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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 28.11.2007
Aktenzeichen: VI-3 Kart 441/06 (V)
Rechtsgebiete: GasNEV, EnWG


Vorschriften:

GasNEV § 2 Nr. 3
GasNEV § 2 S. 1 Nr. 3
GasNEV § 2 S. 2
GasNEV § 3 Abs. 2
GasNEV § 3 Abs. 2 S. 1
GasNEV § 3 Abs. 2 S. 2
GasNEV § 3 Abs. 3
GasNEV § 3 Abs. 3 S. 1
GasNEV § 3 Abs. 3 S. 4
GasNEV § 3 Abs. 3 S. 5
GasNEV §§ 4 bis 18
GasNEV § 19
GasNEV § 32 Abs. 5
EnWG § 15 Abs. 1
EnWG § 21
EnWG § 21 Abs. 2 S. 1
EnWG § 23 a
EnWG § 23 a Abs. 1
EnWG § 23 a Abs. 3
EnWG § 23 a Abs. 3 S. 1
EnWG § 24
EnWG § 24 S. 2 Nr. 5
EnWG § 29 Abs. 3
EnWG § 30 Abs. 1 Nr. 1
EnWG § 30 Abs. 1 S. 2 Nr. 1
EnWG § 30 Abs. 2
EnWG § 30 Abs. 1 S. 1
EnWG § 30 Abs. 2 S. 1
EnWG § 30 Abs. 2 S. 2
EnWG § 30 Abs. 1 S. 2 Nr. 1
EnWG § 65
EnWG § 118 Abs. 1b
EnWG § 118 Abs. 1b S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Betroffenen gegen den Bescheid der Bundesnetzagentur - Beschlusskammer 9 - vom 2. August 2006 (BK9-06/002) wird zurückgewiesen.

Die Betroffene hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die außergerichtlichen Kosten der Bundesnetzagentur zu tragen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Beschwerdewert: 2 Mio. Euro.

Gründe:

A)

Die wurde 19. von ihren kommunalen Gesellschafterkunden gegründet. Das von ihr errichtete Ferngassystem wird mit einem Druck bis bar als Hochdruckleitungsnetz betrieben. Es hat eine Länge von km und verbindet die Bundesländer . An das Netz sind nachgelagerte Gasverteilnetze angeschlossen. Koppelungspunkt zu anderen überregionalen Netzen bestehen mit den Netzen der .

Die Betroffene ist eine Tochtergesellschaft der . Sie hat den Betrieb des vorbezeichneten Gasversorgungsnetzes zum übernommen.

Mit Schreiben vom 03.01.2006 wies die Bundesnetzagentur - Beschlusskammer 9 - die Betroffene darauf hin, dass Netzbetreiber, die ihre Netzzugangsentgelte nach § 3 Abs. 2 GasNEV bilden, dies grundsätzlich bis zum 02.01.2006 anzuzeigen und die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 GasNEV nachzuweisen hätten. Für die Betroffene setzte sie hierzu eine Frist bis zum 20.01.2006. Zudem wies sie darauf hin, dass sich § 3 Abs. 2 GasNEV nur auf Betreiber überregionaler Gasfernleitungsnetze im Sinne von § 2 S. 1 Nr. 3 GasNEV beziehe und die Betroffene daher, falls sie diese Voraussetzungen nicht erfülle, zum 30.01.2006 einen Entgeltgenehmigungsantrag nach § 23 a EnWG vorzulegen habe.

Mit Faxschreiben vom 27.01.2006 teilte die Betroffene mit, dass sie die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 GasNEV erfülle und ihre Netzentgelte nach dieser Vorschrift bilden werde. Einen Entgeltgenehmigungsantrag gemäß § 23 a EnWG reichte sie nicht ein.

Gestützt auf § 30 Abs. 2, Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 1 EnWG in Verbindung mit §§ 23 a, 118 Abs. 1b S. 1 EnWG hat die Beschlusskammer mit Verfügung vom 02.08.2006 der Betroffenen aufgegeben, innerhalb einer Frist von 4 Wochen ab Zustellung einen Antrag auf Genehmigung ihrer Entgelte für den Gasnetzzugang gemäß § 23 a EnWG zu stellen: Auf die Ausnahmeregelung des § 24 S. 2 Nr. 5 EnWG i. V. m. § 3 Abs. 2, Abs. 3, § 19 GasNEV könne sie sich nicht berufen, weil sie nicht Betreiberin eines überregionalen Gasfernleitungsnetzes im Sinne des § 2 S. 1 Nr. 3 GasNEV sei. Ihr Netz verfüge nicht über die hierfür erforderlichen physisch-netzseitigen Verbindungen. Es fehle an einer Einspeisung an der Grenze zur Bundesrepublik Deutschland oder an einem Übergabepunkt aus einer inländischen Produktionsleitung.

