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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 21.11.2007
Aktenzeichen: VII-Verg 32/07 (1)
Rechtsgebiete: BGB, GWB, RegE GWB 2005, VOL/A


Vorschriften:

BGB § 307 Abs. 1
BGB § 307 Abs. 2 Nr. 1
BGB §§ 631 ff.
BGB § 640 Abs. 2
GWB § 97 Abs. 7
GWB § 99 Abs. 1
GWB § 107 Abs. 2
GWB § 107 Abs. 2 S. 1
GWB § 107 Abs. 2 S. 2
GWB § 107 Abs. 3
GWB § 118 Abs. 1 S. 3
GWB § 124 Abs. 2
RegE GWB 2005 § 107 Abs. 3
VOL/A § 9 a
VOL/A § 17 Nr. 3 Abs. 5
VOL/A § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a)
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Beigeladenen wird der Beschluss der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Düsseldorf vom 24.08.2007 (VK-24/2007-L) aufgehoben und der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zurückgewiesen.

Die Anschlussbeschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen.

Die Gebühren und Auslagen der Vergabekammer sowie die im Verfahren der Vergabekammer zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung aufgewandten Kosten der Antragsgegnerin und der Beigeladenen trägt die Antragstellerin.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen außergerichtlichen Auslagen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen werden der Antragstellerin auferlegt.

Streitwert für das Beschwerdeverfahren: 470.000 €

Gründe:

I.

Die Antragsgegnerin schrieb im April 2006 mit europaweiter Bekanntmachung die Umstrukturierung ihres Hafen- und Bahnbetriebs, der bis dahin als Eigenbetrieb geführt worden war, in eine gemeinsame Gesellschaft einschließlich Dienstleistungen des privaten Partners sowie Bauleistungen für Infrastruktur als PPP - Projekt im Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem europaweitem Teilnahmewettbewerb als Dienstleistungsauftrag aus. Gegenstand des Vergabeverfahrens war die Auswahl des privaten Partners, an den 49 % der Geschäftsanteile der zu gründenden Gesellschaft veräußert werden sollten. Den Rest der Anteile sollte die Antragsgegnerin halten. Zudem war vorgesehen, dass die Gesellschaft auf der Grundlage eines sog. Leistungsvertrages Dienstleistungsaufträge und ggf. auch Bauaufträge an den privaten Partner erteilt. Das Volumen der zu erteilenden Aufträge sollte ca. 470.000 € pro Jahr betragen.

Die Antragsgegnerin übersandte unter Hinweis auf die Veröffentlichung des Wettbewerbes verschiedenen Unternehmen von sich aus eine Broschüre "Informationen zum Teilnahmewettbewerb". Nach Ablauf der Frist lagen der Antragsgegnerin vier Teilnahmeanträge vor, darunter die der Antragstellerin und der Beigeladenen, die neben einem weiteren Bewerber zur Wettbewerbsteilnahme aufgefordert wurden. Die den Bewerbern Ende Juni 2006 zugesandte "Vergabeunterlage" enthielt Bewerbungsbedingungen, in denen unter Ziff. B . 2. 1, 2.2 ausgeführt war:

"Enthalten die Vergabeunterlagen oder die dem Bieter mitgeteilten, übergebenen oder zugänglich gemachten Unterlagen oder sonstige Informationen Unklarheiten, Fehler oder verstoßen diese nach Auffassung des Bieters gegen geltendes Recht, so hat der Bieter die Stadt K. unverzüglich schriftlich darauf hinzuweisen. Andernfalls kann er sich auf eine Unklarheit, einen Fehler oder einen Regelverstoß nicht berufen. Rügt der Bieter einen seiner Ansicht nach vorliegenden Vergabeverstoß und widerspricht die Stadt dieser Rüge, muss der Bieter innerhalb von vier Wochen nach Erhalt des Widerspruchs ein Nachprüfungsverfahren einleiten, wenn er seine Rüge aufrechterhalten will, damit das aufwendige Verhandlungsverfahren nicht unnötig mit den sich aus der Rüge ergebenden Risiken belastet wird. Der Bieter erklärt ausdrücklich mit der Abgabe seines indikativen Angebots, dass er anderenfalls eine jeweilige Rüge nicht aufrechterhält."

Mit Schreiben vom 04.04.2007 forderte die Antragsgegnerin die Antragstellerin und die Beigeladene zur Angebotsangabe auf. Ziff. 2.2 der mit der Angebotaufforderung versandten Anlagen enthielt folgende Bestimmungen zur Zulassung von Nebenangeboten:

"Für das letztverbindliche Angebot sind allerdings von den Verträgen und ihren Anlagen abweichende Nebenangebote auch ohne Hauptangebot zugelassen, wenn und soweit die Anforderungen der Stadt K. vom Bieter als unakzeptabel oder nicht kalkulierbar beurteilt werden und wenn folgende Voraussetzungen vorliegen: Nebenangebote müssen in jedem Fall die angebotenen Leistungen so vollständig, detailliert und präzise beschreiben, wie die Stadt K. die Anforderungen an die letztverbindlichen Angebote vorgegeben hat, damit sie wie Hauptangebote geprüft und verglichen werden können. Anzubieten sind insbesondere textlich vollständig ausformulierte und gekennzeichnete Änderungen zu den Verträgen und Vertragsanlagen, soweit ein Bieter im Nebenangebot von den Anforderungen der Stadt K. abweichen will. Nebenangebote werden wie Hauptangebote gewertet."

Im Hinblick auf die zu beachtenden inhaltlichen Anforderungen sah Ziff. 4.24 vor:

"Inhaltlich darf der anzubietende Leistungsvertrag nicht zum Nachteil der Hafen K. AG von den beigefügten Vertragseckpunkten abweichen".

Die Eckpunkte enthielten in § 6 Abs. 4 folgende Bestimmung:

"Die durch den strategischen Partner nach diesem Vertrag zu erbringenden Leistungen nach § 2 Abs. 2 unterliegen den zivilgesetzlichen Gewährleistungsregelungen für Werkverträge nach den §§ 631 ff. BGB mit Ausnahme des § 640 Abs. 2 BGB. Nimmt die Hafen K. KG ein mangelhaftes Werk ab, ohne sich ihre Rechte wegen des Mangels bei der Abnahme vorzubehalten, so stehen ihr dennoch alle gesetzlichen Gewährleistungsrechte, auch bei Abnahme erkennbarer Mängel nach den §§ 631 ff. BGB zu."

