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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 21.05.2008
Aktenzeichen: VII-Verg 19/08
Rechtsgebiete: VgV, GWB, HOAI, VOB/A
Vorschriften:
VgV § 13 | |
GWB § 97 | |
GWB § 98 Nr. 4 | |
GWB § 107 Abs. 3 S. 1 | |
GWB § 128 Abs. 3 | |
GWB § 128 Abs. 4 | |
HOAI § 4 Abs. 2 | |
HOAI § 4 Abs. 4 | |
HOAI § 22 | |
HOAI § 22 Abs. 1 | |
HOAI § 69 Abs. 7 | |
HOAI § 73 | |
VOB/A § 25 Nr. 3 | |
VOB/A § 25 Nr. 3 Abs. 3 S. 1 | |
VOB/A § 25 Nr. 3 Abs. 3 S. 2 |
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Köln vom 22. Februar 2008 (VK VOF 29/2007) aufgehoben.
Der Antragsgegnerin wird untersagt, im Zuge der Ausschreibung von Planungsleistungen bei der technischen Gebäudeausrüstung für den Neubau eines Verwaltungsgebäudes u.a. einen Zuschlag zu erteilen, ohne dass den zur Abgabe eines Angebots aufgeforderten Bietern nach Bekanntgabe der Bewertungsmatrix erneut Gelegenheit gegeben worden ist, ein Angebot einzureichen.
Die Kosten des Verfahrens der Vergabekammer sind von der Antragsgegnerin und der Beigeladenen als Gesamtschuldnern zu tragen. Beiden werden je zur Hälfte auch die der Antragstellerin im Verfahren vor der Vergabekammer entstandenen Aufwendungen auferlegt.
Die Zuziehung eines anwaltlichen Bevollmächtigten war für die Antragstellerin im Verfahren vor der Vergabekammer notwendig.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Antragsgegnerin und der Beigeladenen auferlegt.
Streitwert für das Beschwerdeverfahren: bis 260.000 Euro
Gründe:
I. Die Antragsgegnerin, ein regional tätiges Energieversorgungsunternehmen, führt aus Anlass von Neu- und Umbauvorhaben bei Verwaltungs- und Sozialgebäuden nach einem Teilnahmewettbewerb ein Verhandlungsverfahren zur Vergabe von Ingenieurleistungen bei der technischen Gebäudeausrüstung durch. Die Antragstellerin wurde zur Abgabe eines Angebots zugelassen. Sie rügte eine unklare Leistungsbeschreibung, der HOAI widersprechende Vergütungsvorgaben sowie unzulässige Zuschlagskriterien und im Nachprüfungsverfahren darüber hinaus das Unterbleiben einer Bekanntgabe einer Bewertungsmatrix. Die Antragstellerin legte innerhalb der dafür festgelegten Frist kein Angebot vor, sondern reichte ein solches nach. Die Antragsgegnerin schloss das Angebot deswegen von der Bewertung aus.
Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zurückgewiesen. Sie hat der Antragstellerin für nicht antragsbefugt erachtet, da sie ohne zureichenden Grund innerhalb der Angebotsfrist kein Angebot vorgelegt habe.
Dagegen hat die Antragstellerin sofortige Beschwerde eingelegt, mit der sie ihr Nachprüfungsbegehren weiterverfolgt.
Die Antragstellerin beantragt,
die Antragsgegnerin unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses zu verpflichten, die Bieter im vorliegenden Vergabeverfahren erneut zur Abgabe eines Angebots aufzufordern, die Angebote neu zu werten und die Bieter über das Ergebnis der Wertung gemäß § 13 VgV zu unterrichten.
Die Antragsgegnerin und die Beigeladene beantragen,
die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin und die Beigeladene verteidigen die Entscheidung der Vergabekammer.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze sowie auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.
