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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 16.08.2007
Aktenzeichen: I-10 U 6/07
Rechtsgebiete: BGB, ZPO
Vorschriften:
BGB § 133 | |
BGB § 157 | |
BGB § 242 | |
BGB § 339 | |
BGB § 341 | |
ZPO § 288 | |
ZPO § 592 |
2. Zur Auslegung vertraglicher Vereinbarungen im Urkundenprozess.
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 27. November 2006 verkündete Urkundenvorbehaltsurteil der Einzelrichterin der 2b. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass dessen Tenor gemäß § 319 ZPO wie folgt ergänzt wird:
Die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache wird in Höhe von weiteren 800.374,12 € festgestellt.
Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Gründe:
I.
Die Parteien streiten im Urkundsverfahren darüber, ob der Klägerin gegen die Beklagte wegen verspäteter Übergabe des Mietobjekts ein Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe zusteht. Wegen der getroffenen Feststellungen und der gestellten Anträge wird auf den Tatbestand der landgerichtlichen Entscheidung verwiesen (GA 95 - 103). Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 978.581,66 € zu zahlen und ihr die Ausführung ihrer Rechte im Nachverfahren vorbehalten. Das Landgericht hat eine verspätete Übergabe der Kanzleiräume an die Klägerin angenommen und den Zahlungsanspruch als Vertragsstrafe im Wege der Auslegung aus Ziffer 4.3.2 des streitgegenständlichen Mietvertrages abgeleitet. Das Landgericht hat der Beklagten die Kosten auch insoweit auferlegt, als die Klägerin den Rechtsstreit in Höhe von 800.374,12 € einseitig für erledigt erklärt hat. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen (GA 103 - 108).
Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, mit der sie ihren erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag weiter verfolgt. Die Beklagte rügt, das Landgericht habe die wesentlichen Grundsätze für die Auslegung vertraglicher Willenserklärungen missachtet. Die Klägerin habe eine Vertragsstrafenvereinbarung weder dargelegt noch mit den im Urkundenprozess zulässigen Beweismitteln bewiesen. Sie trägt unter Hinweis auf die Historie des Vertrages und unter Bezugnahme auf Wortlaut und Sinn der Regelungen in Ziffer 4.3.2 des Mietvertrages vor, dass sich hieraus bei verspäteter Übergabe des Mietobjekts zweifelsfrei ein Anspruch der Klägerin auf pauschalen Schadensersatz nicht aber auf Zahlung einer Vertragsstrafe entnehmen lasse. Auch der nachträgliche Schriftverkehr der Parteien (E-Mails vom 20.02.2003 und 21.06.2004; Interimsvereinbarung vom 25.10.2005; Übergabeprotokoll vom 31.10.2005) lasse nicht erkennen, dass die Parteien eine Vertragsstrafe vereinbart hätten. Für den Fall eines etwa erforderlichen Zwischenumzugs der Klägerin in ein Luxushotel seien ihr die im Mietvertrag vereinbarten pauschalen Schadensersatzbeträge als nicht völlig unrealistisch erschienen. Der pro Tag zu leistende pauschale Schadensersatz wäre wahrscheinlich durch die Zimmerpreise für ca. 160 Personen einschließlich mehrerer Konferenzräume - jedenfalls zu einem ganz erheblichen Teil - verbraucht worden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung vom 12.03.2007 (GA 145) Bezug genommen. Erstmals mit Schriftsatz vom 08.06.2007, auf den verwiesen wird (GA 252 ff.), macht die Beklagte unter Bezugnahme auf die Berufungserwiderung geltend, die aufschiebende Bedingung für die Wirksamkeit des Vertrages sei nicht eingetreten, weil das "Head Quarter" in London nach dem Vortrag der Klägerin nicht in den Vertragsabschluss eingebunden gewesen sei.
