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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 08.11.2005
Aktenzeichen: I-24 U 30/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 280
BGB § 535
1. Übt der Leasinggeber bei Vertragsende sein Andienungsrecht aus, kommt der Kaufvertrag mit dem Leasingnehmer mit Zugang dieser Erklärung zustande.

2. Mit Ausübung des Andienungsrechts endet das Wahlrecht des Leasinggebers, die Vollamortisation aus dem Leasinggeschäft noch auf anderem Wege zu erreichen.

3. Der Leasingnehmer gerät mit der Kaufpreiszahlung erst in Verzug, wenn ihm der Leasinggeber das Leasingobjekt in Annahmeverzug begründender Weise angeboten hat.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

I-24 U 30/05

Verkündet am 08.11.2005

In dem Rechtsstreit

hat der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die am 18. Oktober 2005 geschlossene mündliche Verhandlung unter Mitwirkung seiner Richter Z, T und H

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten werden das am 17. Januar 2005 verkündete Urteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal -Einzelrichter- abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Kosten beider Rechtszüge werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

Das Rechtsmittel der Beklagten, mit welchem sie ihre gesamtschuldnerische Verurteilung zur Zahlung von Schadensersatz (10.364,96 EUR nebst gesetzlicher Verzugszinsen) bekämpfen, hat vollen Erfolg. Sie schulden der klagenden Leasinggesellschaft nach beendetem Leasingvertrag nichts mehr.

I.

Allerdings haben die Beklagten als (gewerblich tätige) Leasingnehmer der Klägerin grundsätzlich und leasingtypisch für die volle Amortisation des Finanzierungsaufwands einschließlich des kalkulierten Gewinns einzustehen, wenn, wie es hier geschehen ist, für das Vertragsende ein Restwertausgleich vereinbart worden ist. Die Klägerin hat indes den Anspruch auf volle Amortisation verloren.

1.

Bei dem hier umstrittenen Leasingverhältnis handelt es sich um einen Teilamortisa-tionsvertrag mit vereinbarter Restwertabrechnung bei fakultativem Andienungsrecht der Leasinggeberin (Klägerin) im Sinne des Teilamortisationserlasses des Bundesministers der Finanzen vom 22. Dezember 1975 (vgl. BB 1976, 72). Daraus folgt, dass sich die Amortisation des Finanzierungsaufwands einschließlich des Gewinns zusammensetzt aus den Leasingraten während der vereinbarten Vertragslaufzeit einerseits und dem im Vertrag ausgewiesenen kalkulierten Restwert andererseits. Erfüllt wird der Anspruch durch die Bezahlung der vereinbarten Leasingraten (hier bereits geschehen) sowie bei Vertragsende durch eine Schlusszahlung in Höhe des kalkulierten Restwerts. Der Klägerin standen zur Verwirklichung der Schlusszahlung grundsätzlich zwei Wege zur Verfügung. Sie konnte zum einen die Restwertabrechnung gemäß Nr. XIV.2 der Leasingbedingungen wählen, also für die bestmögliche Verwertung des Kraftfahrzeugs auf dem Gebrauchtwagenmarkt sorgen und die möglicherweise verbleibende Differenz zwischen dem erzielten Veräußerungserlös und dem kalkulierten Restwert als Schlusszahlung einfordern. Sie konnte zum andern aber auch das bei Vertragsschluss mit den Beklagten vereinbarte Andienungsrecht ausüben und die Schlusszahlung in Gestalt des Kaufpreises in Höhe des kalkulierten Restwerts verwirklichen.

2.

Die Klägerin ist den zweiten Weg gegangen, wobei sie allerdings die ihr daraus erwachsenen Rechte durch fehlerhaftes Vorgehen verloren hat.

a)

Wird bei Vertragsende das vereinbarte Andienungsrecht durch den Leasinggeber ausgeübt, kommt schon mit dem Zugang der Ausübungserklärung zwischen Leasinggeber und Leasingnehmer der bereits bei Vertragsschluss unter dem Vorbehalt der Ausübung des Andienungsrechts vereinbarte Kaufvertrag zustande (vgl. BGH NJW 1996, 923 und NJW 1997, 452, 453 sub Nr. II.1; MünchKomm/Habersack, BGB, 4. Aufl., Leasing Rn. 110; Staudinger/Stoffels, BGB [2004], Leasing Rn. 297; Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 9. Aufl. Rn. 1992; Graf v. Westphalen, Der Leasingvertrag, 5. Aufl., Rn. 99ff; vgl. zur Ausübung des rechtsähnlichen Wiederverkaufsrechts auch BGHZ 110, 183, 189 sub Nr. II.3 = NJW 1990, 2546).

b)

Im Streitfall ist bereits mit dem Zugang der Ausübungserklärung vom 05. November 2003 ein Kaufvertrag zwischen den Parteien zustande gekommen. Dazu bedurfte es nicht noch eines erneuten Angebots und einer Annahmeerklärung der Beklagten (insoweit wohl unrichtig OLG Düsseldorf - 10. ZS - NJW-RR 1994, 1337). Das gleichzeitig mit der Ausübung des Andienungsrechts erneut unterbreitete Verkaufsangebot vom 05. November 2003 ist im Übrigen ohne rechtliche Wirkung geblieben, weil die Beklagten es nicht angenommen haben und es auch nicht annehmen mussten. Gebunden waren sie nur an das vereinbarte Andienungsrecht.