II. Die sofortige Beschwerde hat Erfolg.
1. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin und der Beigeladenen ist die Rügeobliegenheit nach § 107 Abs. 3 S. 1 GWB von der Antragstellerin nicht feststellbar unbeachtet geblieben. Mit anwaltlichem Schreiben vom 30.11.2007 hat die Antragstellerin vor Anbringung des Nachprüfungsantrags rügen lassen, die Antragsgegnerin habe u.a. mit dem Merkmal der Fachkunde unzulässigerweise einen Eignungsfaktor zum Zuschlagskriterium erklärt. Im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsbewertung dürfe ein "Mehr an Eignung" vom Auftraggeber nicht berücksichtigt werden. Darüber hinaus habe die Antragsgegnerin mit dem Kriterium der Wirtschaftlichkeit ein inhaltsleeres Zuschlagsmerkmal verwendet, das näher hätte konkretisiert werden müssen. Die vorgenannten Beanstandungen sind - ungeachtet ihrer Begründetheit - nach Lage der Dinge von der Antragstellerin unverzüglich nach Kenntniserlangung, dass darin Vergaberechtsverstöße zu sehen seien, angebracht worden. Ihr Vorbringen, die Zuschlagskriterien erst nach anwaltlicher Beratung als rechtsfehlerhaft erkannt zu haben, ist unwiderlegt. Was die Unverzüglichkeit der Rüge vom 30.11.2007 anbelangt, ist der Entscheidung der Vortrag der Antragstellerin zugrundezulegen, wonach die Verdingungsunterlagen mit der Aufforderung zur Abgabe eines Angebots, in der die beanstandeten Zuschlagskriterien mitgeteilt worden waren, ihren Rechtsanwälten erst am 29.11.2007 vorlagen. Bei dieser Sachlage kann der Antragstellerin nicht mit Erfolg vorgehalten werden, mit der Rüge ungebührlich lange zugewartet zu haben. Ihr ist - wie die Beigeladene zu Unrecht meint - ebenso wenig vorzuwerfen, ihren Rechtsanwälten die Verdingungsunterlagen zu spät zur Kenntnis gebracht oder sich der Erkenntnis eines Vergaberechtsverstoßes mutwillig verschlossen zu haben. Der Antragsteller ist nicht gehalten, zur Ermittlung möglicher Vergaberechtsfehler um anwaltliche Beratung nachzusuchen. Für ein mutwilliges Sich-Verschließen vor der Kenntnisnahme von einem Rechtsverstoß sind keine Anhaltspunkte hervorgetreten. Insoweit wird weder die Kenntnis von einem Rechtsfehler noch ein Sich-Verschließen vor einer Erkenntnis durch die Behauptung der Beigeladenen indiziert, dass sich die Antragstellerin regelmäßig an Ausschreibungen beteilige. Die bloße häufige Beteiligung des Antragstellers an Vergabeverfahren belegt nicht, dass er zumal dann, wenn er - wie die Antragstellerin - in seinem Unternehmen über keinen juristischen Sachverstand verfügt, das materielle Vergaberecht beherrscht, und zwar vor allem auch in den rechtlichen Detailfragen, welche die Zuschlagskriterien betreffen. Ob dies bei einem nachprüfungserfahrenen Antragsteller anders zu beurteilen sein kann, braucht nicht entschieden zu werden. Es ist nicht behauptet worden, die Antragstellerin verfüge aus einer Beteiligung an Nachprüfungsverfahren über besondere und im Streitfall einschlägige vergaberechtliche Erfahrungen. Den Umstand, dass die Antragsgegnerin die im Laufe des Vergabeverfahrens festgelegte Bewertungsmatrix nicht bekanntgegeben hat, hatte die Antragstellerin im Übrigen nicht zum Gegenstand einer Rüge zu machen. Davon hat sie durch Akteneinsicht erst im Nachprüfungsverfahren erfahren. Die Gegenmeinung des OLG Celle (Beschl. v. 8.3.2007 - 13 Verg 2/07, VergabeR 2007, 401, 402), wonach dem Antragsteller bei im Nachprüfungsverfahren nachgeschobenen Beanstandungen in entsprechender Anwendung des § 107 Abs. 3 S. 1 GWB eine unverzügliche Rüge obliege, ist in Übereinstimmung mit der vorherrschenden Rechtsprechung der Vergabesenate der Oberlandesgerichte abzulehnen (vgl. Brandenburgisches OLG VergabeR 2007, 529, 533; OLG Schleswig ZfBR 2005, 616; OLG Düsseldorf VergabeR 2005, 364; NZBau 2001, 106, 111; 155; BayObLG VergabeR 2002, 77; 2001, 438; OLG Frankfurt am Main VergabeR 2004, 754; NZBau 2002, 161; OLG Celle VergabeR 2003, 252, 253; ZVgR 1999, 158; OLG Dresden VergabeR 2001, 41; OLG Jena NZBau 2000, 350). Entscheidungserheblich ist dies freilich nicht. Die Antragstellerin hat das Unterlassen einer Bekanntmachung der Bewertungsmatrix nach Gewährung von Akteneinsicht durch die Vergabekammer im Nachprüfungsverfahren unverzüglich beanstandet.