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und bittet nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung vom 04.05.2007 um Zurückweisung der Berufung. Auch sie nimmt Bezug auf die Entstehungsgeschichte des Mietvertrags und meint, das Landgericht habe die geltend gemachte Klageforderung zutreffend gemäß § 339 Satz 1 BGB i.V.m. § 4 Ziffer 4.3.2 lit a) und b) des Geschäftsraummietvertrages zuerkannt. Soweit die Beklagte sich darauf berufe, die Vertragsstrafe sei doch als "Schaden" betragsmäßig angemessen, weil der Partner der Klägerin Dr. M. angeblich erklärt habe, man könne die Kanzlei auch in ein Hotel umziehen lassen, wenn das Mietobjekt nicht rechtzeitig fertig werde, ferner sei von seiten der Klägerin keine Vertragsstrafe gewollt gewesen, da diese ihren Sitz in London habe und im britischen Rechtskreis eine Vertragsstrafe nicht zulässig sei, sei dieses Vorbringen nach § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO verspätet, jedenfalls im Urkundsverfahren nicht zulässig. Sollte Dr. M., der sich hieran nicht erinnern könne, die ihm zugeschriebene Äußerung tatsächlich gemacht haben, handele es sich erkennbar um eine spaßhafte und nicht ernsthaft gemeinte Aussage.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze der Parteien einschließlich der zu den Akten gereichten schriftlichen Unterlagen Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das angefochtene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§§ 513 Abs. 1, 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2, 546 ZPO) noch rechtfertigen die im Berufungsverfahren zu Grunde zu legenden Tatsachen (§§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3, 529 Abs. 1 ZPO) eine abweichende Entscheidung. Das Landgericht hat der Klägerin im tenorierten Umfang mit überzeugender Begründung im Urkundsverfahren gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung einer verwirkten Vertragsstrafe in Höhe von 978.581,66 € zugesprochen und der Beklagten auch die Kosten der in Höhe weiterer 800.374,12 € einseitig für erledigt erklärten Zahlungsklage auferlegt. Hiergegen wendet sich die Beklagte ohne Erfolg. Der Senat folgt den Gründen des angefochtenen Urteils nach Maßgabe der folgenden durch das Berufungsvorbringen veranlassten Ausführungen. Soweit das Landgericht die gebotene Feststellung der Erledigung der Hauptsache hinsichtlich des einseitig für erledigt Teils der Klage im Tenor unterlassen hat, hat der Senat den Tenor der angefochtenen Entscheidung gemäß § 319 ZPO berichtigt.
1.
Die Klage ist im Urkundsverfahren gemäß §§ 592 ff. ZPO zulässig, weil sämtliche anspruchsbegründenden Tatsachen durch die in Kopie vorgelegten - unstreitigen - Urkunden belegt bzw. unstreitig oder zugestanden sind (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 592, RdNr. 11).
2.
Der Klägerin steht gemäß § 339 BGB i.V.m. Ziffer 4.3.2. des schriftlichen Mietvertrages vom 01.07.2004 ein Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe in zuerkannter Höhe zu, weil die Beklagte - wie das Landgericht zutreffend angenommen hat (GA 103) - das Mietobjekt unstreitig verspätet an die Klägerin übergeben hat.
(a) Das Landgericht hat bei der Auslegung der vertraglichen Vereinbarungen weder wesentliche Grundsätze für die Auslegung vertraglicher Willenserklärungen missachtet noch rechtfertigt die Historie des streitgegenständlichen Mietvertrags die von der Beklagten gewünschte Auslegung, es handele sich bei der in Ziffer 4.3.2 MV getroffenen Regelung entgegen der Annahme des Landgerichts nicht um die Vereinbarung einer Vertragsstrafe, sondern um eine vereinbarte Schadenspauschale.
