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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 09.01.2008
Aktenzeichen: VI-U (Kart) 45/06
Rechtsgebiete: WPV 1994, WPV 1999, EGV, EG, GG, ZPO
Vorschriften:
WPV 1994 Art. 25 § 3 Satz 1 | |
WPV 1999 Art. 43 § 3 Satz 1 | |
EGV Art. 59 | |
EGV Art. 86 | |
EGV Art. 90 Abs. 1 | |
EG Art. 49 | |
EG Art. 82 § 1 lit. a | |
EG Art. 86 | |
GG Art. 20 Abs. 3 | |
GG Art. 59 Abs. 2 | |
ZPO § 130 Nr. 6 | |
ZPO § 138 Abs. 1 | |
ZPO § 138 Abs. 2 | |
ZPO § 520 Abs. 5 |
2. Art. 25 § 3 Satz 1 WPV 1994 gewährt ebenso wie die wortgleiche Bestimmung des Art. 43 § 3 Satz 1 WPV 1999 der Bestimmungsverwaltung einen selbständigen Zahlungsanspruch auf die Inlandsgebühren, der in erster Linie gegen den Absender gerichtet ist und für den Fall, dass der Absender nicht in Anspruch genommen werden kann, gegen die Einlieferungsverwaltung geltend gemacht werden kann.
3. Dieser Zahlungsanspruch der Bestimmungsverwaltung steht nicht unter der Voraussetzung, dass der Absender und die Einlieferungsverwaltung vor Weiterleitung der betreffenden Postsendungen unter angemessener Fristsetzung fruchtlos zur Zahlung der Inlandsgebühren aufgefordert worden sind.
4. Der Begriff der "Inlandsgebühren" in Art. 25 § 3 Satz 1 WPV 1994 und Art. 43 § 3 Satz 1 WPV 1999 ist gemeinschaftsrechtskonform dahin auszulegen, dass die Bestimmungsverwaltung lediglich das um die Endvergütung verminderte Inlandsporto verlangen kann.
5. Die deutsche Bestimmungsverwaltung nutzt ihre marktbeherrschende Stellung auf dem Briefzustellmarkt im Sinne von Art. 82 Abs. 1 lit. a) EG missbräuchlich aus, wenn sie für die Zustellung eingehender grenzüberschreitender Briefpost die Inlandsgebühren in voller Höhe fordert, sofern diese die durchschnittlichen Kosten für das Weiterleiten und Zustellen grenzüberschreitender Briefsendungen einschließlich einer angemessenen Gewinnspanne um 20 % übersteigen.
6. Dem Vorwurf des Preismissbrauchs kann nicht mit Erfolg entgegen halten, dass die Höhe der Inlandsgebühren durch die zuständige Regulierungsbehörde genehmigt worden ist.
7. Der Verstoß gegen Art. 82 Abs. 1 lit. a) EG führt gemäß § 134 BGB zur Nichtigkeit der in Rede stehenden Inlandstarife. Nach dem Grundsatz der effektiven Anwendung des gemeinschaftsrechtlichen Missbrauchsverbots beschränkt sich die Unwirksamkeitsfolge allerdings auf den missbräuchlich überhöhten Entgeltbetrag. Im Wege der Vertragsanpassung ist das Inlandsporto auf das zulässige Maß herabzusetzen.
Tenor:
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 29. November 2006 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.349.531,63 € nebst 4 % Zinsen für die Zeit vom 28. Februar 2003 bis zum 6. Juni 2005 sowie nebst weiteren Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7. Juni 2005 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird darüber hinaus verurteilt, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, wie viele Sendungen welchen Gewichts und Inhalts sie in der Zeit vom 1. Januar 2002 bis zum 28. Februar 2003 im Ausland eingeliefert hat, die für Empfänger in Deutschland bestimmt waren.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin zu 34 % und die Beklagte zu 66 % zu tragen. Die weitergehende Kostenentscheidung bleibt dem Landgericht vorbehalten.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Gründe:
I.
Die Klägerin erbringt flächendeckend Postdienstleistungen in der Bundesrepublik Deutschland.
Die Beklagte - eine Tochtergesellschaft der schwedischen "T. AB" - betreibt im Bundesgebiet ein Telekommunikationsunternehmen. Sie versendet an ihre Kunden in der Bundesrepublik Deutschland eine Vielzahl von Postsendungen, insbesondere Rechnungen und Vertragsunterlagen. Dem Postversand der Beklagten lag im streitgegenständlichen Zeitraum (1. Januar 2002 bis 28. Februar 2003) ein Service-Vertrag zwischen der "T. AB" und dem schwedischen Postdienstleister "C. M. Group AB" (nachfolgend: "C. M.") zugrunde. Danach hatte die Beklagte die für die Versandpost erforderlichen Daten zusammenzustellen und in elektronischer Form an eine Druckerei in die Niederlande zu übermitteln. Dort wurden die zu versendenden Schriftstücke - zusammen mit denen anderer Tochterunternehmen der "T. AB" - erstellt, gedruckt und kuvertiert. Die Versandpost wurde sodann von der "C. M." abgeholt und der britischen Postgesellschaft "R. M. Group plc." (nachfolgend: "R. M.") zwecks Zustellung ausgehändigt. Nach den Vorgaben der T.-Konzernleitung war die "R. M." die zuständige Einlieferungsverwaltung für den gesamten europaweiten Postversand der T.-Unternehmensgruppe.
Mit Hilfe ihres manuellen Remailing-Erfassungssystems hat die Klägerin im Zeitraum zwischen dem 1. Januar 2002 und dem 28. Februar 2003 eine Vielzahl von Postsendungen festgestellt, die an die deutschen Kunden der Beklagten gerichtet und bei der "R. M." eingeliefert worden war. Als Absenderangabe war auf den Briefumschlägen stets "T." mit einer britischen Adresse angegeben. Die versandten Schriftstücke selbst enthielten keinen Auslandsbezug.
Die Klägerin verlangt von der Beklagten wegen der Inlandszustellung von Briefsendungen in der Zeit zwischen Januar 2002 und Februar 2003 die Zahlung des vollen Inlandsportos abzüglich der Endvergütung, die sie von der britischen "R. M." für die Weiterbeförderung der Briefsendungen erhalten hat. Diesen Betrag beziffert die Klägerin für die von ihrem Remailing-System erfassten Postsendungen auf einen Betrag von insgesamt 6.568.796,80 € (6.512.773,42 € + 56.023,48 €). Zur näheren Erläuterung verweist sie auf ihre als Anlagen K 1 und K 17 vorgelegten Aufstellungen. Die Klägerin nimmt die Beklagte darüber hinaus im Wege der Stufenklage auf Auskunft in Anspruch, wie viele Sendungen welchen Gewichts und Inhalts sie in der Zeit zwischen dem 1. Januar 2002 und dem 28. Februar 2003 über die der Zahlungsklage zugrunde liegenden Postsendungen hinaus im Ausland eingeliefert hat, die für Empfänger in Deutschland bestimmt waren. Zur Rechtfertigung trägt sie vor, dass ihr Remailing-System keine lückenlose Erfassung der betreffenden Postsendungen gewährleisten könne.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat die Auffassung vertreten, dass sowohl Art. 25 § 3 WPV 1994 als auch Art. 43 § 3 WPV 1999 der Bestimmungsverwaltung nur dann einen Anspruch auf Zahlung der Inlandsgebühren gegen den Absender einräume, wenn diese vor einer Weiterbeförderung der Postsendungen entweder den Absender oder die Einlieferungsverwaltung unter angemessener Fristsetzung fruchtlos zur Gebührenzahlung aufgefordert habe. Das ergebe sich aus dem Gesamtzusammenhang der Regelungen in Satz 1 und 2 der genannten Vorschriften. An einer solchen vorherigen Zahlungsaufforderung der Klägerin fehle es im Entscheidungsfall. Ansprüche aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung (§ 812 BGB) und der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 683 Satz 1, 670, 667 BGB) seien gleichfalls nicht gegeben, weil die Klägerin gemäß Art. 1 § 1 Satz 1 WPV 1994 und Art. 2 § 1 Satz 2 WPV 1999 zur Beförderung der Postsendungen verpflichtet gewesen sei und dementsprechend ein eigenes Geschäft geführt habe.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Sie verfolgt ihr erstinstanzliches Begehren weiter, macht nunmehr den Auskunftsanspruch allerdings ohne eine Beschränkung auf die nicht bereits von der Anlage K 1 erfassten Postsendungen geltend. Anlass hierfür ist der Einwand der Beklagten, die ursprünglich begehrte Auskunftserteilung sei ihr unmöglich, weil die von der Anlage K 1 erfassten Postsendungen nicht hinreichend individualisierbar seien.
Die Klägerin beantragt,
das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen,
1. an sie 6.512.773,42 € nebst 4 % Zinsen für die Zeit vom 28. Februar 2003 bis zum 6. Juni 2005 sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7. Juni 2005 und ferner einen Betrag von 56.023,48 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (28.6.2006) zu zahlen,
2. ihr Auskunft darüber zu erteilen, wie viele Sendungen welchen Gewichts und Inhalts sie in der Zeit vom 1. Januar 2002 bis zum 28. Februar 2003 im Ausland eingeliefert hat, die für Empfänger in Deutschland bestimmt waren,
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Beide Parteien wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils sowie auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung der Klägerin hat zum überwiegenden Teil Erfolg. Die Beklagte ist der Klägerin gemäß Art. 25 § 3 Satz 1 WPV 1994 und Art. 43 § 3 Satz 1 WPV 1999 zur Zahlung von 4.349.531,63 € nebst Zinsen verpflichtet. Sie schuldet darüber hinaus Auskunft, wie viele an deutsche Empfänger adressierte Sendungen welchen Gewichts und Inhalts sie in der Zeit zwischen dem 1. Januar 2002 und dem 28. Februar 2003 im Ausland eingeliefert hat.
