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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 06.02.2008
Aktenzeichen: VII-Verg 37/07
Rechtsgebiete: VgV, BGB, GWB


Vorschriften:

VgV § 6 Abs. 1 S. 2
VgV § 13
VgV § 13 S. 1
VgV § 13 S. 6
BGB § 125 S. 1
BGB § 138
BGB § 311 Abs. 1
BGB § 311 Abs. 1 S. 1
BGB § 631
GWB § 98 Nr. 1
GWB § 99 Abs. 1
GWB § 99 Abs. 3
GWB § 99 Abs. 6 S. 2
GWB § 124 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortigen Beschwerden der Antragsgegnerin und der Beigeladenen gegen den Beschluss der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Münster vom 26. September 2007 (VK 17/07) werden unter Aufhebung dieses Beschlusses zurückgewiesen.

Der Antragsgegnerin wird untersagt, auf der Grundlage des bisherigen Verfahrens bei der Veräußerung der Grundstücke des Kirmesplatzes und des Hallenbades in O... einen Zuschlag zu erteilen und einen Vertrag abzuschließen.

Die zwischen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen abgeschlossenen notariellen Verträge vom 29.3.2007 und 4.9.2007 sind unwirksam.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden je zur Hälfte der Antragsgegnerin und der Beigeladenen auferlegt.

Streitwert für das Beschwerdeverfahren: bis 900.000 Euro

Gründe:

I. Die Antragsgegnerin beschloss im Jahr 2005, auf dem Kirmesplatz und dem Grundstück des nicht mehr genutzten Hallenbades in O..., zusammen auf einer Fläche von etwa 20.000 qm im nicht beplanten Innenbereich, zur Stärkung der Innenstadtlage ein Einzelhandels- und Dienstleistungszentrum errichten zu lassen und die Grundstücke zu diesem Zweck an einen Investor zu veräußern, der das Bauwerk nach der Errichtung verwerten soll. Nach gutachtlicher Beratung durch ein Rechtsanwaltsbüro ließ die Antragsgegnerin Ende August 2005 in Tageszeitungen ein "Grundstücksangebot" mit dem Hinweis darauf veröffentlichen, die Veräußerung erfolge "zum Zwecke der Bebauung mit einem Einzelhandelszentrum und anderen innenstadtrelevanten Nutzungen. ... Weiterhin wird vom Erwerber erwartet, dass er die Verlängerung eines Rad- und Fußweges ... auf eigene Kosten an das Einzelhandelszentrum anbindet und die auf der gegenüberliegenden Seite ... liegende Zechenbrache über eine zu errichtende Brücke erschließt."

Zuvor hatte die Antragsgegnerin u.a. die auf dem Gebiet der Projektentwicklung tätige Beigeladene schriftlich von ihrem Vorhaben informiert. Sieben Unternehmen, die ein Interesse am Erwerb bekundeten, setzte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 6.9.2005 zur Vorlage eines in einer Ratssitzung am 15.9.2005 zu erläuternden ersten Bauentwurfs eine Frist bis zum 14.9.2005. Einigen Interessenten gegenüber verlängerte die Antragsgegnerin die Frist und forderte zusätzlich die Vorlage eines Nutzungs- und Betreiberkonzepts an. Ein weiteres Unternehmen, das sein Interesse anmeldete, beschied sie Ende September 2005, die Vorauswahl unter möglichen Investoren sei so weit fortgeschritten, dass eine weitere Bewerbung nicht mehr in Frage komme. In der Sitzung vom 1.12.2005, zwei Interessenten hatten ihre Bewerbungen inzwischen zurückgezogen, beschloss der Rat der Antragsgegnerin:

"Die Verwaltung wird beauftragt, mit der St.-Group (Bem.: der Beigeladenen) konkrete Verhandlungen mit dem Ziel des Abschlusses eines Kaufvertrages über das Gelände des Kirmesplatzes und des Hallenbades zu führen, in dem auch die städtebaulichen Vorstellungen der Stadt und die Nutzung festgeschrieben werden."

Im Jahr 2006 verhandelten die Antragsgegnerin und die Beigeladene über einen Vertrag. Im Februar 2007 hielt die Antragsgegnerin eine öffentliche Informationsveranstaltung über die Umgestaltungspläne ab. Mit am 28.3.2007 eingegangenem Schreiben gaben die T... B.V. und die S... GbR, die auf einem Nachbargrundstück ein Einkaufszentrum betreibt, ein Kaufangebot zu einem Preis ab, der den von der Beigeladenen angebotenen Kaufpreis übertraf.

Am 29.3.2007 schloss die Antragsgegnerin mit der Beigeladenen einen notariell beurkundeten Kaufvertrag, der bestimmte Verpflichtungen der Beigeladenen regelte und in einer Präambel aussagte:

"Der im nachfolgenden § 1 näher bezeichnete Grundbesitz wurde bisher als Kirmesplatz genutzt. Darüber hinaus steht auf Teilen des zu verkaufenden Grundbesitzes das ehemalige Hallenbad ..., welches sich inzwischen in abbruchreifem Zustand befindet. Zur Beseitigung dieses städtebaulichen Missstandes und zur Steigerung der innerstädtischen Attraktivität soll das ehemalige Hallenbad abgerissen und das Gesamtgrundstück mit Baulichkeiten für Einzelhandel nebst den dazugehörigen Parkflächen bebaut werden. Hierzu hat der Käufer ein Einzelhandelsgutachten und die Stadt ein Verkehrsgutachten in Auftrag gegeben. Der Käufer sichert der Stadt zu, bei der geplanten Errichtung und Nutzung des Einzelhandelszentrums die in den Gutachten niedergelegten Schwerpunkte und Empfehlungen zu beachten."

Die Auflassung wurde im Vertrag nicht erklärt.

Im Juni 2007 stellte die Antragstellerin, die sich gewerblich u.a. bei Projektentwicklungen betätigt, ohne vorherige Rüge einen Nachprüfungsantrag mit den Anträgen, die Nichtigkeit des notariellen Kaufvertrages vom 29.3.2007 in der Fassung der Änderung vom 4.9.2007 festzustellen und der Antragsgegnerin aufzugeben, das Bauvorhaben nach Maßgabe des vierten Teils des GWB auszuschreiben.

Unter dem 4.9.2007 ließen die Antragsgegnerin und die Beigeladene einen "Änderungsvertrag" zum Kaufvertrag vom 29.3.2007 notariell beurkunden, mit dem sie möglicherweise auf Bauverpflichtungen hindeutende Bestandteile aus dem Kaufvertrag entfernten und die Präambel wie folgt neu fassten:

"Der Käufer beabsichtigt, auf dem Grundbesitz ein innerstädtisches Einzelhandelszentrum nebst dazugehörigen Parkplatzflächen zu errichten."

Dem waren ein Ratsbeschluss und die Beschlussvorlage der Verwaltung der Antragsgegnerin vom 27.8.2007 mit der Anregung vorausgegangen, wonach

"Ansatzpunkte für eine mögliche rechtliche Beanstandung des Kaufvertrages mit der St.-Group (Bem.: Beigeladene) vor dem Nachprüfungstermin durch die Vergabekammer ... vorsorglich auszuräumen"

sein sollten.

Die Antragstellerin hat geltend gemacht, die Entwicklungs- und Baukosten bei einer Realisierung des Vorhabens der Antragsgegnerin betrügen mehr als 20 Mio Euro. Sie, die Antragstellerin, sei an dem Vorhaben interessiert, habe davon jedoch erst kurze Zeit vor Einleitung des Nachprüfungsverfahrens Kenntnis erhalten. In der Sache betreibe die Antragsgegnerin unter Umgehung des Vergaberechts eine De-facto-Vergabe. Der notarielle Vertrag vom 29.3.2007 sei nach § 13 VgV und § 138 BGB (in diesem Fall wegen Sittenwidrigkeit) nichtig.