Unter Ziff. 5 zur Angebotaufforderung gab die Antragsgegnerin die Wertungskriterien bekannt:

"Maßgeblich ist die Wirtschaftlichkeit des Angebotes nach folgenden Kriterien, die jeweils zu dem angegebenen Anteil gewertet werden:

- Kaufpreis für die Anteile an der Hafen K. KG 40 %

- Weisungs- und Kontrollrechte sowie Risiken und Sicherheiten der Stadt K. 20 %

- zugesagte Obergrenze für die Verlustübernahme 10 %

- zugesagte Obergrenze für die Insolvenzabwendung 5 %

- Barwertsaldo der für die Stadt K. zu erwartenden Gewinne und Verluste in den ersten zehn Jahren der Kooperation 10 %

- Barwertsaldo der für die Stadt K. zu erwartenden Gewinne und Verluste in den zweiten zehn Jahren der Kooperation 5 %

- dauerhafte Sicherung und Verbesserung des Hafenstandortes - auch im Verhältnis zu den führenden Wettbewerbern - 10 %.

Hinsichtlich der Wertung von Nebenangeboten traf Ziff. 5.2 folgende Bestimmung:

"Werden von Ihnen über Nebenangebote Änderungen zu den Verträgen und/oder den Vertragsanlagen angeboten, wird die Stadt K. diese Änderungen mit einer Gewichtung von 20 % werten. Von entscheidender Bedeutung für die Wirtschaftlichkeit des Angebots sind die Rechtspositionen und Projektrisiken der Stadt K., die sich in ihren Einflussrechten und Sicherheitspositionen widerspiegeln. Hierzu gehören insbesondere wirtschaftliche Risiken, die die Stadt K. übernehmen muss oder der Verlust von Einflussrechten auf die zukünftige gemeinsame Gesellschaft. Hauptangebote werden mit vollen 20% berücksichtigt."

Mit Schreiben vom 11.04.2007 rügte die Antragstellerin u.a. die Zulassung von Nebenangeboten. Sie machte geltend, dass die Antragsgegnerin weder die Kriterien für deren Zulässigkeit und die an Nebenangebote zu stellenden Mindestanforderungen angegeben noch die Wertungskriterien sowie deren Gewichtung ausreichend bestimmt dargelegt habe.

Unter dem 10.05.2007 gaben die Beigeladene und die Antragstellerin - letztere unter ausdrücklicher Aufrechterhaltung ihrer Verfahrensrüge - ihre Angebote ab.

Am 01.06.2007 forderte die Antragsgegnerin die Bieter unter Hinweis auf geänderte Rahmenbedingungen nochmals auf, ein überarbeitetes Angebot abzugeben. Ziff. 2.2 der den Bietern übermittelten Anlagen, die im übrigen dem Inhalt der Anlagen zur Angebotsaufforderung vom 04.04.2007 entsprachen, enthielt eine zusätzliche Anforderung an Nebenangebote:

"Nebenangebote zum Personalüberleitungsvertrag sollen zur Erleichterung der Abstimmung mit dem Personalrat den Ausschluss betriebsbedingter Entlassungskündigungen bis zum 31.12.2007 vorsehen."

Unter dem 08.06.2007 übergaben die Antragstellerin und die Beigeladenen ihre Angebote. Während das Angebot der Antragstellerin einen bei Vertragsschluss fälligen Kaufpreis in Höhe von 3.100.000 € vorsah, bot die Beigeladene insgesamt einen Kaufpreis in Höhe von 8.000.000 € an, von dem aber nur eine Rate in Höhe von 3.000.000 € bei Vertragsbeginn gezahlt werden sollte. Die weiteren Raten sollten stufenweise bei Eintritt ungewisser Ereignisse fällig werden.

Mit Schreiben vom 21.06.2007 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass der Zuschlag an die Beigeladene erteilt werden solle, weil deren Angebot insgesamt die wirtschaftlichste Lösung darstelle. Der daraufhin erhobenen Rüge der Antragstellerin half die Antragsgegnerin nicht ab, sondern hielt nach Maßgabe des Schreibens vom 29. Juni 2007 daran fest, der Beigeladenen den Zuschlag zu erteilen.

Auf den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin hat die Vergabekammer durch den angefochtenen Beschluss der Antragsgegnerin aufgegeben, in dem streitgegenständlichen Vergabeverfahren auf keines der vorliegenden Angebote den Zuschlag zu erteilen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass keines der vorliegenden Angebote annahmefähig sei. Das Angebot der Antragstellerin sei unvollständig. Das vorgelegte Konzept enthalte die von der Antragsgegnerin zwingend vorgegebenen inhaltlichen Aussagen nur zum Teil. Auch weiche der angebotene Leistungsvertrag zum Nachteil der Antragsgegnerin von den Eckpunkten ab.

Das Angebot der Beigeladenen sei ebenfalls unvollständig. Die in dem vorzulegenden Konzept geforderten Ausführungen zum Bahnbetrieb, zur Finanzierung und zum wirtschaftlichen Gesamtkonzept seien nicht in Form gesonderter Gliederungspunkte dargestellt. Zudem seien die inhaltlichen Vorgaben der Antragsgegnerin zum Personalkonzept nicht vollständig umgesetzt worden und es fehlten Aussagen zu den denkmalgeschützten Gebäuden sowie zu den Kosten für den Betrieb der Drehbrücke.

Das Angebot der Beigeladenen weiche darüber hinaus zu Lasten der Antragsgegnerin von den Eckpunkten der Leistungsvereinbarung ab. Die vorgesehenen Bestimmungen der §§ 1 Abs. 1a (gesetzliche Bestimmungen als Leistungsgrundlage), 3 Abs. 1 (Pflicht zur vertrauensvollen Zusammenarbeit) 4 Abs. 2 (Einsatz von Subunternehmern) und 6 Abs. 4 (Abbedingung) des § 640 Abs. 2 BGB) seien in den angebotenen Leistungsvertrag nicht aufgenommen worden.

Jedenfalls sei das Angebot aber deshalb nicht wertbar, weil die Beigeladene einen teilweise bedingten Kaufpreis für den Kommanditanteil angeboten habe. Schon der Umstand, dass der Kaufpreis mit einem Anteil von 40 % in die Wertung eingehen solle, belege, dass die Bieter den Kaufpreis unbedingt anzugeben hätten, um eine vergleichbare Wertung der Angebote zu ermöglichen.

Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Beigeladenen. Sie macht geltend, dass ihr Nebenangebot weder wegen Unvollständigkeit auszuschließen noch wegen der unterlassenen Aufstellung der von Nebenangeboten zu erfüllenden Mindestanforderungen und der an Nebenangebote anzulegenden Wertungskriterien von der Wertung auszunehmen sei. Auch die eigentliche Wertung des Angebots durch die Antragsgegnerin sei beurteilungs- und ermessensfehlerfrei. Dagegen habe die Vergabekammer zu Recht angenommen, dass das Angebot der Antragstellerin unvollständig sei. Eine Rechtsverletzung der Antragstellerin scheide demnach aus.

Die Beigeladene beantragt,

die Entscheidung der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Düsseldorf vom 24.08.2007 aufzuheben und den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen.

Die Antragstellerin hat gegen den Beschluss der Vergabekammer Anschlussbeschwerde erhoben. Das Angebot der Beigeladenen sei von der Vergabekammer zu Recht als nicht vollständig beurteilt und deswegen ausgeschlossen worden. Dagegen sei ihr eigenes Angebot entgegen der Auffassung der Vergabekammer vollständig und wertbar gewesen und habe die von der Vergabekammer aufgezeigten Mängel tatsächlich nicht aufgewiesen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Entscheidung der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Düsseldorf vom 24. August 2007 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, den Zuschlag auf das letzt verbindliche Angebot der Antragstellerin vom 8. Juni 2007 zu erteilen.

Die Antragsgegnerin vertritt die Auffassung, dass die Entscheidung der Vergabekammer rechtsfehlerhaft sei. Dem Nachprüfungsantrag der Antragstellerin fehle bereits das Rechtsschutzbedürfnis für ein Nachprüfungsverfahren nach § 107 Abs. 2 GWB. Das Angebot der Antragstellerin sei vom weiteren Verfahren auszuschließen gewesen. Die von der Antragstellerin angebotenen Konzepte entsprächen nicht den zwingenden Vorgaben der Vergabeunterlagen und der angebotene Leistungsvertrag weiche von den Eckpunkten ab. Dagegen weise das Angebot der Beigeladenen nur kleinere formale Mängel auf. Eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes liege somit nicht vor.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen, auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses sowie auf die zu Informationszwecken beigezogenen Akten der Vergabekammer sowie die Vergabeakte Bezug genommen.

II.

Die zulässige sofortige Beschwerde der Beigeladenen hat Erfolg, weil der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zwar zulässig, aber unbegründet ist. Die Entscheidung der Antragsgegnerin, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen, hat die Antragstellerin nicht in ihren Rechten verletzt. Die Anschlussbeschwerde der Antragstellerin ist somit zurückzuweisen.

1.

Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist zulässig.

a. Die Vergabekammer hat zu Recht angenommen, dass es sich bei der den Gegenstand des Vergabeverfahrens bildenden Umstrukturierung des Hafen- und Bahnbetriebes um einen öffentlichen Auftrag im Sinne des § 99 Abs. 1 GWB handelt. Die Antragsgegnerin beabsichtigt nicht nur die Veräußerung von Anteilen an der noch zu gründenden Gesellschaft, sondern mit dem Erwerber soll zugleich ein entgeltlicher Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen für die Gesellschaft abgeschlossen werden. Da die Antragsgegnerin und nicht die Geschäftsführung der Gesellschaft den Bezug von Dienstleistungen vom künftigen Kooperationspartner anstrebt und mit dessen Auswahl abschließend auch über Art und Umfang seiner Beauftragung entscheidet, ist sie nach materiellem Verständnis Auftraggeberin im vergaberechtlichen Sinn.

b. Die Antragstellerin ist auch antragsbefugt. Gemäß § 107 Abs. 2 S. 1 GWB ist jedes Unternehmen antragsbefugt, das ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Das Interesse am Auftrag hat die Antragstellerin schon durch die Abgabe ihrer Angebote ausreichend belegt. Sie hat zudem geltend gemacht, dass sie in ihren Rechten aus § 97 Abs. 7 GWB durch die Nichtbeachtung von Vergabevorschriften und den beabsichtigten vergaberechtswidrigen Vertragsschluss verletzt werde. Nach § 107 Abs. 2 S. 2 GWB ist ferner darzulegen, dass dem Unternehmen durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht. Der Schaden besteht darin, dass durch den einzelnen beanstandeten Vergaberechtsverstoß die Aussichten auf den Zuschlag zumindest verschlechtert worden sein können (BVerfG, NZBau 2004, 564; OLG Düsseldorf, VergabeR 2001, 45 = NZBau 2001, 155; NZBau 2002, 634, 636; Beschluss vom 25.06.2003 - Verg 26/03, Umdruck S. 3). Da die Antragstellerin die einzige weitere Bieterin neben der Beigeladenen ist, ist eine Beeinträchtigung ihrer Zuschlagschance zu bejahen.

c. Die Antragstellerin ist mit ihren die Zulassung und Wertung von Nebenangeboten betreffenden Rügen nicht gemäß § 107 Abs. 3 GWB ausgeschlossen.

Sie hat mit Schreiben vom 11.04.2007 u.a. die in der Angebotsaufforderung vom 04.04.2007 vorgesehene Zulassung von Nebenangeboten als vergaberechtswidrig beanstandet. Damit hat sie unter Berücksichtigung der für die Prüfung und Begründung der Rüge notwendigen Zeit ohne schuldhaftes Zögern und damit unverzüglich (§ 121 BGB) gegenüber der Antragsgegnerin deutlich gemacht, dass sie Vergaberechtsverstöße annimmt und deren Abstellung begehrt. Bis zum Zugang des Schreibens vom 04.04.3007 bestand eine Rügeobliegenheit nicht, denn erst damit legte die Antragsgegnerin den Inhalt der Aufforderung zur Angebotsabgabe verbindlich fest. Zuvor lagen den Bietern lediglich Entwürfe vor.