A. Die Berufung ist zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift als ein bestimmender Schriftsatz entbehrt - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht der nach §§ 520 Abs. 5, 130 Nr. 6 ZPO erforderlichen Unterzeichnung durch den Prozessbevollmächtigten der Klägerin. Das Wirksamkeitserfordernis der eigenhändigen Unterschrift ist erfüllt, weil die Berufungsbegründung durch Rechtsanwalt Dr. P. unterzeichnet worden ist, der neben den sachbearbeitenden Rechtsanwälten Dr. L. und Dr. K. selbst zum Kreis der postulationsfähigen Prozessbevollmächtigten der Klägerin zählt. Der Umstand, dass Dr. P. seine Unterschrift mit dem Zusatz "Diktiert von Rechtsanwalt Dr. L. und in seiner Abwesenheit unterzeichnet" versehen hat, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Die Berufungsbegründung muss von einem dazu bevollmächtigten und beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt nicht selbst verfasst, sondern lediglich nach eigenverantwortlicher Prüfung genehmigt und unterschrieben werden (BGH, MDR 2006, 770; NJW 2005, 2709; NJW 2003, 2028, 2029). Unzureichend ist lediglich eine bloß "formelle" Unterschrift, die erkennen lässt, dass eine eigenverantwortliche Prüfung nicht vorgenommen wurde oder sich der Unterzeichnende vom Inhalt der schriftlichen Erklärung distanziert (BGH, a.a.O.). Beides ist vorliegend nicht der Fall. Die Annahme, Rechtsanwalt Dr. P. habe sich von dem Inhalt der Berufungsbegründung distanzieren wollen, scheidet aus. Für einen Rechtsanwalt versteht es sich im Zweifel von selbst, dass er mit seiner Unterschrift die Verantwortung für den Inhalt eines bestimmenden Schriftsatzes übernimmt (BGH, NJW 2003, 2028, 2029). Gegenteiliges lässt die zur Beurteilung stehende Begründungsschrift nicht erkennen. Es kann auch nicht angenommen werden, dass Rechtsanwalt Dr. P. die Berufungsbegründung ohne eigenverantwortliche Prüfung - also unbesehen - unterzeichnet hat. Dagegen streitet schon die Tatsache, dass er neben Rechtsanwalt Dr. L. selbst Prozessbevollmächtigter der Klägerin war (und ist), weshalb er bei Unterzeichnung der Begründungsschrift zumindest auch in Ausführung des ihm obliegenden Mandats tätig geworden ist (vgl. BGH, NJW 1993, 2056, 2057) und infolge dessen auch die Verantwortung für den Inhalt der von ihm unterzeichneten Berufungsbegründung übernommen hat. Anhaltspunkte, die zu einem gegenteiligen Schluss führen, sind weder von der Beklagten dargetan noch sonst ersichtlich. Sie ergeben sich - entgegen der Ansicht der Beklagten - auch nicht aus dem schriftsätzlichen Vorbringen der Klägerin zu dem erhobenen Zulässigkeitseinwand. Die Erwiderung "Während der urlaubsbedingten Büroabwesenheit des Unterzeichners (lies: Dr. L.) hat Herr Dr. P. die Berufungsbegründung unterschrieben, die von Herrn Rechtsanwalt Dr. K. im Auftrag des Unterzeichners erstellt worden war."
trägt nicht die Feststellung, Rechtsanwalt Dr. P. habe die Begründungsschrift unbesehen unterzeichnet.
B. Die Berufung hat auch in der Sache überwiegend Erfolg.
1. Die Klägerin kann von der Beklagten für die Zustellung von Briefsendungen, die bei der britischen Postgesellschaft "R. M." eingeliefert und von ihr im Zeitraum zwischen Januar 2002 und Februar 2003 an deutsche Kunden der Beklagten ausgeliefert worden sind, die Zahlung eines Betrages von insgesamt 4.349.531,63 € beanspruchen. Der Zahlungsanspruch ergibt sich mit Rücksicht auf die entsprechende Geltungsdauer der Weltpostverträge 1994 und 1999 für die zwischen dem 1. Januar 2002 und dem 7. November 2002 zugestellten Briefsendungen aus Art. 25 § 3 Satz 1 WPV 1994 und für die zwischen dem 8. November 2002 und dem 28. Februar 2003 erfolgten Briefzustellungen aus Art. 43 § 3 Satz 1 WPV 1999. Der Höhe nach beziffert sich der Anspruch der Klägerin auf 80 % der Inlandsgebühren abzüglich der von der britischen "R. M." ausgezahlten Endvergütung.
a) Die Klageforderung rechtfertigt sich aus Art. 25 § 3 Satz 1 WPV 1994 und Art. 43 § 3 Satz 1 WPV 1999. Bedenken gegen die Rechtsgültigkeit der Bestimmungen bestehen nicht. Zu Unrecht beruft sich die Beklagte für ihren gegenteiligen Standpunkt auf den Vorrang des Gemeinschaftsrechts und meint, die beiden Zustimmungsgesetze, durch welche der bundesdeutsche Gesetzgeber die Weltpostverträge 1994 und 1999 gemäß Art. 59 Abs. 2 GG in nationales Recht transformiert habe, seien deshalb unanwendbar, weil sie der nationalen Postverwaltung unter Verstoß gegen das europäische Wettbewerbsrecht (Art. 86, 82 EG = Art. 90, 86 EGV) in Remailing-Fällen die vollen Inlandsgebühren zugestehen, ohne einen Abzug der Endvergütungen vorzusehen. Endvergütungen sind diejenigen Beträge, die die Bestimmungsverwaltung für die Beförderung und Zustellung von Sendungen aus dem Ausland von der jeweiligen Einlieferungsverwaltung erhält.
aa) Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) hat in seinem Urteil vom 10. Februar 2000 (Slg. 2000, I-857) ausgesprochen, dass es nicht gegen Art. 90 EGV (= Art. 86 EG) in Verbindung mit Art. 86 EGV (= Art. 82 EG) und Art. 59 EGV (= Art. 49 EG) verstößt, wenn eine Postverwaltung von dem Recht Gebrauch macht, Remailing-Sendungen mit ihren Inlandsgebühren zu belegen. Zur Begründung hat der EuGH ausgeführt (Rn. 55 f.), dass die nationalen Postverwaltungen nicht zugleich mit den Kosten, die die ihnen nach dem Weltpostvertrag obliegende Beförderung und Zustellung von Auslandszustellungen mit sich bringe, als auch mit den Einnahmeverlusten belastet werden dürften, die sich daraus ergeben, dass an inländischen Empfänger adressierte Sendungen in großer Zahl bei ausländischen Postdiensten aufgegeben werden. Die Behandlung einer solchen grenzüberschreitenden Post als Inlandspost und folglich auch die Erhebung der Inlandsgebühren seien deshalb gerechtfertigt. Eine andere Beurteilung gelte nur dann, wenn - woran es im streitbefangenen Zeitraum freilich fehlte - zwischen den Postdiensten der betreffenden Mitgliedsstaaten eine an den tatsächlichen Kosten ihrer Bearbeitung und Zustellung ausgerichtete Übereinkunft zu den Endvergütungen bestehe. Allerdings verstoße - so der EuGH weiter - die Ausübung des Rechts auf die Inlandsgebühren gegen Art. 90 Abs. 1 EGV (= Art. 86 Abs. 1 EG) in Verbindung mit Art. 86 EGV (= Art. 82 EG), soweit die Postverwaltung die in ihrem Mitgliedsstaat geltenden Inlandsgebühren in voller Höhe verlangen könne, ohne die Endvergütungen in Abzug zu bringen, die von den anderen Postdiensten für diese Sendungen entrichtet werden.
Mit diesem einschränkenden Verständnis des Begriffs "Inlandsgebühren" begegnen auch Art. 25 § 3 Satz 1 WPV 1994 und Art. 43 § 3 Satz 1 WPV 1999 keinen europarechtlichen Bedenken. Es entspricht gefestigter Judikatur, dass die nationalen Gerichte innerstaatliches Recht gemeinschaftsrechtskonform auszulegen haben. Sofern eine nationale Rechtsvorschrift nach den im betreffenden Mitgliedsstaat anerkannten Auslegungsgrundsätzen in verschiedener Weise ausgelegt oder angewendet werden kann, ist diejenige Auslegungs- oder Anwendungsalternativen zu wählen, die mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist (vgl. nur: EuGH, Slg. 1999 I Seite 1103 Rn. 49; Streinz, EUV/EGV, Art. 10 Rdnr. 35 m.w.N.). Dementsprechend sind auch Art. 25 § 3 Satz 1 WPV 1994 und Art. 43 § 3 Satz 1 WPV 1999 dahingehend auszulegen, dass mit dem Begriff der "Inlandsgebühren" das Inlandsporto abzüglich der von der Bestimmungsverwaltung zufließenden Endvergütung gemeint ist. Alleine dieses Normverständnis wird dem Regelungszweck der genannten Regelungen gerecht. Art. 25 § 3 Satz 1 WPV 1994 und Art. 43 § 3 Satz 1 WPV 1999 wollen die nationalen Postverwaltungen lediglich vor Gebührenverlusten bewahren, die ihnen durch das Ausnutzen des Gebührengefälles innerhalb der Mitglieder des Weltpostvereins entstehen können (vgl. BGH, WRP 2002, 1442 - Remailing). Die Bestimmungen beabsichtigen nicht darüber hinausgehend eine Besserstellung dergestalt, dass die Bestimmungsverwaltung für die Zustellung von Remailing-Sendungen eine Vergütung in Höhe der Inlandsgebühren zuzüglich der Endvergütung vereinnahmen darf. Der Rechtsbegriff der "Inlandsgebühren" lässt - anders als die Beklagte meint - die vorstehend beschriebene einschränkende Deutung (Inlandsporto abzüglich Endvergütung) nach seinem Wortlaut ohne weiteres zu.
bb) Mit jenem Regelungsgehalt genügen Art. 25 § 3 Satz 1 WPV 1994 und Art. 43 § 3 Satz 1 WPV 1999 auch den rechtsstaatlichen Anforderungen an die Bestimmtheit nationaler Gesetze (Art. 20 Abs. 3 GG). Inhalt und Reichweite der Vorschriften sind klar umrissen. Das gilt auch, soweit es auf den Rechtsbegriff der "Endvergütung" ankommt. Denn dieser lässt sich durch Auslegung nach den Regeln der juristischen Methodik hinreichend konkretisieren (vgl. BVerfG, NJW 2007, 2464 m.w.N.) und beschreibt dasjenige Entgelt, welches die Bestimmungsverwaltung von der Einlieferungsverwaltung für die Weiterbeförderung und Zustellung der grenzüberschreitenden Post erhält. Dass die Höhe dieses Entgelts nicht im Gesetz selbst festgeschrieben und überdies veränderbar ist, steht der hinreichenden Bestimmtheit der Norm nicht entgegen.