Die Antragsgegnerin hat die Voraussetzungen eines öffentlichen Bauauftrags in Abrede gestellt. Sie hat darauf verwiesen, zwischen ihr und der Beigeladenen sollten durch den notariellen Kaufvertrag in der Fassung des Änderungsvertrages vom 4.9.2007 keinerlei Bauverpflichtungen entstehen. Die bloße Grundstücksveräußerung unterliege nicht dem Vergaberecht.

Die Vergabekammer hat dem Nachprüfungsantrag stattgegeben. Sie hat die Nichtigkeit des notariellen Vertrages vom 29.3.2007 in der Fassung des Änderungsvertrages vom 4.9.2007 festgestellt und die Antragsgegnerin, soweit das Beschaffungsinteresse fortbestehe, verpflichtet, den Verkauf der Grundstücke auszuschreiben. Die Vergabekammer hat einen öffentlichen Bauvertrag nach der dritten Variante von § 99 Abs. 3 GWB in der Form einer Baukonzession angenommen und hat dies damit begründet, die Antragsgegnerin habe die Beigeladene bei der Realisierung des geplanten Einzelhandels- und Dienstleistungszentrums nach Maßgabe einer Zusammenschau aller Tatsachenumstände im Sinn einer rechtlichen Verpflichtung an die Einhaltung von ihr, der Antragsgegnerin, genannter und durch das Interesse an einer städtebaulichen Entwicklung motivierter Erfordernisse gebunden. Der Kaufvertrag vom 29.3.2007 sei nach § 138 BGB nichtig, da sich die Antragsgegnerin im Zusammenwirken mit der Beigeladenen mutwillig der durch das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 18.1.2007 (Rs. C-220/05, Jean Auroux ./. Commune de Roanne) nahe gelegten Erkenntnis verschlossen habe, dass dafür eine europaweite Ausschreibung erforderlich sei. Ein Beschaffungszweck der Antragsgegnerin im engeren Sinn sei nicht notwendig. Die Antragsgegnerin habe in den Verträgen jedenfalls ein (mittelbares) Interesse an einer geordneten städtebaulichen Entwicklung der Grundstücke zum Ausdruck gebracht. Einer Rüge der Antragstellerin habe es vor Anbringung des Nachprüfungsantrags nicht bedurft. In der Sache habe die Antragsgegnerin bei der Beauftragung der Beigeladenen gegen Vergabevorschriften, insbesondere gegen zwingende Gebote der Gleichbehandlung und Transparenz verstoßen.

Die Antragsgegnerin und die Beigeladene haben gegen die Entscheidung der Vergabekammer sofortige Beschwerde eingelegt. Sie machen im Wesentlichen geltend:

Durch den notariellen Kaufvertrag in der Fassung des Änderungsvertrages vom 4.9.2007 sei der Beigeladenen kein Bauauftrag erteilt worden. Die Beigeladene sei eine dafür als notwendig vorauszusetzende Realisierungsverpflichtung nicht eingegangen, sondern habe allenfalls eine Obliegenheit zur Bebauung und zur Durchführung sonstiger Maßnahmen übernommen. Eine Baukonzession sei zu verneinen, weil das Recht zur Nutzung der Grundstücke auf der Eigentumsübertragung beruhe. Die geschlossenen Verträge seien unter keinen in Betracht zu ziehenden rechtlichen Gesichtspunkten nichtig. Überdies regen die Antragsgegnerin und die Beigeladene eine Vorlage der Sache an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) und/oder an den Bundesgerichtshof an (GA 315 ff., 328 f., 353, 365 ff.).

Die Antragsgegnerin und die Beigeladene beantragen,

den Beschluss der Vergabekammer aufzuheben und den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt,

die sofortigen Beschwerden zurückzuweisen.

Daneben bringt sie Hilfsanträge und Anregungen an, wegen der auf die Beschwerdeerwiderung vom 12.11.2007 verwiesen wird (GA 125 f.). Die Antragstellerin verteidigt die angefochtene Entscheidung und tritt den Beschwerdeangriffen entgegen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen, auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses sowie auf die zu Informationszwecken beigezogenen Vergabeakten, insbesondere auf die notariellen Verträge vom 29.3.2007 und 4.9.2007 und auf die Ratsvorlage vom 27.8.2007 sowie auf das im Auftrag der Antragsgegnerin erstellte anwaltliche Rechtsgutachten vom August 2005 (Anlagen AG 18 und 19) Bezug genommen.

II. Die sofortigen Beschwerden sind unbegründet.

1. Der Nachprüfungsantrag ist statthaft und zulässig.

a) Die Antragsgegnerin ist als Gebietskörperschaft öffentlicher Auftraggeber nach § 98 Nr. 1 GWB. Die mit der Beigeladenen abgeschlossenen notariellen Kaufverträge haben Bauleistungen i.S. der zweiten und dritten Variante des § 99 Abs. 3 GWB zum Gegenstand. Der Beigeladenen ist ein öffentlicher Bauauftrag in der Form einer Baukonzession erteilt worden (§§ 32, 32 a VOB/A).

aa) Nach der zweiten Variante des § 99 Abs. 3 GWB ist ein Bauauftrag ein Vertrag (Auftrag) über die Ausführung oder die gleichzeitige Planung und Ausführung eines Bauwerks, das Ergebnis von Tief- oder Hochbauarbeiten ist und eine wirtschaftliche oder technische Funktion erfüllen soll. Ob der Begriff des Bauauftrags nach dieser Variante unter dem Gebot einer autonomen und in allen Mitgliedstaaten einheitlichen Auslegung sowie effektiven Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts (vgl. EuGH, Urt. v. 16.10.2003 - C-283/00, Siepsa Tz. 79, NZBau 2004, 223; Urt. v. 27.2.2003 - C-373/00, Adolf Truley Tz. 35, NZBau 2003, 287) und einer mit der Vergabekoordinierungsrichtlinie 2004/18/EG vom 31.3.2004 konformen Auslegung auf Seiten des Auftragnehmers die Eingehung einer - im Rechtssinn - verbindlichen Bau- oder Realisierungsverpflichtung erfordert, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung. Der Senat würde diese Rechtsfrage, sofern es darauf ankommt, auch nicht selbst entscheiden, sondern sie zum Gegenstand eines Vorabentscheidungsersuchens an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) machen. In diesem Zusammenhang soll lediglich die Aufmerksamkeit darauf gelenkt werden, dass der deutschsprachige Wortlaut der Begriffsbestimmung eines öffentlichen Bauauftrags in Art. 1 Abs. 2 b der Vergabekoordinierungsrichtlinie 2004/18/EG keinen Hinweis darauf enthält, der Auftragnehmer müsse durch einen Bauauftrag zur Erbringung von Bauleistungen rechtlich verpflichtet werden. Auch die englische und die französische Fassung der Richtlinie sprechen nicht von einer solchen Verpflichtung, sondern nur davon, dass öffentliche Bauaufträge Bauleistungen zum Gegenstand haben (ŽPublic works contractsŽ are public contracts having as their object ...; Les «marchés publics» de travaux sont des marchés publics ayant pour objet ...). Keinesfalls kann einer Beantwortung dieser Frage allein das nationale Rechtsverständnis zugrunde gelegt werden (vgl. EuGH, Urt. v. 18.1.2007 - C-220/05, Auroux ./. Commune de Roanne Tz. 40, NZBau 2007, 185 = VergabeR 2007, 183), wonach sich der Auftragnehmer durch den Abschluss eines Bauvertrages i.S. des § 631 BGB selbstverständlich zur Herstellung des versprochenen Bauwerks verpflichtet. Die dadurch aufgeworfene Frage kann im Streitfall indes offen bleiben, da die Beigeladene mit dem käuflichen Erwerb des genannten Grundbesitzes nach dem Willen beider Vertragsschließenden im Rechtssinn die Verpflichtung eingegangen ist, den Kirmesplatz und das Hallenbadgrundstück mit einem Einzelhandels- und Dienstleistungszentrum nebst Parkplätzen zu bebauen. Das ergibt sich aus der am Vertragswillen zu orientierenden Auslegung der notariellen Verträge, in die den Vertragsparteien bekannte oder erkennbare Begleitumstände einzubeziehen sind (§§ 133, 157 BGB; vgl. BGH NJW-RR 2000, 1002, 1003).

