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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 28.02.2007
Aktenzeichen: VI-U (Kart) 22/06
Rechtsgebiete: HGB, GWB, BGB


Vorschriften:

HGB § 89 b
HGB § 89 b Abs. 4
HGB § 92 c Abs. 1
GWB § 20
BGB § 280
BGB § 242
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

I.

Auf die Berufung der Klägerin wird - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - das am 9. Februar 2006 verkündete Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln im Ausspruch zu den Klageanträgen zu 3., 4. und 5. teilweise abgeändert und insoweit wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin

1. 17.356 € Zug um Zug gegen Rückgabe der in der Anlage 1 zu diesem Urteil aufgeführten neuwertigen, unbenutzten und originalverpackten Ersatzteile,

2. 23.820 € Zug um Zug gegen Rückgabe der in der Anlage 2 zu diesem Urteil aufgeführten neuwertigen, unbenutzten und originalverpackten Computerelektronik-Ersatzteile,

3. 632 € Zug um Zug gegen Rückgabe der in der Anlage 3 zu diesem Urteil aufgeführten neuwertigen, unbenutzten und originalverpackten Verbrauchsmittel,

zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

II.

Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

III.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 45 % und die Beklagte zu 55 %.

IV.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.102.161,32 € festgesetzt. Davon entfällt auf die Berufung der Beklagten ein Betrag von 559.000 €.

Gründe:

I.

Die Beklagte stellt Ultraschallgeräte für die zerstörungsfreie Werkstoffprüfung her.

Die Klägerin vertrieb diese Geräte aufgrund eines als "Vertretervertrag" bezeichneten Vertrages mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der Fa. K. GmbH, vom 01.01.1978 in S..

Darin war unter anderem geregelt, dass die Klägerin verpflichtet ist, eine näher ausgeführte Mindestmenge an Geräten zu vertreiben, wobei sie selbst oder ein Dritter als Käufer auftreten durften. Des weiteren traf der Vertrag Regelungen zu Provisionsansprüchen der Klägerin für vermittelte Vertragsabschlüsse, legte einen Gebietsschutz und ein Konkurrenzverbot fest und schloss Ersatz- oder Ausgleichsansprüche der Klägerin wegen einer Beendigung des Vertrags - mit Ausnahme noch offener Provisionsansprüche - aus.

Der Vertrag hatte eine Laufzeit von zunächst drei Jahren, die sich um je ein weiteres Jahr verlängerte, sofern der Vertrag nicht mit einer Frist von sechs Monaten gekündigt wurde.

In dem Vertrag wurde die Geltung deutschen Rechts vereinbart und als Gerichtsstand der Sitz der Rechtsvorgängerin der Beklagten festgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vertrags wird auf die zu den Akten gereichte Abschrift, Anlage K 2 zur Klageschrift, verwiesen.

Die Klägerin vermittelte einen Teil der Geräte im Namen der Beklagten.

Darüber hinaus tätigte sie - zuletzt überwiegend - auch Geschäfte im eigenen Namen und auf eigene Rechnung (Eigengeschäfte), wobei sie die Geräte mit Rabatten von durchschnittlich rund 36 % bei der Beklagten erwarb.

Die Beklagte kündigte den Vertrag fristgerecht mit Schreiben vom 14.06.2004 zum 31.12.2004.

Die Klägerin meint, der Vertretervertrag umfasse hinsichtlich seiner Rechte und Pflichten auch die Eigengeschäfte der Klägerin, weshalb ihr auch insoweit ein Ausgleichsanspruch analog § 89 b HGB zustehe.

Des weiteren sei die Beklagte verpflichtet, die zum Betrieb der Werkstatt an die Klägerin veräußerten Ersatz- und Zubehörteile zurückzunehmen und die Klägerin weiterhin mit Ersatz- und Zubehörteilen zu beliefern. Soweit sie dies bisher verweigert habe, schulde die Beklagte ihr Schadensersatz.

