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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Urteil verkündet am 21.02.2001
Aktenzeichen: 18 U 1948/00
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 428 Satz 1
BGB § 425
BGB § 422
BGB § 429 Abs. 3 S. 1
BGB § 249
ZPO § 845
ZPO § 296a
ZPO § 835
ZPO § 840 Abs. 2 S. 2
ZPO § 835 Abs. 1 2. Alt.
ZPO § 835 Abs. 1 1. Alt.
ZPO § 836 Abs. 1
ZPO § 845 Abs. 2 Satz 1
ZPO § 930
ZPO § 845 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 840 Abs. 2
ZPO § 840 Abs. 1
ZPO § 835 Abs. 1
ZPO § 840 Abs. 1 Ziff. 1
ZPO § 840 Abs. 1 Ziff. 2
ZPO § 840 Abs. 1 Ziff. 3
ZPO § 91
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
- 18 U 1948/00 -

Leitsatz:

Wirksamkeit der Verfügung eines Mitinhabers eines Oder-Kontos über eine (auch) ihm zustehende Auszahlungsforderung gegen die Bank trotz einer die Auszahlungsforderung des anderen Kontomitinhabers betreffenden Vorpfändung gemäß § 845 ZPO (Abweichung von: OLG Stuttgart, Urteil vom 20.12.1995, InVO 1999, 150 ff., 152).


Oberlandesgericht Dresden IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 18 U 1948/00 8 O 5985/99 LG Chemnitz

Verkündet am 21.02.2001

Die Urkundsbeamtin: Justizsekretärin

In dem Rechtsstreit

- Kläger und Berufungsbeklagter -

Prozessbevollmächtigte: ,

gegen

- Beklagte und Berufungsklägerin -

Prozessbevollmächtigte:

wegen Zahlung

hat der 18. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 31.01.2001 durch Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht , Richterin am Oberlandesgericht und Richterin am Amtsgericht

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 26.06.2000 verkündete Urteil des Landgerichts Chemnitz, Aktenzeichen 8 O 5985/99, abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Anschlussberufung des Klägers wird zurückgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens I. und II. Instanz zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe

I.

Der Rechtsstreit ist zur Entscheidung reif (§ 300 Abs. 1 ZPO). Das neue Vorbringen des Klägers mit dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 09.02.2001 - insbesondere die Behauptung, nach Auskunft von Frau K. (fortan: Schuldnerin) seien im Jahre 2000 umfangreiche Gutschriften auf dem bei der Beklagten geführten Girokonto Nr. (...) eingegangen, zum 31.12.2000 habe dieses ein Guthaben von ca. DM 46.000,00 aufgewiesen, - rechtfertigt nach der Überzeugung des Senats nicht die Wiedereröffnung der Verhandlung (§ 156 ZPO; Zöller-Greger, ZPO, 22. Aufl., Rdzn. 4, 5 zu § 156) und bleibt demgemäß unberücksichtigt (§ 296a ZPO). Entsprechendes gilt auch für den mit Schriftsatz vom 09.02.2001 angekündigten, die Zahlungsklage ändernden und erweiternden Antrag. Letzterer stellt zwar kein Angriffs- und Verteidigungsmittel im Sinne von § 296a ZPO dar, er ist aber nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung gleichwohl unbeachtlich (Stein/Jonas-Leipold, Kommentar zur ZPO, 21. Aufl., Bd. 3, Rdz. 15 zu § 296a; Hans. OLG, MDR 1995, 526; OLG München, MDR 1981, 502 f., 503). Der Senat hat daher auch von einer Zustellung des genannten Schriftsatzes an die Beklagte abgesehen, weil die Einreichung einer Klageänderung und/oder -erweiterung nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung - in zweiter Instanz - die Wiedereröffnung der Verhandlung nicht rechtfertigt und die geänderten Anträge daher im Falle der Zustellung als unzulässig abzuweisen gewesen wären (vgl. auch: BGH, Urteil vom 19.04.2000, Az.: XII ZR 334/97 - Unzulässigkeit einer nach Schluss der mündlichen Verhandlung erhobenen Widerklage; BGH, Beschluss vom 12.05.1992, NJW-RR 1992, 1085 - Abweisung einer nach Schluss der mündlichen Verhandlung erhobenen Widerklage ohne mündliche Verhandlung als unzulässig). Dem Kläger bleibt es unbenommen, sein nunmehriges Begehr vor dem - zuständigen - erstinstanzlichen Gericht zu verfolgen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache Erfolg, die - ebenfalls zulässige - Hilfsanschlussberufung des Klägers ist demgegenüber unbegründet.

