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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 03.06.2003
Aktenzeichen: I-4 U 174/02
Rechtsgebiete: BB-BUZ


Vorschriften:

BB-BUZ § 2
Ein Gerichtsvollzieher ist mangels Vereinbarung einer sog. Beamtenklausel nicht allein deshalb als berufsunfähig anzusehen, weil er von dem Präsidenten des Oberlandesgerichts wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt worden ist.

Die Vereinbarung der Beamtenklausel ergibt sich nicht aus der Aufnahme der Berufsbezeichnung des Gerichtsvollziehers in den Versicherungsantrag.

Bezieht sich die Feststellung dauernder Dienstunfähigkeit auf die dienstrechtlich vorgegebene vollschichtige Tätigkeit des Gerichtsvollziehers, der er wegen der damit für ihn verbundenen Arbeitsbelastung von 80 Stunden wöchentlich nicht gewachsen ist, so ergibt sich die Berufsunfähigkeit nicht daraus, dass eine dauernde Teilzeitbeschäftigung, der er gewachsen wäre, dienstrechtlich nicht möglich ist.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

I-4 U 174/02

Verkündet am 3. Juni 2003

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 20. Mai 2003 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. S..., des Richters am Oberlandesgericht Dr. W... und der Richterin am Landgericht B...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 23. Mai 2002 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf - Einzelrichter - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abzuwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt die Zahlung von Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von monatlich 2.900 DM aus einer bei der Beklagten unterhaltenen Berufsunfähigkeitsversicherung ab dem 5. November 1999 mit der Behauptung, er sei in seinem Beruf als Gerichtsvollzieher zu mindestens 50 % berufsunfähig i.S. der Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Beklagten (im folgenden: BUZ).

Der Kläger war seit dem 28. Oktober 1997 bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand zum 30. Juni 1999 aufgrund psychosomatischer Beschwerden und Depressionen durch ärztliche Atteste ununterbrochen krankgeschrieben. Am 5. Mai 1998 wurde er im Auftrag seines Krankentagegeldversicherers von dem Psychiater Dr. L... untersucht, der eine Erwerbsunfähigkeit von mehr als 50 % auf nicht absehbare Zeit wegen einer depressiven Symptomatik feststellte (GA 79 f.). Die daraufhin erfolgte Leistungseinstellung des Krankentagegeldversicherers nahm der Kläger zum Anlass, Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung geltend zu machen. Parallel dazu wurde er im Auftrag seines Dienstherrn amtsärztlich auf seine Dienstfähigkeit untersucht. Der Amtsarzt des Gesundheitsamtes der Stadt W..., Dr. H..., stellte in seinem Gutachten vom 19. August 1998 (GA 109 f.) und vom 7. Januar 1999 (GA 108) die dauernde Dienstunfähigkeit des Klägers wegen eines schweren psycho-physischen Erschöpfungssyndroms fest. Mit Bescheid vom 9. Juni 1999 (GA 77) versetzte der Präsident des Oberlandesgerichts D... den Kläger daraufhin ohne eigenen Antrag gem. §§ 45 Abs. 1, 50 LBG wegen dauernder Dienstunfähigkeit zum Ende des Monats Juni 1999 in den Ruhestand.

Der Kläger hat geltend gemacht, er sei in seinem zuletzt ausgeübten Beruf als Gerichtsvollzieher seit dem 5. Mai 1998 zu mindestens 50 % berufsunfähig i. S. der Versicherungsbedingungen. Dies ergebe sich bereits aus der Feststellung der Dienstunfähigkeit durch den Dienstherrn, auch wenn die Versicherungsbedingungen keine sog. Beamtenklausel enthielten. Da nach dem Versicherungsantrag ausdrücklich eine Berufsunfähigkeit im Beruf des Gerichtsvollziehers versichert sei, könne er auch nicht auf andere Tätigkeiten verwiesen werden. Bei Vertragsschluss sei mit dem Abschlussvertreter der Beklagten, dem Zeugen F..., ausdrücklich vereinbart worden, dass Versicherungsleistungen ohne Verweisungsmöglichkeit zu erbringen seien, wenn der Kläger den Beruf des Gerichtsvollziehers nicht mehr ausüben könne. Er sei aufgrund seiner Erkrankung allgemein dienstunfähig und auch nicht mehr in der Lage, einer Tätigkeit im Innendienst nachzugehen. Eine dauerhafte Teilzeitbeschäftigung als Gerichtsvollzieher sei dienstrechtlich ausgeschlossen.

