Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Urteil verkündet am 17.01.2001
Aktenzeichen: 12 U 2267/00
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, StGB


Vorschriften:

ZPO § 286
BGB § 826
BGB § 823 Abs. 2
StGB § 288
Leitsatz

Eine Veräusserung sämtlicher Geschäftsanteile einer GmbH ohne Sicherheit für den Kaufpreisanspruch, die hinsichtlich eines gleichzeitigen Geschäftsführer- und Sitzwechsels im Passivprozess der Gesellschaft nur verspätet angezeigt wird und infolge einer Handlungsvollmacht eines bisherigen Geschäftsführers für den Verkehr nicht in Erscheinung tritt, kann den Anscheinsbeweis der Schädigungsabsicht im Sinne einer Sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung oder Vollstreckungsvereitelung begründen.

§§ 286 ZPO, 826, 823 Abs. 2 BGB, 288 StGB


Oberlandesgericht Dresden

Aktenzeichen: 12 U 2267/00 4 HKO 2236/00 Landgericht Chemnitz

Verkündet am 17. Januar 2001

Die Urkundsbeamtin: Justizsekretärin

Im Namen des Volkes! Urteil

In dem Rechtsstreit

- Klägerin und Berufungsklägerin - Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte

gegen

1.

2.

- Beklagte und Berufungsbeklagte -

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt

wegen Schadenersatzforderung

hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 20. Dezember 2000 durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht

Richterin am Landgericht und

Richter am Oberlandesgericht

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Chemnitz vom 28. Juli 2000 abgeändert und die Beklagten gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Klägerin 56.450,90 DM nebst 5 % Zinsen aus 42.148,52 DM seit 14. September 1999, aus weiteren 6.741,48 DM seit 20. März 2000 sowie aus weiteren 7.560,90 DM seit 4. Oktober 2000 zu bezahlen.

II. Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Beschwer der Beklagten liegt unter 60.000 DM.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt Schadenersatz für ausgefallene Werklohnforderungen gegen die (i.f. die Schuldnerin), deren Geschäftsführer und Gesellschafter die Beklagten waren.

Die Klägerin hatte über ihre Leistungen unter dem 18. Januar 1999 eine Schlußrechnung erstellt und am 13. August 1999 Klage erhoben, die das Landgericht mit Urteil vom 23. Dezember 1999 weitgehend zugesprochen hat. Die Berufung der Schuldnerin hat der Senat mit rechtskräftigem Versäumnisurteil vom 5. April 2000 zurückgewiesen.

Ausweislich der Urkunde des Notars , , UR Nr. 977/1999 vom 28. Juni 1999 (Kopie Bl. 153 dA.) haben die Beklagten ihre Geschäftsanteile an der Schuldnerin an Rechtsanwalt (i.f. den Käufer) für insgesamt 750.000 DM verkauft und mit sofortiger Wirkung abgetreten, gleichzeitig wurde als alleiniger Geschäftsführer der Käufer bestellt und der Sitz der Schuldnerin nach verlegt. Der Vertrag enthält 30 einzelne Zusicherungen der Beklagten im Hinblick auf die Rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Schuldnerin, aber keine Sicherheiten der Beklagten für den Kaufpreisanspruch oder Ansprüche im Falle einer eventuellen Rückabwicklung. Die veränderten Geschäftsangaben hat die durch den hiesigen Beklagtenvertreter vertretene Schuldnerin im Vorprozess zunächst nicht mitgeteilt, sondern lediglich am 9. Dezember 1999 in der Verhandlung vor dem Landgericht erklärt, der Beklagte zu 1 sei als Geschäftsführer ausgeschieden, er werde daher als Zeuge angeboten. In der Berufungsschrift vom 3. Januar 2000 wird die Schuldnerin nuch mit den abberufenen Geschäftsführern und der Geschäftsadresse bezeichnet, eine Berichtigung des Passivrubrums schließlich mit Schriftsatz vom 14. Februar 2000 beantragt.

Die Klägerin meint, der Käufer sei ein Strohmann und der Kaufvertrag ein Scheingeschäft, mit dem ihre Zwangsvollstreckung vereitelt werden solle. Sie habe anlässlich der Mitteilung des geänderten Rubrums eine Vorpfändung gegenüber der ausgebracht, die der Schuldnerin unter der Adresse nicht habe zugestellt werden können. Von Konten der Schuldnerin bei der seien Beträge in siebenstelliger Höhe teils mit unbekanntem Ziel, teils zur Ablösung von Grundschulden auf einem von der Schuldnerin an die Beklagten übertragenen Grundstück in abgeflossen. Der Käufer existiere gar nicht, zumindest sei er niemals als Rechtsanwalt zugelassen gewesen. Daher handelten für die Schuldnerin nach wie vor die Beklagten.

