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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 16.05.2008
Aktenzeichen: I-16 U 252/06
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, AuslInvestmG, KWG, EGBGB


Vorschriften:

ZPO § 32
ZPO § 32b
ZPO § 32b Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 32b Abs. 1 Nr. 2
ZPO § 167
ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1
BGB § 31
BGB § 195 n.F.
BGB § 199 Abs. 1
BGB § 204 Abs. 1 Nr. 1
BGB § 214
BGB § 249
BGB § 823 Abs. 2
BGB § 826
BGB § 826 Abs. 1
BGB § 840 Abs. 1
BGB § 849
AuslInvestmG § 1
AuslInvestmG § 1 Abs. 1
AuslInvestmG § 1 Abs. 1 Satz 2
AuslInvestmG § 2
AuslInvestmG § 2 Abs. 1 Nr. 2
AuslInvestmG § 2 Abs. 1 Nr. 4 b
AuslInvestmG § 2 Abs. 1 Nr. 4 f
AuslInvestmG § 2 Abs. 2 Nr. 2
AuslInvestmG § 7
AuslInvestmG § 8
KWG § 1 Abs. 2 Nr. 1
KWG § 32
KWG § 32 Abs. 1 Satz 1
EGBGB Art. 40
EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1
EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 03.11.2006 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Der Kläger verlangt als Schadensersatz die Rückzahlung des von ihm zum Erwerb von Anteilsscheinen an der Beklagten zu 1. eingesetzten Kapitals.

Die Beklagte zu 1. wurde im Jahr 1997 gegründet. Die Beklagte zu 1., die ihren Sitz in ... hat und weder über eigenes Personal noch eine eigene Telefon- und Telefax-Nr. verfügt (Bl. 162; 198; 235 GA), erwarb im Jahr 1998 99,975 % der Geschäftsanteile an der ..., die wiederum 86 % der Geschäftsanteile an der Beklagten zu 2. hält (Bl. 325; 333 GA) und 20 % an der .... Die Beklagte zu 2. hält an neun in der Türkei ansässigen und dort werbend in den Branchen Bau, Textil, Tourismus, Außenhandel, Technologie und Finanzwesen tätigen Unternehmen Beteiligungen zwischen 34,12 % und 99 % (Bl. 2, 326 GA). Auf den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten zu 1. wurden neben der Anschrift der Beklagten zu 1. auch die Anschrift und die Telefon-Nr. der Beklagten zu 2. in ... als auch der gemeinsamen Repräsentanz in ... genannt (Bl. 3, 162, 198, 215, 235 GA).

Die Beklagte zu 1., die über ein bewilligtes Kapital von mehr als € 70 Mio. verfügt, veräußerte ihre Anteilsscheine an ca. 5.000 Kleinanleger türkischer Abstammung, insbesondere aus Deutschland, ohne zuvor ihre Vertriebstätigkeit der zuständigen Behörde anzuzeigen. Zweck der Beklagten zu 1. ist die Kapitalanlage unter Beachtung des islamischen Zinsverbots (Bl. 4, 335 GA). Der Kläger verfügte über keinerlei Erfahrungen mit Kapitalanlagen (Bl. 5 GA), als er, ohne einen schriftlichen Verkaufsprospekt erhalten zu haben, in einer Moschee in ... am 28.04.1999 und am 01.10.1999 Beteiligungen an der Beklagten zu 1. gegen Barzahlungen von DM 10.000,- und DM 9.900,-. erwarb. Über diese Zahlungen erhielt er Quittungen ausgestellt (Bl. 13-16 GA). Für die Verwahrung der nicht börsennotierten Anteilsscheine wurde keine Depotbank eingeschaltet. Auf den Anteilsscheinen ist in Englisch unter Ziffer 5.2 vermerkt, dass die Beklagte zu 1.) Kredite mit oder ohne Besicherung durch ihr Vermögen aufnehmen darf (Bl. 18 GA). Nach Ziffer 3 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten zu 1., die der Kläger bei seinen Zahlungen ausgehändigt bekam, sind die Beteiligungen nur zum 31.12. eines Jahres kündbar mit der Folge, dass im Jahr der Kündigung keine Renditezahlung beansprucht werden kann und der Kapitalbetrag erst zum 31.12. des Folgejahres zurückgezahlt wird (Bl. 197; 215 GA). Der Kläger kündigte seine Beteiligungen, was ihm die Beklagte zu 1. mit Schreiben vom 01.09.2000 mit Wirkung zum 31.12.2001 bestätigte (Bl. 5., 10 GA). Das von ihm eingesetzte Kapital erhielt er dennoch nicht zurück. Der Vorstandsvorsitzende der Beklagten zu 2., welche die Beklagte zu 1. steuert, gab bei einem im Februar 2004 in dem türkischen Fernsehmagazin Desifre ausgestrahltem Interview an, die Beklagte zu 1. könne aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Lage derzeit keine Zahlungen an ihre Anleger leisten (Bl. 199, 236 GA).