1. Auf die "berichtigte" Drittschuldnererklärung der Beklagten vom 04.08.1999 (§ 840 Abs. 1 ZPO) und die hierin enthaltene Erklärung, zum Zeitpunkt der "Zustellung der Pfändung" habe das bei der Filiale der Beklagten in C. geführte Konto Nr. (...) ein Guthaben von DM 41.802,52 aufgewiesen, kann der Kläger sein Auszahlungsbegehren nicht stützen. In Übereinstimmung mit dem Bundesgerichtshof (BGHZ 69, 328 ff.) ist auch der Senat der Auffassung, dass die Drittschuldnererklärung im Sinne von § 840 Abs. 1 ZPO nicht als Zahlungsversprechen, als konstitutives oder deklaratorisches Schuldanerkenntnis (§§ 780, 781 BGB) zu werten ist, sondern als rein tatsächliche Auskunft. Der Drittschuldnererklärung kommt damit lediglich eine Indizwirkung für die Richtigkeit der von der Beklagten abgegebenen "Wissenserklärung" (BGH, a.a.O., S. 332) zu, weshalb sie gehalten war, zu beweisen, dass die gepfändete Forderung nicht bestand. Diesen Beweis hat sie, was den Forderungsteil von DM 41.000,00 anbelangt, zur Überzeugung des Senats geführt. Nach den in Übereinstimmung mit den als Anlagen B2a, B3 und B4 vorgelegten Kontoauszügen stehenden Angaben des in erster Instanz als Zeugen vernommenen Kontomitinhabers O. wurde gemäß dessen Auftrag vom 02.06.1999 am 07.06.1999 und damit vor Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 07.06.1999 am 09.06.1999 ein Betrag von DM 41.000,00 von dem streitbefangenen Konto abgebucht. Weitere DM 750,00 hat die Beklagte am 09.08.1999 an den Kläger ausgekehrt. Zu dem Restbetrag von DM 52,52 hat sie sich zwar im Verfahren nicht erklärt. Wie aus den zu den Akten gereichten Kontoauszügen ersichtlich ist, kann sie jedoch von den Inhabern der streitgegenständlichen Bankverbindung Kontoführungsgebühren in Höhe von DM 15,00/Quartal beanspruchen, weshalb sie, zumal in der Zeit vom 09.08.1999 bis zum 31.12.1999 keinerlei Kontobewegungen zu verzeichnen waren, hinsichtlich ihrer bestehenden und künftigen eigenen Forderungen, wie bereits im Rahmen der Drittschuldnererklärung angekündigt, berechtigt von ihrem Pfand- und Verwertungsrecht nach §§ 14 Abs. 1 und 2, 17 AGB-Banken Gebrauch machen kann.

2. Die dem Kläger mit Beschluss vom 7.6.1999 überwiesene Auszahlungsforderung der Schuldnerin gegen die Beklagte ging damit - abgesehen von der bereits ausgekehrten Teilforderung von DM 750,00 - ins Leere; der Kontomitinhaber O. konnte über die (auch) ihm zustehende Forderung vor Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses wirksam zu seinen Gunsten verfügen.

2.1. Bei dem "gepfändeten" Konto handelt es sich, wie aus dem Konto-Eröffnungsantrag vom 31.07.1998 ersichtlich ist und von dem Kläger auch nicht bestritten wurde, um ein gemeinschaftliches, ein sogenanntes Oder-Konto der Schuldnerin und des Zeugen O.. Das Oder-Konto ist eine neben dem Und-Konto häufige Form des Gemeinschaftskontos. Anders als bei dem Und-Konto ist jeder Mitinhaber eines Oder-Kontos berechtigt, allein und unbeschränkt über Guthaben oder Kredit zu verfügen. Das Verhältnis der Mitinhaber zur kontoführenden Bank wird von der herrschenden Meinung (vgl. nur die Nachweise bei: Staudinger, Hopt/Mühlbert, 12. Aufl., Vorbemerkung 148 vor §§ 607 ff.; Wagner, Pfändung der Deckungsgrundlage - ungeklärte Fragen bei der Zwangsvollstreckung in Girokonten, ZIP 1985, 849 ff., 855; BGHZ 93, 315 ff., 320) rechtlich als modifizierte Gesamtgläubigerschaft bewertet, modifiziert, weil der Schuldner entgegen dem Leitbild des § 428 Satz 1 BGB nicht "nach seinem Belieben an jeden der Gläubiger (zu) leisten" berechtigt, vielmehr verpflichtet ist, an den Gesamtgläubiger zu leisten, der Zahlung verlangt (Palandt-Heinrichs, BGB, 60. Aufl., Rdz. 3 zu § 428; Wagner, a.a.O.; Gernhuber, Oder-Konten von Ehegatten, WM 1997, 645 ff., 645).

