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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Beschluss verkündet am 25.04.2005
Aktenzeichen: 10 W 300/05
Rechtsgebiete: PatG, BGB, ZPO, BRAGO, RVG, GKG, KostO


Vorschriften:

PatG § 143 Abs. 3
PatG § 143 Abs. 5
BGB § 247
BGB § 632
ZPO § 91 Abs. 1 S. 1
ZPO § 91 Abs. 2 S. 2
ZPO § 104 Abs. 3
ZPO § 567 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 567 Abs. 2 S. 2
ZPO § 568 S. 2 Nr. 2
ZPO § 569 S. 1
ZPO § 572
BRAGO § 11
BRAGO § 134
RVG § 61
GKG § 71
KostO § 161 S. 2
§ 143 Abs. 5 PatG (jetzt: § 143 Abs. 3 PatG) in der Fassung von Art 7 Ziffer 36 des Gesetzes zur Bereinigung von Kostenregelungen auf dem Gebiet des geistigen Eigentums vom 13. Dezemberg 2001 erfaßt auch laufende Verfahren, die vor dem 1. Januar 2001 begonnen haben und nach diesem Zeitpunkt in der Instanz beendet worden sind. Auf den Zeitpunkt der Entstehung der Gebühren des Patentanwalts kommt es nicht an.
Oberlandesgericht Dresden

Aktenzeichen: 10 W 300/05

Beschluss

des 10. Zivilsenats

vom 25. April 2005

In dem Rechtsstreit

wegen: Verstoß gegen UWG und UrhG

hat der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden ohne mündliche Verhandlung durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. , Richter am Oberlandesgericht Dr. Richter am Amtsgericht

beschlossen:

Tenor:

1. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluß des Landgerichts Leipzig vom 20. Dezember 2004, Az.: 5 O 1456/97, wie folgt abgeändert:

Die von den Beklagten als Gesamtschuldner an die Klägerin nach dem rechtskräftigen Endurteil des Landgerichts Leipzig vom 2. Juli 2004 zu erstattenden Kosten einschließlich der Gerichtskosten in Höhe von 6.366,61 Euro werden für die 1. Instanz auf 16.588,23 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 30. August 2004 festgesetzt.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Beklagten als Gesamtschuldner zu tragen.

3. Der Beschwerdewert wird auf 3.911,13 Euro festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin wendet sich gegen die Nichtberücksichtigung von Reisekosten sowie die teilweise Nichtanerkennung von Kosten eines Patentanwaltes im Rahmen der Kostenfestsetzung.

Mit ihrer am 5./6. März 1997 erhobenen Klage nahm die Beschwerdeführerin die Beklagten und Beschwerdegegner auf Unterlassung wettbewerbswidriger und urheberrechtsverletzender Handlungen in Anspruch. Die Klägerin ließ sich von einer überörtlichen Anwaltssozietät vertreten, die bis Anfang 2001 eine Niederlassung in Leipzig unterhielt; seither wurde der Rechtsstreit von der Niederlassung in München aus begleitet. Die beauftragten Rechtsanwälte versicherten sich der Mitwirkung eines Patentanwaltes.

Nach den Terminen zur mündlichen Verhandlung am 16. September 1997, 22. Januar 2002, 16. April 2002 und vom 20. April 2004, an denen neben dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin jeweils auch der Patentanwalt teilnahm, sowie nach Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens gab das Landgericht Leipzig der Klage mit Urteil vom 2. Juli 2004 statt und erlegte den Beklagten die Kosten des Rechtsstreits als Gesamtschuldner auf. Die dagegen gerichtete Berufung nahmen die Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht Dresden am 26. Oktober 2004 zurück.

