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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 17.12.2008
Aktenzeichen: VI-U (Kart) 15/08
Rechtsgebiete: GWB, BGB


Vorschriften:

GWB § 19 Abs. 1
GWB § 19 Abs. 4 Nr. 1
BGB § 134
1. Blockiert der Schilderpräger, der sein Gewerbe in den Räumen der örtlichen Kfz-Zulassungsstelle betreibt, durch den Abschluss eines mehrjährigen Mietvertrages das einzige für einen Konkurrenzbetrieb zur Verfügung stehende Grundstück, missbraucht er dadurch im Sinne von § 19 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 1 GWB seine marktbeherrschende Stellung auf dem örtlichen Schilderprägemarkt.

2. Der Kartellrechtsverstoß führt gemäß § 134 BGB zur Gesamtnichtigkeit des Mietvertrages.

3. Ist der Tatbestand des Marktbeherrschungsmissbrauchs erst im Verlaufe der Mietzeit verwirklicht worden, führt dies zur Nichtigkeit des Mietvertrages mit Wirkung ex nunc.


Tenor:

I. Die Berufung der Klägerin gegen das am 8. Februar 2008 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

II. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

IV. Der Streitwert der Berufung und die Beschwer der Klägerin werden auf jeweils 53.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Klägerin ist eine bundesweit mit rund 150 Filialen tätige gewerbliche Schilderprägerin. Sie betreibt seit dem 1. Januar 2004 unter anderem eine Schilderprägestelle in den Räumen der dortigen Kfz-Zulassungsstelle in Bad Salzuflen. Der entsprechende Mietvertrag mit dem Kreis Lippe datiert vom 30. Oktober 2003, hat eine fest vereinbarte Laufzeit bis zum 31. Dezember 2008 und sieht eine einjährige Vertragsverlängerung für den Fall vor, dass das Mietverhältnis nicht vorher unter Einhaltung einer neunmonatigen Kündigungsfrist von einer der Vertragsparteien gekündigt wird.

Im vorliegenden Prozess nimmt die Klägerin die Beklagte aus einem Mietvertrag in Anspruch, den die Parteien am 14. April 2003 abgeschlossen und - so die Behauptung der Klägerin - am 19. Mai 2005 hinsichtlich der zum Aufstellen eines Verkaufscontainers vermieteten Standfläche von circa 25 qm konkretisiert haben. Der Mietvertrag hat eine knapp einjährige Laufzeit bis zum 31. März 2004, sieht eine jeweils einjährige automatische Vertragsverlängerung für den Fall vor, dass keine der Vertragspartner dem widerspricht, und räumt der Klägerin das Optionsrecht ein, das Vertragsverhältnis drei Mal um jeweils 3 Jahre zu verlängern. Der Mietvertrag regelt in § 7 außerdem die Verpflichtung der Beklagten, während der Mietdauer kein Konkurrenzunternehmen zu betreiben, sich weder unmittelbar noch mittelbar an einem Konkurrenzunternehmen zu beteiligen sowie einem mit der Klägerin konkurrierenden Schilderprägeunternehmen Räumlichkeiten oder Flächen auf dem Grundstück zu überlassen.

Aufgrund Vertrages vom 4. September 2005 hat die Beklagte die von der Klägerin (in erster Linie in Anspruch genommene) Teilfläche ihres Grundstücks an die "W......" - einem Wettbewerber der Klägerin - vermietet, die die Fläche ihrerseits zum Betrieb einer Schilderprägestelle untervermietete. Die Beklagte räumte die - bis dahin mit eigenen Gerätschaften belegte - Mietfläche am 21. Dezember 2005; am Folgetag wurde ein Verkaufscontainer aufgestellt, in dem seither eine Schilderprägestelle betrieben wird.

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Überlassung dieser - sowie hilfsweise einer anderen, näher bezeichneten - Grundstücksteilfläche, ferner das gerichtliche Verbot an die Beklagte, Räumlichkeiten oder Flächen auf dem Grundstück "Louis-Uekermann-Weg 1 in Bad Salzuflen" an Mitbewerber bzw. Konkurrenzunternehmen der Klägerin zu überlassen, sowie schließlich die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten.