Die Beklagte, hat unter Bezugnahme auf das eingeholte Privatgutachten Dr. H... vom 31. Januar 2000 (GA 25 ff.) geltend gemacht, der Kläger sei ohne weiteres noch in der Lage, den Vollstreckungsaußendienst im Rahmen einer Teilzeitbeschäftigung von sechs Stunden täglich weiter zu verrichten. Eine solche Teilzeitbeschäftigung habe er lediglich nicht beantragt. Im übrigen müsse er sich auf eine Tätigkeit im Innendienst verweisen lassen, die ihm nach den Feststellungen des Privatgutachters ohne Einschränkung möglich sei.

Das Landgericht hat, gestützt auf das eingeholte Gutachten des Sachverständigen Dr. L... (GA 123 ff.), die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, nach den Feststellungen des Sachverständigen lägen weder hinreichende aktenkundige Dokumentationen noch schlüssige, amnanestische Angaben des Klägers vor, die auf eine zur Berufsunfähigkeit führende Erkrankung hindeuteten. Der Kläger habe sich seinen Angaben gegenüber dem Sachverständigen zufolge selbst nie als berufsunfähig angesehen. Die bedingungsgemäßen Voraussetzungen einer Berufsunfähigkeit hätten daher zu keinem Zeitpunkt vorgelegen, so dass der Kläger mangels Vereinbarung einer Beamtenklausel keine Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung verlangen könne.

Mit der Berufung macht der Kläger geltend, eine Beamtenklausel sei zwar nicht ausdrücklich, aber konkludent vereinbart worden. Dies ergebe sich schon daraus, dass im Versicherungsvertrag ausdrücklich der Beruf des Gerichtsvollziehers aufgenommen worden sei. Der als Zeuge benannte Abschlussvertreter F... habe dem Kläger bei Vertragsabschluss bestätigt, dass der Vertrag die Beamtenklausel beinhalte und eingreife, wenn der Dienstherr die Dienstunfähigkeit feststelle. An diese Zusage sei die Beklagte gebunden. Aus einem nunmehr vorliegenden weiteren amtsärztlichen Gutachten ergebe sich zudem, dass der Kläger nach wie vor dauernd dienstunfähig sei.

Der Kläger beantragt,

1.

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 63.511,02 € nebst 4 % Zinsen aus 1.235,66 € seit dem 5. November 1999 sowie aus jeweils 1.482,75 € seit dem 1. Dezember 1999, 1. Januar 2000, 1. Februar 2000, 1. März 2000, 1. April 2000, 1. Mai 2000, 1. Juni 2000, 1. Juli 2000 zu zahlen, sowie nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungs-Gesetzes aus 1.482,75 € seit dem 1. August 2000, 1. September 2000, 1. Oktober 2000, 1. November 2000, 1. Dezember 2000, 1. Januar 2001, 1. Februar 2001, 1. März 2001, 1. April 2001, 1. Mai 2001, 1. Juni 2001, 1. Juli 2001, 1. August 2001, 1. September 2001, 1. Oktober 2001, 1. November 2001, 1. Dezember 2001, 1. Januar 2001, 1. Februar 2002, 1. März 2002, 1. April 2002, 1. Mai 2002, 1. Juni 2002, 1. Juli 2002, 1. August 2002, 1. September 2002, 1. Oktober 2002, 1. November 2002, 1. Dezember 2002, 1. Januar 2003, 1. Februar 2003, 1. März 2003, 1. April 2003 und 1. Mai 2003 zu zahlen,

2.

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger ab Juni 2003 und jeweils fällig am ersten Kalendertag eines jeden Fälligkeitsmonats bis einschließlich Februar 2011 monatlich 1.482,75 € zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrags.

II.

A.