b) Art. 25 § 3 Satz 1 WPV 1994 gewährt ebenso wie die wortgleiche Bestimmung des Art. 43 § 3 Satz 1 WPV 1999 der Bestimmungsverwaltung einen selbständigen Zahlungsanspruch auf die Inlandsgebühren, der in erster Linie gegen den Absender gerichtet ist und für den Fall, dass der Absender nicht in Anspruch genommen werden kann, gegen die Einlieferungsverwaltung geltend gemacht werden kann. Das ergibt die Auslegung der zitierten Bestimmungen. Sie hat sich - wie allgemein die Auslegung von Staatsverträgen - an dem übereinstimmenden Willen der vertragsschließenden Parteien auszurichten, wie er sich aus dem Gesamtinhalt, dem Zweck und der Entstehungsgeschichte ergibt. Dabei ist keine Buchstabenauslegung einzelner Worte statthaft, sondern der wahre Wille aus dem Gesamtinhalt zu erforschen (vgl. BGHZ 52, 216 ff. m.w.N.).
aa) Bereits der Wortlaut von Art. 25 § 3 Satz 1 WPV 1994 und Art. 43 § 3 Satz 1 WPV 1999 spricht dafür, dass beide Vorschriften der Bestimmungsverwaltung einen unmittelbaren Anspruch auf Zahlung der Inlandsgebühren einräumen. Er lautet:
"Die Bestimmungsverwaltung ist berechtigt, vom Absender oder, wenn dies nicht möglich ist, von der Einlieferungsverwaltung die Zahlung der Inlandsgebühren zu verlangen (Unterstreichungen hinzugefügt)."
bb) Bestätigt wird ein dahingehendes Normverständnis durch die Entstehungsgeschichte der genannten Bestimmungen.
Art. 25 § 3 Satz 1 WPV 1994 hat die Vorgängervorschrift des Art. 25 § 3 Satz 1 WPV 1989 abgelöst. Sie lautete: "Die betreffende Verwaltung ist berechtigt, die Sendungen an den Einlieferungsort zurückzusenden oder sie mit ihren Inlandsgebühren zu belegen", und für sie war in der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannt, dass sie der von Remailing betroffenen nationalen Postverwaltung einen unmittelbaren Zahlungsanspruch gegen den jeweiligen inländischen Absender gewährt (BGH, WRP 2002, 1442 - Remailing). Nichts deutet darauf hin, dass die Anspruchsnormqualität mit der sprachlichen Neufassung der Bestimmung in Art. 25 § 3 Satz 1 WPV 1994 geändert werden sollte. Aus Art. 25 § 3 Satz 1 WPV 1994 ist lediglich die in Art. 25 § 3 Satz 1 WPV 1989 vorgesehene Handlungsalternative der Bestimmungsverwaltung, die Postsendung an den Einlieferungsort zurückzusenden, herausgenommen und in Satz 2 der Vorschrift eingefügt worden. Im Übrigen ist die Regelung inhaltlich gleich geblieben. Das gilt insbesondere für die "Berechtigung" der Bestimmungsverwaltung, im Falle eines Remailing "die Sendung mit Inlandsgebühren zu belegen" (Art. 25 § 3 Satz 1 WPV 1989) bzw. "Zahlung der Inlandsgebühren zu verlangen" (Art. 25 § 3 Satz 1 WPV 1994). Bereits ein Vergleich der beiden deutschen Fassungen macht deutlich, dass der nationalen Postverwaltung bei einem Remailing nach wie vor ein direkter Zahlungsanspruch auf die Inlandsgebühren zustehen soll. Zweifelsfrei wird dieser Befund, wenn man für die Auslegung die insoweit maßgebliche französische Fassung der beiden Regelungen heranzieht. Sie verwendet sowohl in Art. 25 § 3 Satz 1 WPV 1989 als auch in Art. 25 § 3 Satz 1 WPV 1994 unverändert das Verb "avoire le droit" (= das Recht haben, den Anspruch haben).
c) Der Zahlungsanspruch der Bestimmungsverwaltung nach Art. 25 § 3 Satz 1 WPV 1994 und Art. 43 § 3 Satz 1 WPV 1999 steht - anders als das Landgericht angenommen hat - nicht unter der Voraussetzung, dass der Absender und die Einlieferungsverwaltung vor Weiterleitung der betreffenden Postsendungen unter angemessener Fristsetzung fruchtlos zur Zahlung der Inlandsgebühren aufgefordert worden sind (ebenso: OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 10.7.2001 - 11 U(Kart) 32/96 Umdruck Seite 22 ff.; Herdegen in BeckŽscher PostG-Kommentar, 2. Aufl., § 3 Rdnr. 45 m.w.N.).
aa) Dafür streiten schon der Wortlaut und die Systematik der beiden Regelungen. Art. 25 § 3 WPV 1994 und Art. 43 § 3 WPV 1999 lauten wortgleich:
"Die Bestimmungsverwaltung ist berechtigt, vom Absender oder, wenn dies nicht möglich ist, von der Einlieferungsverwaltung die Zahlung der Inlandsgebühren zu verlangen. Sind weder der Absender noch die Einlieferungsverwaltung bereit, diese Gebühren innerhalb einer von der Bestimmungsverwaltung festgesetzten Frist zu zahlen, so kann diese entweder die Sendungen an die Einlieferungsverwaltung zurückschicken - in diesem Fall hat sie Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Rücksendung - oder nach ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit ihnen verfahren."
Satz 1 der Bestimmung normiert das Recht der nationalen Postverwaltung, in Fällen eines Remailing vom Absender - und hilfsweise von der Einlieferungsverwaltung - die Zahlung der Inlandsgebühren zu fordern. Satz 2 räumt der Bestimmungsverwaltung alternativ hierzu die Befugnis ein, entweder die Sendungen an die Einlieferungsverwaltung zurückzusenden und von dieser Kostenerstattung zu fordern oder mit den Postsendungen nach ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften zu verfahren, d.h. die Sendungen zu vernichten. Ausschließlich die beiden letztgenannten Handlungsmöglichkeiten der Zurücksendung und Vernichtung stehen dabei unter der normativen Bedingung, dass weder der Absender noch die Einlieferungsverwaltung bereit sind, die Inlandsgebühren innerhalb einer von der Bestimmungsverwaltung gesetzten (angemessenen) Frist zu zahlen.
bb) Nur mit diesem Normverständnis erhalten Art. 25 § 3 Satz 1 WPV 1994 und Art. 43 § 3 Satz 1 WPV 1999 überdies einen eigenständigen Regelungsinhalt. Wollte man annehmen, dass eine Nachforderung des Inlandsportos nur dann in Betracht kommt, wenn sich der Absender oder die Einlieferungsverwaltung vor einer Weiterbeförderung der Postsendungen zur Zahlung der Inlandsgebühren bereit erklärt haben, wäre die Regelung in Art. 25 § 3 Satz 1 WPV 1994 und Art. 43 § 3 Satz 1 WPV 1999 überflüssig. Denn die nationale Postverwaltung kann die Weiterbeförderung der Remailing-Sendungen ohnehin von der Zahlung des Inlandsportos abhängig machen, weil sie sowohl gemäß Art. 25 § 1 und 2 WPV 1994 als auch nach Art. 43 § 1 und 2 WPV 1999 im Falle eines Remailing von ihrer Beförderungspflicht befreit ist.
cc) Auch der Regelungszweck der Vorschrift spricht für die Annahme, dass der in Art. 25 § 3 Satz 1 WPV 1994 und Art. 43 § 3 Satz 1 WPV 1999 normierte Anspruch auf Zahlung der Inlandsgebühren nicht davon abhängt, dass die Bestimmungsverwaltung den Absender oder die Einlieferungsverwaltung vor einer Weiterleitung der Sendungen erfolglos zur Zahlung aufgefordert hat. Art. 25 § 3 Satz 1 WPV 1994 und Art. 43 § 3 Satz 1 WPV 1999 sollen - wie schon die Vorgängerbestimmung des Art. 25 WPV 1989 (vgl. BGH, WRP 2002, 1442 - Remailing) - die nationalen Postverwaltungen vor Gebührenverlusten bewahren, die ihnen durch das Ausnutzen des Gebührengefälles innerhalb der Mitglieder des Weltpostvereins entstehen können. Derartige Gebührenverluste werden so effektiv und nachhaltig wie möglich vermieden, wenn der von einem Remailing betroffenen nationalen Postverwaltung ein Zahlungsanspruch auf ihre Inlandsgebühren gegen den Absender eingeräumt wird. Macht man - wie vom Landgericht befürwortet - den Anspruch auf das Inlandsporto davon abhängig, dass die Bestimmungsverwaltung den Absender und die Einlieferungsverwaltung vor einer Weiterleitung der betreffenden Postsendungen fruchtlos zur Zahlung aufgefordert hat, wird dem Gesetzeszweck nur unzureichend Rechnung getragen. In diesem Fall hätte nämlich die von einem Remailing betroffene Postverwaltung einseitig das Risiko zu tragen, dass die betreffenden Postsendungen nicht nur vollständig, sondern auch rechtzeitig vor einer Weiterbeförderung an den inländischen Adressaten entdeckt werden. Gelingt dies nicht, weil beispielsweise die Remailing-Sendungen unauffällig in hinreichend kleinen Stückzahlen eingeliefert werden, ginge die Bestimmungsverwaltung vollständig leer aus. Ein Anspruch auf Zahlung der Inlandsgebühren stünde ihr nicht zu, weil es an einer vorherigen Zahlungsaufforderung fehlt; eine Rücksendung oder Vernichtung der Postsendungen scheidet aus, weil die Remailing-Sendungen bereits an den inländischen Adressaten zugestellt worden sind.
dd) In dieselbe Richtung weist schließlich die Begründung des Verwaltungsrates zur Änderung von Art. 25 WPV 1989 auf dem Weltpostkongress 1994. In Doc.58, II.7. 3. Spiegelstrich heißt es auszugsweise:
"The proposed amendments introduce some important new elements:
.......