Dagegen hat die Beschwerdeführerin am 04.09.2006 Beschwerde eingelegt und mit Schriftsatz vom 05.02.2007 begründet. Sie trägt vor: Ein missbräuchliches Verhalten sei ihr nicht anzulasten. Insbesondere liege kein Missbrauch im Sinne des § 30 Abs. 1 Nr. 1 EnWG vor. Sie habe nicht gegen Bestimmungen der Abschnitte 2 und 3 des EnWG oder der auf Grund dieser Bestimmungen erlassenen Rechtverordnungen verstoßen. Ein Verstoß liege nicht darin, dass sie einen Entgeltantrag nach § 23 a EnWG nicht bis zum 30.01.2006 gestellt habe. Habe sich ein Gasversorgungsnetzbetreiber durch Einreichen einer Anzeige nach § 3 Abs. 3 GasNEV auf die Ausnahme von der kostenorientierten Entgeltbildung berufen, dann könne ein Entgeltgenehmigungsantrag nach § 23 a EnWG erst nach Abschluss der behördlichen Prüfung über die Anzeige verspätet sein. Die habe der Bundesnetzagentur rechtzeitig mit Schreiben vom 28.12.2005 mitgeteilt, dass sie, die Betroffene, Entgelte nach § 3 Abs. 2 GasNEV bilden werde. Denn unter Berücksichtigung der Übergangsregelung des § 32 Abs. 5 GasNEV, wonach § 3 Abs. 3 GasNEV erst ab dem 01.01.2006 anzuwenden war, sei die Anzeigefrist gemäß § 3 Abs. 3 S. 1 GasNEV erst am 02.01.2006 abgelaufen. Ferner müsse die einen Missbrauchsvorwurf rechtfertigende Rechtsnorm unmittelbar wirken, sie dürfe nicht von einer vorherigen behördlichen Prüfung abhängig sein. Eine Verpflichtung zur kostenorientierten Entgeltkalkulation bestehe nur und erst dann, wenn die Ausnahmeregelung des § 24 S. 2 Nr. 5 EnWG i.V.m. § 3 Abs. 2, 3, § 19 GasNEV nicht eingreife, was die Regulierungsbehörde indes gemäß § 3 Abs. 3 S. 4 GasNEV gesondert vorab zu prüfen habe. Desweiteren sei § 30 Abs. 2 EnWG durch § 3 Abs. 3 S. 4 GasNEV ausgeschlossen. Diese Bestimmung ordne ausdrücklich an, dass, falls die Regulierungsbehörde die Voraussetzungen für eine Entgeltkalkulation auf der Grundlage des Vergleichsverfahrens verneine, die entsprechende Entscheidung auf der Grundlage des § 65 EnWG zu ergehen habe. § 3 Abs. 3 S. 4 GasNEV i.V.m. § 65 EnWG sei in Fällen der Anzeige von Betreibern von Gasfernleitungsnetzen Spezialgesetz zur Eingriffgrundlage des § 30 Abs. 2 EnWG. Die Missbrauchsverfügung sei ferner rechtswidrig, weil die Beschwerdegegnerin § 3 Abs. 2 i.V.m. § 2 S. 1 Nr. 3 GasNEV unzutreffend ausgelegt habe. Ihr Leitungsnetz sei ein überregionales Gasfernleitungsnetz im Sinne des § 3 Abs. 2 i.V.m. § 2 S. 1 Nr. 3 GasNEV. Zwar verfüge es weder über einen unmittelbaren Einspeisepunkt an der Grenze zur Bundesrepublik noch über einen Einspeisepunkt, an dem unmittelbar aus einer inländischen Produktionsleitung Erdgas in das Netz der Betroffenen eingespeist werde. Darauf komme es indes nicht an. Eine nur am Wortsinn orientierte Betrachtung würde zu einem Leerlaufen der Norm führen. Denn es gebe keine Fernleitungsnetze, in die Gas "an" der Grenze zur Bundesrepublik Deutschland eingespeist werde. Die Einspeisepunkte lägen stets vor oder hinter der Grenze. Ferner sei auf die Funktion des jeweiligen Netzes abzustellen. Auch der "internationale Verbund" im Sinne des § 15 Abs. 1 EnWG stelle nicht auf einen physischen Grenzbezug ab, sondern in Übereinstimmung mit den europarechtlichen Vorgaben darauf, ob die jeweils betrachtete Fernleitung dem Netzzugangsregime der EU-Gasnetzzugangsverordnung unterliege. Dies sei gemäß Erwägungsgrund 5 der Verordnung der Fall bei Hochdruckfernleitungen, die lokale Verteiler an das Erdgasnetz anschließen und nicht in erster Linie im Zusammenhang mit der lokalen