(1.) Der notarielle Vertrag vom 29.3.2007 enthält bereits in der Präambel Hinweise darauf, dass die Beigeladene einer rechtlichen Verpflichtung unterliegen sollte, die Bebauungsplanung der Antragsgegnerin auch zu realisieren. Die Präambel des Vertrages gibt einen authentischen Aufschluss über die Willenslage und die Vorstellungen der Vertragsparteien. Ihr Inhalt ist zur Auslegung des Vertrages heranzuziehen. Die Präambel streicht die als hoch eingeschätzte Bedeutung des Vorhabens für die städtische Entwicklung heraus und legt schon deswegen die Annahme nahe, dass der Investor zu seiner Verwirklichung rechtlich verpflichtet werden sollte. Es soll durch das Bauvorhaben ein als solcher empfundener städtebaulicher Missstand im Stadtgebiet behoben und die Attraktivität der Innenstadt verbessert werden. Dies soll, und insofern waren alle wesentlichen Bauleistungen bereits in der Präambel angesprochen, durch den Abriss des Hallenbades, die Errichtung von Gebäuden für den Einzelhandel (und Dienstleistungen) und durch Anlegung von Parkplätzen auf dem Kirmesplatz und dem Hallenbadgrundstück erreicht werden. Das Vorhaben beruht, so auch das von der Antragsgegnerin als Anlagen AG 18 und 19 vorgelegte Gutachten der beauftragten Rechtsanwaltssozietät, auf einer entsprechenden Beschlusslage des Stadtrats, wonach sich das Bauvorhaben ferner in eine grüne, touristische Achse einfügen und die Einheit eines regionalen Rad- und Wanderwegenetzes wahren soll (Gutachten S. 2). Das Gutachten fasst zusammen (S. 5, 6), eine Verpflichtung zur Erbringung von Bauleistungen könne "nicht gänzlich unbeachtet bleiben". Denn es komme der Antragsgegnerin auch darauf an, dass eben die "mit dem zu veräußernden Grundstück zusammenhängenden und noch erforderlichen Bauleistungen durchgeführt werden". Auch die beauftragten Rechtsanwälte haben folglich klar erkannt, dass die Antragsgegnerin einem Auftragnehmer Bauverpflichtungen auferlegen wollte. So wie mit ihr verhandelt worden ist, hat der Senat keinen Zweifel daran, dass die Beigeladene über die auf Seiten der Antragsgegnerin bestehende Motivlage und die Absichten vollständig informiert war und sie sich diese zu Eigen gemacht hat. Schon die Präambel des Vertrages vom 29.3.2007 legt nahe, dass den Planungen der Antragsgegnerin und deren erkannter Bedeutung auf Seiten des Auftragnehmers eine Realisierungsverpflichtung entsprechen sollte.

Daneben enthält der Vertrag vom 29.3.2007 ausdrücklich einzelne Leistungsverpflichtungen der Beigeladenen, nämlich eine Bindung an die im Einzelhandels- und Verkehrsgutachten genannten Schwerpunkte und Empfehlungen (dies schon in der Präambel) sowie die Verpflichtung, der Antragsgegnerin binnen acht Wochen nach Abschluss des Vertrages bestimmte Konzeptionspläne vorzulegen (§ 7 Nr. 1 c des Vertrages), außerdem ein Rücktrittsrecht der Antragsgegnerin, falls die Acht-Wochen-Frist überschritten werden sollte (§ 8 Nr. 4 des Vertrages). Daran zeigt sich, dass es der Antragsgegnerin bei Abschluss des Vertrages mit einer Durchführung des Vorhabens und dessen alsbaldiger Inangriffnahme ernst war.

§ 11 des Vertrages nennt überdies explizit einzelne Bauverpflichtungen der Beigeladenen, die die Einbindung des Vorhabens in die Eigenart der näheren Umgebung betreffen (Rad- und Fußwege, Überquerungshilfe, Umgestaltung eines Randstreifens und einer Straßeneinmündung). § 13 des Vertrages sichert der Antragsgegnerin weiter eine Einflussmöglichkeit ("nur in Übereinstimmung mit der Stadt") bei der Gestaltung der Außenfassaden des "von dem Käufer zu erstellende(n) Einkaufszentrum(s)" zu, um "dafür zu sorgen, dass sich das Einkaufszentrum optisch in das Stadtbild einfügt". An dieser Stelle findet sich zudem eine Formulierung (das von dem Käufer "zu erstellende" Einkaufszentrum), die unverhüllt deutlich macht, dass keineswegs nur daran gedacht war, der Beigeladenen im Sinn einer bloßen Obliegenheit die Entscheidung darüber zu überlassen, ob das geplante Einzelhandels- und Dienstleistungszentrum verwirklicht würde oder nicht.

Darüber hinaus hat sich die Antragsgegnerin in § 14 des Vertrages vom 29.3.2007 ein Wiederkaufsrecht u.a. für die Fälle vorbehalten, dass die Beigeladene einen Antrag auf Baugenehmigung nicht fristgerecht (innerhalb von 12 Monaten nach Vertragsschluss) einreicht, dass sie nicht rechtzeitig mit der Errichtung des Einkaufszentrums beginnt, die Bebauung nicht innerhalb von drei Jahren nach Baubeginn vollendet oder sie den Grundbesitz "vor Abschluss der ... geplanten vollständigen Bebauung einschließlich Herstellung der Außenanlagen und Erfüllung der sonstigen vertraglich übernommenen Verpflichtungen ohne Zustimmung der Stadt ganz oder teilweise an einen Dritten veräußert". Auch hier lässt die Ausdrucksweise des Vertrages ("sonstige" vertraglich übernommene Verpflichtungen) darauf schließen, dass die Beigeladene vertraglich nicht nur zu sonstigen Leistungen, sondern auch zu einer Bebauung nach Maßgabe der Vorstellungen der Antragsgegnerin verpflichtet sein sollte. Dies geht auch aus dem Zweck des Vertrages hervor. Die Antragsgegnerin war bestrebt, die städtebauliche Erscheinung ihrer Innenstadt aufzuwerten und deren Attraktivität für die Verbraucher sowie Handels- und Dienstleistungsunternehmen zu steigern. Sie legte erklärtermaßen hohen Wert auf eine baldige Inangriffnahme, eine zügige Durchführung und einen fristgerechten Abschluss der Umgestaltungsmaßnahmen. Dies war naheliegend und am besten durch die vertragliche Abrede einer Bauverpflichtung der Beigeladenen zu erreichen. Der dahingehende und von der Beigeladenen erkannte und geteilte Wille der Antragsgegnerin spiegelt sich in den vorstehend behandelten Vertragsbestimmungen und in den Begleitumständen wider. Aufgrund dessen ist festzustellen, dass die Beigeladene kraft des Vertrages vom 29.3.2007 zur Realisierung des Bauvorhabens verpflichtet sein sollte.