* the establishment of a sort of hierarchy among the various measures, giving priority to the one designed to reestablish economic balance through application of internal rates;"
Nach dieser Absichtserklärung sollte zwischen den verschiedenen Maßnahmen, die der nationalen Postverwaltung im Falle eines Remailing gemäß Art. 25 § 3 WPV 1994 zur Verfügung stehen, eine Hierarchie etabliert werden. Vorrang sollte derjenigen Maßnahme zukommen, die dazu bestimmt ist, das wirtschaftliche Gleichgewicht wiederherzustellen. Dieser Zielsetzung ist nur Genüge getan, wenn die Bestimmungsverwaltung für die Weiterbeförderung von Remailing-Sendungen nach Art. 25 § 3 Satz 1 WPV 1994 ihre Inlandsgebühren verlangen kann und ausschließlich die in Art. 25 § 3 Satz 2 WPV 1994 genannten Handlungsalternativen einer Rücksendung oder Vernichtung der betreffenden Postsendungen unter dem Vorbehalt stehen, dass weder der Absender noch die Einlieferungsverwaltung zur Entrichtung des Inlandsportos bereit sind. Dementsprechend heißt es beispielsweise in der Regierungsvorlage der österreichischen Regierung zur Genehmigung des WPV 1994 durch den Nationalrat zu Artikel 25 WPV 1994 (1358 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP, ausgedruckt am 31.7.1998):
"Für die Aufgabe von Briefsendungen im Ausland wird eine neue, wirtschaftlich orientierte Regelung erstellt, die den Verwaltungen eine angemessene Vergütung für die Bearbeitung dieser Sendungen gewährleisten soll.
Soll die Abgabe solcher Sendungen in jenem Land erfolgen, in dem der Absender wohnhaft ist, kann die Bestimmungsverwaltung von ihm bzw. von der Aufgabeverwaltung die Bezahlung der Inlandsgebühren verlangen. Wird diesem Verlangen nicht stattgegeben, kann die Bestimmungsverwaltung die Sendungen gegen Vergütung der dadurch entstehenden Kosten an die Aufgabeverwaltung zurücksenden oder über sie nach ihren Rechtsvorschriften verfügen."
d) Die Voraussetzungen, unter denen Art. 25 § 3 Satz 1 WPV 1994 und Art. 43 § 3 Satz 1 WPV 1999 der Bestimmungsverwaltung einen Anspruch auf Zahlung der Inlandsgebühren gewähren, sind im Streitfall erfüllt. Nach den genannten Vorschriften kann die Bestimmungsverwaltung von dem in seinem Gebiet ansässigen Absender die Inlandsgebühren für die Beförderung solcher Briefsendungen beanspruchen, die der Absender im Ausland eingeliefert hat oder hat einliefern lassen, um aus den dort geltenden günstigeren Gebührenverhältnissen Nutzen zu ziehen. Die Zahlungspflicht besteht dabei gemäß Art. 25 §§ 1, 2 WPV 1994 und Art. 43 §§ 1, 2 WPV 1999 sowohl für Briefsendungen, die im Aufenthaltsland des Absenders vorbereitet und anschließend über die Grenze gebracht worden sind, als auch für Sendungen, die in einem anderen Land versandfertig gemacht worden sind.
aa) Mit der Zahlungsklage begehrt die Klägerin die Entrichtung der Inlandsgebühren für Briefsendungen, die die Beklagte im Sinne von Art. 25 § 3 Satz 1 WPV 1994 und Art. 43 § 3 Satz 1 WPV 1999 als Inlandspost im Ausland hat einliefern lassen. Zwischen den Parteien ist außer Streit, dass im Zeitraum zwischen Januar 2002 und Februar 2003 in erheblichem Umfang Postsendungen der Beklagten an ihre inländischen Kunden bei der britischen Postgesellschaft "R. M." zur Zustellung eingeliefert worden sind. Unstreitig ist ferner, dass diese Einlieferung nach den Vorgaben der T.-Konzernleitung erfolgt ist, wonach die britische "R. M." die zuständige Einlieferungsverwaltung für den gesamten europaweiten Postversand der T.-Unternehmensgruppe ist. Dementsprechend hat die Beklagte die für die betreffende Versandpost erforderlichen Daten zusammengestellt und in elektronischer Form an eine Druckerei in die Niederlande übermittelt. Dort ist die zu versendende Kundenpost der Beklagten erstellt, gedruckt und kuvertiert sowie anschließend von der "C. M." abgeholt und bei der britischen Postgesellschaft "R. M." zur Zustellung eingeliefert worden. Es liegt somit ein sog. non-physical-Remailing nach Art. 25 §§ 1, 2 WPV 1994 und Art. 43 §§ 1, 2 WPV 1999 vor (vgl. BGH, WRP 2002, 1442 - Remailing).
bb) Die Beklagte ist Absender dieser Briefsendungen.
(1) Nach dem maßgebenden materiellen Absenderbegriff ist Absender, wer nach dem Gesamteindruck, den die Sendung vermittelt, aus der Sicht eines verständigen Empfängers als derjenige zu erkennen ist, der sich mit einem unmittelbaren eigenen Mitteilungsinteresse an den Adressaten wendet. Der formalen Absenderangabe auf dem Briefumschlag kommt demgegenüber keine entscheidende Bedeutung zu (vgl. BGH WRP 2002, 1442, 1447 - Remailing; Senat, Urt. v. 3.3.2004, VI-U (Kart) 32/99 Umdruck Seite 14).
Der so verstandene Begriff des Absenders verstößt nicht gegen das Gemeinschaftsrecht. Ein Widerspruch zur Entscheidung der Europäischen Kommission vom 25. Juli 2001 (Abl. 2001 Nr. L 331, Rn. 108 ff.) liegt nicht vor.
(1.1) Die zitierte Entscheidung hatte den Vorwurf des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung durch die Klägerin zum Gegenstand. Konkret ging es dabei (u.a.) um den Vorwurf, dass die Klägerin gegen das kartellrechtliche Missbrauchsverbot des Art. 82 EG verstoße, indem sie eingehende grenzüberschreitende Briefsendungen aus Großbritannien, die von Absendern außerhalb Deutschlands aufgegeben wurden, aber in ihrem Inhalt einen Verweis auf ein in Deutschland ansässiges Unternehmen enthielten, zurückhielt, mit Zuschlägen belegte und verzögerte. Ausweislich Randziffer 108 ihrer Entscheidung hat die Kommission lediglich geprüft, ob und inwieweit der "materielle Absenderbegriff", wie er seinerzeit von der Klägerin interpretiert wurde, und die Maßnahmen, die von der Klägerin auf der Grundlage ihres (weiten) Begriffsverständnisses ergriffen worden waren, mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sind. Die durch die nationalen Gerichte vorgenommene Auslegung war nicht Gegenstand der Entscheidung. Diese weicht indes in einem entscheidenden Punkt von der damals beanstandeten Auslegung des Absenderbegriffs durch die Klägerin ab. Die Kommission hat die von der Klägerin angewandten Bewertungs- und Beurteilungskriterien (vgl. a.a.O. Rn. 29) deshalb als gemeinschaftswidrig eingestuft, weil sie ausschließlich auf den Anschein des Inhalts eines Poststücks abstellten. Um den Absender eines Poststücks auszumachen, müsse demgegenüber - so die Kommission (a.a.O. Rn. 112) - die Person gefunden werden, die das Schriftstück hergestellt habe und dafür verantwortlich sei. Nichts davon lasse sich mit Sicherheit feststellen, indem man den Inhalt eines Schriftstücks prüfe. Um als Remailing zu gelten, müsse nach der Definition der Klägerin keinerlei Übertragung von Informationen (physisch oder nichtphysisch) von Land A nach Land B erfolgen. Die einzige Verbindung zu Deutschland bestehe darin, dass im Inhalt der Sendung ein Verweis auf eine in diesem Land ansässige Einrichtung erfolge. Diese Verbindung sei jedoch vollkommen virtuell und führe zu einer fälschlichen Einstufung gewöhnlicher grenzüberschreitender Post als "virtuelle" ABA-Remail. Das aus dieser Einstufung resultierende Verhalten behindere den freien Fluss der Post zwischen den Mitgliedstaaten.
(1.2) Der vom Senat (Urt. v. 3.3.2004, VI-U (Kart) 32/99 Umdruck Seite 14) in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGH WRP 2002, 1442, 1447 - Remailing) angewandte materielle Absenderbegriff stellt erheblich strengere Anforderungen. Ausreichend ist nicht, dass das versandte Schriftstück irgendeinen Verweis auf das Inland enthält. Erforderlich ist vielmehr, dass sich nach dem Gesamteindruck des grenzüberschreitend zuzustellenden Schriftstücks ein Inländer mit einem unmittelbaren eigenen Mitteilungsinteresse an den im Inland ansässigen Adressaten wendet. Notwendig ist - wie nachstehend noch ausgeführt werden wird - überdies, dass die Sendung und ihr Inhalt demjenigen, der als Absender in Erscheinung tritt, auch zuzurechnen ist, etwa weil er "sendungsrelevante" Daten vom Inland ins Ausland transferiert hat oder sonstwie die betreffenden Abläufe festgelegt und veranlasst hat.
(1.3) Ein Widerspruch zwischen den Ausführungen der Kommission und der vom Senat befürworteten Auslegung des Absenderbegriffs - die eine Vorlage der Rechtsfrage an den EuGH gemäß Art. 234 EG erforderlich machen könnte - besteht nach alledem nicht. Das gilt auch, soweit die Kommission sich mit Schreiben vom 24. August 2006 im Rahmen eines Auskunftsersuchens der Bundesnetzagentur zum Absenderbegriff geäußert hat (Anlage K 18, GA 378 f.). Denn das Schreiben nimmt in diesem Zusammenhang ausschließlich auf die vorstehend bereits erörterte Kommissionsentscheidung vom 25. Juli 2001 Bezug. Vor diesem Hintergrund besteht weder Veranlassung, die Kommission gemäß Art. 15 Abs. 1 VO 1/2003 um eine Stellungnahme zur Vereinbarkeit des vorstehend definierten Absenderbegriffs mit dem europäischen Kartellrecht zu bitten, noch Anlass zu einem Vorabentscheidungsersuchen des Senats an den EuGH gemäß Art. 234 EG.
(2) Die Beklagte ist Absender der streitbefangenen Briefsendungen.