Die Berufung ist zulässig. Dem steht nicht entgegen, dass die erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Klägers, die die Berufung zunächst fristgerecht eingelegt hatten, diese mit Schriftsatz vom 19. September 2002 wieder zurückgenommen haben und der Kläger damit gem. § 516 Abs. 3 ZPO des eingelegten Rechtsmittels verlustig gegangen wäre. Die Berufungsrücknahme ist nicht wirksam erfolgt, da die Prozessvollmacht der erstinstanzlichen Anwälte des Klägers zu diesem Zeitpunkt bereits erloschen und die erklärte Berufungsrücknahme vom Willen des Klägers nicht gedeckt war. Dies war aufgrund der mit Schriftsatz vom 20. September 2002 erfolgten Bestellung der jetzigen Prozessbevollmächtigten des Klägers anstelle der bisherigen Prozessbevollmächtigten für alle Beteiligten offensichtlich, zumal sich aus dem Bestellungsschriftsatz vom 20. September 2002 ergab, dass die Berufungsbegründungsfrist verlängert, die Berufung also gerade durchgeführt und nicht zurückgenommen werden sollte. In einem solchen Fall bleibt die vom nicht mehr bevollmächtigten Prozessvertreter erklärte Berufungsrücknahme wirkungslos (vgl. dazu BGH NJW- 19.80, 1309, 1310; BSG NJW 2001, 1598; BGH FamRZ 1990, 388).

B.

In der Sache bleibt die Berufung jedoch ohne Erfolg.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente aus §§ 1 Abs. 1 S. 2 VVG, 1 Nr. 1, 2 BUZ.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger seit dem 5. Mai 1998 oder einem späteren Zeitpunkt berufsunfähig ist.

Berufsunfähigkeit i. S. von § 2 Nr. 1 BUZ liegt vor, wenn der Versicherte infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich zu mindestens 50 % dauernd außerstande ist, seinen Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und seiner bisherigen Lebensstellung entspricht.

1.

Bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit des Klägers ist nicht bereits deshalb anzunehmen, weil er mit Verfügung des Präsidenten des Oberlandesgerichts D... vom 9. Juni 1999 wegen dauernder Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt worden ist. Die Versetzung eines Beamten in den Ruhestand aufgrund beamtenrechtlicher Vorschriften begründet nur dann eine unwiderlegliche Vermutung für Berufsunfähigkeit i.S. des privaten Versicherungsrechts, wenn der Versicherungsvertrag eine sog. Beamtenklausel enthält, die genau diese Verknüpfung herstellt (vgl. dazu BGH VersR 1989, 903, 905; VersR 1995, 1174, 1176; VersR 1997, 1520; Senat VersR 2001, 754 und Urt. v. 29.4.03 - 4 U 175/02). Eine solche Klausel, nach der Berufsunfähigkeit auch dann vorliegt, wenn ein versicherter Beamter vor Erreichen der gesetzlich vorgeschriebenen Altersgrenze infolge seines Gesundheitszustandes wegen allgemeiner Dienstunfähigkeit entlassen oder in den Ruhestand versetzt wird, enthalten die im vorliegenden Fall vereinbarten Versicherungsbedingungen unstreitig nicht.

Der Kläger kann sich auf Beweiserleichterungen auch nicht deshalb berufen, weil eine Beamtenklausel konkludent vereinbart worden wäre. Allein der Umstand, dass im Versicherungsantrag die Berufsbezeichnung "Gerichtsvollzieher" enthalten ist, besagt nichts darüber, ob die beamtenrechtliche Zurruhesetzung die Feststellung von Berufsunfähigkeit bedingen und der Beklagten eine eigene Feststellung abgeschnitten sein sollte. Dass in einem Antrag auf Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung auch nach dem derzeit ausgeübten Beruf des Versicherungsnehmers gefragt wird, ist selbstverständlich, ohne dass damit ein weitergehender Regelungsgehalt verknüpft wäre.