Nach §§ 133 , 157 BGB ist bei der Auslegung von Willenserklärungen und Verträgen der wirkliche Wille der Erklärenden zu erforschen. Dabei ist zunächst vom Wortlaut der Erklärung auszugehen und in einem zweiten Auslegungsschritt sind sodann die außerhalb des Erklärungsakts liegenden Begleitumstände in die Auslegung einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen (BGH, NJW 1998, 2966; NJW 1995, 1212; NJW 1994, 188). Auch die Auslegung einer Vertragsstrafenvereinbarung richtet sich nach diesen allgemein gültigen Regeln. Den von der Beklagten zitierten Entscheidungen (BGHZ 121, 13 + BGH NJW 1995, 3258) lässt sich insoweit Gegenteiliges nicht entnehmen. Die Auslegung des Landgerichts wird diesen Grundsätzen gerecht.
Zwar mag der Wortlaut der in Ziffer 4.3.2 lit. a + b MV getroffenen Regelung mit der zweifachen Verwendung der Wörter "Schadensersatz" und "pauschal" auf den ersten Blick nach allgemeinem Sprachverständnis eher auf eine gewollte Schadenspauschalierung als auf eine Vertragsstrafe hindeuten, wenngleich auch der Vertragsstrafe ein schadenersatzrechtliches Moment innewohnt, weil sie auch dazu dient, dem Gläubiger im Verletzungsfall die Möglichkeit einer erleichterten Schadloshaltung ohne Einzelnachweis zu eröffnen (NJW 1983, 385). Auch ist nicht zu verkennen, dass auf beiden Seiten bei der Vertragsgestaltung geschäfts- und rechtserfahrene Partner beteiligt waren, es mithin zu erwarten gewesen wäre, dass eine etwa gewollte Vertragsstrafenabrede auch ausdrücklich so bezeichnet wird.
Das Landgericht hat jedoch mit Recht ausgeführt, dass für die Abgrenzung von Vertragsstrafe und Schadenspauschale nicht allein die von den Parteien gewählte oder nicht gewählte Bezeichnung maßgeblich ist. Es gehört zu den anerkannten Grundsätzen für die Auslegung einer Individualvereinbarung, dass zwar der Wortlaut einer Vereinbarung den Ausgangspunkt der Auslegung bildet, dass jedoch der übereinstimmende Parteiwille dem Wortlaut und jeder anderen Interpretation vorgeht (z.B. BGH, Beschl. v. 18.6.2007, II ZR 89/06; Beschl. v. 20.9.2006, VIII ZR 141/05; NJW 1994, 1528). Dies gilt selbst dann, wenn das übereinstimmende Verständnis in der erstellten Urkunde keinen oder nur einen unvollkommenen Niederschlag gefunden hat (BGH, NJW-RR 2004, 630). Hieran gemessen ist mit dem Landgericht davon auszugehen, dass die Parteien aufgrund der besonderen Umstände des Streitfalls ungeachtet der Nichtverwendung des Wortes "Vertragsstrafe"" in Ziffer 4.3.2 MV nicht eine Schadenspauschale, sondern in Wirklichkeit eine Vertragsstrafe vereinbaren wollten.