(2.1) Das Landgericht hat anhand der mit der Klageschrift vorgelegten zwei Musterschreiben der Beklagten (Anlagen K 8 und K 9, GA 42 bis 50) zutreffend festgestellt, dass die Postsendungen selbst keinen Auslandsbezug aufweisen. Bei beiden Musterrechnungen sind unter dem Logo "T." deutsche Servicenummern und eine deutsche Internetadresse genannt. In der Fußzeile des Schreibens ist überdies die Beklagte mit ihren deutschen Postanschrift und einigen Geschäfts- und Firmendaten (Bankverbindung, Name des Geschäftsführers, Handelsregisternummer) aufgeführt. Auch der beigelegte Überweisungsträger und das beigefügte Formular für eine Einziehungsermächtigung (GA 44) nennen die Beklagte unter einer deutschen Anschrift als Zahlungsempfängerin. Die zweite Musterrechnung (Anlage K 9, GA 45 bis 50) enthält neben dem Rechnungsblatt (GA 46) verschiedene Werbebeilagen. Auf einigen dieser Beilagen wird ausdrücklich die Beklagte genannt. Das betrifft zum einen ein Werbeblatt über das Sammeln von Freiminuten auf einer Bonuskarte, auf dem ausdrücklich die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten in Bezug genommen werden (GA 47), ferner ein weiteres Werbeblatt zur Bonuskarte, auf dem die Hotline der Beklagten - wie sie auch auf der Rechnung ausgewiesen ist - angegeben wird (GA 48), und schließlich eine Werbung für ein Mobiltelefon, in der sowohl die Firmenbezeichnung und Anschrift der Beklagten als auch deren Hotline-Nummer genannt sind (GA 50). Ein weiteres Werbeblatt (GA 49) betrifft schließlich den Verkauf eines schnurlosen Festnetztelefons. Auch diese Beilage ist in deutscher Sprache verfasst, enthält allerdings weder einen ausdrücklichen Hinweis auf die Beklagte noch den Verweis auf ein bestimmtes anderes Unternehmen der T.-Gruppe. Nach dem unwidersprochen gebliebenen Sachvortrag der Beklagten ist dieses Werbeblatt auf Veranlassung eines dritten Konzernunternehmens der T.-Unternehmensgruppe hergestellt und der Kundenpost der Beklagten beigefügt worden.
Bei dieser Sachlage erscheint die Beklagte als diejenige, die sich mit einem unmittelbaren Mitteilungsinteresse an die Adressaten gewendet hat. Das gilt nicht nur für die eigentliche Rechnungspost und diejenigen Werbebeilagen, die als Werbung der Beklagten ausgewiesen waren, sondern mangels irgendeines Hinweises auf ein bestimmtes anderes Unternehmen der T.-Gruppe auch für die Beilage, in der ein schnurloses Festnetztelefon beworben wurde.
(2.2) Der Beklagten sind die in Rede stehenden Briefsendungen ganz überwiegend auch zuzurechnen.
Soweit die Beklagte die für den Sendungsinhalt relevanten Kunden- und Rechnungsdaten selbst zusammengestellt und anschließend in das Ausland transferiert hat, damit dort die entsprechenden Schriftstücke hergestellt und diese sodann zum Zwecke der Postzustellung bei der "R. M." eingeliefert werden, steht die Zurechnung außer Frage (vgl. BGH WRP 2002, 1442, 1447 - Remailing; Senat, Urt. v. 3.3.2004, VI-U (Kart) 32/99 Umdruck Seite 14; Herdegen in Beck`scher PostG-Kommentar, § 3 PostG Rn. 42). Zuzurechnen sind der Beklagten ebenso die ihrer Kundenpost beigefügten eigenen Werbeunterlagen. Insoweit genügt es, dass die Beklagte - wie sie selbst nicht in Zweifel zieht - auch diese Abläufe festgelegt und veranlasst hat (vgl. BGH WRP 2002, 1442, 1447 - Remailing).
Keine Zurechnung ist lediglich in Bezug auf das Werbeblatt eines dritten Konzernunternehmens der T.-Unternehmensgruppe (GA 49) möglich. Das Landgericht hat zu dieser Werbebeilage festgestellt, dass sie auf Veranlassung einer dritten Konzerngesellschaft hergestellt und der Kundenpost der Beklagten beigefügt worden ist. Dass die Beklagte diesem Vorgehen zugestimmt hat oder es ihr zumindest bewusst war und sie es geduldet hat, behauptet die Klägerin selbst nicht. Dazu ist auch sonst nichts ersichtlich. Unter diesen Umständen kann die "fremde" Werbebeilage nicht der Beklagten zugerechnet werden. Auf die Berechtigung der Klageforderung bleibt dies allerdings ohne Auswirkungen. Wie die Klägerin in diesem Zusammenhang unwidersprochen vorgetragen hat, bestimmt sich die Höhe der Inlandsgebühren für alle streitbefangenen Briefsendungen nach der Gewichtsklasse bis 500 g. Das verlangte Inlandsporto wäre deshalb in gleicher Höhe zu entrichten gewesen, wenn die Kundenpost ohne das in Rede stehende Werbeblatt versandt worden wäre. Auf die Höhe der von der britischen "R. M." erhaltenen Endvergütungen, die sich die Klägerin anspruchsmindernd anrechnen lässt, kann sich die Berücksichtigung der "fremden" Werbebeilage ohnehin nur zugunsten der Beklagten auswirken.
cc) Die Beklagte hat schließlich die streitbefangenen Briefsendungen bei der britischen "R. M." einliefern lassen, um aus den dort geltenden günstigeren Gebührenverhältnissen Nutzen zu ziehen. Die massenhafte Versendung von Postsendungen an inländische Adressaten über das Ausland und ein bestehendes Gebührengefälle begründen die tatsächliche Vermutung einer Ausnutzungsabsicht (vgl. Herdegen, a.a.O. Rdnr. 37). Diese Vermutung gilt auch im Streitfall. Die Beklagte hat ihre gesamte an inländische Kunden gerichtete Rechnungspost in den Niederlande erstellten und sodann bei der britischen "R. M." einliefern lassen. Das dort anfallende Porto war im streitbefangenen Zeitraum deutlich niedriger als die Inlandsgebühren der Klägerin. Die Klägerin hat dazu vorgetragen, dass der Beklagten in den Jahren 2002 und 2003 von der "R. M." ein durchschnittliches Porto von 0,58 € bzw. 0,56 € berechnet worden sei, während im Falle einer Einlieferung der Postsendungen bei der Klägerin Inlandsgebühren von 1,53 € bzw. 1,44 € zu entrichten gewesen wären. Zum Beleg ihres Sachvortrags hat sie auf den Rahmenvertrag der Muttergesellschaft der Beklagten, der "S. E. d. C. S.A., und der "C. M." vom 1. Februar 2001 (Anlage K 14, GA 214, 216) verweisen, wonach die Briefsendungen mit netto 0,42 € pro Stück und einer Gewichtskomponente von netto 6,08 € pro Kilogramm abgerechnet wurden, woraus sich beispielsweise für eine 23-Gramm-Sendung ein Betrag von 0,56 € errechnet. Die Beklagte ist alledem nicht substantiiert entgegen getreten. Sie hat auch nicht die sich aus den vorstehend erörterten Umständen abzuleitende Vermutung einer Ausnutzungsabsicht zu erschüttern vermocht. Ihr Hinweis, die Zentralisierung des Postversands sei unter Rationalisierungsgesichtspunkten und zur Erzielung von Skaleneffekten erfolgt, entkräftet die Vermutungswirkung nicht. Denn unter Rationalisierungsaspekten wären die Postsendungen in den Niederlande - dem Ort, an dem die Sendungen erstellt, gedruckt und kuvertiert wurden - einzuliefern gewesen. Der Weitertransport der in den Niederlande versandfertig gemachten Kundenpost nach Großbritannien ist plausibel nur mit der Absicht der Beklagten zu erklären, die Vorteile des dort vorhandenen Gebührengefälles auszunutzen. Darin fügt sich ein, dass die Klägerin ihre - weiterhin in den Niederlande gedruckte und kuvertierte - inländische Kundenpost zwischen März 2003 und Ende 2004 bei der Klägerin eingeliefert hat und seit Herbst 2005 ihre für Deutschland bestimmte Post bei einem Wettbewerber der Klägerin, der "T.", zur Zustellung aufgibt.
e) Der Höhe nach beläuft sich der Zahlungsanspruch der Klägerin auf einen Betrag von insgesamt 4.349.531,63 €.
aa) Die Klägerin kann Bezahlung für die Beförderung von insgesamt 6.946.739 Briefsendungen verlangen, die nach den seinerzeit geltenden Inlandsgebühren mit Einzelentgelten von 1,44 € bzw. 1,53 € belegt waren.
(1) Durch Vorlage ihrer Rechnungsaufstellung (Anlage K 4, GA 35 f.) hat die Klägerin - anders als die Beklagte meint - ihrer Darlegungslast genügt und die Klageforderung nachvollziehbar vorgetragen. Aufgrund der Rechnungsaufstellung sind die der Klage zugrunde liegenden Beförderungsleistungen (u.a.) nach Datum, Einzelporto und jeweiliger Sendungsmenge detailliert aufgeschlüsselt und infolge dessen hinreichend substantiiert dargelegt.
Ob - was die Beklagte bezweifelt - das Remailing-Erfassungssystem der Klägerin, mit dessen Hilfe das in die Aufstellung eingestellte Zahlenwerk ermittelt worden ist, lückenlos und in jeder Beziehung fehlerfrei ist, kann dabei auf sich beruhen. Ein Sachvortrag ist wegen Verletzung der Wahrheitspflicht (§ 138 Abs. 1 ZPO) erst dann prozessual unbeachtlich, wenn die Partei positive Kenntnis von der Unwahrheit hat. Bloße Zweifel an der Richtigkeit des Vorbringens sind demgegenüber unschädlich. Ebenso dürfen nur vermutete Tatsachen vorgetragen werden (BGH, NJW-RR 2002, 1419; Wöstmann in Saenger, Zivilprozessordnung, § 138 Rdnr. 2 m.w.N.). Nach diesen - in der Rechtsprechung seit langem anerkannten - Grundsätzen begegnet der Sachvortrag der Klägerin ganz offensichtlich keinen prozessrechtlichen Bedenken. Denn das Remailing-Erfassungssystem hat der Klägerin hinreichende Erkenntnisse für ihren Sachvortrag verschafft. Wie die Klägerin unwidersprochen vorgetragen hat, filtern Mitarbeiter im Internationalen Postzentrum zunächst Briefsendungen, die mit derselben Absenderangabe massenhaft an inländische Empfänger adressiert sind, als Remailing-Sendungen heraus. Die betreffenden Sendungen werden sodann nach Format sortiert und gewogen. Anschließend wird an Hand des Gewichts von 10 Sendungen aus der Sendungsmenge die Gesamtzahl der Remailing-Sendungen errechnet. Etwa 10 Sendungen werden schließlich mit der Bitte an den Empfänger weitergeleitet, die Briefsendung zu Beweiszwecken zur Verfügung zu stellen. Mit Hilfe dieser Rückläufer macht die Beklagte ihre Gebührenansprüche geltend. Es bedarf keiner weiteren Ausführungen, dass ein auf den so gewonnenen Erkenntnissen basierender Sachvortrag prozessual unbedenklich ist.
