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Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Urteil verkündet am 02.03.2006
Aktenzeichen: 13 U 2242/05
Rechtsgebiete: BGB, GmbHG


Vorschriften:

BGB § 286 Abs. 2 Nr. 1
BGB § 288 Abs. 2
BGB § 311
BGB § 516 Abs. 1
BGB § 518 Abs. 1
BGB § 780
GmbHG § 11 Abs. 2
Die für die rechtliche Qualifikation als Sponsoringvertrag -in Abgrenzung zur Schenkung- erforderliche Gegenleistung der gesponserten Vertragspartei kann darin bestehen, dass sich ein während der laufenden Spielzeit insolvent gewordener Sportverein dazu verpflichtet, den Spielbetrieb mit seinen Mannschaften bis zum Saisonende fortzusetzen, um auf diese Weise die kommunikativen Ziele des dafür eine Geldleistung versprechenden Unternehmers zu unterstützen.
Oberlandesgericht Dresden IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 13 U 2242/05

Verkündet am 02.03.2006

In dem Rechtsstreit

wegen Zahlungsversprechens u.a.

hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 02.03.2006 durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ............, Richterin am Oberlandesgericht .... und Richter am Oberlandesgericht .........

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 29.11.2005 - Az.: 5 O 5840/04 - im Kostenpunkt aufgehoben sowie in der Hauptsache teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 50.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. hieraus seit dem 17.08.2004 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Wegen der weitergehenden Zinsen wird die Berufung zurückgewiesen und im Übrigen wird der Kläger im Umfang der Rücknahme der Berufung dieses Rechtsmittels für verlustig erklärt.

III. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 14 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 86 %.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

- Gegenstandswert des Berufungsverfahrens: bis 58.000,00 EUR; Beschwer der Beklagten: 50.000,00 EUR; Beschwer des Klägers: bis 2.000,00 EUR -

Gründe:

I.

Der Kläger ist Verwalter in dem am 02.02.2004 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen des ........... e.V (im Folgenden: Schuldner), eines an die Tradition des 1946 zwangsweise aufgelösten ersten Deutschen Fußballmeisters anknüpfenden und in der Zeit von 1966 bis 1991 den Namen "1. FC Lokomotive ......." führenden Sportvereins. Die Beklagte zu 1) ist eine mit Gesellschaftsvertrag vom 28.03.2003 errichtete, bislang nicht in das Handelsregister eingetragene GmbH, die beabsichtigte, sich nach Umwandlung in eine andere Rechtsform um Betriebslizenzen im Schienennahverkehr der Region ....... zu bewerben. Der Kläger nimmt die Beklagten aus einem Zahlungsversprechen über 50.000,00 EUR in Anspruch, das der Beklagte zu 2) als Geschäftsführer und Alleingesellschafter der Beklagten zu 1) in deren Namen dem Schuldner am 28.01.2004 fernmündlich erteilte und mit Schreiben vom 29.01.2004 (Anlage B 1, GA 34) bestätigte. Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat nach Beweiserhebung die Klage abgewiesen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei die versprochene Zahlung nicht - wie vom Kläger geltend gemacht - Bestandteil eines Sponsoringvertrages, sondern das Zahlungsversprechen stelle - wie die Beklagten einwenden - eine Schenkung dar, die mangels Beachtung der notariellen Form nichtig sei. Der von dem Schuldner und der Beklagten zu 1) getroffenen Vereinbarung fehle es an der einen Sponsoringvertrag kennzeichnenden Gegenleistung der durch Geld oder Sachleistung geförderten Vertragspartei. Gemeinsames Ziel sei hier vielmehr gewesen, den kostenträchtigen Spielbetrieb der Mannschaften des Schuldners bis zum Schluss der laufenden Saison 2003/2004 fortzusetzen, um dadurch bestehende Spielrechte in höheren Klassen für den Schuldner oder einen möglichen Rechtsnachfolger und "die damit verknüpften Sponsorenmöglichkeiten" zu erhalten.

Mit seiner form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung hat der Kläger die auf Zahlung von 50.000,00 EUR zuzüglich Umsatzsteuer von 8.000,00 EUR sowie Verzugszinsen gerichteten erstinstanzlichen Anträge zunächst in vollem Umfang weiterverfolgt. In Bezug auf die Umsatzsteuerforderung hat er das Rechtsmittel in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen. Der Kläger vertritt die Auffassung, eine Gegenleistung des Schuldners sei zumindest darin zu sehen, dass er der Beklagten zu 1) gestattet habe, ihr Engagement beim Versuch der "Rettung" des traditionsreichen Fußballvereins zugunsten des eigenen geschäftlichen Vorhabens öffentlichkeitswirksam herauszustellen.