Der Kläger hat behauptet, die Beklagte zu 1. sei von der Beklagten zu 2. gegründet worden, um die Vorgaben für das türkische Kapitalmarktrecht zu umgehen (Bl. 200 und 236 GA). Die Beklagte zu 1. habe ihre Anteilsscheine in einer Moschee in ... angepriesen und erst daraufhin habe er sich an den Zeugen ... gewandt, um die Anteilsscheine zu erwerben (Bl. 251 GA).

Die Klage ist am 14.07.2004 bei Gericht eingegangen. Das oberste Gericht der ... hat mit Schreiben vom 26.10.2004 bescheinigt, dass unter der Anschrift der Beklagten zu 1. keine Zustellung möglich ist (Bl. 51, 53 GA). Mit Schriftsatz vom 02.03.2006 hat der Kläger die Firma und die Anschrift der Beklagten zu 2. korrigiert (Bl. 121 GA). Die Zustellung der Klageschrift mit berichtigtem Passivrubrum ist am 08.06.2006 bewirkt worden (Bl. 156 GA).

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn € 10.174,71 nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 01.10.1999 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten haben die Zuständigkeit gerügt und die Einrede der Verjährung erhoben. Sie haben gemeint, der Vortrag des Klägers zur Beherrschung der Beklagten zu 1. durch die Beklagte zu 2. sei unsubstanziiert (Bl. 235 GA). Der Kläger sei von sich aus zu dem Zeugen ... gekommen, um Anteilsscheine zu erwerben (Bl. 248 GA).

Das Landgericht hat unter Abweisung der Klage im Übrigen die Beklagten als Gesamtschuldnerinnen verurteilt, € 10.174,71 nebst 4 % Zinsen seit dem 1.10.1999 zu zahlen. Das Landgericht hat sich gemäß § 32 ZPO für zuständig erklärt. Es hat gemeint, die Beklagte zu 1. hafte dem Kläger gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 2, 7, 8 Auslandinvestmentgesetz. Dieses Gesetz sei anwendbar, weil die Beklagte zu 1. eine Kapitalanlagegesellschaft im Sinne des Gesetzes sei, die im öffentlichen Vertrieb ihre Anteile veräußert und diese Tätigkeit ohne Anzeige gemäß § 7 Auslandsinvestmentgesetz und unter Verstoß gegen die Depotbankpflicht gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 Auslandinvestmentgesetz vorgenommen habe. Die Beklagte zu 2. sei gemäß § 826 Abs. 1 BGB schadensersatzpflichtig, da sie in das Vertriebssystem der Beklagten zu 1. eingebunden gewesen sei, sich in leichtfertiger und damit sittenwidriger Weise der Erkenntnis verschlossen habe, dass dieses Vertriebssystem nicht den investmentrechtlichen Anforderungen genügt und mit bedingten Vorsatz das Kapital des Klägers einem Verlustrisiko zugeführt habe. Die Ansprüche seien nicht verjährt, weil der Kläger von den vorgenannten Bestimmungen keine Kenntnis gehabt habe.