Erdgasverteilung benutzt werden. Überregionalen Charakter im Sinne des § 2 S. 1 Nr. 3 GasNEV habe ein Gastransportnetz somit dann, wenn es um den großflächigen Transport von Erdgas und den Anschluss bzw. die Belieferung regionaler/lokaler Verteilerunternehmen gehe. Selbst wenn man im Rahmen der Prüfung des § 2 S. 1 Nr. 3 GasNEV einen Import- oder Förderbezug fordern wollte, so müsse hierfür ein "virtueller" Import- bzw. Förderpunkt genügen. Dies folge aus dem Verweis des § 2 S. 2 GasNEV auf die Begriffsbestimmungen der GasNZV. Das Gasnetzzugangsmodell der Bundesnetzagentur lege, vergleichbar dem Netzzugangsmodell der Stromwirtschaft, für die Abwicklung von Gashandelsgeschäften virtuelle Handelspunkte zugrunde. Daher könne es auch im Rahmen des § 2 S. 1 Nr. 3 GasNEV nur auf virtuelle Import- bzw. Förderpunkte ankommen. Ihr Transportnetz sei gemessen an seiner Funktion ein überregionales Gasfernleitungsnetz. Es werde als Hochdruckleitungsnetz betrieben, erstrecke sich über km, habe Netzkopplungspunkte zu anderen überregionalen Gasfernleitungsnetzen, und an ihm seien nachgelagerte Gasverteilungsnetze angeschlossen. Überregionalen Charakter habe das Netz auch dann, wenn man auf einen virtuellen Import- bzw. Förderpunkt abstellen wollte. Bereits im Jahr 19.. habe die , einen Importvertrag mit der geschlossen und sich an der , die eine Gastransportleitung zur Grenze betreibe, beteiligt. Zwar sei 19.. aus unternehmensinternen Gründen der Importvertrag auf die übertragen worden; auch habe die ihre Bezugstellen in der Folgezeit diversifiziert. Ihren Charakter als importierendes Gasversorgungsunternehmen habe die aber nicht verloren. Jedenfalls sei § 3 Abs. 2 i.V.m. § 2 S. 1 Nr. 3 GasNEV verfassungskonform auszulegen. Nur die analoge Anwendung von § 2 S. 1 Nr. 3 GasNEV vermeide eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung gleicher Sachverhalte. Der Verordnungsgeber habe die Entgeltkalkulation nach dem Vergleichsverfahren für Unternehmen einführen wollen, deren Leitungsnetz Wettbewerb ausgesetzt sei. Im Fall eines im Wettbewerb stehenden Gasfernleitungsnetzes sei eine verfassungskonforme Auslegung von § 3 Abs. 2 i.V.m. § 2 S. 1 Nr. 3 GasNEV dergestalt notwendig, dass auch der Betreiber eines solchen Netzes seine Entgelte nach dem Vergleichsverfahren kalkulieren dürfe. Der Verordnungsgeber dürfe Betreiber von Netzen ohne Übergangspunkt an der Grenze oder zur inländischen Produktion nur dann vom Anwendungsbereich des § 3 Abs. 2 GasNEV ausnehmen, wenn tatsächlich alle Fernleitungsnetzbetreiber ohne direkten Anschluss an der Grenze oder an eine inländische Produktion nicht im Wettbewerb stünden. Dies sei nicht der Fall. Es widerspreche dem Willen des Gesetzgebers und des Verordnungsgebers, wenn die Beschwerdeführerin wegen angeblich fehlender Überregionalität ihres Netzes ihre Entgelte nicht im Wettbewerb bilden dürfe, während dies Netzbetreibern gestattet sei, deren Netze in geringerem Maße im Wettbewerb stehen, zufällig aber einen Direktanschluss ins Ausland oder zu inländischen Produktionsstätten hätten. Nach Sinn und Zweck des § 3 Abs. 2 GasNEV komme es allein darauf an, ob ein Netz im Wettbewerb stehe. Dafür biete die Tatsache der Direktverbindung ins Ausland oder an eine inländische Produktionsstätte allenfalls einen ersten Anhaltspunkt. Die rechtliche Schlechterstellung benachteilige sie gegenüber ihren Wettbewerbern. Die Verpflichtung, kostenbasierte Netzentgelte zu bilden, verletze ihre Berufsfreiheit und den Gleichheitsgrundsatz.