Das Landgericht hat die Klage mit sämtlichen Anträgen abgewiesen. Es hat angenommen, dass der am 14. April 2003 abgeschlossene Mietvertrag wegen Verstoßes gegen das kartellrechtliche Boykottverbot des § 21 Abs. 1 GWB in vollem Umfang nichtig sei. Das Vertragsverhältnis stelle ein als Mietvertrag getarnter Boykottaufruf in der Form eines Vermietungsboykotts dar.

Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Sie greift das landgerichtliche Urteil im Wesentlichen mit Rechtsausführungen an und beantragt sinngemäß, unter Abänderung des angefochtenen Urteils

1. die Beklagte zu verurteilen, ihr (der Klägerin) die auf dem Grundstück "Louis-Uekermann-Weg 1 in 32107 Bad Salzuflen" befindliche, in der Anlage zur Baugenehmigung vom 24. Oktober 2005 schraffiert gekennzeichnete Fläche - hilfsweise die Fläche gemäß Mietvertrag vom 14. April 2003, § 1 Ziffer 2 i.V.m. der Lageplanskizze vom 28. Juli 2004, Anlage 3 - zur Nutzung zu überlassen,

hilfsweise

2. die mietvertragliche Überlassung der unter 1. benannten Fläche an einen ihrer (der Klägerin) Mitbewerber bzw. Konkurrenten zu beenden sowie - unter der Bedingung, dass die unter 1. bezeichnete Fläche an die Beklagte geräumt herausgegeben wurde - diese zu verurteilen, ihr (der Klägerin) die unter 1. bezeichnete Fläche zur Nutzung zu überlassen,

weiter hilfsweise

3. festzustellen, dass die Beklagte zum Ersatz aller Schäden verpflichtet ist, die ihr (der Klägerin) im Zusammenhang mit der mangelnden Überlassung der Mietfläche durch sie (die Beklagte) gemäß Mietvertrag vom 14. April 2003 sowie der Gestattung einer Nutzung bzw. Überlassung von Mietflächen durch die Beklagte auf dem Grundstück "Louis-Uekermann-Weg 1 in 32107 Bad Salzuflen" an ihre (der Klägerin) Mitbewerber bzw. Konkurrenzunternehmen entstehen bzw. entstanden sind, und

4. es unter Androhung der gesetzlichen Zwangsmittel zu unterlassen, zunächst bis zum 31. März 2010 Räumlichkeiten oder Flächen selbst oder durch Dritte auf dem Grundstück "Louis-Uekermann-Weg 1 in 32107 Bad Salzuflen" an ihre (der Klägerin) Mitbewerber bzw. Konkurrenzunternehmen zu überlassen

sowie äußerst hilfsweise

5. festzustellen, dass sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt hat und die Beklagte aufgrund der Erledigung die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und tritt dem Vorbringen der Klägerin im Einzelnen entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils sowie auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung hat keinen Erfolg.

Das Landgericht hat die Klage zu Recht mit sämtlichen Anträgen abgewiesen und angenommen, dass der am 14. April 2003 abgeschlossene Mietvertrag der Parteien gemäß § 134 BGB wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot insgesamt nichtig (geworden) ist. Für die Entscheidung des Rechtsstreits kann es dabei auf sich beruhen, ob der Mietvertrag - wie das Landgericht angenommen hat - gegen das kartellrechtliche Boykottverbot des § 21 Abs. 1 GWB verstößt (vgl. dazu: Senat, Urt. v. 2.8.2007, VI-U(Kart) 10/07 Umdruck Seite 11 m.w.N.). Die Nichtigkeitsfolge des § 134 BGB ergibt sich jedenfalls aus dem Umstand, dass der Mietvertrag dem gesetzlichen Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung nach § 19 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 1 GWB zuwider läuft. Nach der genannten Vorschrift ist die missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung durch ein Unternehmen verboten (§ 19 Abs. 1 GWB), wobei ein Missbrauch insbesondere dann vorliegt, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen die Wettbewerbsmöglichkeiten anderer Unternehmen in einer für den Wettbewerb auf dem Markt erheblichen Weise ohne sachlich gerechtfertigten Grund beeinträchtigt (§ 19 Abs. 4 Nr. 1 GWB).