Die Beklagte muss sich auch nicht nach den Grundsätzen der versicherungsrechtlichen Vertrauenshaftung so behandeln lassen, als sei die Beamtenklausel vereinbart worden, weil ihr Versicherungsagent dies dem Kläger bei Vertragsschluss mündlich zugesichert hätte (vgl. dazu insbes. BGH VersR 2001, 1502; VersR 2002, 1089). Mit der Berufungsbegründung behauptet der Kläger erstmals, der Zeuge F... habe ihm zugesichert, dass der Versicherungsvertrag in jedem Fall die Beamtenklausel beinhalte und eingreife, wenn seitens des Dienstherrn die Dienstunfähigkeit festgestellt werde. Dass gerade die Vereinbarung einer Beamtenklausel, also einer unwiderleglichen Vermutung der Berufsunfähigkeit, bei Versetzung in den Ruhestand, Gegenstand der Zusicherung war, hatte der Kläger ursprünglich nicht vorgetragen. In erster Instanz hatte er behauptet, es sei vereinbart worden, dass die Versicherungsleistungen ohne die Möglichkeit einer Verweisung auf andere Berufe zu gewähren seien, wenn er seinen Beruf als Gerichtsvollzieher nicht mehr ausüben könne. Diese behauptete Vereinbarung betrifft in erster Linie den Ausschluss einer Verweisungsmöglichkeit, nicht hingegen die Frage, ob der Beklagten eine eigene Nachprüfungsmöglichkeit zu den Voraussetzungen der Berufsunfähigkeit als Gerichtsvollzieher entzogen sein soll, wenn der Kläger von seinem Dienstherrn in den Ruhestand versetzt wird. Mit dem jetzigen Vortrag ist der Kläger nach § 531 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen, da er nicht darlegt, aus welchem Grund er gehindert war, die mündliche Vereinbarung einer Beamtenklausel bereits erstinstanzlich darzulegen.

2.

Mangels Vereinbarung einer Beamtenklausel kommt es daher darauf an, ob festgestellt werden kann, dass der Kläger infolge ärztlich nachzuweisender Krankheit seit dem 5. Mai 1998 oder später voraussichtlich dauernd zu mindestens 50 % außerstande ist, seinen Beruf auszuüben.

a)

Diese Feststellung ist nach dem Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen Dr. L... vom 7. Januar 2002 nicht zu treffen. Der Sachverständige hat ausgeführt, es fänden sich keine genügenden Anhaltspunkte dafür, dass beim Kläger seit 1998 psychische Erkrankungen vorgelegen hätten, die zu mindestens 50%iger Berufsunfähigkeit hätten führen können. Für die Annahme relevanter psychischer Erkrankungen fehle es an hinreichenden aktenkundigen Dokumentationen und schlüssigen anamnestischen Angaben des Klägers. Im Zeitpunkt der Begutachtung - 2 Jahre nach erfolgter Zurruhesetzung - habe der Kläger einen erholten, psychisch gesunden und stabilen Eindruck hinterlassen, er habe sich auch selbst nie als berufsunfähig angesehen, seine Versetzung in den Ruhestand vielmehr als unglückliche Verkettung von Umständen begriffen, und würde es vorziehen, in seinem Beruf als Obergerichtsvollzieher wieder arbeiten zu können. Der Kläger sei dienstfähig und in der Lage, seinem Beruf vollschichtig nachzugehen (GA 153 ff.). Zwar habe beim Kläger im Zeitraum nach Oktober. 1997 für einige Zeit eine krankheitswertige Anpassungsstörung nach einer Zuspitzung schon vorheriger hoher beruflicher Belastungen bestanden. Diese Zuspitzung könne ggf. depressive Affekte zur Folge gehabt haben. Eine zeitliche Eingrenzung sei retrospektiv jedoch nicht mehr möglich (GA 154).

Etwas anderes kann der Kläger auch mit dem in der Berufungsinstanz erstmals vorgelegten erneuten amtsärztlichen Gutachten vom 27. September 2002 (GA 211 f.) nicht beweisen, da der Amtsarzt Dr. H... selbst einräumt, daß keinerlei belastende Symptomatik mehr beklagt wird und die diagnostizierte schwere Depression bereits abgeklungen ist. Mit seiner Folgerung, der Kläger sei weiterhin nicht in der Lage, die Aufgaben eines Beamten im mittleren Justizdienst dauernd und uneingeschränkt zu erfüllen, ist zudem nichts darüber gesagt, ob der Kläger seiner beruflichen Tätigkeit zwar nicht zu 100 %, aber doch zu mehr als 50 % gewachsen ist.

b)

Schließlich ist der Kläger nach § 2 Nr. 3 BUZ nicht schon deshalb als berufsunfähig anzusehen, weil er sechs Monate ununterbrochen infolge ärztlich nachgewiesener Krankheit außerstande war, seinen Beruf oder eine Verweisungstätigkeit auszuüben und die Fortdauer dieses Zustands deshalb als vollständige oder teilweise Berufsunfähigkeit gelten würde (fingierte Berufsunfähigkeit).