Die Betroffene beantragt,

die angefochtene Verfügung aufzuheben.

Die Bundesnetzagentur beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie trägt vor: Die Beschwerde sei unzulässig, weil die Betroffene inzwischen einen Entgeltgenehmigungsantrag gestellt habe. Damit habe sie die streitgegenständliche Verfügung erfüllt. Jedenfalls sei die Beschwerde unbegründet. Die Betroffene habe gegen § 23 a Abs. 3 EnWG verstoßen. Entgegen ihrer Auffassung stehe ihr allein aufgrund der Anzeige gemäß § 3 Abs. 3 S. 1 GasNEV das Privileg des § 3 Abs. 3 S. 5 GasNEV nicht zu, wonach bis zu einer Entscheidung nach Satz 4 Entgelte in jedem Fall nach Absatz 2 Satz 1 gebildet werden können. Eine Ausnahme von der kostenorientierten Entgeltbildung komme nur für "Betreiber von überregionalen Fernleitungsnetzen" in Betracht. Die Betroffene sei aber kein überregionaler Fernleitungsnetzbetreiber. Zwar spreche § 3 Abs. 3 S. 1 GasNEV nur von "Betreibern von Fernleitungsnetzen". Das Fehlen des Wortes "überregional" sei indes nur ein Redaktionsversehen des Verordnungsgebers.

§ 3 Abs. 3 S. 4 GasNEV i.V.m. § 65 EnWG gehe der Anwendung des § 30 Abs. 2 S. 1 und 2 EnWG nicht vor. § 65 EnWG sei nur einschlägig bei der Überprüfung des Leitungswettbewerbs aufgrund der Anzeige eines Betreibers eines überregionalen Gasfernleitungsnetzes nach § 3 Abs. 3 S. 1 GasNEV. Ohnehin sei die Verfügung auch nach § 65 EnWG gerechtfertigt.

Das Leitungsnetz der Betroffenen sei kein überregionales Gasfernleitungsnetz im Sinne des § 2 S. 1 Nr. 3 GasNEV. Ob Gas an der Grenze oder aus einer inländischen Produktionsleitung eingespeist werde, hänge allein von den physisch-netzseitigen Verbindungen ab. Solche Verbindungen habe das Netz der Beschwerdeführerin nicht. Angesichts des klaren Wortlauts bestehe für eine erläuternde Auslegung kein Raum. Auf den "überregionalen Charakter" eines Netzes sei nicht abzustellen. Ebenso wenig könne es auf den "virtuellen Import" oder "virtuelle Förderpunkte" ankommen oder auf eine Position des Netzbetreibers als "wirtschaftlicher Importeur".

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze, den beigezogenen Verwaltungsvorgang sowie auf das Protokoll der Senatssitzung mit den in der Sitzung erteilten Hinweisen Bezug genommen.

B)

Die zulässige Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

I. Die Beschwerde ist auch mit dem weiterverfolgten Anfechtungsantrag zulässig. Eine Erledigung der Hauptsache im Verfahren über die Anfechtung eines Verwaltungsaktes tritt dann ein, wenn die angefochtene Verfügung keine rechtlichen Wirkungen mehr entfalten kann und deshalb gegenstandslos ist. Davon kann keine Rede sein, solange der mit der Verfügung erstrebte Erfolg noch nicht endgültig eingetreten ist (vgl. BGH WM 1763, 1765 für eine Auskunftsverfügung gemäß § 69 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i.V.m. § 112 a Abs. 1 S. 3 EnWG). So verhält es sich hier. Die regelnde Wirkung dauert schon deshalb fort, weil die Regulierungsbehörde anderenfalls nicht in der Lage wäre, im Falle der Rücknahme des Entgeltgenehmigungsantrags auf die Missbrauchsverfügung zurückzugreifen.

II. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.

Gemäß § 30 Abs. 1 S. 1 EnWG ist den Betreibern von Energieversorgungsnetzen ein Missbrauch ihrer Marktstellung verboten. Gemäß § 30 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 EnWG liegt ein Missbrauch insbesondere vor, wenn ein Betreiber von Energieversorgungsnetzen Bestimmungen der Abschnitte 2 und 3 oder der auf Grund dieser Bestimmungen erlassenen Rechtsverordnungen nicht einhält. Gemäß § 23 a Abs. 1 EnWG bedürfen Entgelte für den Netzzugang nach § 21 EnWG einer Genehmigung, soweit eine kostenorientierte Entgeltbildung im Sinne des § 21 Abs. 2 S. 1 EnWG erfolgt. Nach § 23 a Abs. 3 S. 1 EnWG ist mindestens 6 Monate vor dem Zeitpunkt die Genehmigung schriftlich zu beantragen, an dem die Entgelte wirksam werden sollen. Nach § 118 Abs. 1 b EnWG hatten Betreiber von Gasversorgungsnetzen erstmals 6 Monate nach Inkrafttreten der GasNEV am 29.07.2005 (§ 33 GasNEV) den Genehmigungsantrag nach § 23 a Abs. 3 EnWG zu stellen.

Gegen diese Bestimmungen hat die Betroffene verstoßen, weil sie auch innerhalb der gesetzten Nachfrist bis 30.01.2006 keinen Entgeltgenehmigungsantrag gestellt hat. Der Suspensiveffekt nach § 3 Abs. 3 S. 5 GasNEV galt für die Betroffene nicht. Zu Recht hat die Beschlusskammer ihr daher gemäß § 30 Abs. 2 S. 1 EnWG aufgegeben, die Zuwiderhandlung durch Vorlage eines Antrags auf Genehmigung der Entgelte für den Gasnetzzugang gemäß § 23 a EnWG innerhalb einer Frist von 4 Wochen abzustellen.

1. Zu Unrecht meint die Beschwerdeführerin, eine Missbrauchsverfügung nach § 30 Abs. 2 EnWG sei ausgeschlossen, weil die speziellere Vorschrift des § 3 Abs. 3 S. 4 GasNEV anordne, dass die entsprechende Entscheidung auf der Grundlage des § 65 EnWG zu ergehen habe, falls die Regulierungsbehörde die Voraussetzungen für eine Entgeltkalkulation auf der Grundlage des Vergleichsverfahrens verneine.

Die GasNEV ist aufgrund der §§ 24, 29 Abs. 3 EnWG erlassen worden. Diese Vorschriften räumen dem Verordnungsgeber nicht die Befugnis ein, die behördlichen Ermittlungs- und Eingriffsrechte nach dem EnWG zu verkürzen. Schon nach der Normenhierarchie ist nicht veranlasst, § 3 Abs. 3 S. 4 GasNEV dahin zu verstehen, dass in seinem Anwendungsbereich eine Missbrauchsverfügung nicht ergehen darf. Ohnehin schließt der Wortlaut des § 3 Abs. 3 S. 4 GasNEV die Befugnisse der Regulierungsbehörde nach § 30 Abs. 2 EnwG nicht aus. Er benennt § 30 Abs. 2 EnWG nicht in einem ausschließenden Sinne, sondern bindet das Aufgreifermessen der Regulierungsbehörde nur dahin, dass sie im Falle des Nichtvorliegens der Voraussetzungen nach § 3 Abs. 2 S. 1 und 2 (auch) die Aufsichtsmaßnahmen des § 65 EnWG in Betracht ziehen muss.