Entgegen der Ansicht der Vergabekammer ist die Antragsstellerin mit den bereits in dem Rügeschreiben erhobenen Beanstandungen nicht präkludiert. Zwar hat sie nicht innerhalb der unter Ziff. B.2.2 der Bewerbungsbedingungen vorgesehenen Frist von vier Wochen nach Zugang der Zurückweisung ihrer Rüge durch die Antragsgegnerin ein Nachprüfungsverfahren eingeleitet. Dieses Unterlassen führte aber nicht zum Verlust ihres Antragsrechts, denn die unter Ziffer B.2.2 enthaltene Regelung, bei der es sich um eine von der Antragsgegnerin verwandte allgemeine Geschäftsbedingung handelt, ist gemäß § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Die vierwöchige Ausschlussfrist für einen Nachprüfungsantrag ist nach eigenem Bekenntnis der Antragsgegnerin für eine Vielzahl von Vergabeverfahren vorformuliert worden. Die Kontrolle ist eröffnet, obgleich die Klausel nicht den Vertragsinhalt selbst, sondern die vorvertraglichen Beziehungen der Parteien im Vergabeverfahren, das zugleich das zivilrechtliche Vertragsanbahnungsverfahren bildet, gestalten soll (vgl. BGH NJW 1996, 2574). Die Präklusionsklausel benachteiligt die Bieter unangemessen, da sie die materiellen und prozessualen Zugangsvoraussetzungen zum Nachprüfungsverfahren verschärft. Auch wenn - worauf die Antragsgegnerin hinweist - durch die Klausel die in § 107 Abs. 3 RegE GWB 2005 vorgesehene Regelung vorweggenommen wird, stellt die damit verbundene Verkürzung des Vergaberechtsschutzes eine wesentliche Abweichung von den Grundgedanken der geltenden gesetzlichen Regelung dar. § 107 Abs. 3 GWB stellt Mindeststandards für die Gewährung von Rechtsschutz in Vergabeverfahren oberhalb der Schwellenwerte auf. Die Regelung ist nicht abdingbar. Dem öffentlichen Auftraggeber ist eine Verschärfung der Anforderungen durch entsprechende allgemeine Geschäftsbedingungen verwehrt.

d. Die Antragstellerin hat ihr Antragsrecht auch nicht verwirkt. In ihren Angeboten vom 10.05. und 08.06.2007 hat sie auf die Rüge vom 11.04.2007 Bezug genommen und diese ausdrücklich aufrechterhalten. Die Antragsgegnerin konnte somit nicht darauf vertrauen, dass die Antragstellerin nach Zurückweisung ihrer Beanstandungen und Verstreichen der in Ziffer B.2.2 genannten Frist von der Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens absehen würde.

2.

Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist unbegründet.

Das Nebenangebot der Beigeladenen ist weder wegen Unvollständigkeit zwingend von der Wertung auszuschließen noch beruht die Entscheidung der Antragsgegnerin, den Zuschlag auf dieses Angebot zu erteilen, auf einer vergaberechtswidrigen Wertung. Da der Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen ergehen durfte, scheidet eine Rechtsverletzung der Antragstellerin auch dann aus, wenn ihr eigenes Angebot entgegen der Auffassung der Vergabekammer nicht von der Wertung ausgeschlossen werden musste.

a. Das Angebot der Beigeladenen enthält die von der Antragsgegnerin geforderten Angaben und Erklärungen und unterliegt deshalb keinem Ausschluss von der Wertung (§§ 21 Nr. 1, Abs. 1 S. 1, 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a) VOL/A).

aa. Die Unvollständigkeit des Angebotes ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass das Angebot der Beigeladenen die geforderten Konzepte für die Bereiche "Bahnbetrieb" und "Finanzierung" sowie das "wirtschaftliche Gesamtkonzept" nicht als gesonderte Gliederungspunkte darstellt. Anders als von der Vergabekammer angenommen liegt darin keine relevante Abweichung von den geforderten Angaben im Sinne des § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a) VOL/A. Ein Angebotsausschluss wegen fehlender Angaben oder Erklärungen kann nur erfolgen, wenn und soweit Art, Inhalt und Zeitpunkt der vorzulegenden Unterlagen eindeutig und wirksam gefordert worden sind. In Teil F der Vergabeunterlage wird zwar die Vorlage bestimmter Konzepte gefordert, die ihrerseits konkreten inhaltlichen Anforderungen genügen müssen. Eine zusätzliche formale Anforderung des Inhaltes, dass die Konzepte als gesonderte Gliederungspunkte dargestellt werden müssen, findet sich dort aber nicht.

Soweit in Teil F der Vergabeunterlage inhaltliche Ausführungen zu den genannten Gesichtspunkten gefordert werden, genügt das von der Beigeladenen vorgelegte Konzept diesen Vorgaben. Angaben zum Bahnbetrieb sind in der Anlage 4 zum Angebot (S. 10 und S. 18) enthalten. Das Finanzierungskonzept ergibt sich aus dem jeweiligen Gesamtzusammenhang und aus den Anmerkungen zum Wirtschaftsplan (Anlage 3). Das wirtschaftliche Gesamtkonzept geht aus dem Wirtschaftsplan (Anlage 2) zum Angebot hervor.

bb. Auch der von der Vergabekammer vertretenen Ansicht, das Angebot der Beigeladenen sei bereits deswegen auszuschließen, weil in dem vorgelegten Personalkonzept zwingende inhaltliche Vorgaben nicht eingehalten worden seien, schließt sich der Senat nicht an. Gemäß Ziffer 2.2 der Anlagen zur Angebotsaufforderung vom 01.06.2007 sollten Nebenangebote zum Personalüberleitungsvertrag den Ausschluss betriebsbedingter Entlassungskündigungen bis zum 31.12.2017 vorsehen. In dem ihrem Angebot vom 08.06.2007 beigefügten Begleitschreiben zum Personalüberleitungsvertrag hat die Beigeladenen diese geforderte Erklärung abgegeben. Der Einwand der Antragstellerin, die Beigeladene habe lediglich erklärt, dass es "grundsätzlich" keine betriebsbedingten Kündigungen geben, ist unzutreffend. Eine solche einschränkende Formulierung findet sich in dem Begleitschreiben nicht.

