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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Beschluss verkündet am 24.10.2001
Aktenzeichen: 11 W 1608/01
Rechtsgebiete: VOB/B


Vorschriften:

VOB/B § 17 Ziff. 5
VOB/B § 17 Ziff. 6
Der Auftraggeber benachteiligt den Auftragnehmer unangemessen (§ 9 AGBG), wenn er einen Einbehalt zur Sicherung seiner Gewährleistungsrechte beansprucht, dem Auftragnehmer aber nur die Möglichkeit gibt, diesen Einbehalt durch Stellung einer Bürgschaft zu überwinden. Es kommt nicht darauf an, ob die verlangte Bürgschaft eine solche auf erstes Anfordern ist.
Oberlandesgericht Dresden des 11. Zivilsenats Beschluss

Aktenzeichen: 11 W 1608/01

vom 24.10.2001

In dem Rechtsstreit

wegen PKH-Beschwerde

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden durch

Vorsitzenden Richter Richter am Landgericht und Richter am Amtsgericht

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Klägers wird der Prozesskostenhilfebeschluss des Landgerichts Zwickau - Außenkammer Plauen - vom 03.07.2001 in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 10.10.2001 geändert:

Der Kläger erhält Prozesskostenhilfe für die erste Instanz für das Einklagen weiterer 7.406,51 DM.

Die Beschwerdeentscheidung ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Der Kläger macht als Insolvenzverwalter der restlichen Werklohn gegen die Beklagte geltend. Die Beklagte war Auftraggeberin der Gemeinschuldnerin u. a. für drei Bauvorhaben in Dresden, Prellerstraße, Goetheallee und Agnes-Smedley-Straße.

Der Kläger wollte 22.506,48 DM einklagen, das Landgericht hat ihm Prozesskostenhilfe bewilligt nur für eine Klage in Höhe von 7.171,50 DM. Der Kläger nimmt die Zurückweisung seines Antrages für eine Teilforderung hin und begehrt weitere Prozesskostenhilfe nur noch für eine Erweiterung der Klage um zusätzliche 7.406,51 DM.

Diese Summe setzt sich zusammen wie folgt:

Sicherheitseinbehalt für die Prellerstraße in Höhe von 1.914,33 DM Sicherheitseinbehalt für die Goetheallee in Höhe von 1.375,23 DM Sicherheitseinbehalt für die Agnes-Smedley-Straße in Höhe von 4.116,95 DM.

Es ist unstreitig, dass die Beklagte in dieser Höhe Werklohn zur Sicherung der Gewährleistungsansprüche einbehalten hat und nach Ablauf der Gewährleistungsfrist noch an den Kläger bezahlen müsste.

Alle drei Bauvorhaben sind mit demselben formularmäßig gestalteten "Subunternehmer-Bauvertrag" ausgeführt worden. Dieser Vertrag enthält unter Ziffer 9 jeweils die Regelung: "Sicherheitsleistung: 5 % der Bruttoabrechnungssumme des Auftragnehmers als Bankbürgschaft". Alle Verträge enthalten als Ziffer 14 u. a. die Vereinbarung: "Es gilt die VOB Teil B und C als vereinbart.".

Die Beklagte versteht die vertragliche Regelung so, dass der Vertrag das Wahlrecht des Unternehmers nach § 17 Nr. 3 VOB/B abbedungen habe. Der Kläger meint, ihm stehe dieses Wahlrecht zu. Er hat die Beklagte mit Fristsetzung aufgefordert, den Sicherheitseinbehalt auf ein gemeinsames Konto einzubezahlen. Das hat die Beklagte nicht getan. Deswegen hält sich der Kläger für berechtigt, gemäß § 17 Nr. 6 Abs. 3 Satz 2 VOB/B die Auszahlung zu verlangen.

Das Landgericht hat gemeint, der Kläger könne aus den Verträgen der Gemeinschuldnerin mit der Beklagten keine Wahlrechte betreffend die Sicherheitsleistung mehr ausüben, weil er nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 15.11.1999 gegenüber der Beklagten abgelehnt habe, in die Verträge einzutreten gemäß § 103 Insolvenzordnung.

Mit der Beschwerde wendet sich der Kläger nur noch gegen die Zurückweisung der Prozesskostenhilfe betreffend die drei genannten Sicherungseinbehalte.

Die Beschwerde ist zulässig und begründet.

Wir verstehen die Werkverträge zwischen der Gemeinschuldnerin und der Beklagten so wie die Beklagte und das Landgericht: Ziffer 9 betreffend den Sicherheitseinbehalt schließt die Regelung von § 17 Ziff. 5 und 6 VOB/B über die Hinterlegung aus. Damit steht fest, dass die Gemeinschuldnerin nicht die Möglichkeit hatte, vom Auftraggeber die Einzahlung des Sicherheitseinbehalts auf ein Sperrkonto zu verlangen. Diese Regelung, getroffen in einer allgemeinen Geschäftsbedingung, benachteiligt die Interessen des Auftragnehmers unangemessen und ist deswegen gemäß § 9 AGBG unwirksam. Sie zwingt den Unternehmer nämlich, entweder für fünf Jahre auf einen unbestrittenen Anspruch zu verzichten und insoweit das Insolvenzrisiko des Auftraggebers zu tragen oder aber seine Liquidität durch die Bankbürgschaft, welche regelmäßig auf Kosten der Kreditlinie geht, zu schmälern. Damit wird das Interesse des Auftraggebers, sich gegen die Insolvenz des Auftragnehmers zu sichern, einseitig auf Kosten des Auftragnehmers befriedigt. Die Einzahlung des Betrages auf ein gemeinsames Konto schützt beide Interessen angemessen und darf deswegen durch AGB nicht abbedungen werden. Das ist im Grundsatz auch vom Bundesgerichtshof anerkannt, vgl. zuletzt das Urteil vom 02.03.2000, VII ZR 475/98, u. a. veröffentlicht in BauR 2000, 1052. Im dort entschiedenen Fall war wie hier der Sicherungseinbehalt nur durch eine nicht näher beschriebene Bürgschaft ablösbar. Damit konnte auch eine Bürgschaft auf erstes Anfordern gemeint gewesen sein. Das hat der Bundesgerichtshof nicht für einen angemessenen Ausgleich und zusätzlich für zu unbestimmt gehalten.

Die Unwirksamkeit von Ziffer 9 der Werkverträge hat zur Folge, dass die Beklagte zu keinem Zeitpunkt ein Zurückbehaltungsrecht von 5 % der Bruttowerklohnsumme hatte und sich auch in diesem Verfahren nicht darauf berufen kann. Es kommt daher nicht darauf an, ob der Kläger noch ein Wahlrecht aus dem Werkvertrag ausüben kann, nachdem er erklärt hat, gemäß § 103 Insolvenzordnung nicht in die Verträge einzutreten.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 127 Abs. 4 ZPO.

Ende der Entscheidung

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