Die Klägerin hat in erster Instanz zuletzt beantragt, ihr Augleichsansprüche nach § 89 b HGB in Höhe von 33.864,33 € aus ihrer Handelsvertretertätigkeit und in Höhe von 559.000 € aus ihrer Vertragshändlertätigkeit, jeweils nebst Zinsen, zuzusprechen. Darüber hinaus hat sie die Rücknahme ihrer Lagerbestände gefordert und Schadensersatzansprüche in Höhe von 79.333.32 € und 19.833 € nebst Zinsen wegen der nach Vertragsschluss eingestellten Belieferung mit Ersatzteilen geltend gemacht sowie die Feststellung beantragt, dass die Beklagte weiterhin verpflichtet sei, sie mit Ersatzteilen zu beliefern.

Das Landgericht hat mit Urteil vom 09.02.2006 festgestellt, dass die Klageanträge hinsichtlich der Ausgleichsansprüche nach § 89 b HGB dem Grunde nach gerechtfertigt sind.

Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.

Dagegen wenden sich beide Parteien mit ihren Berufungen.

Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr Vorbringen zu den noch streitbefangenen Klageansprüchen. Insbesondere wendet sie sich gegen die Annahme des Landgerichts, dass das Verlangen auf Rücknahme des Lagerbestandes einerseits und auf Weiterbelieferung mit Ersatz- und Zubehörteilen andererseits in einem unaufgelösten Widerspruch stünden, weshalb beiden Begehren der Einwand von Treu und Glauben (§ 242 BGB) entgegenstehe.

Sie beantragt sinngemäß,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils, die Beklagte zu verurteilen,

1. an sie

1. 17.356 € Zug um Zug gegen Rückgabe näher bezeichneter Ersatzteile,

2. 23.820 € Zug um Zug gegen Rückgabe näher bezeichneter Computerelektronik-Ersatzteile,

3. 52.266 € Zug um Zug gegen Rückgabe näher bezeichneter Zubehörteile,

4. 19.754 € Zug um Zug gegen Rückgabe näher bezeichneter Geräte,

5. 632 € Zug um Zug gegen Rückgabe näher bezeichneter Verbrauchsmittel

zu zahlen,

2. an sie Schadensersatz in Höhe von 79.333,32 € nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit sowie weitere 19.833 € für jeden weiteren Monat ab dem 30.04.20005 zu zahlen sowie

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, Ersatz- und Zubehörteile für die unter den Vertrag vom 01.01.1978 fallenden Produkte an sie zu liefern.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Sie hat ihrerseits Berufung eingelegt und vertritt die Ansicht, die Klägerin sei bei den von ihr vorgenommenen Eigengeschäfte nicht als Vertragshändlerin tätig geworden. Das Rechtsverhältnis sei über das einer Verkäufer-Käufer-Beziehung nicht hinausgegangen. Insbesondere sei die Klägerin nicht in ihre Absatzorganisation eingebunden gewesen und habe auch die Kundendaten dieser Geschäfte nicht bzw. nicht vollständig übertragen.

Sie beantragt,

unter Abänderung des am 09.02.2006 verkündeten Urteils des Landgerichts Köln die Klage abzuweisen, soweit der Klägerin dem Grunde nach ein Ausgleichsanspruch als Vertragshändlerin zuerkannt worden ist.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die tatbestandlichen Feststellungen in dem landgerichtlichen Urteil sowie die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.

II.

1.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.

Das Landgericht hat zu Recht die Voraussetzungen für einen Ausgleichsanspruch gem. § 89 b HGB analog für die Eigengeschäfte der Klägerin angenommen.

Zwar steht ein Ausgleichsanspruch nach § 89 b HGB grundsätzlich nur Handelsvertretern zu. Es ist aber anerkannt, dass auch Vertragshändler nach Beendigung des Vertrages mit dem Hersteller der vertriebenen Produkte in analoger Anwendung der Vorschrift einen Ausgleichsanspruch geltend machen können, wenn sie zum einen wie ein Handelsvertreter in die Absatzorganisation des Herstellers eingebunden waren und sie zum anderen verpflichtet sind, diesem den Kundenstamm (spätestens nach Ende der Tätigkeit) zu überlassen (st. Rspr.; BGH, NJW 2000, 1413; NJW-RR 2003, 894; Küstner/Thume/ Otto, Handbuch des gesamten Außendienstrechts, Bd. 2, 7. Aufl., RdNr. 93). Beide Voraussetzungen sind im Entscheidungsfall erfüllt.

a)