2. Der Nachprüfungsantrag ist auch begründet.
a) Das Vergabeverfahren ist am rechtlichen Überprüfungsmaßstab der Vorschriften der Sektorenrichtlinie 2004/17/EG und des § 97 GWB zu messen (so auch Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 16.1.2007 - Verg W 7/06, VergabeR 2007, 235, 240; Kulartz in Müller-Wrede, Kommentar zur VOF, § 1 Rn. 5; Voppel/Osenbrück/Bubert, VOF, Anhang zu § 2 Rn. 10). Sektorenauftraggeber nach § 98 Nr. 4 GWB wie die Antragsgegnerin haben bei der Vergabe freiberuflicher Leistungen die VOF nicht anzuwenden (vgl. § 5 VgV). Infolgedessen haben sie bei Auftragsvergaben im Anwendungsbereich des vierten Teils des GWB nur die unmittelbar anwendbaren Vorschriften der Richtlinie sowie die in § 97 GWB geregelten Vergabeprinzipien des Wettbewerbs und der Gleichbehandlung zu beachten. Auf das Entscheidungsergebnis hat dies im Streitfall keinen Einfluss.
b) An diesem Vorverständnis gemessen ist das Vergabeverfahren im Streitfall zu beanstanden. Die Antragsgegnerin hat im Vergabeverfahren eine Bewertungsmatrix nebst Gewichtungsregeln aufgestellt, hat diese den Bietern aber nicht bekanntgegeben. Die Bewertungsmatrix füllte die mit der Aufforderung zur Abgabe eines Angebots vom 10.8.2007 mitgeteilten Zuschlagskriterien aus (Wirtschaftlichkeit, Unternehmenskennwerte und Fachkunde). Sie detaillierte den mit dem Aufforderungsschreiben beigefügten Bewertungsbogen und enthielt weitere Unterkriterien und Wertungspunkte, mithin die bei der Angebotswertung maßgebenden Regeln für die Gewichtung der Unterkriterien. Das Unterlassen einer Bekanntgabe der Wertungsmatrix stellt einen Vergaberechtsverstoß dar (Art. 55 Abs. 2 S. 4 der Richtlinie 2004/17/EG). Denn den am Auftrag interessierten Unternehmen müssen in Fällen der vorliegenden Art, in denen der Auftraggeber den Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot erteilen will, aus Gründen der Chancengleichheit, der Transparenz des Vergabeverfahrens und der Vergleichbarkeit der eingehenden Angebote alle Kriterien, Unterkriterien und deren relative Bedeutung, die bei der Bestimmung des wirtschaftlichsten Angebots berücksichtigt werden sollen, im Zeitpunkt der Vorbereitung der Angebote bekannt sein. Umgekehrt darf der Auftraggeber keine Zuschlagskriterien, Unterkriterien oder Gewichtungsregeln anwenden, die er den am Auftrag interessierten Unternehmen nicht vorher zur Kenntnis gebracht hat (EuGH, Urt. v. 24.1.2008 - C-532/06, Lianakis, Rn. 36 - 38 zu Art 36 der Richtlinie 92/50/EWG). Dies hat auch zu gelten, wenn der