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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 20.09.2007
Aktenzeichen: II-7 UF 98/07
Rechtsgebiete: BGB, EStG
Vorschriften:
BGB § 1378 Abs. 1 | |
BGB § 1384 Abs. 1 | |
EStG § 16 | |
EStG § 18 Abs. 3 | |
EStG § 34 Abs. 1 Nr. 1 |
Tenor:
I. Der Wert des Streitgegenstandes für die Berufungsinstanz wird auf 84.659,50 €, davon 51.631,00 € Berufung der Antragsgegnerin, 33.028,50 € Berufung des Antragsgegners festgesetzt.
II. Der Senat weist zur Vorbereitung des anstehenden Verhandlungstermins darauf hin, dass die Berufung der Antragsgegnerin nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand insoweit erfolgversprechend ist, als sie - einschließlich des erstinstanzlich titulierten Betrages - einen Zugewinnausgleich auf 33.737,50 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem ... 2007 ( Rechtskraft der Scheidung ) geltend machen will, sowie die Berufung des Antragsstellers unbegründet ist.
Gründe:
I. Gemäß § 1378 Abs. 1 BGB hat der Ehegatte, dessen Zugewinn den des anderen übersteigt, ihm die Hälfte des Überschusses zu zahlen. Dabei ist Zugewinn der Betrag, den das positive Endvermögen (§ 1375 Abs. 1 BGB) vom Tage der Zustellung des Scheidungsantrags (hier der ...10.2003) sein positives Anfangsvermögen gemäß § 1384 Abs. 1 BGB zu Beginn des Güterstandes am ...12.1995, dem Tag der Eheschließung der Parteien, übersteigt.
II. Zwischen den Parteien ist außer Streit, dass sich der Zugewinn der Antragsgegnerin auf 1.550 € beläuft. Ebenso außer Streit ist, dass der Antragsteller kein Anfangsvermögen besaß; ferner ist als Endvermögensposition der Rückkaufwert der Lebensversicherung des Antragstellers vom 3.055 € zwischen den Parteien unstreitig.
Ebenso außer Streit ist zwischen den Parteien, dass bei der Bemessung des Wertes der Praxis des Antragstellers auf den 31.März 2003 abzustellen ist. Nach dieser Einigung auf einen geänderten Bewertungsstichtag kann es entgegen der Annahme des Antragstellers in seiner Berufungsbegründung ( Bl. 181 GA ) darauf, dass er zwischen dem 1.April 2003 und dem ...Oktober 2003 - den Praxiswert mindernde - Überentnahmen aus der dann gemeinschaftlich betriebenen Zahnarztpraxis vorgenommen haben will, logischerweise nicht ankommen.
Im Wesentlichen im Streit befindlich zwischen den Parteien sind die Frage der Zurechnung einer Ansparrückstellung des Antragstellers sowie ferner die auf die Ansparrückstellung und den Praxiswert entfallende latente Steuerlast, ferner die im Übrigen vom Endvermögen des Antragstellers abzuziehenden Einkommensteuern.
1. Die Ansparrückstellung stellt keinen besonderen Endvermögenswert dar, sondern ausschließlich einen steuerlich relevanten Rechnungsposten, durch welche die Versteuerung eines Gewinnes um bis zu zwei Jahre nachverlagert werden kann.
2. Die Ertragsteuern, die gemäß §§ 16, 18 Abs. 3, 34 Abs. 1 Nr. 1 EStG bei einer Veräußerung des Praxisanteils des Antragstellers anfallen, sind als wertmindernde Belastungen zu berücksichtigen. Dabei ist es unerheblich, ob der Antragsteller zum Stichtag ...10.2003 seine Praxis veräußern oder fortführen wollte. In Konsequenz der Bewertungsmethode wird ein Verkauf fiktiv unterstellt, so dass die mit der Auflösung der stillen Reserven verbundenen unvermeidbaren Veräußerungserträge vom fiktiven Veräußerungserlös abzuziehen sind (BGH FamRZ 1991, 43, 48).
Diese latenten Ertragssteuern sind zu ermitteln aus den (fiktiven) Steuern aus der Veräußerung der Praxis zuzüglich negativem Buchwert abzüglich Ansparrücklage abzüglich der im Einkommenssteuerbescheid für 2003 vom ... 2006 Bl. 238 GA) mit 36 € und 5.069 € berücksichtigten Sonderausgaben.
Die latente Ertragssteuerlast des Antragstellers errechne sich danach wie folgt:
Veräußerungsgewinn ( Gutachten S. 76 ) 267.600 € Buchwert nach Neutralisierung mit der Ansparrücklage 50.030 € abzgl. Sonderausgaben 36 € 5.069 € 312.525 €.
Hierauf entfällt unter Berücksichtigung der Einkommensteuer nach der Grundtabelle folgende Steuer:
Einkommenssteuer 141.706 €
Solidaritätszuschlag 7.794 €
Kirchensteuer wird nicht gezahlt
Gesamtsteuer 149.500 €
Damit verbleibt im Endvermögen des Antragstellers ein zu berücksichtigender Praxiswert von (267.600 € abzgl. Steuern 149.500 €) 118.100 €
4. Des weiteren ist das Endvermögen des Antragstellers zu mindern um die bis zum Stichtag ...10.2003 entstandenen und noch nicht gezahlten Steuern.