Auch im Hinblick auf die Umsetzung von Beschäftigten hat die Beigeladene die Mindestanforderungen der Antragstellerin erfüllt, indem sie den Personalüberleitungsvertrag, in den die von der Antragsgegnerin aufgestellten zwingenden Vorgaben für das Personalkonzept Eingang gefunden haben, insoweit ohne inhaltliche Änderungen angeboten hat.

cc. Das Angebot der Beigeladenen ist auch nicht deswegen unvollständig, weil Aussagen zu denkmalgeschützten Gebäuden fehlen. Gemäß Teil F, Ziffer 2.7.2 der Vergabeunterlage (S. 73) sind die Vorschriften über denkmalgeschützte Anlagen und Gebäude zwingend einzuhalten, nicht aber besondere Angaben von den Bietern gefordert.

dd. Das Angebot der Beigeladenen genügt auch in Bezug auf die Kosten für die Drehbrücke den inhaltlichen Vorgaben der Vergabeunterlagen.

Die Kosten für den Betrieb und die Instandhaltung der Drehbrücke sind in den Wirtschaftsplan der Gesellschaft eingestellt; daraus folgt ohne weiteres, dass das Angebot der Beigeladenen auf der Annahme beruht, dass die künftige Gesellschaft die Kosten der Drehbrücke zu tragen hat.

b. Der Zuschlag durfte auf das Nebenangebot der Beigeladenen ergehen. Abweichend von der Rechtsansicht der Antragstellerin ist das Angebot der Beigeladenen nicht schon wegen einer von der Antragsgegnerin unterlassenen Aufstellung der von den Nebenangeboten zu erfüllenden Mindestanforderungen und der an Nebenangebote anzulegenden Wertungskriterien von der Wertung auszunehmen. Auch die eigentliche Wertung des Angebots ist nicht zu beanstanden.

aa. Nebenangebote sind nur wertbar, wenn der öffentliche Auftraggeber für sie Mindestanforderungen in den Verdingungsunterlagen festgelegt hat (vgl. EuGH, Urt. v. 16.10.2003, RS. C-241/01 VergabeR 2004, 50 zu Art. 19 Abs. 2 BKR -"Traunfellner"). Aus dem Wortlaut von Art. 24 Abs. 3 der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge ergibt sich, dass der Auftraggeber verpflichtet ist, in den Verdingungsunterlagen die Mindestanforderungen zu nennen, die die Änderungsvorschläge ("Varianten") erfüllen müssen. Dies ist in richtlinienkonformer Auslegung auch als Regelungsinhalt des § 17 Nr. 3 Abs. 5 VOL/A anzusehen (vgl. Sen., Beschl. v. 27.4.2005, Verg 23/05, VergabeR 2005, 483, 484 ). Im Streitfall ist die VOL/A 2002 anzuwenden (§ 23 VgV). Der allgemeine Hinweis des Auftraggebers auf das Erfordernis einer Gleichwertigkeit des Nebenangebots mit dem Hauptangebot genügt nicht (vgl. BayObLG VergabeR 2004, 654, 656).

In Teil F der Vergabeunterlage sowie unter Ziff. 4 der Anlagen zu den Angebotsaufforderungen vom 04.04. und 01.06.2007 sind sowohl im Hinblick auf die einzureichenden Konzepte als auch für die anzubietenden Verträge eindeutige Mindestanforderungen aufgestellt worden, denen das Angebot genügen muss. Zudem hat die Antragsgegnerin mit der Angebotsaufforderung vom 04.04.2007 unter Ziff. 2.2 der Anlagen die besonderen Voraussetzungen genannt, unter denen Nebenangebote abgegeben werden können. Zwar sind dabei bestimmte Anforderungen an deren formale Gestaltung gerichtet worden. Unter Ziff. 4.2.1 der Anlagen hat die Antragsgegnerin im Sinn einer materiellen Mindestanforderung aber ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ein Nebenangebot die ausverhandelten - mit einem Hauptangebot anzubietenden Verträge - modifizieren und ergänzen kann, soweit der Inhalt des anzubietenden Leistungsvertrag gemäß Ziff. 4.2.4 nicht zu ihrem Nachteil von den Vertragseckpunkten abweicht. Ziff. 2.2 der Angebotsaufforderung vom 01.06.2007 enthielt weitere Vorgaben hinsichtlich des Inhaltes des anzubietenden Personalüberleitungsvertrags. Hiermit sind die inhaltlichen Anforderungen an Hauptangebote gelockert und Bedingungen speziell für Nebenangebote beschrieben worden.

Damit waren die Mindestanforderungen, die die Nebenangebote zu erfüllen hatten, hinreichend deutlich und bestimmt festgelegt: Danach konnten die Bieter, wenn sie die Anforderungen als unakzeptabel oder nicht kalkulierbar beurteilten, Nebenangebote abgeben, die neben einer detaillierten, präzisen und vollständigen Leistungsbeschreibung textlich vollständig ausformulierte und gekennzeichnete Änderungen zu den Verträgen und Vertragsanlagen enthalten sollten. Ebenso wie mit einem Hauptangebot waren mit dem Nebenangebot bestimmte Konzepte vorzulegen, die den inhaltlichen Vorgaben, wie sie unter Teil F der Vergabeunterlage für alle Angebote gefordert waren, genügten.

Im Hinblick auf die mit einem Nebenangebot anzubietenden Verträge galten im Vergleich zu einem Hauptangebot geringere Anforderungen: So musste der anzubietende Personalüberleitungsvertrag den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen bis zum 31.12.2017 enthalten. Der anzubietende Leistungsvertrag durfte die inhaltlichen Vorgaben der "Vertragseckpunkte - Leistungsvertrag" nicht zum Nachteil der Antragsgegnerin unterschreiten. Bei der darüber hinausgehenden Gestaltung der anzubietenden Verträge durften Nebenangebote aber Änderungen aufweisen. Damit sollte der Kreativität der Bieter bei der Erstellung von Nebenangeboten Raum gelassen werden. Dies wurde von der Beigeladenen in der Form genutzt, dass sie unter Abänderung des vorgesehenen Inhalts von § 4 des anzubietenden Anteilskauf- und Abtretungsvertrages keinen statischen, sondern einen dynamischen Kaufpreis anbot.

Damit hat die Antragsgegnerin sich abweichend von der Rechtsauffassung der Antragstellerin keineswegs auf die Angabe formaler Wertungsvoraussetzungen für Nebengebote beschränkt. Vielmehr hat sie im Hinblick auf die vorzulegenden Konzepte an Nebenangebote dieselben formalen und inhaltlichen Anforderungen gestellt wie an Hauptangebote sowie für die anzubietenden Verträge inhaltliche Mindeststandards vorgegeben.