(2) Es ist deshalb Sache der Beklagten, dem klägerischen Vorbringen zum Umfang der Remailing-Sendungen im Einzelnen entgegenzutreten und vorzutragen, in welchen Punkten die von der Klägerin vorgelegte Übersicht unzutreffend sein soll. Dazu ist die Beklagte auch ohne weiteres in der Lage. Wie sie selbst nicht (mehr) in Abrede stellt, ist ihr bekannt, in welchen Mengen und mit welchen Formaten und Gewichten im Zeitraum zwischen Januar 2002 und Februar 2003 ihre Rechnungspost an inländische Kunden über die britische "R. M." zugestellt worden ist. Sie kann mithin auch überprüfen, ob und inwieweit die von der Klägerin behaupteten Sendungsmengen und berechneten Inlandsgebühren zutreffend sind oder nicht. Angesichts dessen darf sich die Beklagte nicht mit einem pauschalen Bestreiten des klägerischen Sachvortrags begnügen (§ 138 Abs. 1, 2 ZPO); ebenso wenig genügt es, selektiv nur für Januar 2002 eine abweichende (niedrigere) Sendungsmenge zu behaupten. Mit Recht weist die Klägerin in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Kundenpost nicht bereits am Tag ihrer Einlieferung bei der britischen "R. M." als Remailing-Sendung erfasst wird, woraus insbesondere bei den am Monatsende aufgegebenen Briefsendungen eine unterschiedliche zeitliche Zuordnung zu dem einen oder anderen Monat resultieren kann, ohne dass im Ergebnis die von der Klägerin behauptete Sendungsmengen in Zweifel gezogen werden. Prozessual sind deshalb sowohl die von der Klägerin behaupteten Sendungsmengen als auch die - aus den vorgetragenen Inlandsgebühren abzuleitenden - Formate und/oder Gewichte der Postsendungen als unstreitig zu behandeln und der Entscheidung zugrunde zu legen.
bb) Ausweislich der Rechnungsaufstellung der Klägerin (Anlage K 4, GA 35 f.) beläuft sich der Gesamtbetrag des Inlandsportos für die abzurechnenden Postsendungen auf insgesamt 10.536.091,56 €. Von diesem Betrag kann die Klägerin lediglich 80 %, mithin 8.428.873,25 €, in Ansatz bringen. Nach dem Sach- und Streitstand sind die Inlandsgebühren aus dem Gesichtspunkt des Preismissbrauchs um 20 % zu kürzen.
(1) Die Beklagte erhebt gegen die Klägerin den Vorwurf, im streitbefangenen Zeitraum unangemessen hohe Inlandsgebühren gefordert zu haben. Sie verweist dazu auf die Entscheidung der Europäischen Kommission vom 25. Juli 2001 (Abl. 2001 Nr. L 331/40, dort Rn. 108 ff.). Gegenstand jenes Verfahrens war die Beschwerde der britischen Postverwaltung "B. P. O." (B.) vom 4.2.1998, dass die Klägerin sich seit 1996 in zunehmendem Maße weigere, grenzüberschreitende Massensendungen aus Großbritannien weiterzubefördern, sofern das B. nicht einen Aufschlag in Höhe der Differenz zwischen dem deutschen Inlandsporto und der Endvergütung zahle. Das B. vertrat dabei den Standpunkt, dass es sich bei den beanstandeten Sendungen um gewöhnliche grenzüberschreitende Post handele, während die Klägerin von Remailing-Sendungen ausging. Die Kommission hat im Rahmen ihrer Entscheidung festgestellt, dass die Klägerin im Sinne eines Verhaltensmusters häufig eingehende grenzüberschreitende Post zurückhalte und die Freigabe der zurückgehaltenen Sendungen verzögere sowie grenzüberschreitende Post mit Zuschlägen belege (Rn. 104 der Kommissionsentscheidung). Im Rahmen ihrer Entscheidungsbegründung hat sie die von der Klägerin angewendeten Kriterien zur Bestimmung eines Remailing verworfen und das zur Beurteilung stehende Verhalten unter insgesamt vier selbständigen Gesichtspunkten (vgl. Rn. 120 der Kommissionsentscheidung) als kartellrechtswidrig eingestuft. Unter anderem hat die Kommission einen Verstoß gegen das kartellrechtliche Missbrauchsverbot des Art. 82 § 1 lit. a) EG mit der Erwägung angenommen, dass die Klägerin von ihren Kunden unangemessen hohe Preise fordere. In der Anmeldung zur Freistellung der Endvergütungsvereinbarung nach REIMS II vom Kartellverbot des Art. 81 EG habe die Klägerin - so die Kommission - selbst vorgetragen, dass die durchschnittlichen Kosten für das Weiterleiten und Zustellen eingehender grenzüberschreitender Post einschließlich einer angemessenen Gewinnspanne auf etwa 80 % des Inlandsportos zu veranschlagen seien (Rn. 160 der Kommissionsentscheidung). Nachweise für einen höheren Prozentsatz seien nicht erbracht worden; ebenso wenig habe die Klägerin angegeben, welcher konkrete andere Prozentsatz für Deutschland zutreffend sein solle (Rn. 161 der Kommissionsentscheidung). Folglich müsse davon ausgegangen werden, dass die Klägerin mit den Inlandsgebühren einen Vergütungsbetrag vereinnahme, der die Kosten einschließlich einer angemessenen Gewinnspanne um 20 % überschreite und folglich den durchschnittlichen wirtschaftlichen Wert ihres Dienstes um mindestens 25 % übersteige. Ein solcher Preis sei unangemessen überhöht und rechtfertige den Vorwurf des Preismissbrauchs nach Art. 82 Satz 2 lit. a) EG. Gestützt auf ihre Erwägungen (vgl. Rn. 155 ff., 167 der Kommissionsentscheidung) hat die Kommission sodann entschieden, dass die "... D. P. AG ... gegen Artikel 82 EG-Vertrag verstoßen (hat), indem sie eingehende grenzüberschreitende Briefsendungen aus dem Vereinigten Königreich, die von Absendern außerhalb Deutschlands aufgegeben wurden, aber in ihrem Inhalt einen Verweis auf ein in Deutschland ansässiges Unternehmen enthielten, zurückhielt, mit Zuschlägen belegte und verzögerte."
(2) Dies vorausgeschickt nutzt die Klägerin ihre marktbeherrschende Stellung auf dem Briefzustellmarkt im Sinne von Art. 82 § 1 lit. a) EG missbräuchlich aus, wenn sie für den streitbefangenen Zeitraum für die Zustellung eingehender grenzüberschreitender Briefpost die Inlandsgebühren in voller Höhe fordert. Die Inlandsgebühren übersteigen nämlich die durchschnittlichen Kosten für das Weiterleiten und Zustellen grenzüberschreitender Briefsendungen einschließlich einer angemessenen Gewinnspanne um (mindestens) 20 % und sind infolge dessen missbräuchlich hoch.
(2.1.) Allerdings ist - entgegen der Ansicht der Beklagten - der Preismissbrauch der Beklagten aufgrund der Kommissionsentscheidung nicht schon für den Senat bindend vorentschieden. Gemäß Art. 16 § 1 Satz 1 VO 1/2003 sind die nationalen Gerichte nur an die von der Kommission getroffene Entscheidung gebunden. Keine - über den entschiedenen Fall hinausgehende - Bindungswirkung kommt demgegenüber den Feststellungen zu, die die Kommission in der Entscheidungsbegründung trifft (vgl. Ritter in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, EG/Teil 2, 4. Aufl., VO 1/2003 Art. 16 Rdnr. 4). Folglich sind weder die tatsächlichen Feststellungen, die die Kommission im Zusammenhang mit der Angemessenheitsprüfung der Inlandsgebühren getroffen und verwertet hat, noch die von der Kommission gezogenen Schlussfolgerungen in Bindung für den Senat erwachsen.
(2.2) Die fehlende Bindungswirkung schließt es für die Beklagte freilich nicht aus, sich die diesbezüglichen Tatsachen und Feststellungen zu Eigen zu machen und sie im vorliegenden Prozess vorzutragen. Bleiben sie unwidersprochen, sind sie der Entscheidungsfindung zugrunde zu legen (§ 138 ZPO). So liegt der Fall hier.
Die Beklagte hat unter Hinweis auf die genannte Kommissionsentscheidung behauptet, dass die Klägerin in der REIMS II-Anmeldung die Kosten für das Weiterleiten und Zustellen grenzüberschreitender Post einschließlich einer angemessen Gewinnspanne selbst auf lediglich 80 % des Inlandsportos veranschlagt und bis zum Erlass der Kommissionsentscheidung vom 25. Juli 2001 weder entgegenstehende Tatsachen aufgezeigt noch angegeben habe, welcher höhere Prozentsatz statt dessen zutreffend sein solle. Aus Beidem leitet die Beklagte zulässigerweise die weitere Behauptung ab, dass auch die mit der Klage verlangten Inlandsgebühren der Jahre 2002 und 2003 in demselben Maße übersetzt gewesen seien. Ergänzend verweist die Beklagte auf die Freistellungsentscheidungen der Kommission. Darin sind die Endvergütungssätze für das Jahr 2001 auf maximal 70 % des Inlandsportos begrenzt (vgl. Entscheidung der Kommission vom 15. September 1999, Abl. 1999 Nr. L 275/17) und für die Jahre 2002 bis 2004 lediglich auf 73,3 % bzw. 76,6 % bzw. 80 % der Inlandstarife angehoben worden (vgl. Entscheidung der Kommission vom 23. Oktober 2003, Abl. 2003 Nr. L 56/76). Die Klägerin ist alledem nicht entgegen getreten. Sie hat weder im landgerichtlichen Verfahren noch in der Berufungsinstanz zu den Behauptungen der Beklagten in tatsächlicher Hinsicht Stellung genommen. Aus diesem Grund ist der Sachvortrag der Beklagten als unstreitig zu behandeln und für die Entscheidung mithin davon auszugehen, dass die Inlandsgebühren auch im streitbefangenen Zeitraum zwischen Januar 2002 und Februar 2003 die mit der Zustellung grenzüberschreitender Briefsendungen verbundenen Kosten einschließlich eines angemessenen Gewinns der Klägerin um 20 % übersteigen.