Sie haben beantragt, die Beklagten zur Zahlung in Höhe der gegen die Schuldnerin titulierten Haupt- und Zinsforderung zu verurteilen.

Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt und vorgetragen, der Kaufvertrag sei ein ernstgemeinter Geschäftsanteilskauf zu einem dem Wert der Schuldnerin angepassten Kaufpreis gewesen. Der Verzicht auf jede Sicherheit zugunsten der verkaufenden Beklagten sei genauso ein Versehen wie die unterlassene Änderung bzw. Führung der früheren Geschäftsangaben im Vorprozess.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil die Klägerin eine vorsätzliche Schädigung durch die Beklagten und einen Schaden nicht hinreichend dargelegt habe.

Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin, die ihren Vortag insbesondere zum Haftungsgrund vertieft und beantragt unter Erweiterung der Kläge um einen mittlerweile rechtskräftigen Kostenfestsetzungsbeschluss aus dem Vorprozess,

das Urteil des Landgerichts vom 28. Juli 2000 abzuändern und die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an die Klägerin 56.450,90 DM nebst 5 % Zinsen aus 42.148,52 DM seit 14. September 1999, aus weiteren 6.741,48 DM seit 20. März 2000 sowie aus weiteren 7.560,90 DM seit 4. Oktober 2000 zu bezahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil und tragen unter Vorlage von Kopien der Kontoauszüge (Bl. 149 dA.) vor, die siebenstelligen Beträge seien nur zwischen Konten der Schuldnerin bei der umgebucht worden. Die Grundschuld sei nicht abgelöst, sondern in Rahmen einer Umfinanzierung abgetreten worden. Für die Schuldnerin habe aufgrund der Handlungsvollmacht in § 5 Abs. 2 des Vertrages lediglich der Beklagte zu 1 bis Ende 1999 gehandelt. Die Schuldnerin habe neben der Forderung der Klägerin keine offenen Verbindlichkeiten. Zwar sei ein Kaufpreis nicht geflossen und der Käufer unauffindbar, man habe aber am 17. März 2000 einen Mahnbescheid gegen den Käufer beantragt, der zugestellt werden konnte. Früher habe man wegen der Dauer der Bearbeitung beim Registergericht nicht gegen den Käufer vorgehen können.

Die Akten des Vorprozesses (Landgericht ) waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Mitarbeiters der , den die Beklagten von der Schweigepflicht entbunden haben. Von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes wird nach § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den Feststellungen in der mündlichen Verhandlung vom 1. November 2000 zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg, weil die Beklagten aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 288 StGB sowie § 826 BGB für die gegen die Schuldnerin titulierten Forderungen der Klägerin haften. Die Klägerin hat eine Reihe letztlich unstreitiger Indizien vorgetragen, die den Schluss auf ein Scheingeschäft nahelegen, das allein zu dem Zweck eingegangen wurde, der Klägerin die Vollstreckung ihrer titulierten Forderung unmöglich zu machen. Diese Indizien haben die Beklagten überwiegend nicht anderweitig plausibel erklärt, so dass auch der Senat von einem Scheingeschäft mit Schädigungsabsicht ausgeht.

1. Die Beklagten haften dem Grunde nach gesamtschuldnerisch nach §§ 823 Abs 2 BGB iVm. 288 StGB, 826, 840 BGB für den gesamten Ausfall der titulierten Forderung, weil sie zur Überzeugung des Senats den Wechsel der Geschäftsführung, die Sitzverlegung und die Geschäftsanteilsveräußerung in der Absicht vorgenommen haben, das Vermögen der Schuldnerin der Vollstreckung der Klägerin zu entziehen. Für eine solche Schädigungsabsicht sprechen mehrere, von den Beklagten nicht anderweitig plausibel erklärte Indizien.