Auf der Grundlage des ausgeübten Andienungsrechts ist der Kaufvertrag zu den bei Vertragsschluss vereinbarten Bedingungen zustande gekommen. Nach denen hat sich die Klägerin verpflichtet, den Beklagten Eigentum und Besitz am geleasten Kraftfahrzeug gegen Zahlung eines Kaufpreises in Höhe des kalkulierten Restwerts (garantierter Kaufpreis) von 24.009,18 DM (12.275,70 EUR) zu verschaffen.

c)

Gegenstand der Klage ist aber nicht der in Rede stehende Erfüllungsanspruch (Kaufpreis), sondern ein von der Klägerin beanspruchter Schadensersatz statt der Leistung wegen der Nichterfüllung des Kaufvertrags. Ein solcher Schadensersatzanspruch steht der Klägerin indes nur unter den Voraussetzungen des § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB zu, der gemäß Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB auf das hier umstrittene Vertragsverhältnis seit dem 01. Januar 2003 anzuwenden ist.

aa)

Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch ist gemäß §§ 280 Abs. 2, 286 BGB unter anderem, dass sich die Beklagten mit ihrer Leistung (Zahlung) in Verzug befunden hatten. Das war hier nicht der Fall. Denn dem Zahlungsverlangen der Klägerin stand seitens der Beklagten die Einrede des nicht erfüllten Vertrags gemäß § 320 Abs. 1 BGB entgegen, ohne dass es einer ausdrücklichen Erhebung dieser Einrede bedurfte hätte (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 323 Rn. 11; Staudinger/Otto, BGB [2004], § 320 Rn. 46 jew. m.w.N.). Die Beklagten waren zur Zahlung des von ihnen garantierten Kaufpreises nämlich nur Zug-um-Zug gegen Verschaffung von Besitz und Eigentum am Kraftfahrzeug verpflichtet. Da sich das Kraftfahrzeug seit dem 03. November 2003 wieder im Besitz der Klägerin befunden hatte, musste sie ihr Erfüllungsverlangen (Zahlung) verbinden mit dem an die Beklagten gerichteten Angebot, ihnen Zug-um-Zug den Besitz und das Eigentum am Kraftfahrzeug zu verschaffen (vgl. BGH NJW 1996, 923 sub Nr. II vgl. BGH NJW 1996, 923 sub Nr. II ). Ohne rechtlichen Belang ist in diesem Zusammenhang, dass die Beklagten (im Unterschied zur zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofes aaO) den Besitz am Kraftfahrzeug freiwillig, nämlich in Befolgung der vereinbarten Rückgabepflicht nach Beendigung des Leasingvertrags (vgl. Nr. XIV.1a Leasingbedingungen) auf die Klägerin übertragen hatten. Maßgeblich ist nur, dass sie bei Ausübung des Andienungsrechts durch die Klägerin keinen Besitz mehr am Kraftfahrzeug hatten. Ein (ausdrückliches) Angebot zur Eigentums- und Besitzverschaffung wäre nur dann überflüssig gewesen, wenn das Kraftfahrzeug im Besitz der Beklagten geblieben wäre.

Die bloße Zahlungsaufforderung vom 05. November 2005 vermochte keinen Annahmeverzug bei den Beklagten auszulösen. Denn nur nach Eintritt des Annahmeverzugs auf Seiten der Beklagten (und nach Ablauf der am 08. Dezember 2003 gesetzten Nachfrist zur Erfüllung des Zahlungsbegehrens) konnte unter Erlöschen des primären Erfüllungsanspruchs der sekundäre Schadensersatzanspruch entstehen (vgl. BGH NJW 1996, 923 sub Nr. II). Da die Klägerin ein wirksames, den Annahmeverzug begründendes Angebot den Beklagten zu keinem Zeitpunkt unterbreitet hat, war die Rücktrittserklärung der Klägerin vom 08. Januar 2004 nicht wirksam. Ein Schadensersatzanspruch ist deshalb nicht entstanden (vgl. BGH aaO).

bb)

Die Klägerin kann auch nicht mehr auf den Erfüllungsanspruch zurückgreifen. Offen bleiben kann, ob dies mit Blick auf die getroffene Wahl (Schadensersatz statt Leistung) gemäß § 281 Abs. 4 BGB schon aus rechtlichen Gründen ausgeschlossen ist (vgl. Palandt/Heinrichs, aaO, § 281 Rn. 50 a, 51), weil die Klägerin die Beklagten zur Ersatzleistung aufgefordert hat. Ob das Verlangen wirksam sein musste oder - wie hier - auch ein Schadensersatzbegehren ohne gesetzliche Grundlage ausreicht, kann auf sich beruhen.

Jedenfalls kann die Klägerin aus tatsächlichen Gründen nicht mehr Erfüllung verlangen, nachdem sie das Kraftfahrzeug anderweitig verwertet hat (vgl. BGH NJW 1996, 923 sub Nr. II). Auch ist es ihr mit Blick auf das ausgeübte Andienungsrecht verwehrt, auf die in Nr. XIV.2 der Leasingbedingungen vereinbarte allgemeine Restwertabrechnung zurückzugreifen (vgl. BGH aaO und OLG Düsseldorf NJW-RR 1994, 1337). Darin liegt kein Verstoß gegen das leasingtypische Vollamortisationsprinzip. Denn Vollamortisation kann der Leasinggeber nur innerhalb der vertraglichen und gesetzlichen Grenzen erlangen (vgl. BGH NJW 1997, 4552, 453 und 2001, 2165, 2166 sub Nr. II.1). Die Klägerin hat ihr Wahlrecht (vgl. oben sub Nr. 1) ausgeübt. Daran ist sie endgültig gebunden (vgl. § 263 Abs. 1 und 2 BGB).

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Es besteht kein Anlass, die Revision zuzulassen, § 543 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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