A. Im Entscheidungsfall liegen die genannten Voraussetzungen eines Marktbeherrschungsmissbrauchs vor.

1. Die Klägerin besaß auf dem örtlichen Schilderprägemarkt rund um die Kfz-Zulassungsstelle in Bad Salzuflen eine marktbeherrschende Stellung. Das gilt jedenfalls für den Zeitraum zwischen der Eröffnung der eigenen Schilderprägestelle in der Kfz-Zulassungsstelle in Bad Salzuflen am 1. Januar 2004 und der Aufnahme des Betriebs einer konkurrierenden Schilderprägestelle durch den Untermieter der "W......." Ende Dezember 2005. Zumindest über jene Zeitspanne war die Klägerin die einzige Anbieterin auf dem örtlichen Schilderprägemarkt und somit ohne Wettbewerber (§ 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB).

2. Der Mietvertrag der Klägerin vom 14. April 2003 beeinträchtigt die Wettbewerbsmöglichkeiten konkurrierender Anbieter auf dem genannten Markt in erheblicher Weise. Er hat zur Folge, dass über Jahre hinweg jedweder Wettbewerb auf dem Schilderprägemarkt in Bad Salzuflen unterbunden wird.

a) Mit Recht hat das Landgericht angenommen, dass nach dem Sach- und Streitstand das Betriebsgrundstück der Beklagten der einzige in Betracht kommende Standort für einen Konkurrenzbetrieb zu derjenigen Schilderprägestelle ist, welche die Klägerin in der Kfz-Zulassungsstelle in Bad Salzuflen betreibt. Zwar verweist die Klägerin in diesem Zusammenhang auf weitere zur Vermietung in Betracht kommende Grundstücke. Ihr diesbezüglicher Sachvortrag ist indes - wie das Landgericht zutreffend erkannt hat - ohne hinreichende Substanz und aus diesem Grund prozessual unbeachtlich (§ 138 Abs. 1 ZPO). Die Behauptung der Klägerin, der Kreis Lippe biete auf dem Flurstück 297 eine Mietfläche zum Betrieb einer Schilderprägestelle an, ist nach dem Ergebnis der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme schon widerlegt. Das Landgericht hat dazu unter Bezugnahme auf die Aussage der Zeugin M... festgestellt, dass in der Nähe der Kfz-Zulassungsstelle keine kommunalen Grundstücke zur Anmietung einer Stellfläche zur Verfügung stehen, auf der eine Schilderprägestelle betrieben werden könnte. Der weiteren Behauptung, auf den Flurstücken 302, 300 und 255 bestehe zumindest die "potenzielle Möglichkeit" zu einer entsprechenden Anmietung, ist das Landgericht mit Recht nicht nachgegangen. Abgesehen davon, dass die Flurstücke 255 und 300 schon aufgrund ihrer räumlichen Entfernung zur Kfz-Zulassungsstelle als Standort für einen konkurrierenden Schilderprägebetrieb ausscheiden dürften, entbehrt das gesamte diesbezügliche Vorbringen der erforderlichen Substantiierung. Wie die Klägerin mit der Formulierung "potenziell" selbst einräumt, besteht auf den genannten Grundstücken aktuell keine Anmietungsmöglichkeit. Es hätte deshalb der näheren Darlegung bedurft, ob, wann, auf welchem Grundstücksteil und unter welchen Bedingungen in Zukunft die Flurstücke 302, 300 und 255 als Mietfläche für einen Schilderprägebetrieb zur Verfügung stehen sollen. Nur auf der Grundlage eines dahingehenden detaillierten Sachvortrags können die Markt- und Wettbewerbsverhältnisse auf dem örtlichen Schilderprägemarkt in Bad Salzuflen sowie die wettbewerblichen Auswirkungen des Mietvertrages vom 14. April 2003 beurteilt und kann entschieden werden, ob die Klägerin einem (jederzeit möglichen) Wettbewerb ausgesetzt ist oder Marktzutrittsschranken bestehen, weil in der Nähe der Kfz-Zulassungsstelle keine geeigneten Mietflächen bereitstehen.