Gegen diese rechtliche Würdigung richtet sich die Berufung der Beklagten, die ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt. Sie halten ihre Zuständigkeitsrüge aufrecht, da ihrer Meinung nach der Gerichtsstand des § 32 ZPO durch § 32 b ZPO ausgeschlossen sei. Sie meinen, das Landgericht habe keine hinreichenden Tatsachen dafür festgestellt, dass die Beklagte zu 1. ihre Anteilsscheine öffentlich vertrieben habe (Bl. 296 GA). Eine Anwendung des Auslandinvestmentgesetzes scheitere auch daran, dass die Beklagte zu 1. eine vermögensverwaltende Holding- und keine ausländische Investmentgesellschaft sei (Bl. 324 ff GA). Die Ausführungen des Landgerichts zu der Verjährung seien unverständlich (Bl. 297 GA). Für eine Verantwortlichkeit der Beklagten zu 2. habe das Landgericht keine hinreichenden Feststellungen getroffen (Bl. 298 GA).

Der Kläger, der die Zurückweisung der Berufung begehrt, verteidigt das angefochtene Urteil, indem er seinen erstinstanzlichen Vortrag wiederholt und vertieft.

Ergänzend wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils verwiesen. Im Übrigen wird auf die in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Ihre Angriffe gegen die überzeugende rechtliche Würdigung des Landgerichts haben keinen Erfolg, da die Klage in dem vom Landgericht zuerkanntem Umfange zulässig und begründet ist.

1. Die Klage ist zulässig, da gemäß § 32 ZPO die internationale und örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Wuppertal wegen des in ... gelegenen Begehungsorts gegeben war. Entgegen der Rechtsansicht der Beklagten steht § 32b ZPO dem nicht entgegen, da der Anwendungsbereich dieses Gerichtsstands nicht eröffnet ist. Dieser erfasst zum einen gemäß § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO alle Schadensersatzklagen, die auf Grund falscher, irreführender oder unterlassener öffentlicher Kapitalmarktinformationen gestützt werden (BGH, Beschluss vom 30. 1. 2007 - X ARZ 381/06, NJW-RR 2007, 1367). Zum anderen werden gemäß § 32b Abs. 1 Nr. 2 ZPO Schadensersatzklagen nach dem Wertpapiererwerbs- und übernahmegesetz erfasst. Wie nachfolgend ausgeführt ist, ist beides bei der zuerkannten Klageforderung nicht der Fall.

2. Wie das Landgericht zu Recht erkannt hat, haftet die Beklagte zu 1. dem Kläger gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 1, 2, 7, 8 AuslandinvestmentG bzw. § 32 KWG sowie Art. 40 EGBGB auf Schadenersatz in Höhe von € 10.174,71, weil sie dem Kläger Anteile von ihr in dieser Höhe unter Verstoß gegen §§ 2 und 7 AuslandinvestmentG verkauft hat.

a) Gemäß § 1 Abs. 1 AuslandinvestmentG unterfällt der Erwerb von Anteilen an der Beklagten zu 1. dem Anwendungsbereich dieses Gesetzes. Entgegen der Meinung der Berufung handelt es sich um ausländische Investmentanteile, die im öffentlichen Vertrieb abgesetzt worden sind:

aa) Ausländische Investmentanteile sind u.a. Einlagen an einem ausländischen Recht unterstehendem Vermögen, das nach dem Grundsatz der Risikomischung angelegt ist. Wie § 1 Abs. 1 Satz 2 AuslandinvestmentG klarstellt, wird der Grundsatz der Risikomischung auch gewahrt, wenn man an dem risikogemischten Vermögen nur mittelbar über ein anderes Vermögen beteiligt ist. Ziel der Risikomischung ist die Kapitalwerterhaltung. Maßgebend für die Beurteilung der Frage, ob ein Vermögen nach diesem Grundsatz angelegt wird, ist zum einen der objektive Geschäftszweck des Fonds und zum anderen die tatsächliche Zusammensetzung des Vermögens (Brinkhaus/Scherer, KAGG, Auslandinvestmentgesetz, 2. Auflage, II § 1 Rz. 46). Entgegen der Auffassung der Beklagten lässt sich den bei juris zu diesem Thema veröffentlichten Entscheidungen der Oberlandesgerichte Koblenz und Karlsruhe (OLG Koblenz, Urteil vom 15.02.2007- 5 U 1248/06, Rz. 11f bei juris; OLG Karlsruhe, Urteil vom 24.02.2006 - 1 U 190/05, Rz. 38 bei juris sowie Urteil 06.10.2005 - 12 U 108/05) keine abweichende Rechtsauffassung entnehmen. Das Oberlandesgericht Koblenz gelangte nur deshalb zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht, weil es im dortigen Verfahren noch an den erforderlichen tatsächlichen Feststellungen mangelte, um die vorgenannten rechtlichen Voraussetzungen für eine Investmentgesellschaft als erfüllt zu erachten. Das ist hier anders: Der Zweck der Beklagten zu 1. ist, was in zweiter Instanz unstreitig geworden ist, die Kapitalanlage unter Beachtung des islamischen Zinsverbots (Bl. 335 GA). Dass die Beklagte zu 1. ihrer Zwecksetzung nach eine Investmentgesellschaft ist, wird ferner durch das Wort "Investment" in ihrer Firma unterstrichen sowie durch Ziffer 5.1 ihrer Satzung deutlich: "The objects for wich the Company is established are to buy, sell underwrite, invest in, exchange or otherwise acquire and to hold, manage, develop, deal with and turn to account any bonds, debentures, shares, ....". Entsprechend dieser Zwecksetzung hat die Beklagte zu 1. ihr gesamtes Kapital bei ca. 5.000 Kleinanlegern eingesammelt. Nach der Lebenserfahrung ist der Kleinanleger- wegen seiner begrenzten Mittel an erspartem Kapital - primär an der Kapitalwertsicherung interessiert. Dem hat die Beklagte zu 1. ersichtlich dadurch Rechnung getragen, dass sie über die Beklagte zu 2. ihr Vermögen - im Sinne der Risikostreuung - in 9 verschiedenen Unternehmen angelegt hat, die wiederum aus 6 verschiedenen Branchen stammen. Angesichts dieser Umstände, eindeutiger auf Kapitalwertsicherung ausgerichteter Gesellschaftszweck und tatsächlich risikodiversifizierte Vermögensanlagen, stünde der Annahme von ausländischen Investmentanteilen auch nicht entgegen, wenn die Beklagte zu 1. tatsächlich, wie sie unsubstanziiert behauptet hat (Bl. 326 GA), maßgeblichen Einfluss auf die Unternehmen ausüben würde, an denen sie beteiligt ist.

bb) Wie das Landgericht zu Recht festgestellt hat, erfolgte die Veräußerung der Anteile an der Beklagten zu 1. auch im öffentlichen Vertriebsweg. Erforderlich ist eine Absatztätigkeit, die sich an einen unbestimmten, individuell nicht begrenzten oder begrenzbaren Personenkreis richtet (a.a.O., Rz. 10.). Der Senat ist davon überzeugt, dass die Beklagte zu 1. eine solche Absatztätigkeit entfaltet hat. Dies wird durch die stattliche Zahl von ca. 5.000 Anlegern, welche die Beklagte zu 1. geworben hat, indiziert. Besondere Umstände, die gegen diese Indizwirkung sprechen, haben die Beklagten nicht vorgetragen. Entsprechend dem Zweck des AuslandinvestmentG, den inländischen Anleger zu schützen und für Wettbewerbsgleichheit zwischen in- und ausländischen Investmentfonds zu sorgen (a.a.O., Rz. 1), entscheidet über die Anwendung des AuslandinvestmentG die Vertriebsorganisation insgesamt, nicht jedoch, ob der Vertriebsweg in jedem konkreten Einzelfall eingehalten wurde. Es kann daher dahinstehen, ob der Kläger, wie er behauptet, erst nach einer Anpreisung durch die Beklagte zu 1. in einer Moschee die Anteilsscheine gekauft hat oder, wie die Beklagten behaupten, dieses Geschäft von sich aus tätigte.