Nach der Rechtsprechung des BGH ist die Vertragsstrafe vom Gesetzgeber mit einer doppelten Zielrichtung geschaffen worden. Sie ist zum einen Druckmittel zur ordnungsgemäßen Vertragserfüllung und zum anderen eine erleichterte Möglichkeit zur Schadloshaltung (BGHZ 63, 256; NJW 1983, 385; NJW 1975, 163, NJW 1961, 115). Eine Vertragsstrafenregelung i. S. der §§ 339 ff. BGB ist danach anzunehmen, wenn die Zahlung des versprochenen Betrages in erster Linie die Erfüllung der vertraglich geschuldeten Leistung sichern und auf den Vertragspartner einen möglichst wirkungsvollen Druck ausüben soll, die übernommenen Pflichten einzuhalten, während eine Schadenspauschalabrede vorliegt, wenn sie der vereinfachenden Durchsetzung eines als bestehend vorausgesetzten Schadensersatzanspruches dienen soll und sich die Höhe des pauschalierten Ersatzes an dem geschätzten Ausmaß des typischerweise entstehenden Schadens orientiert (BGH, NJW 1983, 1542; OLG München, OLGR 2007, 3). Nur wenn die zur Beurteilung stehende Vertragsklausel diese Voraussetzungen erkennen lässt, wird in der Rechtsprechung ein pauschalierter Schadenersatzanspruch angenommen (BGHZ 49, 84; BAG NJW 1967, 751; LG Tübingen NJW 1964, 1798; LG Berlin NJW 1966, 1818). Die von der Beklagten angeführte Entscheidung des OLG Köln lässt Gegenteiliges nicht erkennen. Das Landgericht hat insoweit auch zutreffend darauf verwiesen, dass insbesondere die vereinbarte Pauschale von 25.000,00 € täglich deutlich erkennen lasse, dass sich die Parteien gerade nicht von dem geschätzten Ausmaß des typischerweise bei einer Übergabeverzögerung für die Klägerin entstehenden Schadens haben leiten lassen. Der Senat teilt die Auffassung der Kammer, es sei nichts dafür ersichtlich, dass im Fall der Anmietung eines Ersatzobjektes bis zum endgültigen Umzug der Klägerin in die von der Beklagten gemieteten Praxisräume mit einem täglichen Schaden von 25.000,00 € und einem monatlichen Schaden von rund 750.000 € zu rechnen gewesen sei, zumal die Miete für die streitgegenständlichen Räume selbst nur rund 210.000,00 € monatlich beträgt. Konkrete Zahlen sind insoweit auch nach dem Vortrag der Beklagten nicht Gegenstand der Verhandlungen gewesen. Gerade diese ungewöhnliche Höhe des "Schadensersatzes", die zudem mit einer weiteren Einmalzahlung von 500.000 € kombiniert ist, lässt bei einer vernünftigen, Treu und Glauben entsprechenden Betrachtungsweise nicht die Deutung zu, dass ein verständiger Vermieter sich von vornherein einer solch drückenden pauschalierten Schadensersatzverpflichtung unterwerfen will (BGHZ 49, 84), sondern rechtfertigt vielmehr die Annahme, dass mit der festgelegten Größenordnung erheblicher Druck auf die Beklagte ausgeübt werden sollte, ihrer vertraglichen Verpflichtung zur fristgerechten Fertigstellung und Übergabe des Mietobjekts nachzukommen.
Soweit die Beklagte erstmals zweitinstanzlich behauptet, der Partner der Klägerin
Dr. M. habe in den Verhandlungen die Höhe der Pauschalen von einmalig 500.000 € sowie die weiteren 25.000,00 € pro Tag der Fristüberschreitung sinngemäß damit erläutert, "sie glauben gar nicht, wie teuer es wird, wenn sie nicht rechtzeitig fertig werden, wir unser derzeitiges Mietobjekt verlassen und einen Zwischenumzug in ein Hotel - B. H. oder S. - unternehmen müssen (GA 151)", rechtfertigt dies zum einen nicht die von der Beklagten gewünschte Schlussfolgerung, die Parteien hätten die Schadensersatzregelung an einen zu erwartenden konkreten Schaden anbinden wollen, zum anderen ist die Beklagte gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO mit diesem Vortrag präkludiert. Im Übrigen hätte es sich der Beklagten aufdrängen müssen, dass eine solche Äußerung - so sie denn gefallen sein sollte - allenfalls die Bedeutung einer fristgerechten Bereitstellung des Mietobjekts hervorheben sollte, ersichtlich aber nichts mit einem konkret zu befürchtenden Schaden zu tun haben konnte. Es liegt auf der Hand, dass eine Partnergesellschaft von Rechtsanwälten, Wirtschaftsprüfern, Steuerberatern und Solicitors in der Größenordnung der Klägerin mit geschätzt 200 Mitarbeitern schon aus logistischen Gründen nicht kurzzeitig in ein Hotel hätte umziehen können. Die Beklagte ist selbst auch nicht in der Lage, ein Hotel in Düsseldorf und Umgebung zu benennen, das über die erforderliche Ausstattung verfügt hätte, um die Fortführung des Büro- und Praxisbetriebes zu gewährleisten. Im Übrigen hat die Beklagte - was sie selbst erkennt - zum Beweis für die Äußerung lediglich die Vernehmung des Zeugen B. beantragt, sich mithin auf ein im Urkundenprozess nach § 598 ZPO unzulässiges Beweismittel berufen.
