ohne die Beschädigung sein Fahrzeug zumindest zeitweise genutzt hätte. Nach seinem unwidersprochen gebliebenen Vortrag hätte er das Motorrad sowohl für Fahrten zur Arbeit als auch für reine Freizeitfahrten genutzt. Es handelte sich daher nicht um ein reines "Spaßfahrzeug", welches ausschließlich zur Gestaltung der Freizeit eingesetzt worden ist. Der Umstand, dass er nach eigenem Vorbringen voraussichtlich nicht täglich auf das Motorrad zurückgegriffen hätte, steht im Grundsatz einer Ersatzfähigkeit nicht entgegen. Auch beim unfallbedingten Ausfall eines PKW kommt es für die Frage des Nutzungswillens und der Nutzungsmöglichkeit nicht darauf an, ob der Geschädigte tatsächlich sein Fahrzeug jeden Tag genutzt hätte. Nur in den Fällen, in denen aufgrund besonderer Umstände in der Person des Geschädigten davon auszugehen ist, dass eine Nutzung per se ausgeschlossen ist, fehlt es an der erforderlichen Nutzungsmöglichkeit, so wenn der Geschädigte verletzungsbedingt ohnehin nicht in der Lage gewesen wäre, sein Fahrzeug zu führen.

b) Der Kläger kann in der vorliegenden Konstellation nicht auf die Nutzung seines Zweitfahrzeugs, eines nicht näher beschriebenen PKW, verwiesen werden. Voraussetzung für die Annahme, dass das Vorhandensein und die Zugriffsmöglichkeit auf ein Ersatzfahrzeug den durch den Entgang der Gebrauchsmöglichkeit des beschädigten Fahrzeugs entstandenen vermögenswerten Nachteil ausgleicht, ist, dass dem Zweitfahrzeug ein zumindest ähnlicher Nutzungswert zukommt. Nach Auffassung des Senats kann bei dem somit erforderlichen Vergleich der spezifischen Nutzungsvorteile des beschädigten Fahrzeugs und des Ersatzfahrzeugs nicht nur darauf abgestellt werden, dass beide jeweils bloße Grundbedürfnisse der Mobilität abdecken. Die Möglichkeit sich mittels eines Kraftfahrzeugs motorisiert von einem Ort zum anderen zu bewegen, ist zwar der Grund für die Annahme, dass es sich bei Kraftfahrzeugen um Wirtschaftsgüter von zentraler Bedeutung für die eigenwirtschaftliche Lebensführung handelt. Allein in dieser Funktion erschöpft sich aber nicht der spezifische Gebrauchsvorteil eines PKW oder - wie hier - eines Motorrads. Es bedarf keiner näheren Erläuterung, dass schon bei der Sachwertbemessung eines Kraftfahrzeugs Umstände relevant sind, die mit der grundlegenden Funktion der bloßen Verschaffung von Mobilität nichts zu tun haben. Vielmehr richtet sich der Wert eines Kraftfahrzeugs als Vermögensgegenstand an Merkmalen wie Marke, Typ, Ausstattungsmerkmale, Alter, Erhaltungszustand etc. Dementsprechend wird in ständiger Rechtssprechung auch bei der höhenmäßigen Bemessung einer Nutzungsausfallentschädigung unterschieden nach den verschiedenen Fahrzeugmarken und -typen. Ein Fahrzeug der Oberklasse bietet bereits nach ständiger Rechtspraxis einen vermögensmäßig höher bewerteten Gebrauchsvorteil, als ein Fahrzeug der Mittelklasse, obwohl die grundlegende Funktion der Mobilitätsgewährung jeweils gleichermaßen erfüllt wird. Dementsprechend gewährt die Rechtsprechung auch einen Geschädigten, der ein kleineres Ersatzfahrzeug anmietet, einen Anspruch auf abstrakte Nutzungsentschädigung anstelle der konkreten Mietwagenkosten (BGH NJW 1970, 1120). Der Nutzungsvorteil des größeren Fahrzeugs ist in dieser Konstellation entsprechend den obigen Ausführungen durch die Anmietung eines klassenkleineren Fahrzeugs nicht (auch nicht teilweise) ersetzbar.