Die mit Bescheiden vom ...2003 (Bl. 235, 236 f. GÜ) für die Kalenderjahre 2001 und 2002 zu Lasten des Antragstellers festgesetzten Steuern hat der Antragsteller bereits vor dem Stichtag ...10.2003 ausweislich seiner Erklärung im Verhandlungstermin vom 19.09.2006 (Bl. 281 GA) beglichen.
Abweichend von der Vorstellung des Antragstellers sind die für das Kalenderjahr 2003 mit Bescheid vom 31.01.2006 (Bl. 238 GÜ) mit 51.519,26 € festgesetzten Einkommensteuern für das Kalenderjahr 2003 anteilig nicht zu berücksichtigen.
Beim Zugewinnausgleich kommt es auf den Zeitpunkt der Entstehung der Verbindlichkeiten an; hingegen entsteht die Einkommensteuerpflicht und Pflicht zur Zahlung des Solidaritätszuschlags erst mit Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Einkünfte bezogen wurden (§§ 25 Abs. 1, 36 Abs. 1, 51 a EStG - BGH a. a. O.), so dass es auf die nachträgliche Steuerfestsetzung für das Kalenderjahr 2003 nicht ankommt, mithin auch nicht in Höhe eines zeitratierlichen Anteils.
Vor dem Ablauf des Kalenderjahres 2003 bestanden für den Antragsteller vielmehr ausschließlich die Verpflichtungen zur Steuervorauszahlung (§ 37 Abs. 1 Satz 2 EStG):
Die Verpflichtung zur Zahlung von Steuervorauszahlungen entsteht mit dem Beginn des Kalenderjahres ( § 37 Abs. 1 Satz 2 EStG ). Der Höhe nach bemisst sie sich nach der Einkommenssteuer, die sich nach der letzten Veranlagung ergeben hat (Abs. 3 Satz 2 a.a.O.) . Diese sind, soweit noch nicht gezahlt, im Zugewinnausgleich zu berücksichtigen. Dabei sind die entstandenen Vorauszahlungen maßgeblich, unabhängig von ihrer Fälligkeit. Ausweislich des Vorauszahlungsbescheides von ..4.2003 (Bl. 244 GÜ ) waren im Jahre 2003 3 x 14.144 € (= 42.432 €) zu zahlen, ferner nach dem Vorauszahlungsbescheid vom ...1.2004 (Bl. 240 GÜ) weitere 9.698 € - die gem. Abs. 3 Satz 2 a.a.0. noch nachträglich festgesetzt werden können.
Insgesamt errechnet sich daher ein das Endvermögen des Antragstellers mindernder Einkommenssteuervorauszahlungsbetrag von (42.432 € + 9.698 € =) 52.130 €.
Dafür, dass der Antragsteller zum Stichtag ...10 2003 diese Vorauszahlungen ganz oder teilweise bereits beglichen hätte, fehlt seitens der für die Höhe des Endvermögens des Antragstellers und mithin auch für das Fehlen von Passivpositionen darlegungsbelasteten Antragsgegnerin jeder Vortrag.
Diese Steuerbelastung ist - entgegen dem Amtsgericht - nicht mit der Ertragsteuer auf die Ansparrücklage zu verrechnen, da die Steuervorauszahlungen ausschließlich auf das voraussichtlich zu versteuernde Erwerbseinkommen für das Jahr 2003 bezogen sind.
Steuern, die auf die Auflösung der Ansparrücklage entfallen, sind nicht zu berücksichtigen. Diese gehören - wie der Sachverständige zutreffend ausführt - nicht zum Praxiswert und nicht zur latenten Ertragssteuer. Allerdings müsste der Antragsteller die Ansparrücklage im Veräußerungsfall auflösen und gesondert versteuern, so dass in Betracht zu ziehen ist, diese besondere Steuerlast, die nicht zur latenten Ertragssteuerlast zählt, als Verbindlichkeit im Endvermögen zu berücksichtigen. Dem steht jedoch entgegen, dass die Ansparrücklage zum Stichtag tatsächlich nicht aufgelöst war und daher keine Steuerlast angefallen ist. Der fiktive Veräußerungsfall beschränkt sich ausschließlich auf die Ermittlung des Praxiswertes und führt im übrigen nicht dazu, die sonstigen Einkommens - und Vermögensverhältnisse des Antragstellers zu fingieren. Insoweit bleibt es bei den tatsächlichen Gegebenheiten.
III. Der Zugewinnausgleichsanspruch der Antragsgegnerin errechnet sich daher wie folgt:
Endvermögen des Antragstellers:
Rückkaufwert der Lebensversicherung | 3.055,00 € |
abzgl. Steuervorauszahlungen 2003 | 52.130,00 € |
Praxiswert ( nach Abzug der Steuern; s. oben II)3.) 118.100,00 € | 69.025,00 € |
abzgl. Zugewinn der Antragsgegnerin | 1.550,00 € |
Differenz: | 67.475,00 €. |
Gemäß § 1378 Abs. 1 BGB steht der Antragsgegnerin als Zugewinnausgleich die Hälfte der Differenz zu mit 33.737,50 €, mithin 709,00 € mehr als erstinstanzlich tituliert.
In diesem - geringen - Umfang bietet die Berufung der Antragsgegnerin hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Düsseldorf, den 20. September 2007
Ende der Entscheidung
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