Die Klägerin war auch insoweit, wie sie die Vertragswaren im Absatzgebiet S. durch Verkäufe im eigenen Namen und auf eigene Rechnung vertrieben hat, in die Absatzorganisation der Beklagten eingebunden. Eine solche Einbeziehung liegt vor, wenn das Rechtsverhältnis zwischen dem Vertragshändler und dem Hersteller oder Lieferanten derart ausgestaltet ist, dass es sich nicht in einer bloßen Verkäufer-Käufer-Beziehung erschöpft, sondern den Vertragshändler so in die Absatzorganisation des Herstellers oder Lieferanten eingliedert, dass er wirtschaftlich in erheblichem Umfang einem Handelsvertreter vergleichbare Aufgaben zu erfüllen hat (st. Rspr.; zuletzt BGH, NRW-RR 2004, 898). Dies war vorliegend der Fall, denn der Vertretungsvertrag der Parteien erfasst nicht nur die Handelsvertretertätigkeit der Klägerin, sondern gleichermaßen auch den Absatz der Klägerin in Form von Eigengeschäften.

Dies ergibt sich aus der Zielsetzung des Vertrages und der in ihm gewählten Formulierungen.

Ziel der Beklagten war es, ihr Produkte durch Aktivitäten der Klägerin im Vertragsgebiet S. zu verbreiten, wobei es den Parteien wichtig war, auf alle Kundenwünsche eingehen zu können. Ob die Klägerin die Geschäfte für die Beklagte als Handelsvertreter vermittelte oder im eigenen Namen und auf eigene Rechnung verkaufte, hatte für sie dabei nachgeordnete Bedeutung. Die Beklagte hat insoweit unwidersprochen gelassen, dass eine Vermittlung von Geschäften vor allem für die Niederlassungen deutscher Unternehmen in Frage kam, daneben aber dort ein Vertrieb im Wege von Eigengeschäften von den Parteien für sinnvoll gehalten wurde, wo bei spanischen Abnehmern Vorbehalte gegen einen Vertragsabschluss mit einem deutschen Unternehmen vorgelegen hätten. Hier sollte diesen auf Verkäuferseite die Klägerin selbst zur Verfügung stehen und damit ein Erwerb nach spanischem Recht möglich sein.

Diese von den Vertragsparteien gewollte Duplizität der Vertriebswege hat auch im Wortlaut des Vertrages Ausdruck gefunden. So ist die Klägerin in Artikel 1 des Vertrages als "Verkäuferin" bezeichnet und ihr die "Alleinvertretung" für S. übertragen worden. Auch in Artikel II werden beide Vertriebsformen gleichwertig dargestellt. In Ziffer 1 wird der Klägerin die Aufgabe übertragen "Verkaufsgeschäfte für K. zu vermitteln" und außerdem "nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen tätig zu werden". In Ziffer 3 wird sodann ein Mindestvertriebswert festgelegt und dabei der Klägerin freigestellt, dass "sie selbst sowie auch Dritte als Käufer auftreten können".

Bei dieser Vertragslage war es in das Belieben der Klägerin gestellt, ob und in welchem Umfang sie die Produkte der Beklagten im Vermittlungs- oder Eigengeschäft vertrieb. Vor diesem Hintergrund lag es erkennbar im Interesse der Beklagten, die Regelungen des Vertretervertrags nicht auf das Handelsvertretergeschäft der Klägerin zu beschränken, sondern ihnen auch die Eigengeschäfte zu unterstellen. Anderenfalls hätte es nämlich die Klägerin in der Hand gehabt, sich dadurch den Pflichten aus dem Vertrag zu entziehen, dass sie - wie in den letzten Jahren - ganz überwiegend Eigengeschäfte tätigte.

Für diese Auslegung des Vertrags spricht auch, dass sich in dessen weiteren Regelungen keine Differenzierung zwischen den Vertriebsarten findet. In Artikel II Ziffer 4 etwa ist die Pflicht der Klägerin geregelt, das "Vertragsgebiet in zumutbarer Weise regelmäßig durch technisch qualifiziertes Personal bereisen zu lassen". Dazu müssen sich die Mitarbeiter regelmäßig schulen lassen.

Auch die in Artikel II Ziffer 5 normierte Verpflichtung der Klägerin, "über den Vertreib der Geräte und über die Namen der bearbeiteten Kunden und der Besteller von Geräten" mindestens vierteljährlich zu berichten, bestand für alle getätigten Geschäfte (was zugleich für die Feststellung der zweiten Voraussetzung einer Analogie von § 89 b HGB maßgeblich ist, s. u.).