Die Tatsache, dass die Vertragsparteien darauf verzichtet haben, eine Durchführungsverpflichtung der Beigeladenen oder - für den Fall einer Nichterfüllung - einen Anspruch der Antragsgegnerin auf Schadensersatz ausdrücklich in den Vertrag aufzunehmen, steht der Annahme einer Bauverpflichtung der Beigeladenen nicht entgegen. Derartige Ansprüche ergeben sich schon aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (vgl. §§ 631 Abs. 1, 280, 281 BGB). Sie sind bei Bauprojekten der vorliegenden Größenordnung gegenüber einem leistungsunwilligen Vertragspartner überdies praktisch kaum sinnvoll durchzusetzen. Auch eine Schadensermittlung ist auf Seiten des Auftraggebers sehr schwierig. Darum mag, zumal die Antragsgegnerin und die Beigeladene dafür keine andere Erklärung gegeben haben, von entsprechenden Regelungen im Vertrag abgesehen worden sein. Aus Sicht der Antragsgegnerin konnte die Verabredung eines Rücktrittsrechts (§ 8) und eines Wiederkaufrechts (§ 14) zur Absicherung der Verpflichtung der Beigeladenen sowie als Druckmittel völlig genügen.

(2.) In der Sache ist der Beigeladenen die Planung und Ausführung eines Bauwerks übertragen worden, das Ergebnis von Tief- und Hochbauarbeiten ist und eine wirtschaftliche Funktion erfüllen soll. Das Handels- und Dienstleistungszentrum soll wirtschaftlichen Tätigkeiten offen stehen und die städtische Infrastruktur stärken. Außerdem soll dadurch eine Verbesserung des Innenstadtbildes bewirkt werden. Eine noch weitgehende Unbestimmtheit der Leistungsverpflichtungen der Beigeladenen ist für die Annahme eines Bauauftrags unschädlich. Es kommt nur darauf an, dass die Vertragsbeteiligten am Ende eine hinreichend genaue Beschreibung und Konkretisierung der Bauleistungen verabreden wollen (vgl. Senat, Beschl. v. 13.6.2007 - VII-Verg 2/07, VergabeR 2007, 634, 638). Daran ist im Streitfall nicht zu zweifeln.

Gegen eine Bewertung des Vertrages als Bauauftrag spricht nicht, dass die Antragsgegnerin die von dem Vorhaben betroffenen Grundstücke vollständig an die Beigeladene veräußern will, davon nach Fertigstellung der Baumaßnahmen nichts auf sie zurückübertragen werden, sondern die Beigeladene das Bauwerk nutzen soll und es mithin an der körperlichen Beschaffung eines Ergebnisses von Bauleistungen durch die Antragsgegnerin fehlt. Die Annahme eines öffentlichen Bauauftrags ist nicht davon abhängig zu machen, dass der öffentliche Auftraggeber Eigentümer des Bauwerks oder eines Teils davon ist oder wird (EuGH, Urt. v. 18.1.2007 - C-220/05, Auroux ./. Commune de Roanne Tz. 47, NZBau 2007, 185 = VergabeR 2007, 183). Genauso wenig hängt das Vorliegen eines öffentlichen Bauauftrags vom Verwendungszweck des zu errichtenden Bauwerks ab. In diesem Sinn hat der EuGH bereits mehrfach entschieden, dass dem Begriff des öffentlichen Auftrags nicht nur Aufträge unterfallen, die einer Erfüllung von im Allgemeininteresse liegenden Aufgaben dienen (vgl. EuGH, Urt. v. 15.1.1998 - C-44/96, Mannesmann Anlagenbau ./. Strohal Rotationsdruck Tz. 32, Slg. 1998, I-73 = WuW/E Verg 23 = EuZW 1998, 120; Urt. v. 18.11.2004 - C-126/03, Kommission ./. Deutschland [Heizkraftwerk München] Tz. 18, NZBau 2005, 49 = WuW/E Verg 1049; Urt. v. 11.1.2005 - C- 26/03, Stadt Halle u.a. ./. TREA Leuna Tz. 26, NZBau 2005, 111 = VergabeR 2005, 44). Wenn das so ist, kommt es für den Begriff des öffentlichen Bauauftrags ebenso wenig darauf an, ob - wie der EuGH im Urteil vom 18.1.2007 in der Rechtssache Auroux ./. Commune de Roanne ausgeführt hat (Tz. 47) - der öffentliche Auftraggeber Eigentümer des zu errichtenden Bauwerks oder eines Teils davon ist oder wird oder m.a.W. er das Bauwerk selbst nutzen oder es der Allgemeinheit oder einzelnen Dritten zur Verfügung stellen will (vgl. auch die Schlussanträge der Generalanwältin Kokott vom 15.6.2006 in der Rechtssache C-220/05, Auroux ./. Commune de Roanne Tz. 42 f.; Wagner/Görs, NVwZ 2007, 900, 901). Denn die Ziele der EG-Vergaberichtlinien - Aufhebung von Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs sowie Öffnung des öffentlichen Auftragswesens für einen Wettbewerb - können genauso gefährdet sein, wenn der öffentliche Auftraggeber ein Bauwerk in Auftrag gibt, das - etwa als Maßnahme der Raumordnung oder Stadtentwicklung - ganz oder teilweise der Allgemeinheit oder privaten Dritten zugute kommen soll. Das Risiko einer durch die Bevorzugung einzelner Marktteilnehmer gegenüber anderen eintretenden Wettbewerbsverzerrung besteht nämlich immer schon dann, wenn ein öffentlicher Auftraggeber sich entschließt, einen Unternehmer mit einem Bauauftrag zu beauftragen, gleichviel, aus welchen Gründen und in welchem Zusammenhang das Bauwerk errichtet werden und welchen Verwendungszweck es haben soll (Schlussanträge der Generalanwältin in der Rechtssache C-220/05, Auroux ./. Commune de Roanne Tz. 43; so aber auch schon EuGH, Urt. v. 15.1.1998 - C-44/96, Mannesmann Anlagenbau ./. Strohal Rotationsdruck Tz. 33, Slg. 1998, I-73 = WuW/E Verg 23 = EuZW 1998, 120; Urt. v. 18.11.2004 - C-126/03, Kommission ./. Deutschland [Heizkraftwerk München] Tz. 18, NZBau 2005, 49 = WuW/E Verg 1049). Aufgrund der gefestigten Rechtsprechung des EuGH (siehe die auf S. 13 genannten Entscheidungen des EuGH) ist der Begriff des öffentlichen Auftrags und genauso der des öffentlichen Bauauftrags folglich gerade nicht dahin auszulegen, dass ihm nur solche Aufträge unterliegen, durch die der öffentliche Auftraggeber Leistungen an seine Person erbringen lässt und sich diese zum Zweck eigener Verwendung körperlich beschafft. Für ein dahingehendes Verständnis sind auch die Erwägungsgründe der Richtlinie 2004/18/EG vom 31.3.2004 unergiebig. Wer einen öffentlichen Auftrag vom Vorliegen eines eigenen Verwendungs- oder Beschaffungszwecks des öffentlichen Auftraggebers abhängig macht, interpretiert in den Begriff des öffentlichen Auftrags nach Art. 1 Abs. 2 a und b der Richtlinie 2004/18/EG und in die EG-rechtlich determinierte Definition in § 99 Abs. 1 und 3 GWB mithin ein Tatbestandselement hinein, das dort nicht vorhanden ist.

Vom Auftrag und den bei der Vergabe zu beachtenden Förmlichkeiten ist mittelbar zwar auch die öffentlich-rechtliche Planungshoheit der Antragsgegnerin betroffen. Der öffentlich-rechtliche Regelungszusammenhang entbindet den Vertragsschluss indes nicht vom Vergaberechtsregime (EuGH, Urt. v. 12.7.2001 - C-399/98, Teatro alla Bicocca Tz. 65, 66, NZBau 2001, 512 = VergabeR 2001, 380).