Auf den Kostenfestsetzungsantrag der Klägerin vom 26. August 2004, geändert mit Schriftsatz vom 1. Oktober 2004, und nach Stellungnahme der Beklagten setzte das Landgericht Leipzig am 20. Dezember 2004 die von den Beklagten nach dem landgerichtlichen Urteil vom 2. Juli 2004 zu erstattenden Kosten (inkl. Gerichtskosten in Höhe von 6.366,61 Euro) auf 12.677,10 Euro nebst Zinsen fest. Nach Auffassung des Landgerichts hätte die Klägerin einen Anwaltswechsel durchführen müssen, nachdem die Niederlassung der beauftragten Sozietät in Leipzig geschlossen worden sei. Weiterhin vertritt das Landgericht die Auffassung, daß im Hinblick auf die Erstattung von Patentanwaltsgebühren § 143 Abs. 5 PatG in der vor Inkrafttreten des Kostenbereinigungsgesetzes geltenden Fassung anwendbar sei.

Gegen den am 10. Januar 2005 zugestellten Kostenfest-setzungsbeschluß hat die Klägerin am 21. Januar 2005 sofortige Beschwerde eingelegt. Das Landgericht Leipzig hat der Beschwerde mit Beschluß vom 15. März 2004 nicht abgeholfen und sie dem Oberlandesgericht Dresden am 17. März 2005 zur Entscheidung vorgelegt. Die Beschwerdegegnerin hat Gelegenheit erhalten, zu dem Rechtsmittel der Klägerin Stellung zu nehmen. Mit Beschluß vom 22. April 2005 hat der Einzelrichter das Verfahren nach § 568 S. 2 Nr. 2 ZPO auf den Beschwerdesenat übertragen.

II.

Die nach den §§ 104 Abs. 3, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 2, 568 S. 2 Nr. 2, 569 S. 1, 572 ZPO statthafte und zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Zu Unrecht hat es das Landgericht abgelehnt, Patentanwaltsgebühren in beantragter Höhe sowie Reisekosten des Prozeßbevollmächtigten der Klägerin von München nach Leipzig und zurück gegen die Beklagten als Gesamtschuldner festzusetzen.

1. Die Klägerin kann nach § 143 Abs. 3 PatG, welcher dem bis zum 1. August 2002 geltenden § 143 Abs. 5 PatG entspricht (vgl. Art. 3 Ziffer 2, Art. 34 des Gesetzes zur Änderung des Rechts der Vertretung durch Rechtsanwälte vor den Oberlandesgerichten vom 23. Juli 2002, BGBl. I S. 2850 ff, 2851, 2861), von den Beklagten neben Auslagen und Kosten auch die für die Mitwirkung eines Patentanwalts angefallenen drei Gebühren in Höhe von 4.037,94 Euro erstattet verlangen.

a) Der Gesetzgeber hat durch Art. 7 Ziffer 36 des Gesetzes zur Bereinigung von Kostenregelungen auf dem Gebiet des geistigen Eigentums vom 13. Dezember 2001 (BGBl. 2001 I S. 3656 ff, 3671) die Begrenzung aufgehoben, der eine Erstattung von Kosten des Patentanwalts unterlag. Nach Art. 30 des Gesetzes trat die Neuregelung grundsätzlich zum 1. Januar 2002 in Kraft. Die Bedeutung dieser Regelung für Verfahren, die vor dem 1. Januar 2002 begonnen und erst nach dem Inkrafttreten des Gesetzes abgeschlossen worden sind, ist umstritten.