Dasselbe gilt für das Wettbewerbsverbot (Artikel II Ziffer 7), die Lagerpflicht für Ersatzteile (Artikel II Ziffer 12), die Pflicht zum Erwerb von Vorführgeräten (Artikel II Ziffer 13), die Übersetzung von anfallenden Texten in die Landessprache (Artikel II Ziffer 14), die Pflicht, keine Angebote in das Ausland außerhalb S. abzugeben (Artikel II Ziffer 15) und demgegenüber die Verpflichtung der Beklagten, die Tätigkeit der Klägerin zu unterstützen und dabei insbesondere die Geräte zu einem marktgerechten Preis zu liefern (Artikel III Ziffer 2).

In der Folgezeit haben die Vertragsparteien den Vertretungsvertrag auch in dem dargestellten Sinne praktiziert. Obschon die Eigengeschäfte einen immer größeren Anteil am Gesamtumsatz der Klägerin für die Beklagte erreichten - die Beklagte räumt ein, dass die Klägerin in den letzten Jahren sogar drei mal so viele Geräte im Eigengeschäft verkauft wie sie über ihre Handelsvertretung vermittelt hat - ist die Geschäftsbeziehung der Parteien einvernehmlich (und wie selbstverständlich) nach dem Vertretungsvertrag abgewickelt worden. Auch die Beklagte hat zu keiner Zeit die Ansicht vertreten, die Eigenverkäufe erfolgten außerhalb der vereinbarten Vertriebsvertretung und bedürften deshalb einer eigenständigen vertraglichen Grundlage.

Für das gefundene Auslegungsergebnis spricht schließlich auch der Wortlaut des Kündigungsschreibens der Beklagten vom 14.06.2006 (Anlage K 3), in der sie selbst den Vertrag als "Distribution Agreement" (Vertragshändlervertrag) und nicht als "Agency Agreement" (Handelsvertretervertrag) bezeichnet, worauf die Klägerin zu Recht hinweist.

b)

Auch bestand eine Pflicht zur Weitergabe des Kundenstamms. Der Hersteller muss demnach wie bei durch einen Handelsvertreter vermittelten Geschäften in der Lage sein, die Abnehmer seines Produkts im Einzelnen zu kennen, um sie während oder spätestens nach der Beendigung der Vertragsbeziehung eigenständig betreuen zu können (BGH, DB 1986, 1069). Die dahingehende Pflicht muss nicht ausdrücklich vereinbart sein. Es genügt insoweit eine Verpflichtung zur laufenden Unterrichtung des Herstellers oder Lieferanten über Namen und Adressen der Kunden während der Vertragslaufzeit (BGH, NJW 2000, 1413 m. w. Nachw.; BGH, NJW-RR 1998, 1331, 1332).

Diese Berichtspflicht ist in Artikel II Ziffer 5 des Vertrages ausdrücklich festgelegt. Darin heißt es:

"Die Gesellschaft berichtet K. mindestens vierteljährlich über ihre Tätigkeit, insbesondere über den Vertrieb der Geräte und über die Namen der bearbeiteten Kunden und der Besteller von Geräten."

Auf den Streit der Parteien, ob die Beklagte tatsächlich laufend über die Kunden unterrichtet wurde, kommt es hierbei nicht an, da allein die Pflicht zur Unterrichtung für eine analoge Geltung des § 89 b HGB ausreicht (BGH. a.a.O.).

c)

Der Anspruch ist auch nicht gemäß Artikel V Ziffer 7 ausgeschlossen, wie das Landgericht zu Recht festgestellt hat. Nach dieser Regelung des Vertrags kann die Klägerin "wegen der Beendigung des Vertragsverhältnisses - abgesehen von Ziffer 4 (Anm: Schadensersatzansprüche) - keinen Ersatz- oder Ausgleichsanspruch geltend machen, mit Ausnahme der Geschäftsfälle, die nachweislich durch die Gesellschaft bis zur Auftragsreife bearbeitet wurden und binnen sechs Monaten nach Vertragsende zum Auftrag führen".