Dass die Beigeladene mit der Ausführung des Vertrages auch Finanzierungs- und andere Dienstleistungen zu erbringen hat, qualifiziert den Auftrag allerdings als einen solchen typengemischter Art. Im vorliegenden Fall sind jedoch keine Bedenken daran angebracht, dass die vereinbarten Bauleistungen im Verhältnis zu Dienstleistungen nicht nur nicht Nebenarbeiten, sondern den Hauptgegenstand des Auftrags darstellen. Die Kosten der Planung und Errichtung belaufen sich nach dem unbestrittenen Vortrag der Antragstellerin auf mehr als 20 Mio Euro. Nach der Auslegungsregel des § 99 Abs. 6 S. 2 GWB handelt es sich demzufolge um einen Bauauftrag.

(3.) Der Auftrag ist der Beigeladenen in der Form einer Baukonzession erteilt worden. Die Baukonzession unterscheidet sich vom öffentlichen Bauauftrag nur dadurch, dass die Gegenleistung für die Bauleistungen ausschließlich in dem Recht zur Nutzung des Bauwerks oder in diesem Recht zuzüglich der Zahlung eines Preises durch den öffentlichen Auftraggeber besteht (Art. 1 Abs. 3 Richtlinie 2004/18/EG, § 6 Abs. 1 S. 2 VgV). Sie zeichnet sich zusätzlich dadurch aus, dass der Konzessionär das wirtschaftliche Risiko des Geschäfts trägt (EuGH, Urt. v. 13.10.2005 - C-458/03, Parking Brixen Tz. 40, Slg. 2005, I-8585).

Diese Voraussetzungen treffen auf den Streitfall zu. Die Beigeladene soll das Recht zur Verwertung des Bauwerks erlangen, wobei in ihrem Gutdünken stehen soll, ob sie den Herstellungsaufwand refinanziert, indem sie das Bauwerk teilweise oder ganz selbst nutzt oder es veräußert oder vermietet. Die Beigeladene trägt das wirtschaftliche Risiko des Geschäfts. Der Umstand, dass sie Eigentümerin der Grundstücke werden soll, entzieht die Baukonzession nicht der Anwendung des Vergaberechts. Wenn die Annahme eines öffentlichen Bauauftrags - so der EuGH im Urteil vom 18.1.2007 (C-220/05, Auroux ./. Commune de Roanne Tz. 47, NZBau 2007, 185 = VergabeR 2007, 183) in Verbindung mit den Schlussanträgen der Generalanwältin - nicht davon abhängig gemacht werden darf, dass der öffentliche Auftraggeber Eigentümer des Bauwerks oder eines Teils davon ist oder wird, Eigentümer also auch ein Dritter sein oder werden kann, dann ist es nicht nur für den Begriff des öffentlichen Bauauftrags, sondern auch für den der Baukonzession vollkommen unerheblich, ob das Bauwerk in das Eigentum des Auftragnehmers übergehen oder der Konzessionär Eigentümer werden soll. Die Definition der Baukonzession enthält kein Tatbestandsmerkmal, wonach der Konzessionär kein Eigentum am Bauwerk erwerben darf oder das Eigentum nach Ablauf eines Konzessionszeitraums auf den öffentlichen Auftraggeber übergehen muss. Soll, wie im vorliegenden Fall, der Konzessionär Eigentümer werden, kann auch nicht so getan werden, als beruhe seine Befugnis, das Bauwerk zu nutzen und zu verwerten, auf einem von der Erteilung des Bauauftrags völlig unabhängigen Übertragungsakt des öffentlichen Auftraggebers. Die auch von der Beigeladenen vertretene Gegenauffassung verkennt, dass die Eigentümerstellung vom Auftraggeber, hier von der Antragsgegnerin, abgeleitet ist, und sie, die Beigeladene, mit der Eigentumsübertragung auch erst das Recht zur Nutzung des späteren Bauwerks erhält. Der Grundstückskaufvertrag und der Bauauftrag hängen zusammen. Die Verträge sind deshalb auch rechtlich in einer Zusammenschau zu betrachten (vgl. EuGH, Urt. v. 10.11.2005 - C-29/04, Stadt Mödling Tz. 40 ff., VergabeR 2006, 47). Bei jeder anderen Sichtweise sind unerwünschte Umgehungen des Vergaberechts zu erwarten, die seiner Zielsetzung widersprechen. Dass die Beigeladene im Gegenzug einen Kaufpreis an die Antragsgegnerin zahlt, rechtfertigt keine andere rechtliche Beurteilung. Denn es stellt kein gesetzliches Merkmal der Baukonzession dar, dass sie unentgeltlich zu gewähren ist. Die weiteren Überlegungen der Beigeladenen, die am Merkmal der Gegenleistung in Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 2004/18/EG und in § 6 Abs. 1 S. 2 VgV anknüpfen und die Ansicht artikulieren, im Fall einer Eigentumsübertragung sei das Nutzungsrecht nicht als Gegenleistung für die Errichtung des Bauwerks zu bewerten, sondern beruhe auf dem dinglichen Eigentumsrecht selbst, übersieht den zur Änderung der Eigentumslage erforderlichen Übertragungsakt und den rechtlichen Zusammenhang mit dem auf die Herstellung des Bauwerks gerichteten Auftrag. Das Eigentum wird gerade nicht unabhängig vom Bauauftrag erworben. Davon abgesehen folgt aus dem Charakter der Baukonzession, dass der öffentliche Auftrag nicht zur Deckung eines eigenen Beschaffungsbedarfs des öffentlichen Auftraggebers erteilt werden muss, im Fall einer Baukonzession zu diesem Zweck sogar nicht erteilt werden kann. Denn das Bauwerk soll gerade nicht durch den öffentlichen Auftraggeber, sondern durch den Baukonzessionär genutzt werden.

(4.) Die Abweichung der Entscheidung des Senats vom Beschluss des BayObLG vom 19.10.2000 (Verg 9/00, NZBau 2002, 108) veranlasst keine Vorlage der Sache an den Bundesgerichtshof (§ 124 Abs. 2 GWB). Die Entscheidung des BayObLG ist aufgrund der Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 15.1.1998 (C-44/96, Mannesmann Anlagenbau ./. Strohal Rotationsdruck, Slg. 1998, I-73 = WuW/E Verg 23 = EuZW 1998, 120), vom 12.7.2001 (C-399/98, Teatro alla Bicocca, NZBau 2001, 512 = VergabeR 2001, 380), vom 18.11.2004 (C-126/03, Kommission ./. Deutschland [Heizkraftwerk München], NZBau 2005, 49 = WuW/E Verg 1049), vom 11.1.2005 (C- 26/03, Stadt Halle u.a. ./. TREA Leuna, NZBau 2005, 111 = VergabeR 2005, 44) und vom 18.1.2007 (C-220/05, Auroux ./. Commune de Roanne, NZBau 2007, 185 = VergabeR 2007, 183) überholt. Eine Vorlage an den Bundesgerichtshof kann deshalb ihren Zweck, die einheitliche Auslegung des innerstaatlichen Rechts sicherzustellen, nicht erfüllen. Dagegen ist nicht die Aufgabe des Bundesgerichtshofs, die Auslegung des Gemeinschaftsrechts, die das Verständnis des nationalen Vergaberechts bestimmt und um die es im Streitfall geht, klarzustellen. Die verbindliche Auslegung des EG-Rechts steht dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zu. Die Vorlagepflicht nach § 124 Abs. 2 GWB ist darum dahin einschränkend zu auszulegen, dass das nationale Gericht ohne eine Vorlage an den Bundesgerichtshof in der Sache selbst zu entscheiden hat, wenn der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften die streitige Rechtsfrage in einem anderen Verfahren bereits, und zwar so entschieden hat, wie das nationale Gericht sie entscheiden will (so auch BGH, Beschl. v. 27.11.1984 - 1 StR 376/84, BGHSt 33, 76, 78 f. für die Vorlagepflicht nach § 121 Abs. 2 GVG; ebenso Herdegen, MDR 1985, 542 f. und Meyer-Holz in Keidel/Kuntze/Winkler [Hrsg.], Freiwillige Gerichtsbarkeit, 15. Aufl., § 28 FGG Rn. 18 m.w.N., letztgen. zur Vorlagepflicht nach § 28 Abs. 2 S. 1 FGG). Dies folgt aus dem Vorrang des Gemeinschaftsrechts. Der Umstand, dass das BayObLG eine Baukonzession verneint hat, da die Errichtung einer Tiefgarage nicht den Beschaffungszwecken des öffentlichen Auftraggebers diene, gebietet daher keine Vorlage der Sache an den Bundesgerichtshof. Andererseits ist in dieser Frage nach Art. 234 Abs. 3 EG kein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH zu richten, da der Senat den bereits ergangenen Auslegungsentscheidungen des Gerichtshofs folgt. Die von der Beigeladenen aufgeworfene Auslegungsfrage, wonach es an einem Merkmal der Baukonzession fehlen soll, sofern das Nutzungsrecht des Konzessionärs auf dem Grundstückseigentum beruht, bedarf ebenso wenig eines Vorabentscheidungsersuchens an den EuGH. Sie ist durch das Urteil des EuGH vom 18.1.2007 und durch frühere Entscheidungen (siehe die auf S. 13 zitierten Entscheidungen des EuGH und die Schlussanträge der Generalanwältin vor der Entscheidung vom 18.1.2007) offenkundig in einer Weise geklärt, die keinen Raum für einen vernünftigen Zweifel lässt (vgl. zur Vorlagepflicht in einem derartigen Fall EuGH Slg. 1982, 3415, 3430). Die Frage, ob der Begriff des öffentlichen Auftrags, insbesondere eines Bauauftrags, im Rechtssinn die Eingehung einer Leistungsverpflichtung durch den Auftragnehmer erfordert, ist im Streitfall nicht entscheidungserheblich und kann daher nicht zum Gegenstand einer zulässigen Vorlage an den Gerichtshof gemacht werden.