b) Zunächst einmal liegt es nahe, daß Gesetz beim Wort zu nehmen und es auf alle - auch laufenden - Verfahren anzuwenden (vgl. BPatG, Beschluß vom 15. Mai 2003 - 2 Ni 24/00 (EU), BPatGE 47, 50 ff; OLG München, Beschluß vom 28. Februar 2003 - 11 W 2672/02, MDR 2003, S. 1143; OLG Nürnberg, Beschluß vom 26. August 2002 - 3 W 2502/02, OLGR Nürnberg 2003, S. 78 f mit Anm. Hansens RVG-Report 2003, S. 16 f). Genau besehen läßt sich diese Regel in ihrer Allgemeinheit indessen nicht aufrechterhalten. Es besteht nämlich Einigkeit darüber, daß nicht jeder Kostenfestsetzungsantrag, der nach dem 1. Januar 2002 bei Gericht eingeht, unter Zugrundelegung der neuen Rechtslage zu beurteilen ist. Die Anwendung von § 143 Abs. 3 PatG n.F. ist jedenfalls davon abhängig, daß sich das Streitverfahren, bei dem der Patentanwalt mitgewirkt hat, über den Zeitpunkt des Inkrafttretens der gesetzlichen Neufassung erstreckt. Wird erst nach dem 1. Januar 2002 eine Festsetzung von Kosten eines vor dem 1. Januar 2002 abgeschlossenen Verfahrens beantragt, verbleibt es also bei der Erstattungsfähigkeit von Patentanwaltskosten bis zur Höhe einer Gebühr nach § 11 BRAGO. Der Grund für diese Einschränkung besteht darin, daß § 143 Abs. 3 PatG andernfalls eine echte Rückwirkung entfalten würde (vgl. zur echten Rückwirkung: Larenz, Methodenlehre, 6. Aufl. 1991, S. 424). Denn die Mitwirkung eines Patentanwalts auf Seiten der obsiegenden Partei, für deren Kosten der unterlegene Gegner aufkommen soll, erfolgte vor dem Inkrafttreten des Gesetzes vom 13. Dezember 2001. Für die rückwirkende Regelung dieses in sich abgeschlossenen Tatbestandes bestehen keine hinreichend gewichtigen Gründe. Da aber nicht anzunehmen ist, daß der Gesetzgeber eine verfassungsrechtlich bedenkliche Regelung hat treffen wollen, ist § 143 Abs. 3 PatG n.F. zumindest einschränkend nur auf solche Erkenntnisverfahren anzuwenden, die nach dem 1. Januar 2002 abgeschlossen worden sind (vgl. OLG München a.a.O.; Hansens, a.a.O., S. 17).

c) Die Schwierigkeiten bei der Bestimmung des Anwendungsbereichs des geänderten § 143 Abs. 3 PatG sind damit jedoch noch nicht behoben. Denn auch die Behandlung der Fälle, in denen - wie hier - ein Patentverletzungsverfahren vor dem 1. Januar 2002 begonnen und nach diesem Stichtag beendet worden ist, erscheint zweifelhaft. Die gesetzliche Neuregelung entfaltet in diesen Fällen nämlich eine sog. unechte Rückwirkung (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluß vom 18. Dezember 2002 - 2 W 29/02, OLGR 2003, S. 168 ff, sowie Larenz, a.a.O., S. 424, 425), in dem sie die Parameter eines laufenden Verfahrens verändert und im Gegensatz zur früheren Rechtslage eine uneingeschränkte Erstattung der Gebühren eines Patentanwalts erlaubt.

aa) Bewertet man das gesetzgeberische Ziel der Neuregelung höher als das Interesse der erstattungspflichtigen Partei an der Beibehaltung der ursprünglichen Erstattungsregelung, so ist dieser Eingriff hinnehmbar. In den Vordergrund rückt dann das gesetzgeberische Anliegen, eine der Stellung des Patentanwalts angemessene und seiner tatsächlichen Arbeitsleistung entsprechende Kostenerstattung zu ermöglichen (vgl. BT-Ds 342/01, S. 84 sowie BT-Ds 14/6203, S. 64).