2. Die Beschwerdegegnerin meint, die einen Missbrauchsvorwurf rechtfertigende Rechtsnorm müsse unmittelbar wirken. Dies sei bei einem Verstoß gegen § 23 a Abs. 3 EnWG nicht der Fall. Denn eine Verpflichtung zur kostenorientierten Entgeltkalkulation bestehe erst dann, wenn die Ausnahmeregelung des § 24 S. 2 Nr. 5 EnWG i.V.m. § 3 Abs. 2, 3, § 19 GasNEV zu verneinen sei, was die Regulierungsbehörde gemäß § 3 Abs. 3 S. 4 GasNEV vorab zu prüfen und festzustellen habe. Auch das greift nicht durch. Ein nach § 30 Abs. 2 EnWG ahndungsfähiger Missbrauch im Sinne des § 30 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 EnWG liegt ganz allgemein vor, wenn "ein Betreiber von Energieversorgungsnetzen Bestimmungen der Abschnitte 2 und 3 oder der auf Grund dieser Bestimmungen erlassenen Rechtsverordnungen nicht einhält". Dabei differenziert § 30 Abs. 2, Abs. 1 S. 2 Nr. 1 EnWG nicht danach, ob die verletzte Bestimmung alle Tatbestandsmerkmale des Missbrauchs aufweist oder auf andere Bestimmungen ergänzend Bezug nimmt, oder ob die Regulierungsbehörde über vorgelagerte Missbrauchsmerkmale (z. B. Ausschlussgründe) in anderen Verfahren entscheiden könnte.

3. Die Betroffene meint, ein Missbrauch im Sinne des § 30 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 EnWG könne deswegen nicht vorliegen, weil die rechtzeitig mit Schreiben vom 28.12.2005 angezeigt habe, dass sie Entgelte nach § 3 Abs. 2 GasNEV bilden werde. Ein Antrag nach § 23 a EnWG könne erst nach Abschluss der Prüfung über die (rechtzeitige) Anzeige als verspätet oder pflichtwidrig nicht gestellt angesehen werden. Auch dem ist nicht zu folgen. Für die Betroffene greift das Privileg des § 3 Abs. 3 S. 5 GasNEV nicht, weil sie kein überregionaler Gasfernleitungsnetzbetreiber ist.

Gemäß § 3 Abs. 3 S. 1 GasNEV haben "Betreiber von Fernleitungsnetzen", die die Entgelte nach Absatz 2 bilden, dies unverzüglich der Regulierungsbehörde anzuzeigen. Nach § 3 Abs. 3 S. 4 GasNEV hat die Regulierungsbehörde von ihren Befugnissen nach § 65 EnWG Gebrauch zu machen, wenn sie nach einer Prüfung, ob die Voraussetzungen nach Abs. 2 S. 1 und 2 vorliegen, feststellt, dass dies nicht der Fall ist. Nach § 3 Abs. 3 S. 5 GasNEV können bis zu einer Entscheidung nach Satz 4 Entgelte in jedem Fall nach Abs. 2 S. 1 - also wettbewerbsorientiert - gebildet werden. Indes kann das Privileg der suspendierenden vorläufigen Gestattung einer wettbewerbsorientierten Entgeltbildung nach § 3 Abs. 3 S. 5 GasNEV nur anzeigenden Betreibern von überregionalen Fernleitungsnetzen zugute kommen. Zwar spricht § 3 Abs. 3 S. 1 GasNEV einleitend von den "Betreibern von Fernleitungsnetzen", die die wettbewerbsorientierte Entgeltbildung anzuzeigen hätten, ohne den Zusatz "überregional". Dieser Zusatz ist jedoch gedanklich einzufügen, wenn es um den Suspensiveffekt des Satzes 5 geht. Dies ergibt sich aus dem Zusammenhang und dem Zweck der Norm. Das Privileg des § 3 Abs. 3 S. 5 EnWG setzt stillschweigend voraus, dass die Anzeige eines Betreibers von überregionalen Gasfernleitungsnetzen zugrunde liegen muss. Allen anderen Fernleitungsnetzbetreibern ist die Bildung wettbewerbsorientierter Entgelte von vornherein verboten. Dieses Verbot soll nicht zeitweise dadurch umgangen werden können, dass der Betreiber eines nicht überregionalen Gasfernleitungsnetzes nur behauptet, ein überregionaler Fernleitungsnetzbetreiber zu sein. Anderenfalls würden die Entgeltgenehmigungspflicht nach § 23 a EnWG und ihre regulierende Wirkung durch die Suspendierung nach Satz 5 eine ersichtlich nicht gewollte Einschränkung erfahren. Davon abgesehen wären missbräuchlich gestellte Anzeigen nach § 3 Abs. 3 S. 1 GasNEV zu befürchten.

Es erscheint sogar durchaus sinnvoll, dass in § 3 Abs. 3 S. 1 GasNEV das Wort "überregionalen" fehlt, gleichwohl der Suspensiveffekt des S. 5 nur den überregionalen Fernleitungsbetreibern zugute kommen soll. Das Fehlen des Wortes "überregionalen" in Satz 1 stellt klar, dass jeder Betreiber von Fernleitungsnetzen, der wettbewerbsorientierte Entgelte bildet, dies unverzüglich der Regulierungsbehörde anzuzeigen hat. So erhält die Regulierungsbehörde die Information auf schnellstem und sichersten Wege.

