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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 24.07.2009
Aktenzeichen: I-24 U 67/08
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 164
BGB § 535
Zu den Voraussetzungen, unter denen ein Mietvertrag nach Rechtsscheinsgesichtspunkten zustande kommt (hier: verneint).
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

I-24 U 67/08

In dem Rechtsstreit

hat der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf unter Mitwirkung seiner Richter Z., T. und P. am 24. Juli 2009 einstimmig

beschlossen:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 21. Februar 2008 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Berufungsstreitwert: 18.182,22 EUR

Gründe:

I. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg, § 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Das Landgericht hat mit der angefochtenen Entscheidung zu Recht sein gegen die Beklagte antragsgemäß ergangenes Versäumnisurteil vom 12. April 2007 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Beklagte schuldet der Klägerin nicht den mit der Klage geltend gemachten Schadensersatz (18.198,22 EUR nebst Kosten und Zinsen) wegen der behaupteten Beschädigung einer vermieteten Arbeitsbühne. Die Beklagte ist, wie das Landgericht zu Recht festgestellt hat, nicht Partnerin des Maschinenmietvertrags, aus dem die Klägerin den Schadensersatz herleitet. Die dagegen vorgebrachten Berufungsgründe rechtfertigen keine der Klägerin günstigere Entscheidung.

Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen nimmt der Senat Bezug auf seinen Hinweisbeschluss vom 28. Mai 2009. Dort hat der Senat im Wesentlichen ausgeführt:

1. Der Senat teilt uneingeschränkt die Rechtsauffassung des Landgerichts, dass die Beklagte nicht Mieterin des allerdings unstreitig in ihrem Namen am 12. September 2006 von ihrem Ehemann (künftig: Ehemann) mit dem Geschäftsführer der Klägerin ausgehandelten und abgeschlossenen Mietvertrags geworden ist. In diesem Zusammenhang ist nur die Frage zu prüfen, ob das Vertragsverhältnis nach Rechtsscheinsgesichtspunkten zustande gekommen ist, denn die Klägerin nimmt die ihr zwar nachteilige, aber nicht zu beanstandende Feststellung des Landgerichts hin, der Ehemann habe bei Vertragsschluss ohne rechtsgeschäftliche Vollmacht (§ 167 BGB) gehandelt.

2. Der Ehemann hat die Beklagte nicht nach den Grundsätzen der Duldungs- oder Anscheinsvollmacht wirksam verpflichtet.

a) Eine Duldungsvollmacht liegt dann vor, wenn der Vertretene es - in aller Regel in mehreren Fällen und über einen längeren Zeitraum - wissentlich geschehen lässt, dass ein anderer für ihn als Vertreter auftritt und der Geschäftsgegner dieses Dulden nach Treu und Glauben dahin versteht und verstehen darf, dass der als Vertreter Handelnde bevollmächtigt ist (BGHZ 5, 111, 116; BGH, NJW 2005, 2985, 2987, sub Nr. II.2b, bb (1); BGH NJW 2007, 987, 988 sub II.2a jew. m. w. Nachw.; vgl. auch Senat ZIP 2000, 580 = OLGR Düsseldorf 2000, 184 sub III.1b).

Eine Verpflichtung nach den Grundsätzen der Duldungsvollmacht scheidet im Streitfall schon deshalb aus, weil die Klägerin keine Tatsachen aus der Zeit vor dem 12. September 2006 vorträgt, aus denen sich ergibt, dass die Beklagte irgendwelche Auftritte des Ehemanns in ihrem Namen im rechtsgeschäftlichen Verkehr kannte und duldete. Die Klägerin nennt keinen Fall.

b) Die Anscheinsvollmacht unterscheidet sich von der Duldungsvollmacht dadurch, dass bei ihr der Vertretene das Handeln des in seinem Namen Auftretenden zwar nicht kennt und duldet, es aber bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen müssen und verhindern können (vgl. BGH NJW 1998, 1854, 1855 sub Nr. II.2a m. w. Nachw.; BGH NJW 2007, 987, 989 sub II.3b). Wie die Duldungsvollmacht erfordert jedoch auch die Anscheinsvollmacht, dass der Geschäftsgegner ohne Fahrlässigkeit nach Treu und Glauben annehmen darf, der als Vertreter Handelnde - in aller Regel in mehreren Fällen und über einen längeren Zeitraum - sei bevollmächtigt (BGH, aaO; NJW-RR 1986, 1169). Das setzt regelmäßig voraus, dass der Geschäftsgegner die Tatsachen kennt, aus denen sich der Rechtsschein der Bevollmächtigung ergibt (BGH NJW 1956, 460 sub Nr. II.2; NJW 1962, 1003, sub II.2).