Der Kläger beantragt zuletzt,

die Beklagten unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Leipzig - Az.: 5 O 5840/04 - vom 29.11.2005 zu verurteilen, an ihn 50.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.04.2004 zu zahlen.

Die Beklagten, die das angefochtene Urteil verteidigen, beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers hat im Wesentlichen Erfolg. Von einem Teil der geltend gemachten Verzugszinsen abgesehen, ist die Klage begründet.

1. Der Anspruch auf die Hauptforderung von 50.000,00 EUR folgt in Bezug auf die Beklagte zu 1) aus § 780 BGB. Einer notariellen Beurkundung gem. § 518 Abs. 1 BGB bedurfte es für die Wirksamkeit des Schuldversprechens nicht. Die vom Beklagten zu 2) im Namen der Beklagten zu 1) zunächst fernmündlich, dann mit Schreiben vom 29.01.2004 (Anlage B 1, GA 34) versprochene Zahlung ist - auch auf der Grundlage des unstreitigen Teils des Parteienvortrags - keine unentgeltliche Zuwendung nach § 516 Abs. 1 BGB, sondern die Leistung eines Sponsors. Sowohl das Landgericht als auch die Beklagten verkennen den Gegenstand eines Sponsoringvertrages.

Der Sponsoringvertrag lässt sich keinem der im BGB geregelten besonderen Schuldvertragstypen zuordnen, ist aber als Vertrag eigener Art von der Vertragsfreiheit gedeckt und insoweit in Rechtsprechung (vgl. etwa BGHZ 117, 353 = ZIP 1992, 804; BGH, WM 1992, 1674 = NJW 1992, 2690 unter 2; BGHSt 47, 187 = WM 2002, 564 unter B.IV.1.b.aa) und Schrifttum (vgl. etwa Bruhn-Mehlinger, Rechtliche Gestaltung des Sponsoring, 2. Aufl. 1995, Band I, S. 3 ff.; Krome, DB 1999, 2030; Weiand, NJW 1994, 227, 230) anerkannt. Er ist dadurch gekennzeichnet, dass eine Partei, der Sponsor, der anderen Partei, dem Gesponsorten, zur Förderung ihrer Aktivitäten auf sportlichem, kulturellem, sozialem oder ähnlich bedeutsamem gesellschaftspolitischen Gebiet Geld, Sachmittel oder Dienstleistungen zur Verfügung stellt und der Gesponsorte sich als Gegenleistung dazu verpflichtet, in bestimmter Weise über die Entfaltung der geförderten Aktivitäten die kommunikativen Ziele des Sponsors zu unterstützen (vgl. Weiand, a.a.O.). Das geschieht in der Praxis zwar vielfach dadurch, dass der Gesponsorte im Rahmen der von ihm oder unter seiner Beteiligung durchgeführten Veranstaltungen für das Unternehmen des Sponsors wirbt. Notwendiger Bestandteil der Gegenleistung ist eine solche Werbung freilich nicht. Vielmehr ermöglicht es § 311 BGB den Parteien, im Rahmen des rechtlich Zulässigen beliebige Leistungspflichten zu begründen (vgl. BGH, WM 1992, 1674 = NJW 1992, 2690 unter 2).

Im Streitfall bestand die vom Schuldner übernommene Gegenleistung darin, den Spielbetrieb mit allen Mannschaften bis zum Saisonende aufrechtzuerhalten, was dem insolventen Schuldner durch die zweckgerichtete finanzielle Unterstützung seitens der Beklagten zu 1) und Dritter ermöglicht werden sollte. Freilich wurde das "Zuendespielen" der Saison von den Vertragsparteien auch als Voraussetzung dafür angesehen, dass im Falle des Zustandekommens eines Insolvenzplanes der Schuldner selbst oder im Falle einer übertragenden Sanierung durch Ausgliederung der Mannschaften auf einen anderen Verein, etwa den im Dezember 2003 von Anhängern des Schuldners gegründeten 1. FC Lokomotive ......., durch die übergeordneten Fußballverbände die Berechtigung erhielt, auch in der darauffolgenden Saison die bestehenden Mannschaften in die jeweils bereits erreichte Spielklasse (Liga) zu entsenden. Erst nach Erreichen dieses Ziels sollte mit dem Schuldner oder dessen Nachfolger über die Einräumung von sporttypischen Werbemöglichkeiten, etwa Trikot- oder Bandenwerbung, zu Gunsten der (dann in ihrer Rechtsform planmäßig umgewandelten) Beklagten zu 1) verhandelt werden. Dass damit die Erfüllung der von ihr und dem Schuldner übernommenen Leistungspflichten auch der Vorbereitung eines möglichen (weiteren) Sponsoringvertrages diente, der schließlich nicht zustande kam, gibt der getroffenen Vereinbarung nicht die Rechtsnatur einer Schenkung.