Der Einwand der Antragstellerin, in inhaltlicher Hinsicht sei lediglich auf die Anforderungen für die Hauptangebote verwiesen worden, geht deshalb fehl. Die Antragsgegnerin hat für Nebenangebote ausdrücklich Änderungen in dem anzubietenden Vertragspaket zugelassen und damit die Anforderungen für Nebenangebote im Vergleich zu denen für Hauptangebote gelockert. Indem sie nur die Einhaltung bestimmter Mindeststandards vorgegeben hat, hat sie konkrete inhaltliche Mindestkriterien für Nebenangebote genannt, die sich maßgeblich von den an Hauptangebote gestellten Anforderungen unterschieden.

Insoweit ist nicht veranlasst, der Anregung der Antragstellerin in ihrem nachgelassenen Schriftsatz vom 31.10.2007 zu folgen und die Sache wegen Divergenz zu den Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landgerichts vom 22.06.2004 - Verg 13/04 - und des Oberlandesgerichts Koblenz vom 31.05.2006 - 1 Verg 3/06 - gemäß § 124 Abs. 2 GWB dem Bundesgerichtshof vorzulegen.

Eine Vorlagepflicht besteht nur bei Abweichungen von einer in der Hauptsache ergangenen (und nicht nur vorläufigen) Entscheidung des Bundesgerichtshofs oder eines anderen Oberlandesgerichts (vgl. Jaeger in Byok/Jaeger, § 124, Rdnr. 1244). Bei dem Beschluss des Bayerischen Obersten Landgerichts handelt es sich um eine Entscheidung über die Verlängerung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 118 Abs. 1 S. 3 GWB, die zu keiner Divergenzvorlage nötigt. Darüber hinaus unterscheidet sich der Streitfall maßgeblich von dem der zitierten Entscheidung zugrunde - liegenden Sachverhalt. Das Bayerische Oberste Landgericht hatte eine Fallkonstellation zu entscheiden, in der - im Unterschied zum Streitfall - weder in der Vergabebekanntmachung noch in den Verdingungsunterlagen inhaltliche Anforderungen an Nebenangebote formuliert, sondern solche nur zugelassen worden waren. Wegen des Fehlens inhaltlicher Anforderungen setzte sich das Bayerische Oberste Landgericht mit der Frage auseinander, ob die für Hauptangebote geltenden Anforderungen als Mindestanforderungen für Nebenangebote gewertet werden könnten. Es verneinte dies mit der Begründung, einer Gleichstellung der Mindestanforderungen für Nebenangebote mit den Anforderungen für Hauptangebote stehe bereits entgegen, dass es dann keine Nebenangebote, die dem Leistungsverzeichnis gerade nicht entsprächen, mehr geben könne.

Der Senat teilt die Auffassung der Antragstellerin nicht, wonach mit dieser Begründung auch im Streitfall Nebenangebote auszuschließen seien. Die Antragsgegnerin hat für Haupt- wie für Nebenangebote hinsichtlich der vorzulegenden Konzepte und Verträge die Einhaltung bestimmter Mindestvoraussetzungen verlangt. Insofern galten für den Teilbereich "Konzepte" identische Vorgaben, während bei der inhaltlichen Gestaltung der anzubietenden Verträge unterschiedliche Anforderungen gestellt worden waren. Die Entscheidung des Bayerischen Obersten Landgerichts befasst sich dagegen mit der Frage, ob bei Fehlen ausdrücklicher Mindestanforderungen für Nebenangebote diese dem Leistungsverzeichnis für Hauptangebote entnommen werden können, d.h. damit, ob die gesamten sich auf Hauptangebote beziehenden Anforderungen als die von einem Nebenangebot mindestens zu erfüllenden Anforderungen gewertet werden können.

Auch der Entscheidung des Oberlandesgerichts Koblenz lag ein sich vom Streitfall dadurch wesentlich unterscheidender Sachverhalt zugrunde, als die Vergabestelle sich auf die Beschreibung rein formaler Kriterien für die Zulassung von Nebenangeboten beschränkt hatte.

bb. Anders als von der Antragstellerin angenommen, steht der Wertbarkeit des Nebenangebots auch nicht entgegen, dass Wertungskriterien für Nebenangebote nicht oder zu spät bekannt gegeben worden sind. Nebenangebote sind grundsätzlich - sofern der öffentliche Auftraggeber nichts anderes angibt - anhand der in den Verdingungsunterlagen genannten und spätestens in der Angebotsaufforderung zu nennenden Zuschlagskriterien zu bewerten. Die Wertungsmatrix mit insgesamt sieben unterschiedlich gewichteten Wertungskriterien ist von der Antragsgegnerin mit der Angebotsaufforderung vom 04.04.2007, auf die die spätere Aufforderung vom 01.06.2997 ausdrücklich Bezug nimmt, bekannt gegeben worden. Darin hat die Antragsgegnerin zugleich ausdrücklich die Geltung dieser Wertungsmatrix auch für Nebenangebote angeordnet und mitgeteilt, dass im Hinblick auf das zweite mit 20 % in Ansatz gebrachte Wertungskriterium "Weisungs- und Kontrollrechte/Risiken und Sicherheiten" Änderungen durch Nebenangebote mit einer Gewichtung von 20 % und Hauptangebote mit vollen 20 % gewertet würden. Die Antragsgegnerin hat damit hinreichend deutlich und für den verständigen Bieter nachvollziehbar zum Ausdruck gebracht, dass über Nebenangebote angebotene Änderungen zu dem abzuschließenden Vertragspaket, die mit einem Verlust an Einflussmöglichkeiten und Sicherheiten für die Antragsgegnerin verbunden sind, bei dem mit 20 % gewichteten zweiten Wertungskriterium zu Abschlägen in der Wertung führen können.

Der Zeitpunkt der Bekanntgabe der Wertungskriterien begegnet ebenfalls keinen Bedenken. Wie sich aus dem Wortlaut der Regelungen in § 9 a VOL/A 2002 ergibt, ist der öffentliche Auftraggeber frei, ob er die vorgesehenen Zuschlagskriterien sowie deren Gewichtung schon in der Vergabebekanntmachung oder aber - spätestens - mit der Angebotsaufforderung in den Verdingungsunterlagen bekannt gibt.

cc. Das Nebenangebot der Beigeladenen entspricht den von der Antragsgegnerin vorgegebenen Mindestanforderungen.