Ob - wie die Berufung reklamiert - das Landgericht die Klägerin gemäß § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO auf die unzureichende Substantiierung ihres Sachvortrags habe hinweisen müssen, kann auf sich beruhen. Selbst wenn das erstinstanzliche Verfahren insoweit fehlerhaft gewesen sein sollte, verhilft dies der Berufung nicht zum Erfolg. Denn die Klägerin hat auch in zweiter Instanz ihren diesbezüglichen Sachvortrag nicht substantiiert, sondern begnügt sich mit einem bloßen Verweis auf ihr unzureichendes Vorbringen im landgerichtlichen Verfahren (vgl. § 531 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

b) Der Mietvertrag vom 14. April 2003 verschafft der Klägerin die Möglichkeit, über Jahre das Entstehen von Wettbewerb auf dem örtlichen Schilderprägemarkt rund um die Kfz-Zulassungsstelle in Bad Salzuflen zu verhindern. Vermöge des mietvertraglich vereinbarten Optionsrechts und der in § 7 vorgesehenen umfassenden Konkurrenzschutzklausel ist die Klägerin in der Lage, das Betriebsgrundstück der Beklagten als die einzige für einen Konkurrenzbetrieb in Betracht kommende Fläche bis mindestens Ende März 2013 für eigene Zwecke zu reservieren und auf diesem Weg jedwede Konkurrenz auf dem Schilderprägemarkt in Bad Salzuflen zu unterbinden. Im Ergebnis ist damit zunächst bis zum vereinbarten Ende der Mietzeit der Klägerin in den Räumen der Kfz-Zulassungsstelle am 31.12.2008 - mithin für einen Zeitraum von 5 Jahren - ein Wettbewerb auf dem örtlichen Schilderprägemarkt ausgeschaltet. Sollte der Klägerin auch die Folgeanmietung der Räumlichkeit in der Zulassungsstelle gelingen, kann sie mit Hilfe des Mietvertrages vom 14. April 2003 diese Monopolstellung anschließend sogar um weitere 4 Jahre bis zum 31. März 2013 verlängern. Es bedarf keiner näheren Darlegung, dass der genannte Mietvertrag die Wettbewerbsmöglichkeiten konkurrierender Schilderprägeunternehmen in massiver Art und Weise - nämlich vollständig und über einen langen Zeitraum - beeinträchtigt.

Die Beeinträchtigung des Wettbewerbs auf dem örtlichen Schilderprägemarkt ergibt sich dabei nicht nur - wie die Klägerin im Senatstermin reklamiert hat - aus der in § 7 des Mietvertrages vereinbarten Konkurrenzschutzklausel. Sie besteht vielmehr auch in der Anmietung selbst. Das gilt schon deshalb, weil den Wettbewerbern der Klägerin hierdurch ebenfalls ein geeigneter Standort für einen Konkurrenzbetrieb vorenthalten wird. Der Mietvertrag lässt sich deshalb auch nicht in eine kartellrechtlich unbedenkliche Mietkomponente und eine kartellrechtlich zu beanstandende Konkurrenzschutzklausel aufteilen. Die Wettbewerbsmöglichkeiten konkurrierender Schilderprägeunternehmen werden vielmehr durch den Mietvertrag als Ganzes beschränkt.