Die Regelung erfasst die streitgegenständlichen Ansprüche, ist aber unwirksam gemäß §§ 89 b , Abs. 4; 92 c Abs. 1 HBG. Danach ist der Anspruch im voraus nur für Handelsvertreter außerhalb des europäischen Auslandes ausschließbar. Diese Regelung gilt nicht nur für den Handelsvertreter, sondern auch für den Vertragshändler (Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, 31. Aufl., § 89 b, RdNr. 70).

2.

Die zulässige Berufung der Klägerin hat nur teilweise Erfolg.

a)

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Rücknahme der Ersatz- und Verbrauchsmittel wie in den Anträgen zu 3. a), b) und e) gefordert.

Der Anspruch ergibt sich aus einer nachvertraglichen Treuepflicht der Beklagten. Nach Artikel II, Ziffer 12 des Vertrags vom 01.01.1978 war die Klägerin verpflichtet, die für die Durchführung der Garantiearbeiten nach Artikel II, Ziffer 11 des Vertrags erforderlichen Ersatzteile bereitzuhalten.

Aus dieser Depotverpflichtung und der damit zusammenhängenden Treuepflichten der Vertragspartner folgt die Pflicht des Herstellers, die Ersatzteile nach Beendigung des Vertrags zurückzunehmen (BGH, BB 1970, S. 1458, 1459; BGH, NJW 1995, 524f.; Ullrich in Martinek/Semler/Habermeier, Handbuch des Vertriebsrechts, 2. Aufl., § 21, RdNr. 5 ff.; Kleinmann, Siegert: Rückgabe von Lagerwagen und Ersatzteilen nach Beendigung des Kfz-Händlervertrages, in: BB 2006, 785, 786 m. w. Nachw.)

Sinn und Zweck dieser Lagerhaltungspflicht ist es, während der Vertragsdauer die Käufer vor Ort unter Vermeidung langer Wartezeiten versorgen zu können. Ist wie vorliegend auch noch eine Pflicht zur Unterhaltung ausgebildeten Servicepersonals festgeschrieben, ist ein solches Lager zwingend erforderlich.

Nach Beendigung des Vertrags entfällt dieser Vertragszweck, da der Vertragshändler/Handelsvertreter nicht mehr für den Vertrieb und die Wartung der Produkte des Herstellers zuständig und verantwortlich ist. Das verpflichtet den Hersteller, den bei Vertragsende nicht vorhandenen Lagerbestand insoweit zurückzunehmen, wie er vom Vertragshändler/Handelsvertreter nach Maßgabe der ihm auferlegten Lagerhaltungspflicht aufgebaut worden und in neuwertigem, unbenutztem und originalverpacktem Zustand vorhanden ist.

Soweit die Beklagte bestreitet, dass die Klägerin die angegebenen Ersatzteile bei ihr zu den angegebenen Preisen erworben habe, ist dieses Bestreiten unerheblich. Unstreitig ist, dass die Klägerin einen Werkstattdienst eingerichtet und hierfür bei der Beklagten Ersatzteile bezogen hat. Ob die von der Klägerin aufgelisteten Teile überhaupt bei der Beklagten bezogen wurden und ob insoweit die Preisangaben zutreffen, muss die Beklagte ihren eigenen geschäftlichen Unterlagen entnehmen können, so dass ein einfaches Bestreiten hier prozessual unzulässig ist (§ 138 Abs. 1, 2 ZPO).

Dass die Ersatzteile überhaupt anderswo hätten beschafft werden können, behauptet auch die Beklagte nicht.

Der Rücknahmeanspruch ist nicht nach Artikel V Ziffer 7 des Vertrages ausgeschlossen.

Diese Regelung erfasst nur den Ausgleichsanspruch nach § 89 b HGB (s. oben 1. c), was sich insbesondere daraus ergibt, dass im zweiten Teil der Regelung ausdrücklich Provisionsansprüche für laufende Geschäfte ausgenommen werden. Diese Ausnahme zeigt, dass der Ausschluss nachvertraglicher Ersatz- und Ausgleichsansprüche allein für den Ausgleich der nach Vertragsschluss wegfallenden Provisionen gelten sollte.