(2.3) Die Inlandstarife der Jahre 2002 und 2003 stehen damit in keiner ausreichenden Beziehung zu den tatsächlichen Kosten und dem Wert der erbrachten Dienstleistung und rechtfertigen den Vorwurf, dass die Klägerin ihre marktbeherrschende Stellung bei der Beförderung und Zustellung grenzüberschreitender Briefpost durch das Fordern unangemessen hoher Preise im Sinne von Art. 82 § 1 lit. a) EG missbräuchlich ausnutzt (vgl. Kommissionsentscheidung vom 25.7.2001, Rn. 167).
(2.4) Die Klägerin kann dem Vorwurf des Preismissbrauchs nicht mit Erfolg entgegen halten, dass ihre Inlandsgebühren im streitgegenständlichen Zeitraum durch die seinerzeit zuständige Regulierungsbehörde genehmigt gewesen seien. Die behördlich genehmigten Inlandsgebühren sind - entgegen der Ansicht der Berufung - einer kartellrechtlichen Kontrolle nicht entzogen. Zwar findet das kartellrechtliche Behinderungsverbot nur auf wettbewerbswidrige Verhaltensweisen Anwendung, die das marktbeherrschende Unternehmen aus eigener Initiative an den Tag legt. Wird dem Unternehmen demgegenüber ein wettbewerbsbehinderndes Verhalten durch nationale Rechtsvorschriften vorgeschrieben oder bilden diese einen rechtlichen Rahmen, der selbst jede Möglichkeit für ein Wettbewerbsverhalten ausschließt, sind die Art. 81 und 82 EG (= Art. 85, 86 EGV) nicht anwendbar (vgl. EuGH, WuW/E EU-R 727, 730 Tz. 66 - Kommission/Ladbroke Racing Ltd.). Auf diesen Rechtsgrundsatz kann sich die Klägerin vorliegend indes nicht berufen. Auch wenn die Klägerin verpflichtet war, ausschließlich die genehmigten Entgelte zu verlangen (vgl. § 23 Abs. 1 PostG i.d.F.v. 22.12.1997) und das behördliche Prüfverfahren darauf abzielte, keine missbräuchlich überhöhten Postentgelte zu genehmigen (vgl. §§ 2 Abs. 2 Nr. 2, 20 Abs. 1 und 2 PostG i.d.F.v. 22.12.1997), schließt dies die tatsächliche Möglichkeit nicht aus, dass im Entgeltgenehmigungsverfahren ein Tarif vorlegt wird, mit dem das Unternehmen seine marktbeherrschende Stellung missbraucht, und dieser Tarif sodann auch behördlich genehmigt wird, weil der Preismissbrauch im Entgeltgenehmigungsverfahren nicht aufgedeckt wird. Diese Möglichkeit, mit dem Entgeltgenehmigungsantrag Einfluss auf die Höhe des genehmigten Tarifs zu nehmen, eröffnet die kartellrechtliche Kontrolle des behördlich genehmigten Tarifs (vgl. BGH, WuW/E DE-R 1254, 1256 - Verbindung von Telefonnetzen). Demgemäß unterliegen auch im Streitfall die von der Klägerin für den Zeitraum zwischen Januar 2002 und Februar 2003 verlangten Inlandsgebühren ungeachtet ihrer behördlichen Genehmigung der kartellrechtlichen Überprüfung.
(3) Der Verstoß gegen Art. 82 EG führt gemäß § 134 BGB zur Nichtigkeit der in Rede stehenden Inlandstarife. Nach dem Grundsatz der effektiven Anwendung des gemeinschaftsrechtlichen Missbrauchsverbots beschränkt sich die Unwirksamkeitsfolge allerdings auf den missbräuchlich überhöhten Entgeltbetrag. Im Wege der Vertragsanpassung ist das Inlandsporto deshalb auf das zulässige Maß, im Entscheidungsfall also auf 80 % der verlangten Gebühren, herabzusetzen (vgl. Möschel in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, EG/Teil 1, 4. Aufl., Art. 82 EGV Rdnr. 27, 28, 31 m.w.N.). Das entspricht rechnerisch einem Betrag von 8.428.873,25 €.
cc) Dieser Betrag ist nicht - wie die Beklagte reklamiert - um vertraglich vereinbarte Rabatte zu kürzen. Der Kooperationsvertrag vom 24. August 2001 (Anlage W 18), auf den sich die Beklagte insoweit stützt und der in § 4 für näher bezeichnete Kooperationsleistungen (u.a. Vorsortierung und Durchnummerierung der Sendungen, Vorankündigung der Einlieferung, Einhaltung festgelegter Einlieferungszeiten und Einlieferungsmodalitäten) eine 12 %ige Entgeltermäßigung sowie für freigestempelte Sendungen einen weiteren Rabatt von 1 % vorsieht, findet auf die in Rede stehenden Remailing-Briefsendungen keine Anwendung. Bei verständiger Vertragsauslegung gelten die Rabattvereinbarungen ausschließlich für Briefsendungen, die die Beklagte bei der Klägerin - und nicht im Ausland - einliefert oder einliefern lässt. Nur bei diesen Sendungen können der Klägerin nämlich die rabattauslösenden Unterstützungsleistungen der Beklagten zu gute kommen.
dd) In Abzug zu bringen ist allerdings die Endvergütung, die die Klägerin von der britischen "R. M." erhalten hat. Sie beläuft sich nach dem Ergebnis der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme höchstens auf einen Betrag in Höhe von 4.079.341,62 € (4.023.318,14 € + 56.023,48 €).
(1) Der Zeuge K., der seit Januar 2000 bei der Klägerin als Referent für Endvergütungen beschäftigt ist und zu dessen Aufgaben (u.a.) die Verhandlung von Endvergütungen in multi- und bilateralen Vereinbarungen gehört, hat bei seiner Vernehmung durch den Senat die von der Klägerin vorgetragene Struktur der Endvergütungsberechnung glaubhaft bestätigt. Er hat ausgesagt, dass ihm das System zur Berechnung der Endvergütungen bekannt und geläufig sei und er jenes System für interne Kontrollzwecke im Unternehmen der Klägerin sogar nachgebaut habe. Im Ausgangspunkt orientiere sich das Endvergütungssystem an der jeweiligen nationalen Tarifstruktur. Aus Gründen der Vereinfachung trete an die Stelle der dort vorhandenen zahlreichen Entgeltstufen allerdings ein linearisierter Tarif auf der Grundlage einer Standardstruktur. Basis der Linerarisierung sei im vorliegend interessierenden P-Format der Standardbrief bis 20 g sowie die Erfahrung, dass 83 % der Postsendungen im P-Format auf jenes Briefgewicht entfallen, während rund 15 % der Briefsendungen in die Gewichtsklasse von 21 g bis 50 g (Kompaktbrief) und etwa 1 % der Sendungen in die Gewichtsklasse über 50 g (Großbrief) fallen. Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse werde unter Heranziehung einer mathematischen Formel ein linearer Endvergütungstarif ermittelt. Zur Veranschaulichung hat der Zeuge ein von ihm gefertigtes Schaubild (Anlage 1 zum Sitzungsprotokoll vom 12. Dezember 2007, GA 643) vorgelegt, das den linearen Verlauf der Endvergütungskurve zeigt. Der linearisierte Endvergütungstarif sei - so hat der Zeuge dazu plausibel ausgeführt - die Erklärung dafür, dass in Einzelfällen ein erheblicher Unterschied zwischen dem Inlandsporto und der nach REIMS II berechneten Endvergütung bestehen könne. Beide Entgeltbeträge seien nur deckungsgleich, sofern die nationale Tarifstruktur mit der Endvergütungsstruktur übereinstimme. Dies sei beim Standardbrief mit einem Gewicht von etwa 11g, ferner beim Kompaktbrief mit einem Gewicht von rund 35 g und schließlich beim Großbrief mit einem Gewicht von circa 60 g der Fall. In dem vorgelegten Schaubild seien diese Gewichte am Schnittpunkt zwischen der linearen Endvergütungskurve und der unteren Linie der Gelbmarkierung, die den Inlandstarif für die drei Briefklassen (Standardbrief, Kompaktbrief, Großbrief) darstelle, abzulesen.
Der Zeuge K. hat überdies die von der Klägerin behaupteten Endvergütungsbeträge bestätigt. Zwar ist die zugrunde liegende Berechnung nicht vom Zeugen selbst, sondern von Mitarbeitern der zentralen Abrechnungsstelle der Klägerin in Karlsruhe vorgenommen worden. Der Zeuge hat sich aber - wie er glaubhaft angegeben hat - durch Nachfrage bei der Mitarbeiterin L. vergewissert, dass die in Rede stehenden Endvergütungsbeträge nach dem vorbeschriebenen Vergütungssystem ermittelt worden und sodann in die von der Klägerin als Anlage K 1 (= Anlage K 4) vorgelegte Abrechnungsübersicht übernommen worden seien. Allerdings - so hat der Zeuge dazu erläutert - weise die genannte Übersicht lediglich die von der Klägerin vorläufig veranschlagten und nicht die endgültigen Endvergütungsbeträge aus. Diese seien für das Jahr 2003 vielmehr in der als Anlage K 17 vorgelegten Aufstellung - mit einem rechnerischen Mehrbetrag von letztlich 56.023,48 € gegenüber den Beträgen aus Anlage K 1 - ausgewiesen. Die Betragsabweichungen gehen - wie sich unmittelbar aus der Anlage K 17 ergibt - auf veränderte Berechnungsfaktoren zurück ("endgültige Faktoren: 11,846 EUR/kg, 0,228 EUR/Stück; vorl. Faktoren: 14,072 EUR/kg, 0,271 EUR/Stück"). Sie beruhen - wie der Zeuge angegeben hat - zum anderen auf einen im Zeitpunkt der endgültigen Abrechnung veränderten Umrechnungskurs (vgl. Anlage 2 zum Sitzungsprotokoll vom 12. Dezember 2007, GA 644), der im Ergebnis zu einer geringeren als der ursprünglich veranschlagten Endvergütung geführt habe. Gleiches gelte für die Endvergütungsbeträge des Jahres 2002. Auch sie seien aufgrund des Umrechnungskurses geringer ausgefallen als in der als Anlage K 1 (= Anlage K 4) zur Gerichtsakte gereichten Aufstellung zunächst veranschlagt. Die diesbezüglichen Einzelheiten seien - so hat der Zeuge bekundet - im klägerischen Schriftsatz vom 15. Juni 2006 ab Seite 46 dargestellt und die genauen Beträge auf Seite 50 des genannten Schriftsatzes nachzulesen. Er selbst habe die Zahlen aus Karlsruhe besorgt und über die Rechtsabteilung den Prozessbevollmächtigten der Klägerin zur Verfügung gestellt. Eine Aufstellung, die für das Jahr 2002 die endgültig abgerechneten Endvergütungen ausweise, sei ihm nicht bekannt. Die Anlage K 1 weise lediglich die vorläufigen - zu hoch veranschlagten - Beträge aus.