3. Diese Wettbewerbsbeeinträchtigung ist sachlich nicht gerechtfertigt. Das ergibt die gebotene Abwägung der widerstreitenden Interessen der Klägerin einerseits und ihrer (potenziellen) Konkurrenten andererseits vor dem Hintergrund der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des Kartellgesetzes (vgl. dazu: BGH, WuW/E DE-R 2268 ff. - Soda-Club II; BGH, WuW/E DE-R 1726 ff. - Stadtwerke Dachau). Der Klägerin stehen berechtigte Belange dafür, den Wettbewerb auf dem örtlichen Schilderprägemarkt über viele Jahre auszuschließen, nicht zur Seite.

Ohne Erfolg macht die Berufung hierzu geltend, durch den Abschluss des Mietvertrages habe im Jahre 2003 lediglich Vorsorge für den Fall getroffen werden sollen, dass die Räumlichkeiten in der Kfz-Zulassungsstelle nicht an die Klägerin vermietet werden. Hierdurch wird nämlich nicht in Frage gestellt, dass der Mietvertrag seit Eröffnung der klägerischen Schilderprägestelle in der Kfz-Zulassungsstelle die vorstehend festgestellte wettbewerbsbeschränkende Wirkung entfaltet und über viele Jahre das Entstehen von Wettbewerb verhindert, ohne dass die damit verbundene Monopolisierung des örtlichen Schilderprägemarktes durch schutzwürdige Interessen der Klägerin gerechtfertigt ist. Die Rechtslage wäre nur dann anders zu beurteilen, wenn die Klägerin den behaupteten Vertragszweck auch umgesetzt und den Mietvertrag zum Beispiel unter die auflösende Bedingung einer Anmietung von Räumlichkeiten in der Zulassungsstelle gestellt hätte. Dies ist indes nicht geschehen. Die Klägerin hat im Gegenteil das Betriebsgrundstück der Beklagten für die Dauer von insgesamt 10 Jahren dem Vermietungsmarkt für Schilderprägebetriebe entzogen und damit jedwede Konkurrenz auf dem örtlichen Schilderprägemarkt unterbunden, obschon sie bereits bei Abschluss des Mietvertrages mit der ernsthaften Möglichkeit rechnen musste, ihr Schilderprägegewerbe ab 2004 in den Räumen der Zulassungsstelle ausüben zu können und folglich die von der Beklagten angemietete Fläche zur Ausübung ihres Gewerbes nicht zu benötigen.

B. Der Verstoß gegen das kartellrechtliche Missbrauchsverbot des § 19 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 1 GWB führt gemäß § 134 BGB zur Gesamtnichtigkeit des Mietvertrages vom 14. April 2003. Dabei ist unerheblich, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen der genannten Kartellrechtsnorm - namentlich die Normadressatenschaft der Klägerin - erst im Verlauf der Mietzeit dadurch eingetreten ist, dass die Klägerin mit Vertrag vom 30. Oktober 2003 Räumlichkeiten in der Kfz-Zulassungsstelle zum Betrieb einer Schilderprägestelle anmieten und hierdurch ab Januar 2004 eine marktbeherrschende Stellung erlangen konnte.