b. Die Berufung greift nicht die Feststellung des Landgerichts an, dass die Beklagte zu 1. den Vertrieb ihrer Anteile in Deutschland entgegen § 7 AuslandinvestmentG nicht gegenüber der zuständigen Behörde angezeigt hat. Die Berufung greift auch nicht die Feststellung an, dass die Beklagte entgegen § 2 Abs. 2 Nr. 2 AuslandinvestmentG keine Depotbank für die Verwahrung der Anteilscheine eingeschaltet hat. Ferner verstößt die Kündigungsregelung gemäß Ziffer 3 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten gegen § 2 Abs. 1 Nr. 4 b) AuslandinvestmentG, wonach jederzeit ein Anleger seinen Anteil zurückfordern können muss. Schließlich verstößt die auf den Anteilscheinen befindliche Regelung, dass die Beklagte zu 1. auf beliebige Art und Weise Kredite aufnehmen darf, gegen § 2 Abs. 1 Nr. 4 f AuslandinvestmentG, wonach nur eingeschränkt Kredite zulasten des Anlagevermögens aufgenommen werden dürfen.

c. Die vorgenannten Vorschriften des AuslandinvestmentG dienen dem Anlegerschutz (vgl. BGH, Urteil vom 13.09.2004 - II ZR 276/02, NJW 2004, S. 3706, 3709). Gegen diese Vorschriften hat, wie das Landgericht zu Recht festgestellt hat, der Vorstand der Beklagten zu 1. zumindest fahrlässig verstoßen. Dadurch ist dem Kläger ein Schaden entstanden, weil bei einer ordnungsgemäßen Anzeige gemäß § 7 AuslandinvestmentG die zuständige Behörde den Vertrieb der Anteile der Beklagten zu 1. gemäß § 8 Auslandinvestmentgesetz untersagt hätte, und der Kläger infolge dessen nicht die Beteiligungen an der Beklagten zu 1. hätte kaufen können. Daher ist er gemäß § 249 BGB so zu stellen, wie wenn er die Anteile der Beklagten zu 1. nicht gezeichnet hätte. Ihm ist daher das eingesetzte Kapital zu erstatten.

d. Das Landgericht hat auch zu Recht entschieden, dass die Beklagte zu 1. nicht gemäß § 214 BGB wegen Verjährung die Erfüllung des Schadensersatzanspruchs verweigern darf. Gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1, 4 Satz 1 EGBGB i.V.m. §§ 195, 199 Abs. 1, 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB ist die Verjährung des Anspruchs durch die Zustellung der Klage am 08.06.2006 gehemmt worden. Eine Rückwirkung der Hemmung auf den Tag der Einreichung am 14.07.2004 findet nicht statt, weil die Zustellung entgegen § 167 ZPO wegen des vom Kläger zunächst falsch angegebenen Passivrubrums nicht "demnächst" erfolgte. Die dreijährige Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB n.F. fing jedoch gemäß § 199 Abs. 1 BGB frühestens mit Schluss des Jahres 2004 zu laufen an. Die Beweislast für diese Kenntnis trägt der Schuldner (Palandt-Heinrichs, BGB, 67. Auflage, § 199 Rz. 46). Die Beklagten haben weder dargelegt noch bewiesen, dass der Kläger schon früher Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen hatte. Bei einem Schadensersatzanspruch gemäß § 823 II BGB i.V.m. §§ 2, 7, 8 Auslandsinvestmentgesetz gehört zu der Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen auch die Tatsache, dass die Kapitalanlagegesellschaft den Vertrieb ihrer Anteilsscheine nicht gegenüber der zuständigen Aufsichtsbehörde angezeigt hat (vgl. OLG Celle, Urteil vom 28.03.2007 - 9 U 98/06, bei juris). Die Beklagten behaupten nicht, dass der Kläger bereits vor dem 07.01.2004, als er die klägerischen Prozessbevollmächtigten mandatierte, Kenntnis von dieser Tatsache hatte. Es liegt insoweit auch keine grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers vor. Da der Kläger über keinerlei Erfahrungen mit Kapitalanlagen verfügte, hatte er keinen starken Anlass aus der fehlenden Einschaltung einer Depotbank, dem fehlenden Verkaufsprospekt sowie aus den Verstößen der allgemeinen Geschäftsbedingungen gegen das Auslandinvestmentgesetz (s.o.2.b)) zu folgern, dass die Beklagte zu 1. ihre Vertriebstätigkeit nicht angezeigt hatte. Aus dem Umstand, dass die Beklagte zu 1. entgegen ihrer Ankündigung Ende 2001 ihm sein Kapital nicht zurückzahlte, konnte er zwar folgern, dass sich die Beklagte zu 1. zwischenzeitlich in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befand, es musste sich ihm jedoch nicht zugleich aufdrängen, dass sie auch den Vertrieb ihrer Anteile nicht gegenüber der zuständigen Behörde angezeigt hatte.

e. Der Zinsanspruch folgt, wie das Landgericht zu Recht meint, aus § 849 BGB.

