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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 10.01.2008
Aktenzeichen: VII-Verg 9/07
Rechtsgebiete: VwGO, GWB, VwKostG
Vorschriften:
VwGO § 156 | |
GWB § 128 Abs. 1 Satz 1 | |
GWB § 128 Abs. 1 Satz 2 | |
GWB § 128 Abs. 3 Satz 1 | |
VwKostG § 13 Abs. 1 Nr. 1 |
Tenor:
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Kostenausspruch zu Ziffer. 2 des Beschlusses der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Detmold vom 20. März 2007, VK.2-03 b/07, wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.
Der Gegenstandswert wird auf Euro 1.390,00 festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin beteiligte sich als Bieterin an einer Ausschreibung für den Neubau des Klinikums M... mit einem Angebot auf die Lose 6 und 8. Da der Antragsgegner beabsichtigte, dem Auftrag der Beigeladenen zu erteilen, reichte die Antragstellerin einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer ein. Ihren Nachprüfungsantrag hinsichtlich des Loses 8 nahm sie in der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer zurück. Die Vergabekammer hat mit Beschluss vom 20. März 2007 das Nachprüfungsverfahren hinsichtlich des Loses 8 eingestellt und die hälftigen Kosten (Gebühren und Auslagen) des Nachprüfungsverfahrens der Antragstellerin auferlegt.
Gegen die Kostengrundentscheidung (Tenor zu 2) richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin mit der diese begehrt, dass dem Antragsgegner in entsprechender Anwendung des § 156 VwGO (§ 93 ZPO) die Kosten des Verfahrens auferlegt werden.
Zur Begründung macht die Antragstellerin geltend, sie hätte den Nachprüfungsantrag nicht bei der Vergabekammer eingereicht, wenn bereits dem Bieterinformationsschreiben des Antragsgegners vom 19. Dezember 2006 zu entnehmen gewesen wäre, dass das Angebot bezüglich des Loses 8 wegen einer Änderung an den Verdingungsunterlagen (fehlende VdS-Zulassung für zwei Schlosstypen) ausgeschlossen werde. Der Bieterinformation zum Los 8 habe sie lediglich entnommen, dass das von ihr angebotene Schließsystem ein virtuelles Onlinesystem gewesen sein soll, was jedoch nicht zutreffend gewesen sei. Erst die Vergabekammer habe in der mündlichen Verhandlung darauf aufmerksam gemacht, im Vergabevermerk sei der Hinweis enthalten, dass der Ausschluss des Angebots (auch) auf den fehlenden Nachweis der VdS-Zertifizierung zweier angebotener Schlösser gestützt werden könne. Deshalb habe sie schließlich den Nachprüfungsantrag zurückgenommen.
Der Antragsgegner beantragt die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde und tritt dem Begehren in der Sache entgegen.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Die Verfahrensakten der Vergabekammer lagen vor.
II.
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig, aber unbegründet.
Die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer sind der Antragstellerin zu Recht auferlegt worden. Die Kostentragungspflicht der Antragstellerin für die Amtshandlungen der Vergabekammer (Gebühren und Auslagen) folgt aus § 128 Abs. 1 Satz 1 GWB. Kostenschuldner ist gem. § 128 Abs. 1 Satz 2 GWB i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwKostG derjenige, der durch Stellung eines Nachprüfungsantrags das Verfahren in Gang gesetzt hat (vgl. BGH, Beschl. v. 9.12.2003 , X ZB 14/03, VergabeR 2004, 414, 415; BGH, Beschl. v. 25.10.2005, X ZB 15/05, NZBau 2006, 392; X ZB 22/05, VergabeR 2006, 73; X ZB 24/05 bis X ZB 26/05).
Aus § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB ergibt sich nichts anderes. Danach sind dem Antragsgegner die Kosten des Verfahrens in Abweichung von § 128 Abs. 1 Satz 2 GWB nur aufzuerlegen, soweit er im Verfahren unterlegen wäre. Dies war hier nicht der Fall, denn das erstinstanzliche Verfahren hat nicht durch eine sachliche Vergabekammerentscheidung über den Nachprüfungsantrag zum Los 8, sondern durch Einstellung aufgrund einer (teilweisen) Rücknahme des Nachprüfungsantrags seinen Abschluss gefunden.