Der Senat ist von der Richtigkeit der Aussage des Zeugen K. überzeugt. Die Angaben des Zeugen zu den in Rede stehenden Endvergütungsbeträgen sind verlässlich. Der Zeuge war über die beweisrelevanten Vorgänge zuverlässig unterrichtet. Er ist im Unternehmen der Klägerin mit den Endvergütungen befasst und hatte sich in Vorbereitung auf seine Vernehmung über die in Rede stehenden Endvergütungen der "R. M." informiert sowie entsprechende Unterlagen (z.B. eine Grafik zum linearisierten Tarif, Übersichten zu den Umrechnungskursen der Jahre 2002 und 2003) zum Termin mitgebracht. Dementsprechend konnte der Zeuge das System zur Berechnung der Endvergütungen im Einzelnen erläutern und in diesem Zusammenhang insbesondere die teils erheblichen Unterschiede zwischen dem Inlandsporto und der nach REIMS II berechneten Endvergütung überzeugend erklären. Bei seiner gesamten Aussage war der Zeuge um eine wahrheitsgemäße und detaillierte Schilderung bemüht, ohne allerdings Erinnerungs- oder Kenntnislücken zu verschweigen. So hat der Zeuge von sich aus klargestellt, dass er die konkreten Endvergütungsbeträge nicht selbst berechnet, sondern die entsprechenden Zahlen bei der zuständigen Mitarbeiterin L. erfragt, sich dabei allerdings vergewissert hat, dass die Beträge nach dem zutreffenden Berechnungssystem ermittelt und in die Aufstellung Anlage K 1 übernommen worden sind. Offenbart hat der Zeuge überdies, dass ihm die Einzelheiten zur genauen Höhe der endgültigen Endvergütungen für das Jahr 2002 erst nach Vorhalt des diesbezüglichen Sachvortrags der Klägerin im Prozess wieder in Erinnerung gekommen sind. Nach dem entsprechenden Vorhalt hat der Zeuge sodann unter Vorlage einer entsprechenden Unterlage nachvollziehbar erläutert, dass wegen des damaligen Umrechnungskurses die endgültige Endvergütung geringer ausgefallen ist als von der Klägerin ursprünglich veranschlagt. Ergänzend hat der Zeuge darauf hingewiesen, dass er die in den Schriftsatz der Klägerin vom 15. Juni 2006 eingeflossenen Informationen zur endgültigen Höhe der Endvergütungsbeträge selbst bei der zentralen Abrechnungsstelle recherchiert und zusammengestellt habe. Irgendwelche Anhaltspunkte, dass der Zeuge K. gleichwohl in dem einen oder anderen Punkt seiner Aussage einem Irrtum erlegen ist oder die Unwahrheit ausgesagt haben könnte, bestehen nicht. Vor diesem Hintergrund besteht auch keine Veranlassung, zur Endvergütungshöhe ergänzend die Zeugin L. zu hören.
(2) Legt man die Angaben des Zeugen K. zugrunde, hat die Klägerin für die Beförderung der streitbefangenen Briefsendungen von der "R. M." Endvergütungen von (maximal) 4.079.341,62 € (4.023.318,14 € + 56.023,48 €) erhalten. Der Zahlungsanspruch der Klägerin beziffert sich demgemäß auf einen Betrag von (mindestens) 4.349.531,63 € (8.428.873,25 € - 4.079.341,62 €).
(3) Es besteht - entgegen der Ansicht der Beklagten - kein Anlass, die Kommission nach Art. 15 Abs. 1 VO 1/2003 um eine Stellungnahme zu bitten, ob die von der Klägerin vorgenommene Berechnung der Endvergütungen mit der REIMS II-Freistellungsentscheidung vom 23.10.2003 (Anlage W 16) vereinbar ist. Die Anregung der Beklagten beruht auf der Annahme, dass der Kommission im Rahmen des Freistellungsverfahrens das Verfahren zur Berechnung der Endvergütungen nicht umfassend und vollständig vorgestellt worden sei. Dafür fehlen indes hinreichende Anhaltspunkte. Der Zeuge K. - auf den sich die Beklagte in diesem Zusammenhang stützt - hat lediglich bekundet, dass er selbst an einer Besprechung mit der Kommission teilgenommen habe und dass bei dieser Gelegenheit das Berechnungssystem nicht detailliert erläutert worden sei. Ob die Zusammenhänge der Kommission bei anderer Gelegenheit dargestellt worden seien, hat der Zeuge K. nicht angeben können. Er hat dies weder bejahen noch - anders als die Beklagte reklamiert - verneinen können.
2. Auf den Zahlungsbetrag von 4.349.531,63 € schuldet die Beklagte die zuerkannten Zinsen. Der Zinsanspruch ergibt sich für die Zeit vom 28. Februar 2003 bis zum 6. Juni 2005 aus §§ 677, 683 Satz 1, 670, 256 Satz 1, 246 BGB und - nachdem die Beklagte spätestens am 6. Mai 2005 von der Klägerin zur Zahlung des eingeklagten Betrages aufgefordert worden ist - für die Zeit danach aus §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 Abs. 3, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.
3. Die Klägerin kann von der Beklagten außerdem Auskunft verlangen, wie viele an deutsche Empfänger adressierte Briefsendungen welchen Gewichts und Inhalts sie in der Zeit zwischen dem 1. Januar 2002 und dem 28. Februar 2003 im Ausland eingeliefert hat.
a) Nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) besteht eine Auskunftspflicht, wenn die zwischen den Parteien bestehenden Rechtsbeziehungen es mit sich bringen, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen oder Umfang des Rechts im Ungewissen ist und der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderlichen Auskünfte unschwer geben kann. Bei gesetzlichen Ansprüchen - wie sie vorliegend verfolgt werden - muss dargetan werden, dass der Anspruch, dessen Durchsetzung die Auskunft dienen soll, dem Grunde nach besteht (vgl. nur: Heinrichs in Palandt, BGB, 67. Aufl., § 261 Rn. 11).
b) Diese Voraussetzungen sind erfüllt.
aa) Wie vorstehend dargelegt, kann die Klägerin von der Beklagten für die Weiterleitung und Zustellung von Briefsendungen, die sie im Zeitraum zwischen dem 1. Januar 2002 und dem 28. Februar 2003 an ihre inländischen Kunden versandt und bei einer ausländischen Postverwaltung aufgegeben hat, die Zahlung einer ergänzenden Vergütung verlangen. Der mit der Stufenklage verfolgte Zahlungsanspruch steht damit dem Grunde nach fest. Zur Bezifferung dieses Anspruchs bedarf die Klägerin der verlangten Auskünfte. Es besteht die hinreichende Möglichkeit, dass die Klägerin mit Hilfe ihres Remailing-Erfassungssystem die vergütungspflichtigen Briefsendungen der Beklagten noch nicht lückenlos erfasst hat. Dies gilt beispielsweise für solche Briefsendungen, die die Beklagte unter Umständen nur in geringen Stückzahlen bei einer ausländischen Postverwaltung eingeliefert hat und die von der Klägerin deshalb nicht als Remailing-Post erkannt worden ist. Überdies besteht eine Ungenauigkeit des Erfassungssystems darin, dass die Gesamtzahl der erfassten Briefsendungen über das Gewicht von 10 Sendungen zurückgerechnet wird. Angesichts dieser Unwägbarkeiten ist die Klägerin über die exakte Anzahl der im streitbefangenen Zeitraum versandten Remailing-Sendungen der Beklagten im Ungewissen und bedarf deshalb der begehrten Auskunft.
bb) Die Klägerin kann von der Beklagten Auskunft über alle Remailing-Sendungen verlangen, die sie im streitbefangenen Zeitraum versandt hat. Ihre ursprüngliche Antragsfassung, lediglich Auskunft über die in der vorgelegten Rechnungsaufstellung noch nicht erfassten Briefsendungen zu begehren, hat sie mit Recht fallen gelassen, nachdem die Beklagte geltend gemacht hatte, dass ihr eine derart beschränkte Auskunft mangels exakter Bezeichnung der einzelnen schon erfassten Sendungen nicht möglich und angesichts des damit verbundenen Aufwands auch nicht zumutbar sei.
cc) Der Auskunftsanspruch ist noch nicht erfüllt. Zwar hat die Beklagte erstinstanzlich bestreiten lassen, dass es weitere Remailing-Sendungen gebe (Seite 52 des Schriftsatzes vom 12.4.2006, GA 134). Der entsprechende Sachvortrag ist indes nicht zum Zwecke der Auskunftserteilung erfolgt und lässt deshalb den Auskunftsanspruch der Klägerin unberührt.
III.
Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Im Umfang ihres Obsiegens und Unterliegens haben die Parteien die Kosten der Berufungsinstanz zu tragen. Über die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens wird das Landgericht zu befinden haben, nachdem es über die bei ihm weiterhin anhängigen restlichen Anträge der Stufenklage entschieden hat.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
IV.
Der Senat hat die Revision zugelassen, weil der Rechtsstreit in Bezug auf die Bestimmungen des Art. 25 § 3 WPV 1994 und Art. 43 § 3 WPV 1999 Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung aufwirft (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).
Ende der Entscheidung
Bestellung eines bestimmten Dokumentenformates:
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