bb) Nach anderer Ansicht beweist der Umstand, daß sich im Gesetz zur Bereinigung von Kostenregelungen auf dem Gebiet des geistigen Eigentums vom 13. Dezember 2001 keine Übergangsregelung findet und auch die Gesetzesmaterialien keinen Aufschluß darüber geben, wie in solchen, am 1. Januar 2002 bereits anhängigen Rechtsstreitigkeiten verfahren werden soll, gerade die Lückenhaftigkeit des Gesetzes (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluß vom 18. Dezember 2002 - 2 W 29/02, OLGR 2003, S. 168 ff, 170 sowie anscheinend auch der 3. Senat des Bundespatentgerichts, Beschluß vom 12.11.2002 - 3 ZA (pat) 44/02 zu 3 Ni 11/01 (EU); der Inhalt dieses Beschlusses ist in der Entscheidung des 2. Senates des BPatG vom 15. Mai 2003, a.a.O., wiedergegeben). Gegen ein beredtes Schweigen des Gesetzgebers im Sinne einer uneingeschränkten Anwendbarkeit der gesetzlichen Neuregelung auf Altverfahren spricht nach dieser Auffassung, daß die unechte Rückwirkung eines Gesetzes die begründungsbedürftige Ausnahme bildet, für die es hier an Rechtfertigungsgründen fehlt. Denn schon seit 1936 waren Gebühren eines Patentanwalts nur noch begrenzt erstattungsfähig (vgl. die Nachweise bei OLG Düsseldorf, Beschluß vom 18. Dezember 2002, a.a.O.), so daß ein berechtigtes Vertrauen der Parteien eines Patentverletzungsverfahrens auf eine Fortgeltung der gesetzlichen Regelung bestand. Dem Schutz dieses Vertrauens entspricht es, bei der Frage der Erstattungsfähigkeit von Patentanwaltsgebühren auf den Zeitpunkt der Einleitung des Erkenntnisverfahrens abzustellen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluß vom 18. Dezember 2002, a.a.O., S. 170). Denn es ist zu Beginn des Verfahrens, daß beide Prozeßparteien das kostenmäßige Risiko einer gerichtlichen Auseinandersetzung abschätzen und ihr künftiges Prozeßverhalten entsprechend einrichten. Eine kurzfristige Änderung der Gesetzeslage, wie sie hier eingetreten ist, macht es den Parteien dagegen nicht ohne weiteres möglich, ihr Verhalten rechtzeitig auf die geänderte Rechtslage einzustellen.

cc) Bei der Bewertung des Gesetzes als lückenhaft taucht dann allerdings das Problem auf, unter Rückgriff auf welche Regelungen diese Lücke geschlossen werden kann. Der Vorschlag, die §§ 134 BRAGO, 61 RVG, 71 GKG, 161 S. 2 KostO analog anzuwenden, begegnet insoweit Bedenken, als diese Vorschriften das Verhältnis der Partei zu ihrem Prozeßbevollmächtigten und zum Gericht betreffen (vgl. BPatG, Beschluß vom 15. Mai 2003, a.a.O.; OLG München, Beschluß vom 28. Februar 2003, a.a.O.; OLG Nürnberg, Beschluß vom 26. August 2002, a.a.O.; Hansens, a.a.O.). Bei der Frage, ob Patentanwaltsgebühren in voller Höhe zu erstatten sind, geht es dagegen um das Verhältnis der unterlegenen zur obsiegenden Partei. Ob auch hier ein allgemeiner Grundsatz gilt, wonach Änderungen des Gebühren- und Erstattungsrechts schwebende Verfahren nicht erfassen, ist fraglich und umstritten (befürwortend: OLG Düsseldorf, Beschluß vom 18.12.2002, a.a.O.; verneinend: BPatG, Beschluß vom 15. Mai 2003, a.a.O.).

d) Unter Würdigung der widerstreitenden Argumente gelangt der Senat zu dem Ergebnis, daß die Regelung in § 143 Abs. 3 PatG auch auf Verfahren anzuwenden ist, die bereits vor dem 1. Januar 2002 begonnen und nach diesem Zeitpunkt abgeschlossen worden sind. Nach Auffassung des Senats kommt es allein auf die Beendigung des Verfahrens durch Erlaß einer Kostengrundentscheidung und nicht auf den Zeitpunkt der Mitwirkungshandlungen des Patentanwalts an.