Auftraggeber solche Kriterien und Regeln erst im Nachhinein aufgestellt hat und, wie im Streitfall, nicht auszuschließen ist, dass, wären diese bei der Vorbereitung der Angebote bekannt gewesen, sie die Vorbereitung hätten beeinflussen können (EuGH a.a.O. Rn. 42 - 44; Urt. v. 24.11.2005 - C-331/04, ATI EAC e Viaggi di Maio, Slg. 2005, I-10109, Rn. 32 sowie ständige Rechtsprechung des Senats). Im Hinblick auf die Kenntnis von Unterkriterien der Wirtschaftlichkeitsbewertung und deren Gewichtung kann eine Eignung, den Inhalt der Angebote zu beeinflussen, im Streitfall schlechterdings nicht verneint werden. Dem ist die Antragsgegnerin nicht entgegengetreten. Infolgedessen ist die Antragstellerin in Bieterrechten verletzt. Das Unterlassen einer Bekanntgabe in der Form einer Bewertungsmatrix nachträglich festgelegter Unterkriterien und Gewichtungskoeffizienten ist seiner Art nach geeignet, die Leistungs- und die Angebotsmöglichkeiten der Bieter nachteilig zu beeinflussen. Die Bieter können das Angebot dann nicht an den Erwartungen des Auftraggebers hinsichtlich der ausgeschriebenen Leistung sowie ebenso wenig an den genauen Bewertungsvorstellungen des Auftraggebers ausrichten. Sie werden dadurch darin behindert, ein unter allen Umständen vergleichbares sowie das annehmbarste Angebot abzugeben (vgl. EuGH, Urt. v. 12.2.2004 - C-230/02, NVwZ 2004, 460, 461, Senat, Beschl. v. 28.2.2002 - Verg 40/01, NZBau 2003, 173, 174; Beschl. v. 8.4.2004 - Verg 38/04, NZBau 2004, 688).
c) Aufgrund des Vergaberechtsverstoßes ist das Vergabeverfahren bis zum Stand vor der Übersendung der Verdingungsunterlagen einschließlich einer Bekanntgabe der Zuschlagskriterien, Unterkriterien und Gewichtungen aufzuheben, d.h. zurückzuversetzen. Die Tatsache der verspäteten Einreichung des Angebots durch die Antragstellerin ist unschädlich. Denn der aus formalen Gründen - wie (auch) einer Überschreitung der Angebotsfrist - an sich möglicherweise gebotene Ausschluss eines Angebots ist rechtlich unerheblich, wenn der betroffene Antragsteller nach (teilweiser) Aufhebung des Vergabeverfahrens wegen eines Rechtsverstoßes, der sich in einem früheren Stadium des Verfahrens zugetragen hat, Gelegenheit erhalten muss, ein neues Angebot einzureichen und dabei den geltendgemachten Ausschlussgrund zu vermeiden (vgl. Senat, Beschl. v. 24.3.2004 - Verg 7/04; VergabeR 2004, 517, 518; KG; Beschl. v. 15.4.2004 - 2 Verg 22/03, VergabeR 2004, 762, 764 f. und, soweit ersichtlich, einhellige Rechtsprechung der Vergabesenate der Oberlandesgerichte).