bb) Der Kaufvertrag vom 29.3.2007 erfüllt - obwohl dies für die Entscheidung nicht (mehr) tragend ist, sondern damit nur auf die Rechtslage eingegangen werden soll, die besteht, sofern man die oben bejahte Realisierungsverpflichtung der Beigeladenen verneinen wollte - ebenfalls die dritte Variante eines öffentlichen Bauauftrags nach § 99 Abs. 3 GWB in der Form einer Baukonzession. Als öffentlicher Bauauftrag sind bei richtlinienkonformer Auslegung auch Aufträge über die Erbringung von Bauleistungen durch Dritte, gleichgültig mit welchen Mitteln, gemäß den vom öffentlichen Auftraggeber genannten Erfordernissen anzusehen. Das Vorliegen dieser Variante ist nicht davon abhängig zu machen, dass der Auftraggeber den Auftragnehmer (Baukonzessionär) kraft Auftrags unmittelbar zu Bauleistungen verpflichtet. Als Tatbestand, der die praktische Wirksamkeit der EG-Vergaberichtlinie in Umgehungsfällen sicherstellen soll, regelt die dritte Variante vielmehr solche öffentlichen Bauaufträge, bei denen der Auftraggeber ein auf die öffentliche Zweckbestimmung zugeschnittenes Bauwerk erstellen lässt, dabei jedoch nicht selbst als Bauherr auftritt, sondern das Vorhaben durch einen - vom Auftragnehmer verschiedenen - Dritten abwickeln lassen will (ebenso Boesen, Vergaberecht, § 99 GWB Rn. 136, 137 m.w.N.). Als dieser Variante unterliegend werden in der Literatur insbesondere Kauf-, Miet- oder Leasingverträge sowie Bauträgermodelle angeführt (vgl. statt aller: Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum GWB-Vergaberecht, § 99 Rn. 175 m.w.N.). Daraus geht hervor, dass die Auftragsbeziehung zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer im Fall der dritten Variante, soll diese zur Erfassung möglicher Umgehungen denn einen Sinn haben, nicht als Bauauftrag ausgestaltet sein und erst recht keine unmittelbare Verpflichtung des Auftragnehmers zur Herstellung des Bauwerks aufweisen muss. Die genannten Beispielsfälle sind gemäß dem auf eine Förderung des Wettbewerbs gerichteten Zweck der Vergabekoordinierungsrichtlinie in keinem abschließenden Sinn zu verstehen. Der dritten Variante des § 99 Abs. 3 GWB unterfallen danach auch Aufträge, die - ohne Bauaufträge i.S. der ersten oder zweiten Variante der Norm zu sein - mittels der vom Auftraggeber genannten Erfordernisse gewährleisten sollen, dass das herzustellende Bauwerk einem bestimmten öffentlichen Zweck zur Verfügung steht, und die dem Auftraggeber kraft vertraglicher Abrede zugleich die rechtliche Befugnis geben, die Verfügbarkeit des Bauwerks für die öffentliche und durch die wirtschaftliche oder technische Funktion des Bauvorhabens definierte Zweckbestimmung sicherzustellen (vgl. EuGH, Urt. v. 12.7.2001 - C-399/98, Teatro alla Bicocca Tz. 71, NZBau 2001, 512 = VergabeR 2001, 380).

Die Vorgaben, die die Antragsgegnerin im Kaufvertrag aufgestellt hat, füllen den Begriff der Erfordernisse nach der dritten Variante des § 99 Abs. 3 GWB aus. Die Antragsgegnerin hat der Beigeladenen im Kaufvertrag - wenngleich noch einer näheren Bestimmung bedürftige - Bauleistungen vorgegeben, die die Errichtung eines Einzelhandels- und Dienstleistungszentrums nebst Parkplätzen und die Anbindung an die nähere Umgebung betreffen (§ 11 des Vertrages). Darüber hinaus hat sie in den notariellen Vertrag bestimmte, durch eine Dienstbarkeit abzusichernde Nutzungsbeschränkungen aufgenommen (§ 12 des Vertrages: kein Betrieb von Spielhallen, Sexshops, Bordellen, Pornokinos oder ähnlichen Einrichtungen) und die Gestaltung der Fassaden und Außenanlagen von ihrer Zustimmung abhängig gemacht (§ 13 des Vertrages). Aufgrund dessen sind von der Antragsgegnerin - obschon solches nicht notwendig vorauszusetzen ist (vgl. Senat, Beschl. v. 12.12.2007 - VII-Verg 30/07, BA 11) - wesentliche Erfordernisse an die Bebauung gestellt worden. Nicht maßgebend ist, dass das Bauwerk nicht nach von ihr aufgestellten Plänen, sondern nach Plänen der Beigeladenen errichtet werden soll. Es genügt eine Herstellung nach den vom Auftraggeber gebilligten Plänen des Auftragnehmers/Konzessionärs, wenn diese jedenfalls nach den vom öffentlichen Auftraggeber genannten Erfordernissen aufgestellt worden sind. Dies ist im Streitfall zu bejahen, zumal für das fragliche Gebiet kein Bebauungsplan besteht, und die Antragsgegnerin mit den im Kaufvertrag gestellten Vorgaben die in einem Bebauungsplan mögliche öffentliche Zweckbestimmung, wonach ein nicht unerheblich großer Innenstadtbereich im Sinn einer städtebaulichen Weiterentwicklung aufgewertet und eine Anziehungskraft für Unternehmen und Verbraucher initiiert werden soll, individuell vorweggenommen hat. Dagegen wird im Sinn einer Ausnahme vom Vergaberechtsregime die Rechtslage im Ansatz anders zu beurteilen sein, sofern - ohne dass der jeweilige Fall Anhaltspunkte für eine Umgehung des Vergaberechts erkennen lässt - unabhängig von einem konkreten Bauvorhaben ein Bebauungsplan bereits besteht, und vom öffentlichen Auftraggeber im Plangebiet ein Grundstück veräußert wird, das ohne eine ausdrückliche Bauverpflichtung (und ohne Vereinbarung eines Rücktritts- oder Wiederkaufrechts) ausschließlich im Rahmen der Festsetzungen des Bebauungsplans vom Erwerber bebaut werden kann. Dazu ist zu bemerken, dass es nicht darauf ankommt, ob vom öffentlichen Auftraggeber wesentliche oder nur nebensächliche Erfordernisse für eine Bebauung genannt werden. Entscheidend ist, dass der Auftraggeber solche, und zwar durch eine öffentliche Zweckbestimmung wie beispielsweise die städtebauliche Entwicklung, m.a.W. dann durch eine wirtschaftliche Funktion, motivierten Erfordernisse überhaupt anbringt (vgl. Senat, Beschl. v. 12.12.2007 - VII-Verg 30/07, BA 11 m.w.N.). Genauso sind im Prinzip Fallgestaltungen einer Anwendung des Vergaberechts entzogen, in denen der Veräußerung eines Grundstücks und seiner Bebauung keine wirtschaftliche, insbesondere keine raumordnende oder städtebauliche Funktion zuzuerkennen ist, dies z.B. dann, wenn ein auf einen einzelnen Unternehmenszweck begrenztes Einzelbauvorhaben errichtet werden soll. Von derartigen Fallgestaltungen unterscheidet sich das in Rede stehende Projekt jedoch deutlich.