Es kann dahin stehen, ob in Abweichung von dem in § 128 Abs. 1 Satz 2 GWB normierten Veranlasserprinzip und in entsprechender Anwendung des § 156 VwGO (vgl. § 93 ZPO) Raum für eine Kostengrundentscheidung zu Lasten des Antragsgegners ist, wenn ein Bieter vor dem Hintergrund einer unzureichenden Bieterinformation einen Nachprüfungsantrag stellt, den er aufgrund nachgeholter Unterrichtung dann als aussichtslos erkennt und sofort zurücknimmt (vgl. OLG Dresden, Beschl. v. 14.2.2002, WVerg 11/01). Eine "sofortige" Rücknahme des Nachprüfungsantrags liegt im Streitfall nicht vor.
Eine sofortige Rücknahme liegt nur vor, wenn die Rücknahme spätestens vor Antragstellung oder vor Erörterung der Sache in der mündlichen Verhandlung erklärt wird, vorausgesetzt, dass dem Antragsteller die Begründung für den Ausschluss seines Angebot schon bekannt und ihm nach den Umständen des Falles die sofortige Rücknahme zumutbar war. Beides ist hier der Fall. Es ist zwar richtig, dass der Bieterinformation vom 19. Dezember 2006 ein Hinweis auf den fehlenden Nachweis der VdS-Zulassung der unter Pos. 08.01.01.6 angebotenen digitalen Schließzylinder des Herstellers U... Typ ... nicht zu entnehmen war. Ein solcher Hinweis auf fehlende technische Unterlagen und damit die Unvollständigkeit ihres Angebots ergab sich aber aus der Stellungnahme der Ingenieure E... vom 3. Januar 2007, von deren Inhalt die Antragstellerin jedenfalls am 31. Januar 2007 durch Akteneinsicht Kenntnis erlangt hatte. Eine Unterrichtung über den Ausschlusstatbestand der geforderten und unterbliebenen Zertifizierung erfolgte ferner mit Schriftsatz der Antragsgegners vom 31. Januar 2007 (vgl. S. 8 unter 3.cc). Noch mit Schriftsatz vom 6. Februar 2007 hat der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin auf den Schriftsatz des Antragsgegners vom 31. Januar 2007 erwidert und als Anlage zwei Schreiben der VdS Schadenverhütung Labor für Mechanische Sicherungstechnik vom 23. August 2006 und 1. September 2006 zu den Vergabekammerakten gereicht. Aus diesen Schreiben ergab sich lediglich, dass der Hersteller U... GmbH einen Antrag auf Prüfung eines elektronischen Schließzylinders mit Ziehschutz der Klasse C MTK-HS gestellt hatte. Ein entsprechendes Zertifikat ist aber nicht vorgelegt worden. Die Vorlage der zum Nachweis der Zertifizierung ungeeigneten Schreiben lässt nur den Schluss zu, dass die Antragstellerin aufgrund anwaltlicher Beratung spätestens am 6. Februar 2007 die Aussichtslosigkeit ihres Rechtsmittels erkannt hatte, und sie einen letzten Versuch unternahm, ihrem Nachprüfungsantrag noch zu einem Erfolg zu verhelfen.
Von einer im Sinne des § 156 VwGO "sofortigen" Zurücknahme des Nachprüfungsantrags nach Information über das Vorliegen des eigentlich relevanten Ausschlusstatbestandes und einem Erkennen der Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels durch die Antragstellerin kann im Streitfall (auch) deshalb nicht die Rede sein, weil die Rücknahme ausweislich der Niederschrift erst im Anschluss an die ausführliche Erörterung der Sach- und Rechtslage in der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer vom 7. Februar 2007 erfolgte. Jedenfalls mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 6. Februar 2007 oder aber spätestens zu Beginn der mündlichen Verhandlung und noch vor einer Erörterung der Sach- und Rechtslage hätte die Rücknahme des Nachprüfungsantrags von der Antragstellerin erklärt werden müssen, um noch als "sofortige" Rücknahme im Sinne des § 156 VwGO gelten zu können. Eine erst in Kenntnis der ihr ungünstigen Rechtsauffassung der Vergabekammer erklärte Rücknahme reicht ebenso wie ein unter dem Druck gerichtlicher Hinweise erklärtes Anerkenntnis nicht aus, um das Tatbestandsmerkmal "sofort" zu erfüllen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl. § 156 VwGO, Rdnr. 4 m.w.N.; Herget in Zöller, 25. Aufl., ZPO, § 93 Rdnr. 4 m.w.N.) .
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO analog. Der Festsetzung des Gegenstandswerts entspricht der Höhe der vor der Vergabekammer entstandenen Kosten.
Ende der Entscheidung
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