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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 17.11.2008
Aktenzeichen: I-24 U 39/08
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 535
BGB § 542
Zur Auslegung eines umsatzabhängigen Sonderkündigungsrechts des Mieters.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF Beschluss

I-24 U 39/08

In dem Rechtsstreit

hat der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf unter Mitwirkung seiner Richter Z., T. und S. am 17. November 2008 einstimmig

beschlossen:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 21. Januar 2008 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg -Einzelrichterin- wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Berufungsstreitwert: 5.488,92 EUR

Gründe:

I.

Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg, § 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Das Landgericht hat die beklagte Mieterin mangels wirksamer Kündigung des bis zum 31. Dezember 2009 befristet vereinbarten Mietverhältnisses zu Recht zur Zahlung der mit der Klage geltend gemachten Mietdifferenz in Höhe von 5.488,92 EUR (2 Mon x 2.744,46 EUR/Mon) nebst Zinsen für die Monate August und September 2005 verurteilt. Die dagegen vorgebrachten Berufungsgründe rechtfertigen im Ergebnis keine der Beklagten günstigere Entscheidung. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen nimmt der Senat Bezug auf seinen Hinweisbeschluss vom 23. Oktober 2008. Dort hat der Senat im Wesentlichen ausgeführt:

"1.

Die Parteien streiten auch im Berufungsrechtszug um die Auslegung der Sonderkündigungsklausel in § 2 Abs. 7 Mietvertrag (MV, künftig: Sonderkündigungsklausel), die der Beklagten das Recht einräumt, das befristete Mietverhältnis durch eingeschriebenen Brief bis spätestens zum 31. Dezember 2004 vorzeitig zu beenden, wenn die "Umsatzentwicklung" des Standorts in den Wirtschaftsjahren ab 01. Januar 2000 gegenüber dem dort von der Vormieterin (jetzige Untermieterin) erzielten Umsatz des Jahres 1999 (künftig: Schwellenwert) jährlich um 15 % sinkt. Die in diesem Zusammenhang umstrittene Frage, ob bei der Feststellung des Schwellenwerts Sachentnahmen des Unternehmers im Sinne des § 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG umsatzsteigernd zu berücksichtigen sind, wie es das Landgericht mit der Klägerin (Vermieterin) angenommen hat, oder ob das, wie die Beklagte meint, zu unterbleiben hat, weil Entnahmen jeglicher Art jedenfalls keine Beiträge zur "Umsatzentwicklung" im Sinne der vertraglich vereinbarten Sonderkündigungsklausel seien, bedarf keiner Entscheidung.

2.

Dies kann deshalb offen bleiben, weil die (an sich fristgemäß erklärte) Kündigung der Beklagten vom 16. Dezember 2004 aus anderen Gründen unwirksam ist. Sie genügt nämlich schon nach ihrem Erklärungsinhalt nicht den Anforderungen, welche die Parteien vertraglich vereinbart haben.

a) Gegenstand der Sonderkündigungsklausel ist der schon oben (sub I.1) genannte Schwellenwert, der den Umsatz des Wirtschaftsjahres 1999 (künftig: Bezugsjahr) mit den Jahresumsätzen der folgenden Wirtschaftsjahre (künftig: Vergleichsjahre) ins Verhältnis setzt. Das der Beklagten eingeräumte Sonderkündigungsrecht wird nur ausgelöst, wenn der Jahresumsatz eines bestimmten Vergleichsjahres hinter dem des Bezugsjahres um mindestens 15% zurückbleibt. Da es sich dabei um einen Sonderkündigungsgrund handelt, der im Gegensatz zu den im gewerblichen Mietrecht gesetzlich geregelten Kündigungsgründen ausschließlich im Wahrnehmungs- und Risikobereich der Beklagten liegt, gehört zur Wirksamkeit der Kündigungserklärung wenigstens die schlüssige Darlegung der beiden zu vergleichenden Jahresumsätze, aus deren Differenz sich der Umsatzrückgang von mindestens 15% ergeben soll (formelle Wirksamkeit). Ohne diese Mindestangaben ist die Klägerin nämlich nicht in der Lage, wenigstens den Eintritt des äußeren Tatbestands des vereinbarten Sonderkündigungsrechts und damit die Relevanz der Kündigungserklärung zu überprüfen (vgl. dazu BGH NJW-RR 2003, 152).

In diesem Sinne haben die Parteien, insbesondere aber auch die Beklagte, die das gesamte Vertragswerk entworfen und gestellt hat, die Sonderkündigungsklausel auch verstanden. Das nimmt der Senat als wesentliches Indiz für die gemäß §§ 133, 157 BGB gebotene Auslegung dieser vertraglichen Bestimmung (vgl. dazu BGH NJW 2003, 2748 sub II.2b; 2005, 3205 jew. m. w. N.). Die Beklagte hat nämlich nicht nur in der hier umstrittenen, sondern schon in der (unstreitig unwirksamen) Kündigungserklärung vom 08. März 2004 die jeweiligen Jahresumsätze genannt, um der Klägerin die vertraglich vereinbarte Kontrolle des vorgebrachten Kündigungsgrundes zu ermöglichen.