cc) Allerdings haben die Antragsgegnerin und die Beigeladene den notariellen Kaufvertrag vom 29.3.2007, der in der Form einer Baukonzession als öffentlicher Bauauftrag zu qualifizieren ist, durch den weiteren notariellen Vertrag vom 4.9.2007 abgeändert. Der Änderungsvertrag ist - jedenfalls der Antragstellerin gegenüber - nach § 13 S. 6 VgV rechtlich unwirksam. Dies beruht auf folgenden Erwägungen:

Nach § 311 Abs. 1 BGB können die Beteiligten den Inhalt eines Schuldverhältnisses durch einen Vertrag ändern. Davon ist der Fall der Aufhebung des bisherigen und der Begründung eines neuen Schuldverhältnisses zu unterscheiden. Die Frage, ob das eine oder das andere vorliegt, ist nach den Umständen des Einzelfalles zu entscheiden. Maßgebend ist dabei in erster Linie der Wille der Parteien, der sich im Allgemeinen aus der Fassung eines Änderungsvertrages ergibt. Neben dem Wortlaut der Urkunde sind aber auch die wirtschaftliche Bedeutung der Abänderung und die Verkehrsauffassung zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urt. v. 19.11.1998 - VII ZR 424/97, NJW 1999, 575, 576; Urt. v. 7.7.1992 - KZR 28/91, NJW-RR 1993, 118, 119; Urt. v. 16.2.1992 - XII ZR 129/90, NJW 1992, 2283, 2284 f.). Mit der wirtschaftlichen Bedeutung einer Abänderung ist für die Auslegung außerdem deren rechtliche Bedeutung relevant, sofern sie wirtschaftliche Auswirkungen auf das Vertragsziel hat.

Von diesem Vorverständnis ausgehend ist für den Streitfall festzustellen:

Zwar haben die Vertragsbeteiligten den Vertrag vom 4.9.2007 vom Notar als "Änderungsvertrag" überschreiben lassen und in einem Vorspann erklärt:

"Im Zuge der bisherigen Abwicklung dieses Kaufvertrages (Bem.: gemeint ist der Kaufvertrag vom 29.3.2007) hat sich die Notwendigkeit ergeben, den Vertrag in einigen Punkten zu ändern bzw. zu ergänzen.

Anschließend sind im Änderungsvertrag - gewissermaßen "chirurgisch" - jene Abreden des Ursprungsvertrags entfernt, berichtigt und/oder neu gefasst worden, die darauf hindeuten konnten, die Beigeladene habe eine rechtliche Verpflichtung zur Errichtung des Bauwerks übernommen. Bei der gegebenen Sachlage ist die Bezeichnung als "Änderungsvertrag", mithin der Wortlaut des Änderungsvertrages, für die rechtliche Bewertung nicht maßgebend. Denn es ist nichts vorgetragen oder sonst zu erkennen, was die Vertragsparteien dazu bewogen haben kann, im Änderungsvertrag alles, was auf die Abrede einer Realisierungsverpflichtung der Beigeladenen hinweisen konnte, zu eliminieren. Die Beschlusslage des Rats der Antragsgegnerin war unverändert. Auch die mit einer Verwirklichung des Projekts verbundenen städtebaulichen Vorstellungen der Antragsgegnerin waren nach wie vor aktuell und sollten in Übereinstimmung damit weiterhin in die Tat umgesetzt werden. Der Grund für die Änderung, zu dem sich die Antragsgegnerin im Übrigen unumwunden bekannt und den die Beigeladene nicht in Abrede gestellt hat, wird vielmehr aufgrund der Beschlussvorlage vom 27.8.2007 für die Sitzung des Rats der Antragsgegnerin deutlich. Danach sollten durch die Änderungen allein "Ansatzpunkte für eine mögliche rechtliche Beanstandung des Kaufvertrages mit der St.-Group vorsorglich" beseitigt werden. Dagegen waren sich die Vertragsparteien in der Sache nach wie vor darüber einig, dass die Beigeladene das Bauwerk im Sinn einer Realisierungspflicht herstellen sollte. Der Änderungsvertrag vom 4.9.2007 gab das in Wahrheit Gewollte nicht zutreffend und vollständig wider.

Welche zivilrechtlichen Rechtsfolgen dies hat, insbesondere ob der Änderungsvertrag wegen einer unvollständigen Beurkundung nach den §§ 125 S. 1, 311 Abs. 1 S. 1 BGB nichtig ist (die Auflassung war entgegen der Annahme der Beigeladenen noch nicht erklärt), kann auf sich beruhen. Jedenfalls haben die Antragsgegnerin und die Beigeladene die bisherige Vertragslage um die von ihnen erkannten und im Vergaberecht begründeten Risiken bereinigen und zu diesem Zweck den Ursprungsvertrag vom 29.3.2007 aufheben wollen. Nach den Umständen ist der Senat davon überzeugt, dass auch die Beigeladene die Gründe gekannt hat. Anderenfalls hätte sie sich nicht zu einer Änderung des notariellen Vertrages vom 29.3.2007 verstanden. Die Änderung war aus der Sicht beider Beteiligten von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung. Es ging erklärtermaßen darum, die Veräußerung der Grundstücke und den Auftrag an die Beigeladene vor einem Eingriff durch die Vergabenachprüfungsinstanzen zu sichern. Dies konnte, um den Vertragswillen der Beteiligten zu verwirklichen, indes nur durch eine Aufhebung des Kaufvertrags vom 29.3.2007 und durch eine Erneuerung des Vertrages erreicht werden. Eine bloße Änderung des Kaufvertrages vom 29.3.2007 ließ hingegen die Gefahr bestehen, dass sich andere Unternehmen, die ein Interesse am Auftrag bekundet, dieses aus welchen Gründen auch immer jedoch nicht weiter verfolgt hatten, dem Nachprüfungsbegehren der Antragstellerin anschlossen und damit erreichen konnten, dass die Auftragsvergabe für nichtig erklärt würde, da die Antragsgegnerin vor Abschluss des Vertrages vom 29.3.2007 weder eine Bieterinformation nach § 13 S. 1 VgV an sie gerichtet noch die erforderliche Wartefrist eingehalten hatte. Vor solchen Unwägbarkeiten und vor einer Durchkreuzung des Vorhabens konnte den Vertragsbeteiligten nur eine Erneuerung des Vertragsschlusses vom 29.3.2007 unter gleichzeitiger Aufhebung dieses Vertrages Schutz bieten. Ausweislich der Begründung der Beschlussvorlage der Verwaltung der Antragsgegnerin vom 27.8.2007 war der Vorschlag eines Änderungsvertrages auch nicht auf den bereits anhängigen Nachprüfungsantrag der Antragstellerin beschränkt. Er umfasste nach seinem Wortlaut und Sinn sämtliche Ansatzpunkte für eine mögliche rechtliche Beanstandung des Kaufvertrags mit der Beigeladenen in einem Nachprüfungsverfahren. Nach den Umständen ist der "Änderungsvertrag" vom 4.9.2007 deswegen trotz des entgegenstehenden Wortlauts als eine Neubegründung des Schuldverhältnisses zu verstehen, mit der durch einen bestandskräftigen Vertragsschluss erreicht werden sollte, dass Nachprüfungsanträge von am Verfahren beteiligten Bietern ausgeschlossen sein sollten und auch die Antragstellerin insoweit vor vollendete Tatsachen gestellt werden sollte, als ein wirksamer Vertragsschluss durch den Änderungsvertrag vom 4.9.2007 keiner vergaberechtlichen Nachprüfung mehr zugänglich war.