d) Eine Entscheidung darüber, ob die Antragsgegnerin Unklarheiten in der Leistungsbeschreibung zugelassen oder hervorgerufen, dem mit den Verdingungsunterlagen übersandten Vertragsentwurf vergaberechtswidrig eine in rechtlicher Hinsicht zwingenden Vorgaben der HOAI widersprechende Vergütung zugrundegelegt und zulässige Zuschlagskriterien verwendet hat, ist nicht erforderlich. Zur Vermeidung erneuter Vergaberechtsfehler sei jedoch darauf hingewiesen:
aa) Die Antragsgegnerin hat die geforderten Ingenieurleistungen aus Gründen der Chancengleichheit der Bieter sowie zur Sicherung der Transparenz des Vergabeverfahrens in einer Leistungsbeschreibung vollständig anzugeben (Art. 10 der Richtlinie 2004/17/EG). Sofern sie beim Leistungsbild der technischen Ausrüstung nach § 73 HOAI nicht nur Grundleistungen, sondern auch besondere Leistungen erwartet (vgl. § 73 Abs. 3 HOAI), sind diese den Bietern neben den Grundleistungen grundsätzlich im Einzelnen bekanntzugeben. Anders ist nicht zu gewährleisten, dass ohne weiteres miteinander vergleichbare Angebote eingereicht werden. Daran kann nur eine Ausnahme zugelassen werden, wenn positiv festgestellt werden kann, dass sich Unvollständigkeiten oder Unklarheiten im Leistungsverzeichnis lediglich auf einzelne untergeordnete Details beziehen (vgl. BayObLG, Beschl. v. 17.2.2005 - Verg 27/04), alle Bieter die Angaben aber einheitlich und richtig verstanden haben (vgl. OLG Koblenz, Beschl. v. 26.10.2005 - Verg 4/05; OLG Naumburg, Beschl. v. 16.9.2002 - 1 Verg 2/02), m.a.W. wenn im Ergebnis trotz eines Mangels die Vergleichbarkeit der Angebote und die Chancengleichheit der Bieter nicht gefährdet sind. Indes genügt bereits die Eignung einer Unvollständigkeit oder Unklarheit, eine solche Wirkung herbeizuführen, die Leistungsbeschreibung vergaberechtlich zu beanstanden. Eine Beeinträchtigung der Bieterchancen und der Angebotswertung muss demnach ausgeschlossen werden können. Da die Vergabeakten keinen zureichenden Aufschluss über Einzelheiten geben, können insofern weitergehende Hinweise nicht erteilt werden.
bb) Was die von der Antragstellerin beanstandete Abweichung des den Verdingungsunterlagen beigefügten Entwurfs eines Ingenieurvertrages von den Preisvorschriften (Mindestsätze) der HOAI anbelangt (§ 4 Abs. 1 HOAI), ist zu bemerken:
Nr. 8 S. 2 des Vertragsentwurfs bestimmt:
Die Vertragsparteien stellen klar, dass die Gesamtbaumaßnahme einschließlich dem TGA-Umbau innerhalb der Tiefgarage des derzeit bestehenden Verwaltungsgebäudes als ein Gebäude behandelt werden soll; dies gilt auch für den Fall, dass unter Berücksichtigungen der Regelungen der HOAI eine separate Abrechnung einzelner Gebäudeteile oder Gebäude/Anlagen zu erfolgen hätte (Kursivdruck durch den Senat).
Dazu hat der Bundesgerichtshof entschieden (Urt. v. 12.1.2006 - VII ZR 293/04, NZBau 2006, 251, 252):
"Ob ... eine Abrechnung auf Grund der Summe der anrechenbaren Kosten aller in den Gebäuden befindlichen Bestandteile der Gesamtanlage zu erfolgen hat oder einzelne Bestandteile zu einer Abrechnungseinheit zusammenzufassen sind, bestimmt sich gemäß § 69 Abs. 7 HOAI in entsprechender Anwendung des § 22 HOAI. In § 22 Abs. 1 HOAI ist bestimmt, dass bei einem Auftrag, der mehrere Gebäude umfasst, die Honorare grundsätzlich für jedes Gebäude getrennt zu berechnen sind. Der Senat hat in seiner Entscheidung vom 24.1.2002 (BGH NZBau 2002, 278 = BauR 2002, 817 = ZfBR 2002, 479) ausgeführt, dass sich ein sinnvoller Anwendungsbereich für eine entsprechende Anwendung des § 22 HOAI nur ergibt, wenn man den Begriff ,Gebäude' durch denjenigen der ,Anlage' ersetzt. Das bedeutet, dass bei Aufträgen über mehrere Anlagen die Honorare grundsätzlich getrennt zu berechnen sind. Mehrere Anlagen liegen vor, wenn sie getrennt an das öffentliche Netz angeschlossen und allein betrieben werden können. Darauf, ob die Leistungen für mehrere Gebäude erbracht wurden, kommt es grundsätzlich nicht an. Für die Beurteilung des Honorars eines Ingenieurs ist somit entscheidend, ob die Anlagenteile nach funktionellen und technischen Kriterien zu einer Einheit zusammengefasst sind. Der Senat hat darauf verwiesen, dass eine einheitliche Anlage, wie etwa eine Heizungsanlage, nicht deshalb honorarrechtlich in mehrere Anlagen aufgeteilt werden kann, weil sie mehrere Gebäude versorgt (BGH NZBau 2002, 278 = BauR 2002, 817 = ZfBR 2002, 479)" (vgl. dazu auch Locher/Koeble/Frik, Kommentar zur HOAI, 9. Aufl., § 69 Rn. 12 m.w.N.). Durch eine ungerechtfertigte Zusammenfassung von Anlagen bei der technischen Ausrüstung kann der Mindestpreischarakter der Vergütungsbestimmungen der HOAI demnach unzulässig unterlaufen werden. Darin ist der Antragstellerin Recht zu geben.