aa) Bereits die Prämisse des Oberlandesgerichts Düsseldorf, das Gesetz zur Bereinigung von Kostenregelungen auf dem Gebiet des geistigen Eigentums vom 13. Dezember 2001 sei lük-kenhaft, ist unzutreffend. Zwar legt die Gesetzesbegründung nahe, daß sich der Gesetzgeber über die Frage der Anwendbarkeit auf laufende Verfahren keine Gedanken gemacht hat. Mit Art. 30 Abs. 1 des Gesetzes hat er jedoch eine - seinem Wortlaut nach - klare und unmißverständliche Regelung getroffen, durch die eine Anwendung der Gesetzesänderung auf die noch anhängigen Verfahren angeordnet wird. Die Annahme einer Gesetzeslücke, welche überhaupt erst durch eine wertende Betrachtung des Gesetzes aufgetan wird (vgl. Rüthers, Rechtstheorie, 2. Aufl. 2005, Rn 839, S. 535), führt dagegen dazu, daß sich nun der Richter an die Stelle des Gesetzgebers setzt und die Lücke durch eine, seinen Gerechtigkeitsvorstellungen entsprechende, fragwürdige Analogie (vgl. oben 1 c cc) schließt.

bb) Darüber hinaus ist das Vertrauen einer Partei in den Fortbestand einer restriktiven gesetzlichen Erstattungsregelung in Anbetracht des mit der Neuregelung verbundenen gesetzgeberischen Anliegens nicht schutzwürdig. Es ist schon fraglich, ob ein solches Vertrauen bei der Schnellebigkeit "moderner" Gesetzgebung überhaupt gerechtfertigt ist. Auch Änderungen der Rechtsprechung sind von den Parteien - trotz der damit verbundenen Härten - hinzunehmen, selbst wenn sie eine ursprünglich erfolgversprechende Rechtsverfolgung später als aussichtslos erscheinen lassen. Ungeachtet dessen besteht kein hinreichend gewichtiger Grund, die Kosten eines Patentanwalts teilweise von der Erstattungspflicht auszunehmen. Denn diese Regel belastet die erstattungsberechtigte Partei trotz ihres Prozeßsiegs und verringert das Prozeßführungsrisiko der unterlegenen Partei.

cc) Der Senat ist allerdings in Abweichung der bisher ergangenen - die Patentanwaltsgebühren in voller Höhe zusprechenden - Entscheidungen der Ansicht, daß es für die Frage der Anwendbarkeit von § 143 Abs. 3 PatG in seiner neuen Fassung nicht auf den Zeitpunkt der verschiedenen Mitwirkungshandlungen des Patentanwalts (vgl. BPatG, Beschluß vom 15. Mai 2003, a.a.O., OLG München, Beschluß vom 28. Februar 2003, a.a.O., OLG Nürnberg, Beschluß vom 26. August 2002, a.a.O.), sondern auf die Beendigung des Erkenntnisverfahrens und den Erlaß einer Kostengrundentscheidung ankommt. Ob nämlich eine Verhandlung oder eine Beweisaufnahme unter Mitwirkung des Patentanwalts vor oder nach dem 1. Januar 2002 stattfindet, ist vom Zufall abhängig. Bei der Beurteilung der Erstattungsfähigkeit von Patentanwaltsgebühren auf den Zeitpunkt der Mitwirkungshandlung abzustellen, führt überdies zu mißlichen Ergebnissen. Wird etwa in einem vor dem 1. Januar 2002 eingeleiten Verfahren eine Beweisaufnahme vor Inkrafttreten der Neuregelung und ein Verhandlungstermin nach diesem Stichtag durchgeführt, so dürften nach dieser Ansicht nur zwei Gebühren erstattungsfähig sein. Schließlich bestehen Bedenken, die Entstehenstatbestände der BRAGO unmittelbar auf die Gebühren des Patentanwalts anzuwenden. Denn die BRAGO wird bei einem Patentanwalt lediglich dazu herangezogen, die nach § 632 BGB übliche Vergütung zu bestimmen (Grundlage ist die - nicht amtliche - Gebührenordnung für Patentanwälte; vgl. Benkard, PatG, 9. Aufl. 1993, § 143 PatG Rn 19, S. 1353; Schulte, PatG, 5. Aufl. 1994, § 143 PatG Rn 15, S. 954).

e) Die geltend gemachten Kosten des klägerischen Patentanwalts waren daher in voller Höhe (4.944,06 Euro) gegen die Beklagten festzusetzen.