3. Das Landgericht hat überzeugend festgestellt, dass der Kläger gegen die Beklagte zu 2. einen Schadensersatzanspruch gemäß § 826 BGB i.V.m. §§ 1, 2, 7, 8 AuslandinvestmentG sowie Art. 40 EGBGB auf Schadenersatz in Höhe von € 10.174,71 hat, weil sie sich in sittenwidriger Weise an dem unzulässigen Vertriebssystem der Beklagten zu 1. beteiligte und dadurch vorsätzlich dem Kläger einen Schaden zugefügt hat:

a) Das Landgericht hat ohne Rechtsfehler festgestellt, dass die Beklagte zu 2. maßgeblich in den Vertrieb der Anteilsscheine der Beklagten zu. 1 in Deutschland eingebunden war. Dies folge daraus, dass die Beklagte zu 1. durch die Beklagte zu 2. gegründet worden sei, ein Herr ... mit einer auf die Beklagte zu 2. lautenden Visitenkarte Aktienkäufe für die Beklagte zu 1. zustande gebracht habe, die Kontaktdaten der Beklagten zu 2. in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten zu 1. genannt werden, sämtliche Anleger der Beklagten zu 1. bei der Beklagten zu 2. registriert seien und der Vorstand der Beklagten zu 2. gegenüber dem türkischen Fernsehen auch Auskünfte über die Ansprüche der Beklagten zu 1. gegeben habe. Die Berufung gibt keinen Anlass, im Sinne des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO an der Richtigkeit dieser Tatsachenfeststellung zu zweifeln. Die Berufung meint lediglich, die von dem Landgericht hierfür festgestellten Indizien würden nicht hinreichen, um eine Verantwortlichkeit der Beklagten zu 2. für den Vertrieb der Beklagten zu 1. anzunehmen. Dieser Meinung ist der Senat nicht. Vielmehr steht nach der Überzeugung des Senats aufgrund der vorgenannten und weiterer festgestellten Tatsachen sogar fest, dass die Beklagte zu 1. lediglich eine "Briefkastenfirma" ohne eigenen Geschäftsbetrieb ist und folglich der Beklagten zu 2. den Vertrieb ihrer Anteilsscheine ganz überlassen hat. Die Beklagten haben der Behauptung der Klägerin nicht widersprochen, dass die Beklagte zu 1. an ihrem Geschäftssitz in ... über kein Personal verfügt. Dies wird auch durch die Tatsache belegt, dass ausweislich des Schreibens des Obersten Gerichts der ... vom 26.10.2004 eine Zustellung unter Anschrift der Beklagten zu 1. nicht möglich war. Ferner ist davon auszugehen, dass das Büro der Beklagten zu 1. in ... noch nicht einmal über Telefon und Telefax verfügt. Die Beklagten haben die entsprechende Behauptung des Klägers nur in unerheblicher Weise bestritten. Da auf keinem der Geschäftspapiere der Beklagten zu 1. entsprechende Telefonnummern genannt werden, hätten die Beklagten zumindest die angeblichen Telefonnummern nennen müssen. Folglich sind alle Behauptungen der Beklagten zu einem eigenem Geschäftsbetrieb der Beklagten zu 1. vollständig widerlegt. Angesichts dieser vom Landgericht festgestellten Umstände, insbesondere der Kontaktdaten der Beklagten zu 2. auf den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten zu 1., der Registrierung aller Aktionäre der Beklagten zu 1. bei der Beklagten zu 2. und der öffentlichen Stellungnahme des Vorstands der Beklagten zu 2. zu Ansprüchen von Anlegern der Beklagten zu 1. ist zu schlussfolgern, dass die Beklagte zu 2. faktisch den Vertrieb der Anteilsscheine der Beklagten zu 1. übernahm.