Der hier zu beurteilende Gebrauchsvorteil der klägerischen Harley Davidson wird nun durch die Nutzung eines PKW nicht ersetzt. Die jeweiligen Nutzungswerte entsprechen sich nicht. Die beschädigte Harley Davidson Electra Glide ist ein Motorrad der Luxusklasse. Die Benutzung dieses besonderen Fahrzeugs befriedigt einerseits das Interesse des Klägers an Mobilität, bietet aber andererseits durch das im Vergleich zu einem PKW völlig anders geartete Fahrgefühl und die andersartige Art der Fortbewegung auch den spezifischen Gebrauchsvorteil, ein besonders hochwertiges, luxuriöses Motorrad zu fahren. Gerade diese besondere Art des Gebrauchs hat sich der Kläger erkauft. Dieser spezifische Gebrauchsvorteil ist daher als Äquivalent seiner vermögenswerten Aufwendungen für den Erhalt dieses Fahrzeugs unfallbedingt entfallen. Demgegenüber konnte er durch die Nutzung seines PKW nur einen Teil der Gebrauchsvorteile des Motorrads ausgleichen, nämlich nur die reine Funktion seines Fahrzeugs als Transportmittel. Der darüber hinausgehende Nutzungswert des beschädigten Motorrads ist daher "fühlbar" entgangen, so dass ein Ausschluss seines Nutzungsausfallentschädigungsanspruchs nicht gerechtfertigt ist.

c) Der Kläger erhält damit auch nicht eine Entschädigung für einen immateriellen Schaden. Insbesondere kann nach Auffassung des Senats der spezifische Gebrauchsvorteil der Harley Davidson nicht in einen "materiellen" und einen "immateriellen" Anteil aufgeteilt werden mit der Folge, dass der "materielle" Anteil durch das Zweitfahrzeug abgedeckt wäre und der "immaterielle" Anteil ersatzlos (§ 253 Abs.1 BGB) bliebe. Der Marktwert eines jeden Kraftfahrzeugs wird ohne Zweifel nicht nur durch die bloße "materielle" Funktion als Transportmittel bestimmt. Unterschiede des Fahrkomforts, der Ausstattung, der Sicherheitseinrichtungen, des Alters, der Laufleistung und nicht zuletzt der Marke und des Typs eines Fahrzeugs sind Faktoren, die zumindest auch einen immateriellen Gehalt haben, für die objektive Wertbemessung im Rechts- und Wirtschaftsverkehr aber entscheidend sind. Dementsprechend kommt auch dem Gebrauchsvorteil eines bestimmten Fahrzeugs ein spezifischer Wert zu, der naturgemäß auch von immateriellen Faktoren höhenmäßig bestimmt wird. Wäre nur auf die reine Gebrauchsmöglichkeit als Transportmittel abzustellen, müsste allen Kraftfahrzeugen unabhängig von Marke, Typ, Ausstattung etc. der identische Nutzungsvorteil zukommen. Eine solche Sichtweise verkennt aber die Lebenswirklichkeit, wonach gerade bei Kraftfahrzeugen und insbesondere auch bei Motorrädern der Luxusklasse - wie hier - auch immateriellen Faktoren eine wertbestimmende Funktion zukommt. Der Verlust des Gebrauchsvorteils eines Kraftfahrzeugs, mag er auch zum Teil der Höhe nach durch immaterielle Umstände bestimmt sein, stellt daher wirtschaftlich betrachtet insgesamt einen Vermögensschaden dar.

Aufgrund dessen konnte der Kläger hier durch die Benutzung des PKW den konkreten spezifischen Nutzungswert seiner Harley Davidson nicht saldierend ausgleichen. Ein Mitverschuldensvorwurf kann ihm ohnehin nicht gemacht werden, da er unstreitig auf sein Zweitfahrzeug tatsächlich zurückgegriffen hat. Da nach dem Vorgesagten auch eine Aufspaltung des Nutzungswerts in einen "materiellen" und "immateriellen Anteil" weder möglich noch gerechtfertigt ist, kann er insgesamt Nutzungsausfallentschädigung verlangen.