Indes bestimmt im Sinn einer Ausnahme § 4 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 4 HOAI, dass von den Beteiligten in Ausnahmefällen etwas anderes, mithin eine Unterschreitung des Mindesthonorars, vereinbart werden darf, sofern eine solche Abrede bei Auftragserteilung schriftlich erfolgt (vgl. auch Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 2. Aufl., 12. Teil Rn. 271 ff. m.w.N.). Eine solche Regelung scheint in der Absicht der Antragsgegnerin zu liegen. Doch kann ein Ausnahmefall hier zweifelhaft erscheinen.
Stehen vom Auftraggeber in den Vergabeunterlagen festgelegte Vergütungsbestimmungen im Widerspruch zu verbindlichem Preisrecht - so auch zu den Vorschriften der HOAI - kann dies vom Antragsteller eines Vergabenachprüfungsverfahrens im Prinzip freilich mit Erfolg beanstandet werden. Der Auftraggeber stellt dann nämlich im Rechtssinn eine für die Bieter unzumutbare Auftragsbedingung, der diese sich nur dadurch entziehen können, indem sie widersprechen, dadurch allerdings die Vergabebedingungen, m.a.W. die Verdingungsunterlagen, abändern. Eine Abänderung der Vergabebedingungen führt zum Ausschluss des betreffenden Angebots von der Wertung (vgl. Art. 51 Abs. 3 der Richtlinie 2004/17/EG). Nach Zuschlags- und Auftragserteilung ist ein Anerkenntnis rechtswidriger und in den Verdingungsunterlagen enthaltener Vergütungsbestimmungen hingegen nicht mehr oder nur unter Inkaufnahme großer Unwägbarkeiten zu erreichen. Um derartige Unzuträglichkeiten - insbesondere bei einer Abweichung von unzumutbaren Vergabebedingungen einen Ausschluss des Angebots - zu vermeiden, ist Bieterin in einem solchen Fall zu gestatten, den Verstoß gegen verbindliche Vergütungsvorschriften in einem Vergabenachprüfungsverfahren zu beanstanden (so auch Senat, Beschl. v. 17.4.2008 - VII-Verg 15/08, Bl. 12 BA).