Der Anspruch auf Rücknahme des vorhandenen Lagerbestandes ist auch nicht wegen einer Widersprüchlichkeit zu der weiteren Forderung der Klägerin auf fortgesetzte Belieferung mit Ersatz- und Zubehörteilen treuwidrig. Beide Forderungen schließen sich nicht gegenseitig aus. Der hohe Lagerbestand der Klägerin wurde seinerzeit in der Erwartung angeschafft, auch zukünftig Produkte der Beklagten in S. zu vertreiben. Nach Beendigung der Vertragsbeziehung geht das wirtschaftliche Interesse der Klägerin nunmehr (nur) noch dahin, die Bestandskunden (denen gegenüber die Klägerin ja selbst gewährleistungspflichtig ist) mit Ersatzteilen beliefern zu können. Im Übrigen hat die Klägerin einen Handel mit Konkurrenzprodukten aufgenommen. Daher benötigt sie nicht mehr den umfassenden Lagerbestand sondern nur noch vereinzelte Ersatzteile, die sie von der Beklagten geliefert bekommen möchte.

b)

Die Berufung der Klägerin ist in Ansehung der Anträge zu Nr. 3 c) und d) unbegründet.

Der Anspruch auf Rücknahme umfasst nur diejenige Ware, die unter die Depotpflicht des Vertrages fallen. Vorliegend war die Klägerin gemäß Artikel II Ziffer 11 zur Durchführung der notwendigen Garantiearbeiten verpflichtet. Nur insoweit bestand nach Ziffer 12 die Pflicht, Ersatzteile bereit zu halten und nur in diesem Umfang ist die Beklagte nach Vertragsende zur Rücknahme des Lagerbestandes verpflichtet. Konkret umfasst dies die in den Klageanträgen zu 3. a) und 3. b) aufgeführten Ersatzteile sowie die in dem Klageantrag zu 3. e) genannten Verbrauchsmittel. Nicht erfasst sind demgegenüber die Zubehörteile nach Klageantrag 3. c) sowie die Ultraschallgeräte nach Klageantrag 3. d). Denn sie unterfallen nicht der vertraglich vereinbarten Lagerpflicht der Klägerin. Dass die Klägerin Zubehörteile lagerte, um einen erweiterten Kundendienst bieten zu können und Geräte vorrätig hielt, um kurze Lagerzeiten zu garantieren, unterlag ihrem unternehmerischen Risiko und entsprang keiner vertraglichen Pflicht.

Auch eine Interessenabwägung gebietet keine andere Wertung. Der nach wie vor im gleichen Sektor wirtschaftlich tätigen Klägerin kann zugemutet werden, Zubehörteile und restliche Maschinen eigenständig zu verkaufen. Dass ihr dies nicht möglich wäre, hat sie selbst nicht behauptet.

3.

Auch die weitergehende Berufung der Klägerin ist unbegründet.

Sie hat nach Vertragsbeendigung keinen Anspruch auf weitere Belieferung und kann dementsprechend keinen Schadensersatz wegen deren Unterlassung geltend machen.

a)

Der Anspruch auf Weiterbelieferung mit Ersatzteilen lässt sich nicht aus kartellrechtlichen Vorschriften, insbesondere nicht aus Art. 82 EGV herleiten. Danach ist es marktbeherrschenden Unternehmen untersagt, diese Stellung so auszunutzen, dass es zu Beeinträchtigungen des gemeinsamen Markts innerhalb der Europäischen

Union kommt.

aa)

Ob die Beklagte als Herstellerin von Ultraschallgeräten zur zerstörungsfreien Werkstoffprüfung marktbeherrschend ist, kann vorliegend dahinstehen. Denn die Klägerin begehrt mit der Klage nicht die Belieferung mit Ultraschalgeräten, sondern die Versorgung mit Ersatzteilen für die Geräte der Beklagten.

Die Beklagte kann aber Normadressat des kartellrechtlichen Diskriminierungs- und Behinderungsverbots sein, wenn und soweit sie beim Vertrieb von Ersatzteilen für ihre Geräte eine Alleinstellung oder eine marktbeherrschende Stellung inne hat (Senat, Urt. v. 20.9.2006 - VI-U(Kart) 28/05 Umdruck Seite 6/7). Das liegt nahe auch wenn die Klägerin dies selbst nicht behauptet hat.

bb)

Eine Diskriminierung bei der Belieferung mit Ersatzteilen behauptet die Klägerin nicht.