b) Die der Kündigungserklärung vom 16. Dezember 2004 beigefügte Anlage vom 06. Dezember 2004 (künftig: Anlage) enthält zwar Umsatzzahlen. Diese sind aber gemessen an der vertraglichen Vorgabe irrelevant. Sie ergeben nicht in schlüssiger Weise einen Umsatzrückgang von mindestens 15% im Vergleichsjahr 2004 im Verhältnis zum Bezugsjahr 1999. Der in der Anlage genannte Umsatzrückgang (15,01%) nimmt hinsichtlich des Jahres 2004 auf eine unrichtige Vergleichsgröße Bezug, nämlich auf den Rumpfjahresumsatz der Monate Januar bis November 2004 (11 Monate) statt auf den in der Kündigungsklausel vereinbarten Jahresumsatz 2004 (12 Monate). Dabei kann offen bleiben, ob der für das Bezugsjahr genannte Umsatz von 2.003.855,94 EUR den Jahresumsatz 1999 (12 Monate) oder, was durchaus unklar bleibt und zu Lasten der Beklagten geht, ebenfalls nur den der Monate Januar bis November 1999 (11 Monate) meint. Dafür sprechen die sonstigen Angaben der Parteien zum Umsatz 1999 (2.414.335,00 - Anlage vom 15.02.2004; 2.208.160,63 - Klageerwiderung S. 5). Auch wenn der letztgenannte Fall (11 Monate) zutreffen sollte, ist die Kündigungserklärung formell unwirksam, denn die Parteien haben nicht den Vergleich von Rumpfgeschäftsjahren vereinbart. Diesbezüglich ist die sprachlich und nach ihrem Sinngehalt eindeutige Sonderkündigungsklausel auch nicht auslegungsfähig, geschweige denn auf den Vergleich von Rumpfgeschäftsjahren analog anwendbar.

c) Dem kann nicht entgegen gehalten werden, eine erweiternde Auslegung oder analoge Anwendung der Sonderkündigungsklausel sei deshalb geboten, weil der Beklagten andernfalls mit Blick auf die fehlende Kenntnis der Umsätze des Wirtschaftsjahrs 2004 bis zum Ablauf des letzten Kündigungstermins (31. Dezember 2004) das auch im Wirtschaftsjahr 2004 eingeräumte Sonderkündigungsrecht entzogen würde. Dieser Einwand überzeugt schon zur tatsächlichen Seite wenig, weil bei einer in Betracht kommenden Sonderkündigung noch am 31. Dezember 2004 der Beklagten zumutbar war, entsprechende Vorbereitungen zu treffen. Die Erfassung und Übermittlung des (zeitlich allein prekären) Dezemberumsatzes 2004 waren notfalls auf elektronischem Weg noch rechtzeitig möglich. Maßgeblich ist indessen in rechtlicher Hinsicht, dass das damit verbundene Risiko bei der Beklagten lag, die das Vertragswerk entworfen und gestellt hatte und sich von der Klägerin ein Sonderkündigungsrecht hatte einräumen lassen, das wegen seines Ausnahmecharakters hinsichtlich der Voraussetzungen keine erweiternde, sondern - im Gegenteil - eine enge Auslegung gebietet (vgl. BGH NJW-RR 2003, 152; Senat MDR 2009, 356 = OLGR Düsseldorf 2009, 167). Daraus folgt, dass nach dem Inhalt der Sonderkündigungsklausel erforderliche Vergleichsumsätze, die der Beklagten bis zum Ablauf des 31. Dezember 2004 nicht zur Verfügung stehen, eben nicht zur Begründung einer Sonderkündigung herangezogen werden können. Das ist mit dem Wortlaut und Sinn und Zweck der Sonderkündigungsklausel auch vereinbar. Denn es konnte aus der maßgeblichen Sicht bei Vertragsschluss durchaus im Interesse der Beklagten liegen, das Sonderkündigungsrecht auf der Grundlage einer negativen, das Sonderkündigungsrecht auslösenden Umsatzentwicklung im Vergleichsjahr 2003 noch bis zum 31. Dezember 2004 auszuüben. Ein solches Interesse hätte nämlich dann bestanden, wenn sich eine negative Umsatzentwicklung im Jahre 2003 auch im Verlauf des Jahres 2004 fortsetzte. Berechtigte aber, wie im Streitfall tatsächlich eingetreten, die Umsatzentwicklung in den Jahren 2000 bis 2003 noch nicht zur Ausübung des Sonderkündigungsrechts, dann bestand nach dem festgestellten Vertragsinhalt kein schützenswertes Interesse der Beklagten mehr daran, allein auf der Grundlage einer negativen Umsatzentwicklung im Vergleichsjahr 2004 das Sonderkündigungsrecht noch in Anspruch zu nehmen."

II.

An dieser Beurteilung hält der Senat fest. Die dagegen vorgebrachten Einwände der Beklagten im Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 13. November 2008 geben kein Anlass zu einer abweichenden Beurteilung. Weshalb es technisch unmöglich gewesen sein soll, den Umsatz des Monats Dezember 2004 nach Geschäftsschluss am 31. Dezember 2004, 14.00 Uhr zu erfassen und der Beklagten zu übermitteln, um ihr ggf. zu ermöglichen, noch vor Ablauf dieses Tages von ihrem Sonderkündigungsrecht Gebrauch zu machen, erläutert die Beklagte nicht. Auch die rechtlichen Einwände teilt der Senat nicht. Insbesondere die Auffassung der Beklagten, der Senat verkürze das der Beklagten vertraglich eingeräumte Sonderkündigungsrecht um ein Jahr, trifft nicht zu. Zu den Möglichkeiten der Beklagten, von ihrem Kündigungsrecht sinnvoll Gebrauch zu machen, hat sich der Senat in seinem Hinweisbeschluss ausführlich geäußert.

III.

Auch die sonstigen Voraussetzungen für eine Entscheidung im Beschlussverfahren sind erfüllt. Die Rechtssache hat nämlich weder grundsätzliche Bedeutung (§ 522 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats im Urteilsverfahren (§ 522 Abs. 2 Nr. 3 ZPO).

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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