Dass es sich bei der in Ziffer 4.3.2 getroffenen Regelung um eine Vertragsstrafenvereinbarung handelt, wird bestätigt durch die Interimsvereinbarung vom 24.10.2005 (Anlagenband zur Klageschrift, Anlage K 3). Wenn es darin unter Ziffer 4 heißt,
"Die bislang angefallene Vertragsstrafe wird vorläufig nur bis 24. Oktober 2005 berechnet. Sollte das Objekt zum 1. November 2005 übergeben werden können,..., wird die Vertragsstrafe begrenzt auf den bis zum 24. Oktober angefallenen Betrag. Sollte das Objekt am 1. November 2005 objektiv nicht übergabereif sein, läuft die Vertragsstrafe einschließlich der ab 24. Oktober 2005 angefallenen Zeit weiter",
so lässt die mehrfache Verwendung des Wortes "Vertragsstrafe" den Schluss zu, dass die Parteien auch die vertragliche Regelung in Ziffer 4.3.2 als solche verstanden haben. Dies gilt vorliegend umso mehr, als zu diesem Zeitpunkt ein schadensrelevanter Zwischenumzug der Klägerin in andere Büroräume ersichtlich nicht mehr im Raum stand und auch der Partner der Prozessbevollmächtigten der Beklagten Dr. Z., dem der Zeuge B. die ihm zur Unterzeichnung zugefaxte Interimsvereinbarung vorab vorgelegt hatte, offensichtlich keine Bedenken gegen deren Sprachregelung angemeldet hatte. Soweit sich die Beklagte darauf beruft, ihr Projektleiter, der Zeuge B., sei zum Abschluss der Interimsvereinbarung nicht bevollmächtigt gewesen, hat sie diese zum einen dadurch genehmigt, dass ihre Prozessbevollmächtigten nach Prüfung keine Einwendungen erhoben haben, zum andern ist ihr das Verhalten des Zeugen B. nach § 54 HGB zuzurechnen. Die erstmals mit Schriftsatz vom 10.04.2006 erklärte Anfechtung (Anlage B 7 zur Klageerwiderung) ist - sofern es darauf überhaupt ankommt - im Hinblick auf die Beteiligung ihrer Prozessbevollmächtigung vor ihrer Unterzeichnung jedenfalls nicht mehr unverzüglich i.S. des § 121 Abs. 1 BGB erfolgt.