2. Die Klägerin kann von den Beklagten überdies die Reisekosten ihres Prozeßbevollmächtigten zu den Terminen am 22. Januar 2002, 16. April 2004 und 20. April 2004 erstattet verlangen, § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Zuzüglich der Gebühren und Auslagen des klägerischen Prozeßbevollmächtigten ergeben sich damit erstattungsfähige Rechtsanwaltskosten in Höhe von 5.277,56 Euro.

a) Die Klägerin war aus kostenrechtlichen Gesichtspunkten nicht dazu verpflichtet, einen Anwaltswechsel vorzunehmen. Denn ein Anwaltswechsel bedeutete keine kostengünstige Alternative zu der Beibehaltung der bei Verfahrensbeginns beauftragten Rechtsanwaltssozietät. Im Zeitpunkt, in dem die Niederlassung der Sozietät in Leipzig geschlossen worden ist, waren nämlich bereits drei Gebühren aus dem vollen Streitwert angefallen. Die Vornahme eines Anwaltswechsels hätte dementsprechend zu einer Verdoppelung der erstattungsfähigen Gebühren geführt, da auch nach 2001 eine Verhandlung durchgeführt und Beweise erhoben worden sind.

b) Ein Anwaltswechsel war auch nicht notwendig, § 91 Abs. 2 S. 2 ZPO. Denn die Aufgabe der Niederlassung in Leipzig beruht auf einem freiwilligen Entschluß der beauftragten Sozietät und kann kostenmäßig nicht zu Lasten der Beklagten gehen.

c) Stand der Klägerin aus Erstattungsgesichtspunkten der Weg eines Anwaltswechsels nicht offen, kann sie unter den hier obwaltenden besonderen Umständen die Reisekosten ihres nunmehr aus München anreisenden Prozeßbevollmächtigten erstattet verlangen. Denn ihr Anwalt, ein Spezialist auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes, war bereits vorgerichtlich mit der Angelegenheit befaßt, hatte den Prozeß bis 2001 von Leipzig aus begleitet und hatte das besondere Vertrauen der Klägerin. Diese Umstände hätten bereits bei der erstmaligen Beauftragung eines Rechtsanwalts zur Rechtsverfolgung im Prozeß die Wahl eines weder am Sitz der Partei noch am Gerichtsort ansässigen Rechtsanwalts gerechtfertigt.

d) Auch der Höhe nach bestehen keine Bedenken gegen die geltend gemachten Reisekosten des Prozeßbevollmächtigten der Klägerin. Die Anreise per Bahn anstelle einer Flugreise stellt keine kostengünstigere Möglichkeit dar, da die Hin- und Rückfahrt von München nach Leipzig und zurück länger als 10 Stunden dauert und somit neben den Reisekosten auch Übernachtungskosten angefallen wären (vgl. OLG Dresden, Beschluß vom 1. April 1998 - 15 W 374/98, NJW-RR 1998, S. 1292, 1293). Eine einfache Fahrt von München nach Leipzig 1. Klasse kostet allein 147,00 Euro (Fahrplanauskunft der DB vom 19. April 2005).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO. Der Beschwerdewert wurde gemäß der §§ 3, 4 ZPO, 47 GKG festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird nach § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2, ABs. 3 ZPO im Hinblick auf die Frage der unechten Rückwirkung von § 143 Abs. 3 PatG in der Fassung des Gesetzes zur Bereinigung von Kostenregelungen auf dem Gebiet des geistigen Eigentums vom 13. Dezember 2001 (BGBl. 2001 I S. 3656 ff) zugelassen. Die Beantwortung dieser Frage ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich und hat grundsätzliche Bedeutung.

Ende der Entscheidung

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