Nach diesen Grundsätzen scheidet eine Verpflichtung der Beklagten schon deshalb aus, weil die Klägerin keine Tatsachen nennt, aus welchen der Schluss gezogen werden könnte, die Beklagte hätte bei entsprechend zumutbarer Sorgfalt wissen können, dass der Ehemann in ihrem Namen (unternehmensbezogene oder private) Geschäfte abschloss.

aa) Die Tatsache, dass die Beklagte Miteigentümerin des Grundstücks ist, auf dem die Mietsache als Arbeitsbühne wegen eines erforderlich gewordenen Gebäudeaußenanstrichs eingesetzt werden sollte (künftig: Wohngrundstück), rechtfertigt diesen Schluss nicht. Diese Tatsache ist nicht eindeutig, sondern ambivalent und wird weiter dadurch relativiert, dass der Geschäftsführer der Klägerin unstreitig zu keinem Zeitpunkt wegen des hier umstrittenen Mietvertrags mit der Beklagten persönlichen Kontakt hatte und dass das aktuelle Leistungsinteresse auch nicht von ihr, sondern von ihrem Sohn ausgegangen ist. Dieser nämlich hatte sich unstreitig kurze Zeit vor dem 12. September 2006 nach der zu mietenden Arbeitsbühne fernmündlich erkundigt und dieser hatte (auch) ein persönliches Interesse an der von der Klägerin angebotenen Leistung, weil er das zu renovierende Gebäude bewohnte. Mit Ihrer erstmals im Berufungsrechtszug aufgestellten Behauptung, die Beklagte sei Mitbewohnerin dieses Hauses, ist die Klägerin zweitinstanzlich präkludiert (§§ 529, 531 Abs. 2 ZPO), so dass es auf die Frage nicht mehr ankommt, ob diese weitere Tatsache im Zusammenhang mit dem bisherigen Vortrag überhaupt geeignet wäre, den erforderlichen Rechtsschein zu erzeugen.

bb) Auch die Tatsache, dass die Beklagte unstreitig auf einem anderen Grundstück ein Transportgeschäft betreibt, begründet weder für sich allein noch zusammen mit ihrem Miteigentum am Wohngrundstück den erforderlichen Rechtsschein. Das wäre gewiss dann anders, wenn festgestellt werden könnte, dass der Ehemann üblicherweise derartige Geschäfte namens der Beklagten abschließt, um ihr etwa steuerliche Vorteile daraus zu verschaffen. Derartiges behauptet die Klägerin aber gar nicht und konkrete Anhaltspunkte für ein solches Interesse der Beklagten liegen auch nicht vor. Im Gegenteil, der auf den Namen der Beklagten ausgestellte Lieferschein blieb unstreitig in den Händen der Klägerin und die Beklagte hat wegen der hier umstrittenen Leistung keine Rechnung der Klägerin erhalten, geschweige denn, dass jene eine solche verlangt hätte. Den Mietpreis hat der Ehemann vielmehr unstreitig sogleich in bar und ohne Rechnung bezahlt, so dass es durchaus zwar Anhaltspunkte dafür gibt, dass steuerliche Interessen im Spiele gewesen sind, jedenfalls aber nicht solche der Beklagten.

II. An diesen Erwägungen hält der Senat fest. Die dagegen noch erhobenen Einwendungen der Klägerin, die sich allein gegen die Erwägungen des Senats zur Frage der Anscheinsvollmacht richten, geben keinen Anlass für eine abweichende Beurteilung.