Zwar bestimmt sich die Wirksamkeit eines Vertrages grundsätzlich nach dem zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses geltenden Recht. Gleichwohl können Verbotsgesetze im Einzelfall auch wirksam begründete Dauerschuldverhältnisse in der Weise erfassen, dass diese ex nunc unwirksam werden. Das ist der Fall, wenn das Verbotsgesetz nach seinem Sinn und Zweck die für die Zukunft eintretende Nichtigkeit erfordert. Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat eine solche Fallkonstellation beispielsweise für wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen im Sinne von § 1 GWB bejaht, deren Inhalt erst nach der im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung geltenden Normlage gegen das Kartellgesetz verstieß (BGH, WuW/E DE-R 1119 ff. - Verbundnetz II m.w.N.). Für den Streitfall kann nichts anderes gelten. Der von § 19 GWB bezweckte Wettbewerbsschutz bliebe unzureichend, wenn man Dauerschuldverhältnisse wie den in Rede stehenden Mietvertrag nur deshalb von der Nichtigkeitsfolge ausnehmen wollte, weil der Vertrag bei seinem Abschluss noch einen kartellrechtlich unbedenklichen Inhalt hatte. Sinn und Zweck der genannten Kartellrechtsnorm gebieten es vielmehr, einem solchen Vertrag die rechtliche Wirksamkeit zu versagen, sobald sein Inhalt gegen das kartellrechtliche Missbrauchsverbot verstößt und den freien Wettbewerb in unzulässiger Weise beeinträchtigt. Der Mietvertrag der Parteien vom 14. April 2003 ist infolge dessen mit Wirkung vom 1. Januar 2004 - dem Zeitpunkt der Eröffnung einer Schilderprägestelle in den Räumen der Kfz-Zulassungsstelle durch die Klägerin - unwirksam geworden.

C. Im Ergebnis führt diese Rechtslage zur Abweisung aller Klageanträge.

Die Klägerin kann von der Beklagten weder die mietvertragliche Überlassung näher bezeichneter Teilflächen des Betriebsgrundstücks "Louis-Uekermann-Weg 1 in 32107 Bad Salzuflen" noch verlangen, dass die Beklagte die der "W..." eingeräumte Grundstücksnutzung beendet (Klageanträge zu Ziffer 1. und 2.).

Die Beklagte ist der Klägerin aus dem Mietvertrag vom 14. April 2003 auch nicht dazu verpflichtet, Teile ihres Betriebsgrundstücks nicht an konkurrierende Schilderprägeunternehmen zu überlassen (Klageantrag zu Ziffer 4.).

Ebenso wenig ist die Schadensersatzpflicht der Beklagten festzustellen (Klageantrag zu Ziffer 3.). Es fehlt an der Wahrscheinlichkeit eines ersatzfähigen Schadens der Klägerin (vgl. dazu: BGH, NJW 2006, 830, 832 m.w.N.). Bis zum Eintritt der Vertragsnichtigkeit am 1. Januar 2004 hatte die Klägerin von der Beklagten weder die Überlassung der angemieteten Grundstücksteilfläche beansprucht noch irgendeine Verwendung für den Grundstücksteil. Ebenso wenig hatte die Beklagte bis zu diesem Zeitpunkt anderweitig über die von der Klägerin gemietete Fläche disponiert. Die Besitzüberlassung an die "W....." erfolgte erst im Dezember 2005. Vor diesem Hintergrund ist nicht zu erkennen, dass der Klägerin aus der "Zweitvermietung" an die "W....." ein ersatzfähiger Schaden entstanden sein könnte.

Damit erweist sich schließlich auch der Hilfsantrag auf Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits (Klageantrag zu Ziffer 5.) als erfolglos. Ungeachtet der Frage, ob eine hilfsweise Erledigungserklärung prozessual überhaupt statthaft ist (vgl. dazu: Vollkommer in Zöller, Zivilprozessordnung, 27. Aufl., § 91 a Rdnr. 35 m.w.N.), bleibt der Klageantrag jedenfalls in der Sache erfolglos. Denn die Klage war von Beginn an unbegründet, weshalb im Verlauf des Prozesses keine Erledigung eingetreten ist.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

IV.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die streitentscheidenden Rechtsfragen sind höchstrichterlich geklärt. Das gilt auch, soweit es um die mit Wirkung ex nunc eintretende Vertragsnichtigkeit gemäß § 134 BGB geht. Dass die vom Bundesgerichtshof insoweit geforderten Voraussetzungen nicht nur bei einem Verstoß gegen das Kartellverbot des § 1 GWB, sondern gleichermaßen auch bei einer Zuwiderhandlung gegen das kartellrechtliche Missbrauchsverbot des § 19 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 1 GWB erfüllt sind, wirft keine rechtsgrundsätzlichen Fragen auf.

Ende der Entscheidung

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