(1) Das Nebenangebot ist so vollständig, detailliert und präzise beschrieben, dass es wie ein Hauptangebot geprüft und bewertet werden kann. Die Änderungen zu den Verträgen sind textlich vollständig ausformuliert und gekennzeichnet.

Abweichend von der Auffassung der Vergabekammer kann ein Ausschluss des Angebotes der Beigeladenen auch nicht auf eine Abweichung von den "Eckpunkten" der Leistungsvereinbarung gestützt werden.

Eine ausdrückliche Übernahme der rein deklaratorischen Regelung aus § 1 Abs. 1 a) der Eckpunkte (gesetzliche Bestimmungen als Leistungsgrundlage) ist überflüssig, da selbstverständlich. Unerheblich ist auch, dass die unter § 3 Abs. 1 beschriebene Pflicht zur vertrauensvollen Zusammenarbeit unerwähnt bleibt. Hierbei handelt es sich um eine jedem Vertrag immanente Nebenpflicht. Zudem enthält auch die von der Beigeladenen in ihrem Leistungsvertrag vorgesehene Loyalitätsklausel (§ 8) eine Verpflichtung zur vertrauensvollen Zusammenarbeit.

Auch § 4 Abs. 2 des von der Beigeladenen angebotenen Leistungsvertrages weicht nicht zum Nachteil der Antragsgegnerin von den Vertragseckpunkten ab. Die Vertragsbestimmung sieht das Recht der Beigeladenen vor, Subunternehmer einzusetzen und wiederholt damit nahezu wörtlich die Formulierung in § 4 Abs. 2 der Vertragseckpunkte, wonach der strategische Partner das Recht haben soll, sich der Hilfe Dritter zu bedienen. Der von der Vergabekammer vermisste Vorbehalt eines Subunternehmereinsatzes zugunsten der Antragsgegnerin ergäbe auch keinen Sinn, da allein ihr Auftragnehmer zur Leistungserbringung gegenüber der Antragsgegnerin verpflichtet werden soll.

Soweit der von der Beigeladenen angebotene Leistungsvertrag anders als § 6 Abs. 4 der Eckpunkte keine Abbedingung des § 640 Abs. 2 BGB enthält, handelt es sich zwar um eine für die Antragsgegnerin nachteilige inhaltliche Abweichung im Leistungsvertrag, die gemäß Ziffer 4.2.4 der Angebotaufforderung vom 01.06.2007 auch für Nebenangebote ausgeschlossen ist. Insoweit ist aber davon auszugehen, dass die Antragsgegnerin von ihrem in Teil F, S. 59 der Vergabeunterlage eingeräumten Recht, inhaltliche Anforderungen zurückzunehmen, Gebrauch gemacht hat, indem sie auf die Einhaltung dieser Vorgabe stillschweigend verzichtet hat. Aus dem Vergabevermerk ergibt sich insoweit, dass die Antragsgegnerin in dem angebotenen Leistungsvertrag keine für sie nachteilige Abweichung von den Vertragseckpunkten angenommen hat.

Dass der öffentliche Auftraggeber sich die Möglichkeit vorbehält, von Anforderungen Abstand zu nehmen, die im Verlauf des Verfahrens als überflüssig oder zu weitgehend erkannt werden, begegnet keinen grundsätzlichen Bedenken, da es sich hierbei um eine Erleichterung zugunsten der Bieter handelt. Allerdings muss eine solche Änderung der an die Angebote gerichteten Anforderungen transparent und diskriminierungsfrei erfolgen. Diesem Erfordernis hat die Antragsgegnerin nicht genügt, da sie ihre Entscheidung, auf die Einhaltung dieses Vertragseckpunktes zu verzichten, den Bietern nicht bekannt gegeben hat.

Durch den Verstoß gegen das Transparenz- und Gleichbehandlungsgebot ist die Antragstellerin aber nicht in ihren Rechten verletzt worden. Es ist davon auszugehen, dass auch bei Bekanntgabe des Verzichts die Antragstellerin allenfalls von der Aufnahme der Regelung des § 6 Abs. 4 der Eckpunkte in den von ihr angebotenen Leistungsvertrag abgesehen hätte, dieser Umstand aber den darüber hinausgehenden Inhalt des Angebots und damit auch die Angebotswertung nicht beeinflusst hätte. Zwar hat die Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung und in dem nachgelassenen Schriftsatz vom 31.10.2007 geltend gemacht, die Umsetzung der Regelung unter § 6 Abs. 4 der Eckpunkte sei kalkulationsrelevant gewesen. Diese Behauptung hat sie aber nicht durch die Angabe einer Größenordnung, in der sich das Angebot durch den Verzicht auf diese Klausel verändert hätte, in nachvollziehbarer Weise substantiiert.

Es ist auch nicht ersichtlich, dass und inwieweit der Wegfall dieser Regelung die sonstigen Bestandteile des Angebots hätte beeinflussen können. In § 6 Abs. 4 der Vertragseckpunkte war durch die Abbedingung des § 640 Abs. 2 BGB, wonach die Abnahme eines erkennbar mangelhaften Werkes zum Gewährleistungsausschluss führt, nur eine geringfügige Ausweitung der gesetzlichen Gewährleistungsrechte vorgesehen. Eine Ausdehnung der Gewährleistungsansprüche nach Art oder Höhe war damit nicht verbunden, so dass die Übernahme der Regelung in den angebotenen Leistungsvertrag keine namhaft höheren Risikoaufschläge erforderlich machte.

Damit übereinstimmend haben auch die Antragsgegnerin und die Beigeladene einer Anwendung von § 640 Abs. 2 BGB bei künftigen Werkverträgen ein nur marginales Zusatzrisiko zugesprochen. Ihrem unbestrittenen Vertrag zufolge spielen Werkverträge in der späteren Zusammenarbeit eine nur untergeordnete Rolle. Dafür spricht nicht zuletzt ebenso der Umstand, dass unter zutreffender Anwendung der Regeln über die Behandlung typengemischter Aufträge ein Dienstleistungsauftrag ausgeschrieben worden ist.

Der Senat hat keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung. Auch hatte die Antragstellerin sowohl in der mündlichen Verhandlung als auch durch den Schriftsatznachlass ausreichend Gelegenheit, sich zu der entscheidungsrelevanten Frage, ob und inwieweit der Vergaberechtsverstoß Auswirkungen auf ihr Angebot hatte, zu äußern.

