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Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Beschluss verkündet am 12.10.1999
Aktenzeichen: 1 Ss 453/99
Rechtsgebiete: StPO
Vorschriften:
StPO § 140 Abs. 2 | |
StPO § 338 Nr. 5 |
Leitsatz:
Für die "Schwere der Tat" ist nicht nur die Höhe der zu erwartenden Strafe zu berücksichtigen, sondern auch das Gewicht eines bei Verurteilung drohenden Bewährungswiderrufs.
Beschl. vom 12.10.1999, Az.: 1 Ss 453/99
Oberlandesgericht Dresden
Beschluss
1. Strafsenat
Aktenzeichen: 1 Ss 453/99 5 Ds 933 Js 2745/98 AG Görlitz
vom
12. Oktober 1999
in der Strafsache gegen
wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis
Verteidiger: Rechtsanwalt
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Görlitz vom 5. Mai 1999 gemäß § 349 Abs. 4 StPO mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Görlitz zurückverwiesen.
Gründe:
Die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht hat in ihrer Antragsschrift vom 7. Oktober 1999 ausgeführt:
"Die Revision des Angeklagten ist zulässig und bereits aufgrund der in zulässiger Weise erhobenen Rüge der Verletzung des § 140 Abs. 2 StPO begründet.
Die Revision rügt zu Recht, dass es das Gericht rechtsfehlerhaft unterlassen hat, dem Angeklagten gemäß § 140 Abs. 2 StPO einen Verteidiger zu bestellen, obwohl die Mitwirkung eines Verteidigers wegen der Schwere der Tat geboten war. Ob eine Tat im Sinne dieser Vorschrift als schwer zu betrachten ist, beurteilt sich in erster Linie nach der im Verfahren zu erwartenden Rechtsfolgenentscheidung (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 44. Aufl. Rd.-Nr. 23 zu § 140 m.w.Nn.), aber auch danach, ob der Angeklagte sonstige schwerwiegende Nachteile infolge der Verurteilung wie zum Beispiel einen drohenden Bewährungswiderruf, zu gewärtigen hat (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, Rd.-Nr. 25 zu § 140 m.w.Nn.). Zwar ist der Angeklagte durch das angefochtene Urteil nur zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten ohne Aussetzung der Vollstreckung dieser Strafe zur Bewährung verurteilt worden. Da der Angeklagte die vorliegende Tat jedoch in laufender Bewährungszeit beging, hat er aufgrund dieses Urteils mit dem Widerruf der Strafaussetzung hinsichtlich des Strafrestes von einem Jahr und sechs Monaten aus dem Urteil des Amtsgerichts Saarbrücken, Az. 5 Js 14/95 vom 19. April 1996 zu rechnen. Bei dieser Sachlage wäre es erforderlich gewesen, dem Angeklagten einen Verteidiger gemäß § 140 Abs. 2 StPO zu bestellen (vgl. auch OLG Hamm, NStZ - RR 1998, 243; OLG Köln, Strafverteidiger 1998, 645; BayObLG, NJW 1995, 2738).
Die Hauptverhandlung hätte deshalb nicht ohne einen Verteidiger stattfinden dürfen. Dies hat das Amtsgericht nicht berücksichtigt. Die Durchführung der Hauptverhandlung ohne Mitwirkung eines Verteidigers entgegen § 140 Abs. 2 StPO stellt einen absoluten Revisionsgrund gemäß § 338 Nr. 5 StPO dar (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, Rd.-Nr. 41 zu § 338 m.w.Nn.).
Das angefochtene Urteil ist bereits aufgrund dieser Verfahrensrechtsverletzung mit den Feststellungen aufzuheben."
Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich der Senat an.
Ende der Entscheidung
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