4. Allerdings muss sich der Kläger hinsichtlich des von ihm geltend gemachten Zeitraums eine Begrenzung des Anspruchs gefallen lassen.

a) Ohne Erfolg bleibt allerdings der Einwand der Beklagten, der Kläger habe gegen seine Schadensminderungspflicht aus § 254 Abs.2 BGB verstoßen. Er war insbesondere nicht verpflichtet, eine Notreparatur ausführen zu lassen oder ein Interimsfahrzeug anzuschaffen. Der Senat hat bereits mehrfach entschieden (s. Senat vom 15.10.2007; I - 1 U 52/07), dass eine Obliegenheit des Geschädigten, solche schadensmindernde Maßnahmen zu ergreifen, in der Regel nicht gegeben ist. Umstände, die im vorliegenden Fall dafür sprechen könnten, dass der Kläger Anlass hätte haben könne, eine Notreparatur zu veranlassen oder ein Interimsfahrzeug zu beschaffen, sind nicht erkennbar. Darlegungs- und beweisbelastet für die tatsächlichen Voraussetzungen eines Verstoßes gegen die Schadensminderungspflicht ist der Schädiger. Die Beklagte hat aber nichts dazu vorgetragen, wie nach ihrer Auffassung das klägerische Fahrzeug behelfsmäßig hätte instand gesetzt werden können. Ein Interimsfahrzeug anzuschaffen lag sogar besonders fern, angesichts des Umstands, dass ein PKW zur Verfügung stand. Zur Befriedigung des entgangenen spezifischen Gebrauchsvorteils hätte der Kläger daher eine andere Harley Davidson Electra Glide anschaffen müssen, was angesichts des erheblichen Werts eines solchen Fahrzeugs ganz unzumutbar erscheint.

b) Dem Kläger ist auch nicht die lange Reparaturdauer zum Vorwurf zu machen. Zeitliche Verzögerungen der Reparatur, die nicht ihre Ursache in der Sphäre des Geschädigten haben, insbesondere durch Ersatzteillieferschwierigkeiten, gehen zu Lasten des Schädigers. Der Kläger hat durch Vorlage der Reparaturbestätigung der Fa. XXX aus B. vom 21.07.2006 urkundlich belegt und substanziiert vorgetragen, dass die Reparatur vom 18.03.2006 bis zum 03.06.2006 bedingt durch fehlende Verfügbarkeit erforderlicher Bauteile, die aus den USA importiert werden mussten, andauerte. Gegen die Richtigkeit dieser Bestätigung hat die Beklagte nichts substanziiert eingewandt.

c) Zu kürzen ist der Ersatzanspruch jedoch aus dem Gesichtspunkt des zeitweise fehlenden Nutzungswillens. Der Kläger hat selbst vorgetragen, dass er zwar grundsätzlich einen durchgehenden Nutzungswillen gehabt hätte, insbesondere also das Motorrad nicht nur als reines Freizeitfahrzeug genutzt hätte, sondern auch für Fahrten zur Arbeit, zum Einkauf etc., andererseits aber witterungsabhängig sicher auch nicht jeden Tag mit dem Motorrad gefahren wäre. Dies erscheint auch lebensnah, da die Nutzung eines solchen Luxusmotorrads je nach den Witterungsverhältnissen zur Überzeugung des Senats nicht erfolgt wäre. Bei der Harley Davidson Electra Glide handelt es sich um ein exklusives Motorradfahrzeug der Luxusklasse, was z.B. sicher nicht bei Regenwetter vom Kläger gefahren worden wäre. Im Rahmen seines Schätzungsermessens gemäß § 287 ZPO erachtet der Senat daher die Annahme für gerechtfertigt, dass im Ausfallzeitraum von Mitte März bis Anfang Juni an einem Drittel aller Tage die Nutzung witterungsbedingt auch dann nicht erfolgt wäre, wenn dem Kläger sein Fahrzeug unbeschädigt zur Verfügung gestanden hätte. Von dem zu errechnenden Ersatzbetrag macht der Senat daher im Ergebnis einen Abschlag von 1/3.

5. Der Höhe nach errechnet sich der Anspruch somit wie folgt:

Der Tagessatz ist mit 66 € zu bemessen. Dies entspricht einer Einordnung des Fahrzeugs in die Gruppe J der Tabellen von Sanden/Danner/Küppersbusch (NJW 2006, 19 ff.). Die Harley Davidson Electra Glide ist in den Tabellen nicht aufgeführt, aber vergleichbare Fahrzeuge wie insbesondere die Harley Davidson Softail Standard, die ebenfalls über 1449 ccm Hubraum verfügt.

Ausgehend von 78 Tagen ergibt sich somit ein Anspruch in Höhe von 78 x 66 = 5.148 €. Gekürzt um 1/3 ergibt sich der Betrag von 3.432 €.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286 Abs.1, 288 Abs.1 BGB.