b. Das Landgericht hat zutreffend gewürdigt, dass der Vorstand der Beklagten zu 2., für dessen Verschulden die Beklagte zu 2. gemäß § 31 BGB haftet, sich zumindest leichtfertig und damit sittenwidrig der Erkenntnis verschloss, dass der Vertrieb der Anteilsscheine der Beklagten zu 1. nach dem AuslandsinvestmentG unzulässig ist. Zu Recht geht das Landgericht ferner davon aus, dass der Vorstand der Beklagten zu 2. die Anleger der Beklagten zu 1. vorsätzlich geschädigt haben. Für einen bedingten Vorsatz im Sinne des § 826 BGB reicht es bereits aus, dass die sittenwidrige Belastung fremden Vermögens mit einem Verlustrisiko billigend in Kauf genommen wird (BGH, Urteil vom 13.09.2004, a.a.O., S. 3710). Dem Vorstand der Beklagten zu 2. war klar, dass alle Kapitalanleger der Beklagten zu 1., damit auch der Kläger, durch die Missachtung der Schutzvorschriften des Auslandinvestmentgesetz, insbesondere die Nichtbeachtung des Rechts der Anleger auf sofortige Rückzahlung und Verwahrung der Anteilsscheine bei einer Depotbank, einem erhöhtem Verlustrisiko ausgesetzt waren.

c. Hinsichtlich des Umfang des Schadensersatzanspruchs, seiner Durchsetzbarkeit und der Zinsnebenforderung gelten die obigen Ausführungen zu 2. entsprechend.

d. Der Beklagten zu 2.) fehlte auch eine Erlaubnis nach § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG. Nach dieser Vorschrift muss jeder, der im Inland Finanzdienstleistungen vertreibt, eine Erlaubnis hierfür haben, wenn diese Tätigkeit ihrem Umfang nach einen kaufmännisch eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 KWG zählt zu den Finanzdienstleistungen auch die Vermittlungen von Kapitalanlagen. Dies ist bei der Beklagten zu 2. der Fall, da sie, wie oben dargestellt, in Deutschland ca. 5000 Beteilungen an der Beklagten zu 1. vermittelte. Zwischen den Parteien ist auch unstreitig, dass die Beklagte zu 2. keine solche Erlaubnis beantragt hatte (Bl. 207, 238 GA). § 32 KWG ist ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB (BGH, Urteil vom 21.04.2005 - III ZR 238/03). Gegen diese Vorschriften hat der Vorstand der Beklagten zu 2. zumindest fahrlässig verstoßen. Dadurch ist dem Kläger ein Schaden entstanden, weil bei einer ordnungsgemäßen Anzeige gemäß § 32 KWG die zuständige Behörde den Vertrieb der Anteile der Beklagten zu 1. aus den oben genannten Gründen gemäß § 8 Auslandinvestmentgesetz untersagt hätte, und der Kläger infolge dessen nicht die Beteiligungen an der Beklagten zu 1. hätte kaufen können. Daher ist er gemäß § 249 BGB so zu stellen, wie wenn er die Anteile der Beklagten zu 1. nicht gezeichnet hätte. Auch aus diesem Grund ist ihm dass eingesetzte Kapital zu erstatten, da die oben Ausführungen zur Durchsetzbarkeit des Anspruchs hier entsprechend gelten.

4. Die gesamtschuldnerische Haftung der Parteien ergibt sich aus § 840 Abs. 1 BGB.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, 100 Abs. 4 ZPO.

Der Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO in Verbindung mit § 26 Nr. 8 EGZPO.

Die Revision wird gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht zugelassen. Das Urteil hat keine grundsätzliche Bedeutung und eine Entscheidung des Revisionsgerichts ist weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Wie oben dargelegt, weicht das Urteil entgegen der Meinung der Beklagten nicht von der Rechtsprechung anderer Oberlandesgericht ab.

Ende der Entscheidung

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