(2) Die Antragsgegnerin durfte den von der Beigeladenen angebotenen Kaufpreis werten. Sie hat ihr Wertungsermessen vertretbar ausgeübt.

Der Wertbarkeit des Nebenangebots steht nicht entgegen, dass die Beigeladene einen dynamischen, mehrstufig nach Eintritt ungewisser Bedingungen fällig werdenden Kaufpreis angeboten hat. Abweichend von der Auffassung der Vergabekammer ergibt sich nicht bereits aus der Bewertungsmatrix, wonach der Kaufpreis mit einem Anteil von 40 % in die Wertung eingehen soll, dass die Angabe eines unbedingten Gesamtkaufpreises gefordert war. Durch die Zulassung von Nebenangeboten war den Bietern die Möglichkeit einer dynamischen Kaufpreisgestaltung eingeräumt worden, denn die Mindestkriterien sahen bestimmte Zahlungsmodalitäten gerade nicht vor. Der auf den Kaufpreis entfallende Wertungsanteil von 40 % verdeutlicht lediglich die in Ziff. 5.1 der Anlagen zur Angebotsaufforderung nochmals erläuterte Bedeutung dieses Kriteriums für die Zuschlagsentscheidung. Daraus folgt aber nicht, dass die Wertbarkeit der Angebote der Angebote von einer bestimmten Kaufpreisgestaltung abhängig war. Allerdings barg das Angebot eines nicht sofort fälligen Gesamtkaufpreises das Risiko eines erheblichen Punktabzuges bei der Bewertung.

Die Staffelung des Kaufpreises entzog das Nebenangebot der Beigeladenen ebenso wenig einem Vergleich mit dem Angebot der Antragstellerin. Ausweislich des Angebots war die Beigeladene bereit, 3 Mio. € zu Vertragsbeginn zu zahlen, weitere Beträge sollen erst bei Inbetriebnahme des Containerterminals, des KLV-Bahnhofs und des Multi-Purpose-Terminal fällig werden. Damit hat die Beigeladene in hinreichend bestimmter Form erklärt, dass die Antragsgegnerin einen Betrag in Höhe von 3 Mio € sicher vereinnahmen sollte. Dieser Anteil des dynamischen Kaufpreises war ohne weiteres vergleichbar mit dem von der Antragstellerin angebotenen statischen Kaufpreis und ist bei der Wertung dazu auch in Beziehung gesetzt worden.

Bei ihrer Bewertung ist die Antragsgegnerin zu Recht davon ausgegangen, dass als Kaufpreis nur die erste Rate (3 Mio €) des angebotenen Gesamtkaufpreises Berücksichtigung finden könne, wobei wegen zusätzlicher von der Antragsgegnerin zu tragender Lasten bei der Gewerbesteuer insgesamt nur ein Kaufpreisbetrag in Höhe von 2.766.990,00 € in Ansatz gebracht worden ist. Die unter Bedingungen stehenden Geldleistungen der Beigeladenen sind bei der Kaufpreisbewertung außer Ansatz geblieben. Sie sind - mindestens vertretbar - unter dem Gesichtspunkt ungewisser Erträge berücksichtigt und bewertet worden.

Auch wenn in der Wertungssystematik bedingte einseitige Zahlungen des Bieters als Ausgleich für eine gestiegene Werthaltigkeit des Kommanditanteils nicht ausdrücklich vorgesehen gewesen sind, ist die von der Antragsgegnerin vorgenommene Berücksichtigung der zukünftigen ungewissen Kaufpreisraten im Rahmen des Barwertsaldos der zu erwartenden Gewinne und Verluste nicht willkürlich, sondern rechtfertigt sich aus allgemeinen Bewertungsmaßstäben. Unter den Barwertsaldo fielen die Erträge der Antragsgegnerin aus der Beteiligung an der Hafen K. KG, d.h. die auf sie entfallenden Gewinn- und Verlustanteile. Die von der Beigeladenen angebotenen ungewissen Kaufpreisanteile sind mit den ebenso ungewissen erwarteten Gewinnen und Verlusten, wie sie die Antragstellerin angeboten hat, unmittelbar vergleichbar.

Entgegen der in der mündlichen Verhandlung zum Ausdruck gebrachten Rechtsaufassung der Antragstellerin war die Antragsgegnerin weder unter dem Gesichtspunkt des Transparenz- noch des Gleichbehandlungsgebots zu einer Bekanntgabe des Nebenangebots der Beigeladenen und ihrer Bewertungsabsicht verpflichtet. Dies ist vergaberechtlich nicht geboten. Nach der Rechtsprechung des EuGH (s.o.) hat der öffentliche Auftraggeber nur die für Nebenangebote geltenden Mindestanforderungen anzugeben. Alles andere widerspricht auch dem Zweck einer Zulassung von Nebenangeboten. Dadurch soll sich die Kreativität der Bieter entfalten können und sie sollen in einem möglichen Wettbewerb der Ideen dem öffentlichen Auftraggeber Varianten und Lösungsmöglichkeiten vorschlagen, die dieser bislang noch nicht bedacht und berücksichtigt hat.

Indem die Antragsgegnerin die Mindestkriterien für Nebenangebote festgelegt hat, hat die Antragstellerin dieselbe Chance und Möglichkeit wie die Beigeladene gehabt, mit einem Nebenangebot von der für Hauptangebote vorgesehenen statischen Kaufpreiszahlung abzuweichen. Sie hatte dagegen keinen Anspruch darauf, durch Bekanntgabe der von der Beigeladenen entwickelten Lösung zur Kaufpreisgestaltung gleichfalls in die Lage versetzt zu werden, eine solche Variante anbieten zu können.

Da das Nebenangebot der Beigeladenen gewertet werden durfte und beurteilungs- und ermessensfehlerfrei gewertet worden ist, ist die sofortige Beschwerde zulässig und unbegründet. Infolgedessen ist die Anschlussbeschwerde der Antragstellerin unabhängig davon unbegründet, ob ihr Angebot einem Ausschluss unterliegt.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 128 Abs. 3 S. 1, Abs. 4 S. 2 GWB und § 91 ZPO (analog). Die Festsetzung des Gegenstandswertes für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 50 Abs. 2 GKG i.V.m. § 3 Abs. 6 VgV analog.

Ende der Entscheidung

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