a) Die Absicht der Schädigung und Vollstreckungsvereitelung ergibt sich zwar zunächst nicht aus der behaupteten Verschiebung siebenstelliger Beträge von Konten der Schuldnerin bei der . Die Beweisaufnahme hat hier ergeben, dass das siebenstellige Guthaben der Schuldnerin nicht mit unerklärlichem Ziel abgeflossen ist, sondern entsprechend der ursprünglichen Vereinbarung mit der mit dem in gleicher Höhe im Soll stehenden Kreditkonto, das für das selbe Bauträgergeschäft eingerichtet war, verrechnet wurde.

b) Ein Indiz zu Lasten der Beklagten stellt es auch nicht dar, dass die Schuldnerin Grundschulden abgelöst hätte, die auf dem Grundstück, das mittlerweile im Eigentum der Beklagten steht, gelastet hätten. Eine solche Ablösung hat es schon nach den von der Klägerin vorgelegten Grundbuchauszügen nicht gegeben, vielmehr wurde die Grundschuld an die abgetreten. Dies ist durch die von den Beklagten vorgetragene Umschuldung zwanglos erklärbar.

c) Ein starkes Indiz gegen eine ernstgemeinte Geschäfts-anteilsübertragung und für die Schädigungsabsicht ist allerdings die Gestaltung des notariellen Geschäftsanteilskauf- und Abtretungsvertrages vom 26. August 1999.

Nach § 2 Abs. 1 dieses Vertrages treten die Beklagten die Geschäftsanteile mit sofortiger "dinglicher" Wirkung ab, während der Kaufpreis in mehreren Raten erst bis letztlich 1. Februar 2000 fällig wird. Der Vertrag enthält keine Sicherheiten der Beklagten für die Kaufpreisforderung selbst, insbesondere keine in notariellen Kaufverträgen weitgehend übliche Unterwerfung des Käufers unter die sofortige Zwangsvollstreckung. Der Vertrag enthält des Weiteren keinerlei Sicherheiten der Beklagten für den Fall einer eventuellen Rückabwicklung des Kaufvertrages wie beispielsweise eine aufschiebende Bedingung der Geschäftsanteilsabtretung, eine Verpfändung der Anteile oder einzelner Vermögensgegenstände der Schuldnerin. Das Fehlen einer wie auch immer gearteten Sicherheit zugunsten der Beklagten steht weiter im krassen Widerspruch zu den insgesamt 30 einzelnen Zusicherungen, die diese zur Absicherung des Käufers abgegeben haben.

d) Gegen eine ernsthafte Absicht, den Geschäftsanteils-abtretungsvertrag tatsächlich durchzuführen, spricht auch, dass die Beklagten ihren Kaufpreisanspruch nach eigenem Vortrag erstmalig mit Mahnbescheidsantrag vom 17. März 2000 gerichtlich geltend gemacht haben, mithin erst mehr als ein halbes Jahr nach Fälligkeit der ersten beiden Raten in Höhe von immerhin bereits 550.000 DM. Den Ablauf dieser doch beachtlichen Zeitspanne können die Beklagten auch nicht mit der Bearbeitungsdauer beim Registergericht nachvollziehbar machen. Die Kaufpreisraten waren ohne weitere Voraussetzungen jeweils zum im Vertrag genannten Termin fällig, die Gegenleistung - Abtretung der Geschäftsanteile - war zum einen bereits erbracht und ist zum anderen dem Registergericht nur anzuzeigen, wird jedoch nicht eingetragen. Einzutragen waren demgegenüber lediglich die Sitzverlegung und der Geschäftsführerwechsel. Beides ist jedoch ebenfalls keine Fälligkeitsvoraussetzung, vielmehr stehen die Eintragung wie auch die vorangegangene Beschlussfassung nicht einmal im Gegenseitigkeitsverhältnis des Kaufvertrages über die Geschäftsanteile.

e) Ein Indiz gegen die Absicht der Beklagten und des Käufers, den Kaufvertrag tatsächlich durchzuführen, ist des Weiteren, dass sich die Beklagten, insbesondere der Beklagte zu 1 auch über den Ablauf seiner Handlungsvollmacht gem. § 5 Abs. 2 des Kaufvertrages am 31. Dezember 1999 hinaus, teils als Geschäftsführer oder zumindest als rechtsgeschäftliche Vertreter der Schuldnerin geriert haben.