6. Vorprozessuale Anwaltskosten stehen dem Kläger demgegenüber im Hinblick auf die bereits erfolgte Zahlung der Beklagten nicht mehr zu.

Ist nach der Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu Nr. 3100 VV RVG eine wegen desselben Gegenstands entstandene Geschäftsgebühr anteilig auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen, so vermindert sich nicht die bereits entstandene Geschäftsgebühr, sondern die in dem anschließenden gerichtlichen Verfahren anfallende Verfahrensgebühr. Folglich bleibt die bereits entstandene Geschäftsgebühr unangetastet und durch die hälftige Anrechnung verringert sich allein die später nach Nr. 3100 VV RVG entstehende Verfahrensgebühr (BGH Urteil vom 7. März 2007, Az.: VIII ZR 86/06, veröffentlicht in zfs 2007, 344 mit Anmerkung Hansens; NJW 2007, 2049). Wird daher ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch im gerichtlichen Verfahren geltend gemacht, ist somit die volle Geschäftsgebühr einzuklagen. Erst in dem anschließenden Kostenfestsetzungsverfahren ist dann Raum für die vorgeschriebene Anrechnung, die dann allerdings nicht die vorprozessuale Geschäftsgebühr, sondern die prozessuale Verfahrensgebühr betrifft. Geltend zu machen ist dann die um den Anrechnungsbetrag verminderte Verfahrensgebühr (Senat vom 15.10.2007; I - 1 U 68/07; Hansens zfs 2007, 345).

Die Anwendung dieser Grundsätze ergibt, dass dem Kläger keine weitere Forderung mehr zusteht. Grundlage für die Berechnung der vorprozessualen Anwaltskosten ist die Höhe der berechtigten Forderung. Diese betrug hier 11.857,53 €. Zu Berechnung wird auf die Zusammenstellung Bl. 9 und 10 d.A. verwiesen, wobei die dort genannten Beträge für Nutzungsausfallschaden und Schmerzensgeld entsprechend der jetzigen Entscheidung zu kürzen waren. Eine Gebühr nach diesem Gegenstandswert beträgt 526 €. Multipliziert mit 1,3 ergibt sich ein Gebührenbetrag in Höhe von 683,80 €, Hinzuzurechnen wären 20 € Nebenkostenpauschale und 2,5 € Dokumentenpauschale, also 706,30 € netto. Brutto wären also ersatzfähige Gebühren entstanden in Höhe von 819,30 €. Es sind unstreitig bereits 883,46 € gezahlt worden, so dass ein weiterer Anspruch nicht gegeben ist.

Der Kläger kann die Anwaltsgebühren nicht - wie von ihm angenommen - mit dem Multiplikator 1,8 ansetzen. Nach der Rechtsprechung des BGH (VersR 2007, 265) ist geklärt, dass der Ansatz einer 1,3 Gebühr bei der Abwicklung eines durchschnittlichen Verkehrsunfalles gerechtfertigt ist. Eine Gebühr über 1,3 kann wegen des Nachsatzes in Nr. 2400 VV (ab 1. Juli 2006 wortgleich Nr. 2300) nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig, mithin überdurchschnittlich gewesen ist. Hierfür ist im vorliegenden Fall nichts ersichtlich.

Die Einholung eines Gutachtens der Anwaltskammer von Amts wegen gemäß § 14 Abs.2 RVG zu dieser Frage bedurfte es nicht. Das Gericht muss ein Gutachten der Rechtsanwaltskammer (§ 14 Abs. 2 RVG) einholen, wenn das Verfahren einen Rechtsstreit zwischen Anwalt und seinem Mandanten betrifft. Die Einholung des Gutachtens ist hingegen nicht vorgeschrieben, wenn das Verfahren einen Streit zwischen dem Geschädigten und dem Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung handelt (allgemeine Meinung, s. Hartmann, Kostengesetze, RVG, § 14 Rn. 28 und 29).

Auch dem Beweisantritt des Klägers in der Berufungsbegründung (Bl. 65 d.A.) auf Einholung eines Gutachtens muss schon deswegen nicht nachgegangen werden, weil es sich um einen neuen Beweisantritt in der Berufungsinstanz handelt. Die Voraussetzungen einer Zulassung (§ 531 Abs.2 ZPO) sind nicht ersichtlich.

7. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs.1, 97 Abs.1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr.10, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs.2 ZPO im Hinblick auf den Einzelfallcharakter der Entscheidung nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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