Die Sprachregelung der Interimsvereinbarung haben die Parteien auch im Übergabeprotokoll vom 11.11.2005 (Anlagenband zur Klageschrift, Anlage K 2) beibehalten. Insoweit heißt es unter Ziffer 7, "gemäß Zwischenvereinbarung vom 25. Oktober 2005 ist die angefallene Vertragsstrafe bis zum 24. Oktober 2005 begrenzt. Der Vertragsstrafenanspruch des Mieters bleibt durch diese Übergabevereinbarung unberührt. § 341 Abs. 3 BGB findet keine Anwendung". Angesichts des Verweises auf die gesetzliche Regelung des § 341 BGB ist zweifelsfrei davon auszugehen, dass mit der Verwendung des Wortes "Vertragsstrafe" auch nur eine solche gemeint sein konnte. Der Vorbehalt der Vertragsstrafe konnte aber auch aus der Sicht der Beklagten als verständiger Empfängerin (§ 133 BGB) nur Sinn machen, wenn bereits der Ausgangsmietvertrag eine Vertragsstrafe vorsah, so dass auch das Übergabeprotokoll einen weiteren Anhaltspunkt dafür enthält, dass Ziffer 4.3.2 MV nach dem tatsächlichen Willen der Parteien als Vertragsstrafenvereinbarung gewollt war. Dies gilt umso mehr als ihre Prozessbevollmächtigten in die Ausarbeitung des Wortlauts des Übergabeprotokolls eingebunden waren und sie die von der Klägerin in den mit E-Mail Dr. Z. vom 24.10.2005 (Anlagenband zur Klageschrift, Anlage K 11) übermittelten ersten Entwurf eingefügte Formulierung, was bei einem fehlenden Konsens nahe gelegen hätte, nicht beanstandet haben, während sie an anderen Stellen des Übergabeprotokolls Veränderungen vorgenommen haben. Der Senat schließt aus, dass ein Rechtsanwalt die ausdrückliche Nennung des § 341 Abs. 3 BGB als Hinweis auf eine Schadenspauschalierung verstehen kann.
Angesichts der vorstehend dargelegten und für eine gewollte Vertragsstrafenabrede streitenden besonderen Anhaltspunkte kommt der Historie des Mietvertrages keine auslegungsrelevante Bedeutung mehr zu. Zwar ist der Beklagten zuzugestehen, dass den Vertragsverhandlungen zunächst ein von der Klägerin für die Voreigentümerin des Grundstücks ausgearbeiteter Vertragsentwurf zugrunde lag, der umfangreiche Regelungen zur Vertragsstrafe enthielt (Anlage B 1 zur Klageerwiderung), auf die die Klägerin in dieser Form in den weiteren Entwürfen nicht mehr zurückgekommen ist. Insoweit enthält der zweite Entwurf vom 17.12.2001 in Ziffer 4.7.2 die Regelung, "Sollte die Übergabe des übergabefähigen Mietobjekts...nicht bis spätestens 31.10.2004 erfolgt sein, gelten...folgende Konsequenzen: a) der Vermieter erstattet dem Mieter jeden Schaden, alle Kosten und sonstigen Nachteile, die dem Mieter aufgrund und im Zusammenhang mit der Nichtübergabe des übergabefähigen Mietobjekts spätestens am 31. Oktober 2004 entstanden sind und entstehen werden...". Während der zweite Entwurf mit dieser Regelung noch die Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz des konkreten Schadens vorsah, enthält der weitere Entwurf vom 14.01.2002 (Anlage B 3 zur Klageerwiderung) hiervon abweichend keine konkrete Ersatzverpflichtung mehr, sondern - bis auf die Daten - in Ziffer 4.7.2 lit a + b eine der endgültigen Fassung im Mietvertrag vom 01.07.2004 entsprechende Formulierung. Mit E-Mail vom 20.02.2003 (Anlagenband zur Klageschrift, Anlage K 8) übermittelte Rechtsanwalt Dr. S.