Zunächst hat die Schuldnerin als Beklagte des Vorprozesses den Geschäftsführerwechsel und die Sitzverlegung erstmalig mit Schriftsatz vom 14. Februar 2000, also fast acht Monate nach der zugrunde liegenden Beschlussfassung vollständig mitgeteilt. Demgegenüber hat der Prozessbevollmächtigte der heutigen wie der damaligen Beklagten noch in der Berufungsschrift vom 3. Januar 2000 als Geschäftsführer der Schuldnerin entgegen § 35 a Abs. 1 GmbHG die Beklagten angegeben. Diese teils aktive Falschbezeichnung, teils unterlassene Richtigstellung kann nicht lediglich auf einem Versehen des Prozessbevollmächtigten der damals beklagten Schuldnerin beruht haben. Nach eigenen Angaben war Rechtsanwalt an den Verhandlungen des Geschäftsanteilsabtretungsvertrages beteiligt. Es muss sich für ihn daher spätestens im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 9. Dezember 1999 aufgedrängt haben, auf eine vollständige Rubrumsberichtigung der Schuldnerin hinzuwirken, zumal er dort zu Protokoll gegeben hat, dass jedenfalls der Beklagte zu 1 "nicht mehr Geschäftsführer sei".

Weiter hat sich zumindest der unter der früheren Geschäftsadresse der Schuldnerin wohnhafte Beklagte zu 2 zumindest bis in den März 2000 als empfangsbevollmächtigt für die Schuldnerin gefühlt, weil er erkennbar Kontoauszüge der Schuldnerin, die von der übersandt wurden, entgegengenommen hat und bis zu diesem Termin keinen Anlass gesehen hatte, auf eine Berichtigung der Kontounterlagen bei der Bank hinzuwirken.

Schließlich haben sich beide Beklagte bis Dezember 2000 insofern als für die Schuldnerin vertretungsberechtigt geriert, als sie letztmalig mit Schriftsatz vom 7. Dezember 2000 die die Konten der Schuldnerin führenden Bankmitarbeiter von der Schweigepflicht entbunden und weitere Entbindungen auf Abruf in Aussicht gestellt haben.

f) Letztlich haben die Beklagten keinerlei Versuche unternommen behauptet, Vermögensgegenstände der Schuldnerin zurückzubehalten, seien es Sachmittel oder insbesondere Forderungen gegen Bauherren. Zwar schulden die Bauherren nach wie vor der Schuldnerin und nicht den Beklagten, diese könnten ihre Interessen gegenüber dem Käufer aber auch dadurch wahren, dass sie die Herausgabe von Wertgegenständen der Schuldnerin oder noch erhaltene Gelder an diesen verweigern. Solche Zahlungen hätte insbesondere der Beklagte zu 1 aufgrund seiner Handlungsvollmacht herbeiführen können.

Immerhin hatte der Beklagte zu 1 infolge der Handlungsvollmacht zunächst weiter die volle Übersicht über die Vermögenssituation der Schuldnerin. Er hat den Zahlungsverkehr geregelt. So hat er in der mündlichen Verhandlung auf Frage mitgeteilt, dass er die Auszahlungen der Schuldnerin "als Sammelüberweisung" entworfen und vom Käufer habe genehmigen lassen. Auf Vorhalt des Senats, warum er dann nicht versucht habe, auf Forderungen der Schuldnerin etwa aus laufenden oder abgeschlossenen Bauvorhaben zurückzugreifen, wurde nur erwidert, man sei davon ausgegangen, der "Zug sei bereits abgefahren" gewesen. Dem steht gegenüber, dass die Fälligkeit der ersten Kaufpreisrate bereits am 15. Juli 1999 eingetreten war und die Handlungsvollmacht nach Angabe des Beklagten zu 1 bis Dezember 1999 auch ausgeübt wurde. Die Beklagten haben nicht einmal geltend gemacht, in diesem Zeitraum, in dem der Käufer für sie noch erreichbar war, gemahnt zu haben.

In der Zusammenschau der unter c) bis f) gewerteten Indizien, die durch die unter a) und b) genannten Indizien nicht weiter erhärtet, aber auch nicht widerlegt werden, kommt der Senat zu der Überzeugung, dass die Beklagten und der Käufer eine wirtschaftliche Durchführung des Geschäftsanteilskaufes nicht gewollt haben, sondern das Rechtsgeschäft in der Absicht geschlossen wurde, Gläubigern der Schuldnerin den Zugriff auf deren Vermögen zu erschweren. Insbesondere erscheint dies nicht unter dem Gesichtspunkt fernliegend, das die Beklagten die florierende Schuldnerin nicht alleine wegen der Forderung der Klägerin aus der Hand geben werden. Der bestrittene Vortrag der Beklagten, die Schuldnerin habe keine sonstigen Verbindlichkeiten, ist offenkundig falsch. Ausweislich Bl. 113 der Akte des Vorprozesses ist eine Gerichtskostenrechnung gegen die Schuldnerin unbefristet niedergeschlagen worden, weil die Schuldnerin nicht zu ermitteln sei.