Eine solche kann nach Art. 82 EGV und § 20 GWB nur angenommen werden, wenn die Anbieterin eines Produkts Teilnehmer des relevanten Marktes (hier des Marktes für Ersatzteile für die Produkte der Beklagten) unterschiedlich behandelt (Senat v. 20.09.2006, WuW/E DE-R 1825, 1826 f.).

Das ist vorliegend nicht der Fall. Die Klägerin macht selbst nicht geltend, dass die Beklagte andere Wartungs- und Serviceunternehmen, die sich - wie die Klägerin nach Beendigung des Vertretungsvertrags - außerhalb ihres Vertriebs- und Absatzsystems befinden, mit Ersatzteilen beliefert.

cc)

Auch liegt keine unbillige Behinderung vor.

Dazu bedürfte es eines Geschäftsverkehrs beim Vertrieb von Ersatzteilen für die Produkte der Beklagten, der gleichartigen Unternehmen üblicherweise zugänglich ist. Erforderlich wäre, dass entweder die Beklagte selbst einen solchen Geschäftsverkehr unterhält oder sich ein solcher Geschäftsverkehr sich innerhalb der in Betracht kommenden Kreise als allgemein üblich und allgemein angemessen empfunden herausgebildet hat, d.h. die anderen Hersteller von Geräten zur zerstörungsfreien Werkstoffprüfung Ersatzteile an freie Werkstätten vertreiben.

Hierzu hat die Klägerin nichts vorgetragen. Sie macht nicht geltend, dass anderen Anbietern durch eine Belieferung mit Ersatzteilen der Zugang zu einem solchen Markt eröffnet würde.

b)

Auch aus der Gesellschafterstellung der Beklagten als 10 %iger Minderheitsmitgesellschafterin an der Klägerin ergibt sich keine Verpflichtung zur weiteren Belieferung. Zwar besteht insoweit ein Treuepflicht, deren Inhalt die vorrangige Wahrnehmung der Gesellschaftsinteressen ist. Diese endet aber vor dem berechtigten eigenen Interesse (Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch, 31. Aufl., § 109 RdNr. 23). Bei einer Interessenkollision ist es dem Gesellschafter insbesondere erlaubt, eigene Interessen in den Vordergrund zu stellen und das wirtschaftliche Handeln danach auszurichten, soweit die Interessen der Gesellschaft hinreichend berücksichtigt wurden und das eigene Handeln hierzu in einem angemessen Verhältnis steht. Danach hatte die Beklagte unzweifelhaft das Recht, den Vertrag fristgemäß zu kündigen, was auch die Klägerin zugesteht. Darüber hinaus durfte die Beklagte aber auch die Lieferungen der Ersatzteile einstellen, denn sie muss keine Aktivitäten fördern, die ihr selbst schaden. Das wäre vorliegend aber der Fall, nachdem die Klägerin eine Vertretung für einen Konkurrenten der Beklagten unterhält. Durch eine weitere Belieferung mit Ersatzteilen würde die Beklagte es der Klägerin ermöglichen, ihre früheren Kunden weiterhin an sie zu binden und diesen im Fall der Notwendigkeit der Anschaffung eines neuen Gerätes, eines der Konkurrenzfirma anzubieten.

c)

Der Anspruch ergibt sich auch nicht aus einer allgemeinen nachvertraglichen Treuepflicht gemäß §§ 280, 242 BGB. Derartige Pflichten können als Nebenpflichten begründet werden, insbesondere, wenn und soweit durch das Verhalten der Vertragspartei während des laufenden Vertragsverhältnisses ein Vertrauenstatbestand dahingehend geschaffen wurde, dass auch nach Vertragsbeendigung bestimmte Leistungen (weiterhin) erbracht würden. Ein Verhalten der Beklagten, das geeignet gewesen wäre, bei der Klägerin ein Vertrauen darauf zu begründen, dass sie auch nach Kündigung des Vertrages weiterhin mit Ersatz- und Zubehörteilen beliefert würde, hat die Klägerin nicht dargetan. Sie hat insoweit auch keine Indizien benannt, aus denen sich ein entsprechendes Vertrauen begründen lassen könnte. Aus dem Vertrag selbst lässt sich eine solche Leistungspflicht über die Geltungsdauer des Vertrages hinaus auch nicht herleiten.

4.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, 92 Abs. 1, Satz 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht gem. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Zur Zulassung der Revision besteht kein Anlass (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Ende der Entscheidung

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