1. Ohne Einfluss auf den Rechtsstreit bleibt, dass die Klägerin ausweislich des Handelsregisterauszugs (HRA XXX AG Duisburg) nach abgeschlossener Liquidation am 09. Juli 2009 gelöscht worden ist. Eine Vollbeendigung ihrer rechtlichen Existenz ist mit Blick auf den hier behaupteten vermögenswerten Anspruch damit noch nicht verbunden, solange über den Bestand der von ihr beanspruchten Forderung noch nicht rechtskräftig entschieden ist (vgl. BGH NJW 1995, 196; 1996, 2035; Musielak/Weth, ZPO, 6. Aufl., § 50 Rn 18 m.w.N.; vgl. auch BGH NJW 2002, 1207 und Senat, Urt. v. 02.12.2008, Az. I - 24 U 29/08 sub III.1 [n.v.]).

2a) Auch wenn als richtig unterstellt wird, dass die Beklagte nicht unter der im Klagerubrum angegebenen Anschrift (A-Straße 10), sondern unter der Anschrift und in dem Haus wohnt, an dem die gemietete Arbeitsbühne zum Einsatz gekommen ist (A-Straße 5), begründet das nicht den Anschein, sie habe den Ehemann beauftragt, in ihrem Namen die Arbeitsbühne zu mieten. Da in diesem Haus auch der Ehemann und der Sohn der Eheleute wohnhaft sind, der sich als erster bei der Klägerin für die Anmietung der Arbeitsbühne interessiert hatte, reicht das nicht aus.

b) Ferner kann als richtig unterstellt werden, dass die Beklagte bei dem am 13. September 2006 geführten Gespräch mit dem Ehemann der früheren Geschäftsführerin der Klägerin von der Anmietung der Arbeitsbühne wusste. Da die Renovierungsarbeiten tags zuvor an dem Haus durchgeführt worden waren, gibt dieses Wissen für die Frage nach dem Bestand der Anscheinsvollmacht nichts her. Diese erfordert nämlich, dass der Vertretene bei der ihm zumutbaren Sorgfalt vor dem umstrittenen Rechtsgeschäft wissen und verhindern konnte, dass der Vertreter in seinem Namen im Rechts- und Geschäftsverkehr auftritt, ohne dazu bevollmächtigt zu sein. Das nachträglich gewonnene Wissen reicht dafür nicht aus.

c) Soweit die Klägerin unter Beweisantritt behauptet, aus dem Gesprächsinhalt habe sich schließen lassen, dass die Beklagte gewusst habe, ihr Ehemann sei bei der Anmietung in ihrem Namen aufgetreten, ist dem nicht weiter nachzugehen. Die Klägerin gibt nämlich die einzelnen Tatsachen nicht bekannt, aus denen diese Schlussfolgerung gezogen werden könnte, so dass dieser Beweisantritt unzulässig ist.

d) Soweit die Klägerin schließlich behauptet, der Ehemann habe bei der Bestellung die Visitenkarte der Beklagten präsentiert, kann auch das als richtig unterstellt werden. Auch das begründet nicht hinreichend den Anschein der Bevollmächtigung. Da die Klägerin nicht behauptet und auch sonst nicht ersichtlich ist, dass der Ehemann im Geschäft der Beklagten (mit)arbeitet, kann bei einmaliger Verwendung der Visitenkarte nicht festgestellt werden, dass die Beklagte bei hinreichender Sorgfalt ein solches Vorgehen ihres Ehemannes hätte wissen und verhindern können.

3. Die Klägerin wird bei dieser rechtlichen Beurteilung nicht schutzlos gestellt. Tritt eine Person im Rechts- und Geschäftsverkehr im Namen eines Dritten auf, ohne dass das in feststellbarer Weise mit dem Wissen und Wollen des (angeblich) Vertretenen geschieht, so kontrahiert der Geschäftsgegner nicht deshalb, weil er dem Vertretenen vertraut, sondern weil er dem Vertreter vertraut. Wird dieses Vertrauen enttäuscht, muss sich der Geschäftsgegner eben an den Vertreter und nicht an den Vertretenen halten, § 179 Abs. 1 BGB.

III. Auch die weiteren Voraussetzungen für eine Entscheidung im Beschlussverfahren liegen vor. Die Rechtssache hat nämlich weder grundsätzliche Bedeutung (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO) noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats im Urteilsverfahren (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO).

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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