Zwar war der Kläger seit dem 28. Oktober 1997 bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand zum 30. Juni 1999, mithin über eineinhalb Jahre hinweg, ununterbrochen durch ärztliches Attest Arbeitsunfähigkeit wegen vegetativer Dystonie, arterieller Hypertonie, nervlicher Erschöpfung und Depressionen bescheinigt worden. Der Gutachter Dr. L... hatte ihn aufgrund von Untersuchungen vom 17. Februar und 5. Mai 1998 als zu mehr als 50 % erwerbsunfähig angesehen.

Aufgrund dieser ärztlichen Bescheinigungen kann jedoch nicht festgestellt werden, dass der Kläger auch nach der Feststellung durch Dr. L... über einen Zeitraum von länger als sechs Monaten zu mindestens 50 % außerstande war, seinen Beruf oder eine vergleichbare Tätigkeit auszuüben.

Selbst der Amtsarzt Dr. H... hat in seinem Gutachten vom 19. August 1998 eine gesundheitliche Eignung des Klägers für eine reduzierte Arbeitszeit im Außendienst angenommen (GA 87). Nachdem der Präsident des Oberlandesgerichts mit Schreiben vom 3. September 1998 (GA 88) mitgeteilt hatte, dass dienstrechtlich lediglich eine vorübergehende, aber keine dauernde Teilzeitbeschäftigung möglich sei, hat Dr. H... in seinem Schreiben vom 14. September 1998 (GA 47) ausgeführt, eine Teilzeitbeschäftigung im Außendienst sei dem Kläger durchaus zumutbar, gegen eine Vollbeschäftigung, die beim Kläger zu Arbeitszeiten von 80 Stunden wöchentlich geführt hat, bestünden dagegen Bedenken. Die vom Amtsarzt getroffene Feststellung dauernder Dienstunfähigkeit bezieht sich daher allein auf die dienstrechtlich vorgegebene vollschichtige Tätigkeit des Gerichtsvollziehers, der der Kläger nach allen sachverständigen Begutachtungen wegen der damit verbundenen 80 Stunden-Arbeitsbelastung wöchentlich nicht gewachsen ist.

Eine Teilzeittätigkeit wäre dem Kläger jedoch ohne weiteres gesundheitlich möglich gewesen, so dass die Voraussetzungen mindestens 50%iger Berufsunfähigkeit zu keinem Zeitpunkt vorlagen.

Allein der Umstand, dass eine dauernde Teilzeitbeschäftigung als Gerichtsvollzieher dienstrechtlich nicht möglich ist, vermag an dieser Beurteilung zugunsten des Klägers nichts zu ändern. Das Arbeitsplatzrisiko ist in der Berufsunfähigkeitsversicherung nicht abgedeckt. Leistungen sind deshalb auch dann nicht zu erbringen, wenn der Versicherungsnehmer noch halbschichtig arbeiten kann, ausreichende Arbeitsplätze für eine Halbtagstätigkeit aber nicht zur Verfügung stehen (OLG Hamm VersR 1994, 206). Dies gilt für einen Beamten ebenso wie für einen Selbständigen, der bei Ausübung der ihm noch möglichen halbschichtigen Tätigkeit keine Aufträge mehr erhält (vgl. dazu OLG Hamm VersR 1994, 206). Da eine Beamtenklausel nicht vereinbart ist, kann der Kläger eine besondere Rücksichtnahme auf beamtenrechtliche Besonderheiten von der Beklagten nicht verlangen.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) sind nicht gegeben.

Streitwert der Berufungsinstanz: 75.372,99 €.

Ende der Entscheidung

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