cc) Die Antragsgegnerin hat als Zuschlagskriterien überdies eignungsbezogene Merkmale angegeben (Unternehmenskennwerte und Fachkunde). Insoweit ist für das teilweise zu wiederholende Vergabeverfahren auf den Senatsbeschluss vom 5.5.2008 (VII-Verg 5/08) zu verweisen, in dem (obiter dictum) ausgeführt worden ist:
"Die (gegebenenfalls bessere) Eignung eines in die engere Wahl zu ziehenden Unternehmens (ein "Mehr an Eignung") darf beim Kriterium der Wirtschaftlichkeit indes grundsätzlich nicht zu Ungunsten eines preisgünstigeren Angebots berücksichtigt werden (vgl. BGH, Urt. v. 8.9.1998 - X ZR 109/96, BauR 1998, 1246 = NJW 1998, 3644, 3646; Urt. v. 16.10.2001 - X ZR 100/00, NZBau 2002, 107 = ZfBR 2002, 145). Die Prüfung der Eignung und der Zuschlag unterliegen verschiedenen Regeln. Sie sind als unterschiedliche Vorgänge klar voneinander zu trennen. Bei der den Zuschlag betreffenden Entscheidung dürfen nur Kriterien zur Anwendung kommen, die der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots dienen. Dies bedeutet, dass prinzipiell nur Faktoren berücksichtigt werden dürfen, die mit dem Gegenstand des Auftrags zusammenhängen, d.h. die sich auf die Leistung beziehen, die den Gegenstand des Auftrags bildet (vgl. EuGH, Urt. v. 24.1.2008 - C-532/06, Lianakis, Rn. 26 - 30 m.w.N., ständige Rechtsprechung des EuGH). Infolgedessen ist eine nochmalige Anwendung von Eignungskriterien (ein "Mehr an Eignung") im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung prinzipiell ausgeschlossen. Insoweit unterscheidet sich die EG-rechtliche nicht von der nationalen Rechtslage.
Unabhängig davon kann jedoch einem anzuerkennenden Bedürfnis entsprechen, den Auftrag nicht schon einem im Rahmen der Eignungsprüfung ermittelten, generell geeigneten, sondern mit Rücksicht auf die besonderen Anforderungen, die die Ausführung stellt, nur einem besonders erfahrenen, fachkundigen und/oder zuverlässigen Auftragnehmer zu erteilen. Die Eignungsprüfung hat indes nicht zum Gegenstand, solche qualitativen Unterschiede zwischen den sich um den Auftrag bewerbenden Unternehmen festzustellen. Dennoch lehrt die Vergabepraxis, dass es solche Unterschiede gibt, dass sich an Vergabeverfahren also Unternehmen beteiligen, die, was die Gewissheit für eine ordnungsgemäße Ausführung des Auftrags anbelangt, durchaus unterschiedliche Eignungsgrade aufweisen, die mehr oder weniger eine problemfreie Ausführung erwarten lassen. Zu dem durch die Ausschreibung sowie durch die EG-rechtlichen und nationalen Bestimmungen über das Vergabeverfahren angestrebten Ergebnis verhielte es sich aber geradezu kontrapunktiv, müssten solche graduellen Eignungsunterschiede bei der Bestimmung des wirtschaftlichsten Angebots vom Auftraggeber in jedem Fall unberücksichtigt bleiben. Solches ist ungeachtet der Vergabegrundsätze, die der EuGH unlängst im Urteil vom 24.1.2008 (C-532/06, Rn. 25 ff.) wiederholt hat, auch von den EG-Vergaberichtlinien nicht gefordert. So hat der EuGH auch entschieden, dass die Vergabestelle berechtigt sei, beim Abschluss von Dauerverträgen (im damaligen Fall: Vertrag über die Lieferung von Suchtstoffen für medizinische Zwecke) die Fähigkeit der Bieter zu berücksichtigen, die Zuverlässigkeit und Kontinuität einer Versorgung sicherzustellen (vgl. EuGH, Urt. v. 28.3.1995 - C-324/93, Evans Medical, EuZW 1995, 369 = Slg. 1995, I-563, Rn. 44, 49). Dabei handelte es sich um ein Eignungskriterium, das bei der Bestimmung des wirtschaftlichsten Angebots verwendet werden sollte. Weder die in Art. 53 Abs. 1 a der Richtlinie 2004/18/EG noch die in den nationalen Verdingungsordnungen genannten Zuschlagskriterien sind insofern in einem abschließenden Sinn zu verstehen. Sie lassen bei einer an der Wirtschaftlichkeit ausgerichteten Angebotswertung Abstufungen nach dem Grad der unternehmensindividuellen Eignung zu. An der damit übereinstimmenden nationalen Vorschrift des § 25 Nr. 3 Abs. 3 S. 1 und 2 VOB/A wird dies besonders deutlich. Danach sollen nur solche Angebote in die engere Wahl gelangen, die eine einwandfreie Ausführung erwarten lassen. Erst danach ist unter den Angeboten dasjenige zu bestimmen, das nach den festgelegten Zuschlagskriterien als das wirtschaftlichste erscheint. Unter den Verdingungsordnungen sind insofern keine Unterschiede vorzunehmen. So weist die im vorliegenden Fall maßgebende VOL/A in § 25 Nr. 3 zwar keine mit der VOB/A wortlautidentische Vorschrift auf. Doch lässt Absatz 2 der Erläuterungen zu § 25 Nr. 3 VOL/A im Sinn einer beim Normverständnis zu berücksichtigenden authentischen Interpretation des Verdingungsausschusses erkennen, dass die Bestimmung des wirtschaftlichsten Angebots mit jedem auftragsbezogenen Umstand verknüpft werden darf.