Die von der Antragstellerin angestrengte Nachprüfung ist aufgrund des Neuabschlusses vom 4.9.2007 indes nicht unstatthaft geworden. Denn die Antragsgegnerin hat die Antragstellerin davon nach § 13 S. 1 VgV nicht informiert. Dazu war sie rechtlich verpflichtet, da der so genannte Änderungsvertrag vom 4.9.2007 einer erneuten Vergabe gleich zu erachten ist. Die Antragstellerin zählt zum Kreis der durch die Vorschrift des § 13 VgV geschützten Bieter. Sie hat ausweislich ihres Nachprüfungsantrags ein Interesse am Auftrag bekundet. Infolgedessen ist der Vertragsschluss der Antragstellerin gegenüber unwirksam. Die Nachprüfung ist nicht wegen einer wirksamen Auftragsvergabe ausgeschlossen.

b) Die Antragstellerin ist antragsbefugt (§ 107 Abs. 2 GWB). Sie hat mit dem Nachprüfungsantrag ein Interesse am Auftrag zum Ausdruck gebracht und sich schlüssig auf eine Verletzung der im Vergabeverfahren zu beachtenden Gebote der Gleichbehandlung und Transparenz berufen. Ihr droht infolge der behaupteten Rechtsverletzungen auch einen Schaden, der darin besteht, dass sie aufgrund des von der Antragsgegnerin praktizierten Verfahrens, nämlich das einer De-facto-Vergabe, kein für einen Zuschlag in Frage kommendes, chancenreiches Angebot abgeben konnte. Zur Darlegung der Antragsbefugnis war die Antragstellerin nicht gehalten im Nachprüfungsverfahren vorzubringen, welches eventuell ausichtsreiche Angebot sie im Fall ihrer Beteiligung am Vergabeverfahren abgegeben hätte.

c) Allerdings hat die Antragstellerin die Auftragsvergabe vor Anbringung des Nachprüfungsantrags nicht gerügt (§ 107 Abs. 3 GWB). Dies ist indes unschädlich, da die Rügeobliegenheit im Fall einer De-facto- oder Direktvergabe nicht gilt (Saarländisches OLG, Beschl. v. 20.9.2006 - 1 Verg 3/06, VergabeR 2007, 110, 111 f.; BayObLG, Beschl. v. 22.1.2002 - Verg 18/01, NZBau 2002, 397, 398 = VergabeR 2002, 244, 247 und Beschl. v. 27.2.2003 - Verg 25/02, NZBau 2003, 634; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 20.6.2001 - Verg 3/01, NZBau 2001, 696; OLG Frankfurt am Main NZBau 2004, 692, 693; KG, Beschl. v. 11.11.2004 - 2 Verg 16/04, NZBau 2005, 538; OLG Naumburg NZBau 2006, 58; ebenso Burgi, NZBau 2003, 16, 21; a.A. sind Bär, ZfBR 2001, 375, 377, Otting, VergabeR 2002, 146 und Wagner, VergabeR 2002, 250, 251; der BGH hat dies im Beschluss vom 1.2.2005 - X ZB 27/04, NZBau 2005, 290 = VergabeR 2005, 328, 331 hingegen offen gelassen). Im Fall einer De-facto-Vergabe ist die prozessuale und materielle Ausschlusswirkung einer Verletzung der Rügeobliegenheit unangebracht. Durch eine Rüge des Antragstellers soll dem öffentlichen Auftraggeber zur Vermeidung eines kosten- und zeitaufwändigen Nachprüfungsverfahrens Gelegenheit gegeben werden, einen Vergaberechtsverstoß zu beheben. Auf der Grundlage, dass durch Anforderung der Teilnahme- oder Ausschreibungsunterlagen zwischen dem Auftraggeber und den Bewerbern oder Bietern ein vorvertragliches Schuldverhältnis mit auf den Prinzipien von Treu und Glauben (§ 242 BGB) beruhenden gegenseitigen Pflichten entsteht (st. Rspr. des BGH, vgl. BGHZ 120, 281, 284; 124, 64; 139, 273; BGH NJW 1998, 2636, 2640 jeweils m.w.N.; zuletzt BGH, Urt. v. 7.6.2005 - X ZR 19/02, BauR 2005, 1618 = VergabeR 2005, 617 = WuW/E Verg 1134; Wiese in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum GWB-Vergaberecht, § 107 GWB Rn. 53) folgt die Rügeobliegenheit letztlich aus dem Gebot der Rücksichtnahme und Loyalität. Vergibt der öffentliche Auftraggeber den Auftrag hingegen de facto, d.h. ohne ein geregeltes Vergabeverfahren, verhindert gerade diese Vorgehensweise des Auftraggebers, dass ein vorvertragliches Schuldverhältnis entstehen und der Antragsteller vorvertraglich zur Rücksichtnahme und Loyalität, m.a.W. zur Anbringung einer Rüge, verpflichtet sein kann. Die Annahme einer sich lediglich einseitig zu Lasten des Antragstellers auswirkenden Obliegenheit ist mit den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht zu vereinbaren.

Eine Verwirkung des Nachprüfungsrechts ist ausgeschlossen. Die Antragstellerin hat unwiderlegt vorgetragen, erst kurze Zeit vor Einleitung des Nachprüfungsverfahrens von dem Vergabevorhaben erfahren zu haben.

2. Der Nachprüfungsantrag ist auch begründet.

a) Die Antragsgegnerin hat ein völlig ungeregeltes Vergabeverfahren beschritten, in dem keine Eignungskriterien aufgestellt oder bekannt gegeben worden sind, keine Eignungsprüfung stattgefunden hat, klare Zuschlagskriterien weder entwickelt noch angegeben worden sind, Angebots- und Vorlagefristen ungleich gehandhabt worden sind und die Verfahrensweise intransparent und mangelhaft dokumentiert war. Das Verfahren ist von Grund auf ungeeignet, miteinander vergleichbare Angebote hervorzubringen. Es war auf die Beigeladene zugeschnitten. Ein Zuschlag kann hierauf nicht erteilt werden.

b) Der im Sinn einer Zwischenfeststellung auf Feststellung der Nichtigkeit des Vertragsschlusses gerichtete Antrag der Antragstellerin ist zulässig und begründet, da die Antragstellerin dadurch eine Eintragung des Eigentumswechsels im Grundbuch verhindern kann.

Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung der §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 50 Abs. 2 GKG. Von den unbestritten behaupteten Planungs- und Erstellungskosten, die bei der nach den Umständen gebotenen vereinfachenden Betrachtung als dasjenige zugrundezulegen sind, was einem Verwertungserlös entspricht, sind Erstehungskosten von 4.571.505 Euro abgesetzt worden.

Ende der Entscheidung

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