4. Ohne Erfolg macht die Beschwerdeführerin geltend, ihr Leitungsnetz sei ein überregionales Gasfernleitungsnetz im Sinne des § 3 Abs. 2 i.V.m. § 2 Nr. 3 GasNEV.

Gemäß § 3 Abs. 2 GasNEV können Betreiber von überregionalen Gasfernleitungsnetzen die Entgelte für die Nutzung der Fernleitungsnetze abweichend von den §§ 4 bis 18 nach Maßgabe des § 19 GasNEV bilden, wenn das Fernleitungsnetz zu einem überwiegenden Teil wirksamem bestehenden oder potenziellen Leitungswettbewerb ausgesetzt ist. Der Begriff des "überregionalen Gasfernleitungsnetzes" ist in § 2 S. 1 Nr. 3 GasNEV abschließend definiert. Überregionales Gasfernleitungsnetz ist danach ein Fernleitungsnetz, in das Gas an der Grenze zur Bundesrepublik Deutschland oder an einem Übergabepunkt aus einer inländischen Produktionsleitung eingespeist wird und das a) dem Transport des Gases zu einem Ausspeisepunkt an der Grenze der Bundesrepublik Deutschland dient oder b) ausschließlich oder überwiegend dem Import von Ergas oder dem Transport von im Inland produzierten Erdgas dient und aus dem im Inland ganz oder überwiegend Gas in nachgelagerte Gasverteilernetze eingespeist wird.

Unstreitig verfügt das Netz der Betroffenen weder über einen unmittelbaren Einspeisepunkt an der Grenze zur Bundesrepublik noch über einen Übergabepunkt zur Einspeisung unmittelbar aus einer inländischen Produktionsleitung. Damit ist die Betroffene kein Betreiber eines überregionalen Gasfernleitungsnetzes im Sinne des § 3 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 2 S. 1 Nr. 3 GasNEV. Der Wortlaut der Definition in § 2 S. 1 Nr. 3 GasNEV ist eindeutig und daher einer erläuternden oder ergänzenden Auslegung nicht zugänglich. Soweit die Beschwerdeführerin meint, die Bestimmung würde bei einem wortgetreuen Verständnis leerlaufen, weil es praktisch keine Fernleitungsnetze gebe, in die Gas genau an der Grenze zur Bundesrepublik Deutschland eingespeist werde, ist dies schon deshalb verfehlt, weil der Begriff "an der Grenze" gerade nicht "auf der Grenze" bedeutet, sondern offensichtlich eine enge räumliche Nähe zur Grenze genügen lässt.

Angesichts des eindeutigen Wortlauts der Legaldefinition kommt nicht in Betracht, die unmissverständlich geforderten physisch-netzseitigen Kriterien im Wege der Auslegung um andere Aspekte zu erweitern. Untauglich ist daher der Versuch der Betroffenen, wegen der Verknüpfungen mit anderen Fernleitungsnetzen und Weiterverteilnetzen oder vermeintlicher "virtueller Import- und Förderpunkte" aufgrund von Lieferbeziehungen der Muttergesellschaft den "überregionalen Charakter" des Netzes herauszustellen und für ausreichend zu erachten. Dergleichen ergibt sich auch nicht aus der Verweisung gemäß § 2 S. 2 GasNEV. Zwar ist dort geregelt, dass die Begriffsbestimmungen der GasNZV entsprechende Anwendung finden. Dies gilt jedoch ausdrücklich nur "im Übrigen", so dass die in § 2 S. 1 Nr. 3 GasNEV aufgestellte Definition des überregionalen Gasfernleitungsnetzes unberührt bleibt.

5. Einen Verstoß gegen Art. 12 GG vermag der Senat nicht festzustellen. Auch der von der Betroffenen angezogene Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG verhilft der Beschwerde nicht zum Erfolg.