-H. dem Zeugen B. für die Klägerin einen weiteren Vertragsentwurf, der in Ziffer 4.3.2 eine im Wesentlichen wortgleiche Regelung enthält, mit dem Zusatz, "Die Höhe der Vertragsstrafe in Ziffer 4.3.2 lit b) haben wir begrenzt". Diese Formulierung belegte für die Beklagte erkennbar (§ 133 BGB), dass bei der Klägerin das Verständnis vorherrschte, die nach mehrmaligem Wechsel gefundene Regelung beinhalte ein Vertragsstrafenversprechen der Beklagten und nicht ein konkrete oder pauschale Schadensersatzverpflichtung. Hinzu kommt, dass nach maßgeblichem Vorbringen der Klägerin im Zeitpunkt des Vertragsschlusses wegen der zwischenzeitlich gesicherten Unterbringung in den bisherigen Kanzleiräumen das Interesse an einer Schadensersatzpflicht der Beklagten in den Hintergrund trat und die Zahlung des versprochenen Betrages fortan in erster Linie die Erfüllung der vertraglich geschuldeten Leistung sichern und auf den Vertragspartner einen möglichst wirkungsvollen Druck ausüben sollte. Dies wird auch dadurch dokumentiert, dass unmittelbar vor Abschluss des Vertrages noch eine Änderung in Form eines letzten Absatzes am Ende von § 4 eingefügt wurde. Darin heißt es, "Der Mieter bemüht sich derzeit um den Abschluss einer Vereinbarung mit dem Eigentümer der von ihm bis zum 31.12.2004 angemieteten Büroflächen...Die Vereinbarung soll es dem Mieter ermöglichen, in diesen Büroflächen bis zum 31. Dezember 2005, jedoch mit einem Sonderkündigungsrecht zum 30. Juni 2005, im übrigen jedoch zu gleichbleibenden Konditionen, zu verbleiben. Für den Fall, dass es dem Mieter gelingt, eine entsprechende rechtswirksame Vereinbarung mit dem Eigentümer des vorgenannten Gebäudes zu treffen, wird der Mieter im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht von dem Sonderkündigungsrecht zum 30.05.2005 keinen Gebrauch machen, falls der Vermieter ihm spätestens bis zum 15. Januar 2005 mitgeteilt hat, dass er das Objekt nicht bis zum 30. April 2005 übergeben kann. Sämtliche etwaige Ansprüche des Mieters wegen verspäteter Übergabe bleiben von dieser Regelung unberührt." Hieraus musste die Beklagte als verständige Empfängerin entnehmen, dass die Klägerin an der in Ziffer 4.3.2 getroffenen Regelung festhalten wollte, auch wenn ihr durch die verspätete Übergabe ein nennenswerter Schaden nicht mehr entstehen konnte. Das macht angesichts der Größenordnung der von der Beklagten versprochenen Zahlungen nur Sinn, wenn es sich bei der Regelung in Ziffer 4.3.2 um eine Vertragsstrafe und nicht um eine vereinbarte Schadenspauschale handeln sollte. Vor diesem Hintergrund kommt dem erstmals nach der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgelegten Bestätigungsvermerk des Rechtsanwalts S.-H. vom 1.10.2002, der unter Ziffer 3) die Worte "pauschal Schadensersatz" verwendet, keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu.
(b) Soweit die Beklagte erstmals mit Schriftsatz vom 08.06.2007 das Zustandekommen eines wirksamen Mietvertrages bestritten hat, weil die Zustimmung des Chief Executive Officer/Chiefoperating Officer nicht bis 31.7.2004 vorgelegen habe und damit die gemäß § 22 Tz. 22.5 für die Wirksamkeit des Mietvertrages erforderliche aufschiebende Bedingung ausgefallen sei, ist sie mit diesem Vorbringen gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO präkludiert. Ihrem Vorbringen ist nicht zu entnehmen, dass sie dieses Bestreiten erstinstanzlich nicht aus Nachlässigkeit unterlassen hat. Wie ihrem nachgelassenen Vortrag im Schriftsatz vom 28.06.2007 zu entnehmen ist, hat die Klägerin sie mit Schreiben vom 30.07.2004 über die "Gremienzustimmung in unserem Haus" unterrichtet. Gerade weil die Beklagte geltend macht, dass es sich hierbei um Umstände handele, die sich außerhalb ihrer Wahrnehmung zugertragen hätten, war sie gehalten, ihre Zweifel bereits erstinstanzlich zum Gegenstand ihres Vortrags zu machen.