Das Zahlungsversprechen der Beklagten zu 1) erfolgte nicht, wie beim Mäzenatentum, aus altruistischen Motiven, sondern über die dadurch gesicherte Fortsetzung des Spielbetriebs sollte der Schuldner die kommunikativen Ziele der Beklagten zu 1) fördern. Eine weitergehende Werbung für deren Unternehmen durch den Schuldner war dazu nicht erforderlich. In der dem Vertrag zugrunde gelegten Erwartung, eine für ihr geschäftliches Vorhaben aufgeschlossene öffentliche Meinung erzeugen zu können, übernahm es die Beklagte zu 1) vielmehr selbst, ihre zumindest in sportlicher Hinsicht unmittelbar wirkungsvolle Zahlungszusage gegenüber der Lokalpresse und Entscheidungsträgern im Bereich der Vergabe von Betriebslizenzen im Schienennahverkehr zu verlautbaren. Das belegen etwa das Schreiben vom 23.01.2004 (Anlage K 6, GA 95) an den Oberbürgermeister der Stadt ....... und die E-Mail vom 24.03.2004 (Anlage K 7, GA 46) an Redaktionen und Sportjournalisten der Lokalmedien, in denen die Beklagte zu 1) konkret auf ihre Unterstützung des in die wirtschaftliche Krise geratenen traditionsreichen Vereins verwies. Ob die Duldung der öffentlichen Bekanntmachung des Zahlungsversprechens und dessen Zwecks, wie der Kläger meint, bereits für sich genommen eine Gegenleistung des Schuldners darstellt, kann mit Rücksicht auf die vorbezeichnete (weitere) Gegenleistung dahingestellt bleiben.

Vergeblich wenden die Beklagten schließlich ein, der Schuldner habe nicht, wie zugesagt, mit allen Mannschaften den Spielbetrieb bis zum Saisonende aufrechterhalten. Das treffe, so ihre Behauptung, jedenfalls auf die seinerzeit in der "Oberliga Nordost - Staffel Süd" spielende 1. Herrenmannschaft zu, deren Spielklasse zu erhalten, der Beklagten zu 1) mit Rücksicht auf die für die darauffolgende Saison erwogenen Werbemaßnahmen besonders wichtig gewesen sei. Dem Senat ist, worauf er in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat, aus der Sportpresse bekannt (§ 291 ZPO), dass die 1. Herrenmannschaft des Schuldners die Saison 2003/2004 zu Ende geführt hat. Lediglich das für den 23.05.2004 angesetzte letzte Punktspiel beim VfB G....... ........... e.V. fand nicht mehr statt, Grund dafür war allerdings eine Absage durch den gastgebenden Verein. Zwar annulierte der Nordostdeutsche Fußballverband e.V. letztlich sämtliche Spiele der 1. Herrenmannschaft des Schuldners in der Saison 2003/2004 und übertrug nicht, wie erhofft, deren Spielberechtigung auf den neu gegründeten 1. FC Lokomotive ......., der im Übrigen die Damen- und Jugend-Mannschaften der Fußballabteilung des Schuldners einschließlich der jeweiligen Spielberechtigung übernahm. Eine Garantie für den Erhalt der Spielklasse der 1. Herrenmannschaft hatte der Schuldner gegenüber der Beklagten zu 1) indessen nicht übernommen.

2. Verzugszinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz kann der Kläger nicht, wie beantragt, seit dem 16.04.2004, sondern erst seit dem 17.08.2004 verlangen. Der Kläger selbst trägt vor, der Beklagten zu 1) mehrfach, zuletzt auf das Schreiben vom 30.06.2004 (Anlage K 4, GA 9) hin, die Forderung gestundet zu haben. Durch die Stundung wurde die Fälligkeit jeweils hinausgeschoben (vgl. BGH, NJW 1998, 2060, 2061). Verzug trat damit gem. § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB erst zum 17.08.2004 ein. Die Höhe der Zinsen ergibt sich aus § 288 Abs. 2 BGB.

3. Der Beklagte zu 2) haftet gem. § 11 Abs. 2 GmbHG als Handelnder für die durch ihn begründeten Verbindlichkeiten der noch immer nicht in das Handelsregister eingetragenen Beklagten zu 1).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1, § 97 Abs. 1, § 516 Abs. 3 Satz 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht gegeben sind, sieht der Senat keinen Anlass für eine Zulassung der Revision.

Ende der Entscheidung

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