Dabei verkennt der Senat nicht, das die Klägerin beweisbelastet ist auch für die subjektive Seite der §§ 823 Abs. 2, 826 BGB. Vorliegend sind aber die Regeln über den Anscheinsbeweis anwendbar. Ein Anscheinsbeweis ist zunächst geführt, wenn ein typischer Geschehensablauf entweder unstreitig oder bewiesen ist, der nach der allgemeinen Lebenserfahrung schon auf den ersten Blick nach einem durch Regelmäßigkeit, Üblichkeit und Häufigkeit geprägten Muster den Schluss auf die Beweistatsache aufdrängt (BGH NJW 1991, 230f.). Einen solchen typischen Geschehensablauf hat die Klägerin in dem zu Vergleichszwecken herangezogenen Insolvenzeröffnungsgutachten dargestellt. Die Unternehmensübertragung zu den unter c) - f) festgestellten Umständen entspricht diesem Ablauf.

Der Anscheinsbeweis erlaubt dem Gegner des Beweisführers den Gegenbeweis. Dieser ist den Beklagten in dem unter oben a) dargelegten Umfang teilweise und in wertender Gesamtschau nicht aureichend gelungen.

Die Anteilsveräußerung, Sitzverlegung und der Geschäftsführerwechsel stellen damit zum einen eine vorsätzliche Schädigung im Sinne des § 826 BGB und zum anderen eine Vollstreckungsvereitelung im Sinne des § 288 Abs. 1 StGB dar, der Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB ist. Insbesondere ist Voraussetzung der Vollstreckungsvereitelung nicht, dass die Forderung zur Tatzeit schon tituliert und vollstreckbar ist, sondern nur, dass sie materiell besteht (BGH NJW 1991, 2420; Tröndle/Fischer, StGB, 49. A., § 288 Rn. 2). Täter des § 288 StGB können auch die Geschäftsführer als Organe iSv. § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB sein (Fischer aaO Rn. 5).

2. Die Beklagten schulden Schadensersatz in der beantragten Höhe, weil der Klägerin durch die schädigende Handlung ein Schaden in dieser Höhe entstanden ist.

Dahinstehen kann letztlich, ob die fehlgeschlagene Zustellung der Vorpfändung bei der Schuldnerin Voraussetzung der Zwangsvollstreckung war und ob diese anderenfalls Erfolg versprochen hätte.

Jedenfalls führt die Bestellung des neuen Geschäftsführers, der unstreitig nicht auffindbar ist, dazu, dass die Klägerin keinen Antrag auf Abnahme der eidesstattlichen Versicherung stellen kann, dieser würde jedoch zu weiteren Vollstreckungsmöglichkeiten führen, nachdem die Beklagten wiederholt vortragen und auch die Klägerin davon ausgeht, dass die Schuldnerin vor der schädigenden Handlung über ein Aktivvermögen verfügt hat, das zur Befriedigung der Klägerin ausreichend gewesen wäre.

Die Klägerin hat somit einen Schaden in Höhe ihrer gegen die Schuldnerin titulierten Forderung, vorliegend die unbedingt titulierte Hauptsacheforderung in Höhe von 42.148,52 DM, die Zug um Zug titulierte Hauptforderung in Höhe von 6.741,48 DM, insoweit ist die Schuldnerin in Annahmeverzug hinsichtlich der Gegenleistung, sowie schließlich einer durch Kostenfestsetzungsbeschluss titulierten Nebenforderung in Höhe von 7.560,90 DM.

3. Die Zinsforderung hinsichtlich des Hauptsache- betrages in Höhe von 42.148,52 DM und des Kostenfestsetzungsbeschlusses ergibt sich aus den Titeln gegen die Schuldnerin, hinsichtlich der zweiten Hauptforderung beruht sie auf §§ 284, 286 Abs. 1, 288 BGB.

4. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 10, 713, 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Ein Anlass zur Zulassung der Revision nach § 546 Abs. 1 Satz 2 ZPO ist nicht ersichtlich, eine nähere Begründung seiner Anregung hat auch der Beklagtenvertreter nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

Zurück