Darüber hinaus hat die Beklagte das Zustandekommen des Mietvertrages erstinstanzlich auch i.S. des § 288 ZPO zugestanden. Ein Geständnis im Sinne des § 288 Abs. 1 ZPO erfordert eine Erklärung, dass eine von der Gegenseite behauptete Tatsache wahr ist (BGH, Urt. v. 12.10.1999, EBE 1999, 386; Urt. v. 7. Juli 1994, NJW 1994, 3109). Die Erklärung muss nicht ausdrücklich abgegeben werden. Es genügt auch ein schlüssiges Verhalten, das unter Umständen in der Erklärung liegen kann, die Behauptung der Gegenseite nicht bestreiten zu wollen. Doch reicht ein Stillschweigen auf gegnerische Erklärungen nach ständiger Rechtsprechung nicht aus (BGH a.a.O.). Soweit danach das Geständnis eine Tatsache betreffen muss, zählen dazu nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs indessen auch juristisch eingekleidete Tatsachen (BGH, Urt. v. 18.06.2007, II ZR 89/06; NJW-RR 2006, 281; NJW-RR 2003, 1578). Hierzu ist auch der erstinstanzliche Vortrag der Beklagten zu rechnen, "die Klägerin schulde ihr vielmehr Mietzins und Mietnebenkosten seit Mietbeginn im September 2005 bis zum heutigen Tag in Höhe von 1.271.231,28 €,... sowie eine Mietsicherheit in Höhe von 725.000,00 €...". Auch die weiteren Ausführungen der Beklagten in der Klagerwiderung und im Schriftsatz vom 19.06.2006 (GA 72) lassen keinen Zweifel an einem wirksamen Vertragsschluss erkennen. Damit hat die Beklagte den Vortrag der Klägerin bestätigt, die Beklagte habe ihr mit Geschäftsraummietvertrag vom 01.07.2004 erhebliche Flächen vermietet. Über diesen Vortrag haben die Parteien am 25.09.2006 vor dem Landgericht durch stillschweigende Bezugnahme auf ihre vorbereitenden Schriftsätze verhandelt. Dies genügt, um die Geständniswirkung des § 288 ZPO herbeizuführen. Ein wirksamer Widerruf dieses Geständnisses durch die Beklagte liegt nicht vor. Die Entscheidung BGH NJW 1962, 1390 betrifft einen abweichenden Sachverhalt und rechtfertigt für den Streitfall keine abweichende Beurteilung. Die Klägerin hat zweitinstanzlich auch nicht ihrerseits i.S. des § 288 ZPO zugestanden, dass die Bedingung gemäß § 22 Tz 22.5 wegen Nichtbeteiligung des Londoner Büros ausgefallen sei. Selbst wenn die Berufungserwiderung der Klägerin diesen Eindruck hervorrufen könnte, so ist die Klägerin jedenfalls mit Schriftsatz vom 13.06.2007 hiervon wieder abgerückt und hat sich ausdrücklich auf eine am 29.07.2004 erteilte fernmündliche Zustimmung ihres Chief Executive Officers berufen (GA 291). Allein hierüber haben die Parteien am 14.06.2007 verhandelt, so dass die Voraussetzungen eines Geständnisses insoweit nicht vorliegen.
3.
Haben die Parteien danach eine Vertragsstrafe begründet, deren geltend gemachte Höhe die Beklagte als solche nicht substantiiert bestritten hat und zu der auch der in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht einseitig für erledigt erklärte Betrag von 800.374.12 € gehört, so ist, da die Klägerin nach Rechtshängigkeit eine Verrechnung vorgenommen hat, in dieser Höhe die Erledigung der Hauptsache festzustellen.
4.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Streitwert: bis 1.000.000,00 € (= 978.581,66 € + die Summe der erstinstanzlich auf die Differenz zwischen 1.778.955,78 € und 978.581,66 € bis zur mündlichen Verhandlung entfallenden anteiligen Gerichts- und Anwaltskosten)
Ende der Entscheidung
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