Die Regulierung der Netzentgelte und die vorliegende Missbrauchsverfügung greifen zwar in die Freiheit der Betroffenen ein, das Entgelt für die Durchleitung durch das Netz selbst festsetzen oder mit den Interessenten aushandeln zu können. Indessen sind diese Eingriffe durch vernünftige Gründe des Gemeinwohls gedeckt. Ziel der Entgeltregulierung ist es, die Voraussetzungen für funktionierenden Wettbewerb auf den vor- und nachgelagerten Märkten für Elektrizität und Gas zu schaffen (s. nur: BT-Drs. 15/3917, S. 47), wobei der Gesetzgeber die Vorgaben der Elektrizitäts- sowie der Erdgasbinnenmarktrichtlinie umsetzen musste. Das Erfordernis einer Entgeltberechnung, die auf die Betriebsführung eines effizienten und strukturell vergleichbaren Netzbetreibers bezogen ist, ist geeignet, einen funktionierenden Wettbewerb im Elektrizitäts- und Gasbinnenmarkt zu schaffen. Die Preisregulierung ist auch erforderlich, da keine Maßnahmen ersichtlich sind, die für die regulierten Unternehmen milder wären und trotzdem gleich wirksam zur Erreichung des angestrebten Ziels beitrügen (vgl. Senat, Beschl. v. 24.10.2007, VI-3 Kart 26/07 (V)). Hierzu liefert die Missbrauchsverfügung des verfahrensgegenständlichen Inhalts einen tauglichen und verhältnismäßigen Beitrag.

Auch mit der Berufung auf den Gleichheitssatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG greift die Beschwerde nicht durch. Die Betroffene argumentiert: Da ihr Netz einem Leitungswettbewerb ausgesetzt sei und die Ausnahme des § 3 Abs. 2 i. V. m. § 2 S. 1 Nr. 3 GasNEV gerade die Fälle des Leitungswettbewerbs regele, gebe es keinen sachlichen Grund, die Ausnahme nur für Netze mit den physisch-netzseitigen Anknüpfungen des § 2 S. 1 Nr. 3 GasNEV zu gewähren. Insbesondere sei nicht davon auszugehen, dass alle Fernleitungsnetzbetreiber ohne direkten Anschluss an der Grenze oder an eine inländische Produktion per se keinem Wettbewerb ausgesetzt seien. Diesbezügliche empirische Untersuchungen existierten nicht. Daher sei eine verfassungskonforme Auslegung des § 3 Abs. 2 i.V.m. § 2 S. 1 Nr. 3 GasNEV dergestalt notwendig, dass auch der Betreiber eines im Wettbewerb stehenden Fernleitungsnetzes seine Entgelte nach dem Vergleichsverfahren kalkulieren dürfe.

Mit dieser Argumentation übergeht die Betroffene indes, dass ein Gleichheitsverstoß keineswegs zwingend zur Folge hätte, jedem Fernleitungsnetzbetreiber die Teilhabe an der Ausnahme des § 3 Abs. 2 GasNEV zu gewähren. Vielmehr wäre der weite Gestaltungsspielraum des Verordnungsgebers zu beachten. Dieser könnte die Ungleichbehandlung zwar durch Erstreckung der Ausnahme auf alle Fernleitungsnetze beseitigen, aber auch durch deren Streichung oder durch Schaffung neuer Ausnahmekriterien. Im Hinblick hierauf ist das Beschwerdegericht nicht befugt, diesbezügliche Vorgaben zu machen, da es sich hiermit an die Stelle des Verordnungsgebers setzen und dessen wirtschafts- und sozialpolitischen Gestaltungsspielraum verengen würde (vgl. hierzu BVerfG, B.v.13.09.2005 - 2 BvF 2/03, Rdnr. 237). Vielmehr hätte der Senat sich darauf zu beschränken, die Ausnahme des § 3 Abs. 2 S. 1 i. V. m. § 2 S. 1 Nr. 3 GasNEV mangels Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz nicht anzuwenden. Wäre die Ausnahme aber nicht anwendbar, dann würde die Betroffene ebenfalls der kostenorientierten Entgeltregulierung unterliegen und hätte sie ebenfalls einen Antrag auf Genehmigung ihrer Netzentgelte einzureichen gehabt.

C)

Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 S. 2 EnWG.

Die Festsetzung des Gegenstandswerts für das Beschwerdeverfahren findet ihre Grundlage in § 50 Abs. 1 Nr. 2 GKG, § 3 ZPO.

Der Senat hat die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof gegen diese Entscheidung zugelassen, weil die streitgegenständlichen Fragen grundsätzliche Bedeutung i. S. d. § 86 Abs. 2 Nr. 1 EnWG haben.

Ende der Entscheidung

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