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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 22.06.2004
Aktenzeichen: I-24 W 36/04
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 935
ZPO § 940
BGB § 546
Die Einstellung der Mietzinszahlung und die Weigerung des Mieters, die Mieträume herauszugeben, rechtfertigen ohne weitere Umstände nicht den Erlass einer Räumungsverfügung.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

I-24 W 36/04

In dem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung

hat der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf durch den Richter T als Einzelrichter am 22. Juni 2004

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 8. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg -Einzelrichter- vom 27. Mai 2004 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Der Streitwert für beide Rechtszüge, für den ersten Rechtszug unter Abänderung der abweichenden Wertfestsetzung im angefochtenen Beschluss, wird auf 133.646,40 EUR festgesetzt.

Gründe:

Das zulässige Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg. Das Landgericht hat zu Recht die begehrte Leistungsverfügung versagt.

I. Der Erlass einer einstweiligen Verfügung setzt gemäß §§ 935, 940 ZPO die Glaubhaftmachung eines Verfügungsanspruchs und eines Verfügungsgrundes voraus.

Einen Verfügungsanspruch, nämlich einen schuldrechtlichen Herausgabeanspruch aus § 546 Abs. 1 BGB nach beendetem Mietverhältnis, hat die Verfügungsantragstellerin (nachfolgend Antragstellerin genannt) glaubhaft gemacht. Einen Verfügungsgrund hat sie indes nicht schlüssig vorgetragen. Ein solcher liegt gemäß §§ 935, 940 ZPO dann vor, wenn zu besorgen ist, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts einer Partei im Hauptsacheverfahren vereitelt oder wesentlich erschwert wird (Sicherungsverfügung) oder wenn zur Verhinderung von Gewalt, zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder aus son-stigen gleichwertigen Gründen vor der Entscheidung des Streits im Hauptsacheverfahren eine einstweilige Regelung eines Rechtsverhältnisses erforderlich ist (Regelungsverfügung).

1. Eine Sicherungsverfügung scheidet schon deshalb aus, weil dem umstrittenen Anspruch auf Herausgabe des (bebauten) Grundstücks nach dem eigenen Vortrag der Antragstellerin durch die schlichte Herausgabeverweigerung der Antragsgegnerin keine Vereitelung oder wesentliche Erschwerung der Rechtsdurchsetzung im Hauptsacheverfahren droht.

2. Aber auch eine Regelungsverfügung ist nicht erforderlich. Die Antragsgegnerin hat den Besitz an der Mietsache nicht durch verbotene Eigenmacht, sondern durch Besitzüberlassung der Antragstellerin erlangt. Der bloße Ablauf des Mietvertrags und die Weigerung der Antragsgegnerin, die Sache an die Antragstellerin herauszugeben, macht den Besitz zwar unberechtigt, aber nicht fehlerhaft im Sinne des § 858 BGB. Zur Abwendung wesentlicher Nachteile kann dann eine einstweilige Verfügung erlassen werden, wenn über die bloße Herausgabeverweigerung und fortgesetzte Nutzung der Sache hinaus Rechtsnachteile drohen. Das ist etwa dann der Fall, wenn der unberechtigte Besitzer die Sache in einer vom Vertrag nicht mehr gedeckten Weise nutzt und der Sachsubstanz aus diesem Grunde konkrete Gefahr droht. Die schlichte Weiterbenutzung der Sache im Rahmen des Vertragszwecks, die die Antragstellerin hier (nur) beklagt, reicht dafür nicht aus (Senat, Beschluss v. 04.01.1999 -24 W 93/98- n.v.; OLG Düsseldorf -11. Zivilsenat- MDR 1995, 635; OLG Köln NJW-RR 1998, 1588 und ZIP 1988, 1588; OLG Hamm OLGR Hamm 1992, 351; OLG Dresden MDR 1998, 305; OLG Celle ZMR 2000, 752; OLG Brandenburg MDR 2001, 1185 und OLGR Brandenburg 2001, 387; Zöller/Vollkommer, ZPO, 24. Aufl., § 935 Rn. 13 und § 940 Rn. 8 Stichw. "Herausgabe").

An dieser Beurteilung vermag auch nichts der Umstand zu ändern, dass die Antragsgegnerin die Mietsache nutzt, ohne die dafür fällig werdende Nutzungsentschädigung (§ 546a Abs. 1 BGB) zu leisten, dass der Antragstellerin darüber hinaus Schaden droht, weil sie (mangels Leistung der Antragsgegnerin) ihren eigenen Verpflichtungen gegenüber der finanzierenden Bank und mangels Rückgabe der Mietsache ihrer Besitzverschaffungspflicht gegenüber dem Grundstückserwerber nicht nachkommen kann (so aber in einer vereinzelt gebliebenen Entscheidung OLG Rostock OLGR Rostock 2001, 560). Die einstweilige Verfügung dient nicht dem Vermögens-, sondern nur dem Schutz eines Individualrechts, das hier in Gestalt des Anspruchs auf Herausgabe der Mietsache durch das verweigernde Verhalten der Antragsgegnerin nicht gefährdet ist. Würde die einstweilige Verfügung zum Schutz des Vermögens eingesetzt, wie es das OLG Rostock (aaO) für richtig hält, müsste die Herausgabe auch stets an den Gläubiger und nicht an den Sequester angeordnet werden. Denn die Herausgabe an den Sequester hinderte den Gläubiger gleichermaßen daran, die Mietsache zu verwerten, worauf es der Antragstellerin aber gerade ankommt. Es käme stets zur Erfüllung des geltend gemachten Anspruchs und nicht nur zu dessen Sicherung, wie es der ratio legis der §§ 935, 940 ZPO entspricht.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Streitwertfestsetzung richtet sich gemäß § 3 ZPO, §§ 16 Abs. 1, 20 Abs. 1 GKG nach dem Wert der Hauptsache, ohne dass ein Abschlag zu machen ist. Das beruht darauf, dass die Antragstellerin hier nicht nur die Sicherung des Herausgabeanspruchs, sondern dessen Befriedigung verfolgt (Zöller/Herget, aaO, § 3 Rn. 16 Stichw. "Einstweilige Verfügung"/"Herausgabe"; OLG Köln OLGR Köln 1999, 336). Dementsprechend ist gemäß § 25 Abs. 2 Satz 2 GKG die davon abweichende Streitwertfestsetzung im angefochtenen Beschluss von Amts wegen abzuändern.

Ende der Entscheidung

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