Die Festlegung der auftragsbezogenen Kriterien für die Bestimmung des wirtschaftlichsten Angebots unterliegt einem weiten Spielraum des Auftraggebers. Bei der Bestimmung der Kriterien für das wirtschaftlichste Angebot ist er weitgehend ungebunden, bestimmten Faktoren eine Bedeutung zuzumessen. Die Kontrolle der Vergabenachprüfungsinstanzen hat sich dabei auf die Frage zu beschränken, ob ein Ermessensmissbrauch oder ein sonstiger Ermessensfehler zu beanstanden ist (so auch EuGH, Urt. v. 23.11.1978, Slg. 1978, 2215, Rn. 20; EuG, Urt. v. 26.2.2002, Slg. 2002, II-609, Rn. 95).
Anders gewendet sollte daraus zu folgern sein, dass eine graduell verschiedene Eignung der Bieter bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots vom öffentlichen Auftraggeber berücksichtigt werden darf, sofern es um die auftragsbezogene Umsetzung bestimmter Eignungsmerkmale geht, die im Angebot selbst dokumentiert werden soll. Der Auftraggeber darf bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots danach auch solche, an und für sich als Eignungsmerkmale einzustufende Faktoren berücksichtigen, die nach den von ihm ermessensfehlerfrei aufgestellten Prüfungsmaßstäben einen spezifischen Bezug zur Auftragsausführung aufweisen, eine ordnungsgemäße Erfüllung der gestellten Anforderungen erwarten lassen und die sich nach seinem Verlangen im Angebot ausdrücklich niederschlagen sollen (im Ergebnis ebenso: Senat, Beschl. v. 25.2.2004 - VII-Verg 77/03, VergabeR 2004, 537; OLG Dresden, Beschl. v. 6.4.2004 - WVerg 1/04, VergabeR 2004, 609, 614; Dreher, EWiR 1999, 139; Gröning, NZBau 2003, 86, 91; Egger, NZBau 2004, 582, 586; Frenz in Willenbruch/Bischoff, Kompaktkommentar Vergaberecht, S. 9 Rn. 33). Unter solchen Voraussetzungen darf der Auftraggeber Eignungsmerkmale auch als Kriterien zur Bestimmung des wirtschaftlichsten Angebots formulieren. Aus Gründen der Gleichbehandlung und der Transparenz sind die insoweit bei der Vergabeentscheidung für maßgebend erachteten Kriterien vom Auftraggeber freilich in der Vergabebekanntmachung oder in den Verdingungsunterlagen klar und unmissverständlich zu benennen." Dies kann im teilweise zu wiederholenden Vergabeverfahren beachtet werden.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 128 Abs. 3, 4 GWB sowie auf einer entsprechenden Anwendung von 91 ZPO.
Der Streitwertbemessung (§ 50 Abs. 2 GKG) hat der Senat das Hauptangebot der Antragstellerin vom 5.9.2007 zugrundegelegt.
Ende der Entscheidung
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