Mit der jeweils eigenen Forderungszuständigkeit jedes der Gesamtgläubiger in Bezug auf die auf einem Oder-Konto vorhandenen Guthaben korrespondiert auch dessen grundsätzliche Befugnis, über die Forderung - beispielsweise im Wege der Abtretung - zu verfügen. Ebenso wie bei der Gesamtschuld liegen mehrere selbständige, allein abtretbare Forderungen vor, die lediglich durch die Einheitlichkeit der Tilgungswirkung miteinander verbunden sind (Palandt-Heinrichs, a.a.O., Rdz. 1 zu § 428). Es besteht daher auch Einigkeit darüber, dass das gesamte auf einem Oder-Konto angesparte Guthaben durch Gläubiger eines Kontomitinhabers aufgrund eines nur gegen diesen gerichteten Titels gepfändet werden kann (Wagner, a.a.O.). Für die Frage der Pfändbarkeit kommt es nicht darauf an, wem die Forderung gegen die Bank im Innenverhältnis (§ 430 BGB) zustehen mag (BGHZ 93, a.a.O.). Streitig ist allein, ob und ggf. bis zu welchem Zeitpunkt die übrigen Kontomitinhaber zur Verfügung über die gepfändete und überwiesene Forderung berechtigt bleiben bzw. die Bank verpflichtet ist, deren Verfügungen zu beachten. Auf die insoweit von Rechtsprechung und Literatur vertretenen unterschiedlichen Auffassungen kommt es indes vorliegend nach der Überzeugung des Senats im Ergebnis deshalb nicht an, weil die Auszahlung des auf dem maßgeblichen Konto vorhandenen Guthabens an den Zeugen O.s bereits vor Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an die Beklagte erfolgte und die Zustellung des vorläufigen Zahlungsverbotes im Sinne vom § 845 ZPO - 21.05.1999 - lediglich die Rückbeziehung der Wirkungen der Pfändung, nicht hingegen (auch) derjenigen der Überweisung zur Folge hatte.

a. So bedurfte es zwar in dem der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 24. Jan. 1985 (BGHZ 93, a.a.O., S. 321) zugrunde liegenden Sachverhalt "keiner Entscheidung, ob bei der Pfändung in die Einlagenforderung eines Inhabers eines Oder-Kontos die übrigen Kontoinhaber, weil deren Forderung von der Pfändung nicht betroffen ist, weiterhin über diese verfügen können und die Bank, solange der gepfändete Betrag nicht an den Pfandgläubiger ausgezahlt worden ist, zur Leistung an sie berechtigt bleibt". Ausweislich des Tatbestandes waren jedoch in der vom Bundesgerichtshof entschiedenen Sachverhaltskonstellation nach Zustellung einer von der Vollstreckungsstelle eines Finanzamtes erlassenen Pfändungs- und Einziehungsverfügung (§§ 309, 314 AO; die Regelungen über die Wirkungen der Pfändung - § 282 AO - und der Einziehungsverfügung - § 315 Abs. 1 AO - entsprechen inhaltlich den Regelungen in §§ 804, 836 ZPO) Verfügungen des dort beklagten Kontomitinhabers über auf dem Oder-Konto eingegangene Gelder erfolgt. Dass der Bundesgerichtshof die Wirkungen "der Pfändung" auf den Fortbestand der Verfügungsbefugnis des Kontomitinhabers hat dahinstehen lassen, lässt vor diesem tatsächlichen Hintergrund nicht den Schluss zu, maßgeblich seien allein die Pfändungswirkungen, ohne dass es auf die Einziehung der gepfändeten Forderung ankäme. Solches ergibt sich auch nicht etwa aus der vom Bundesgerichtshof zitierten Kommentierung von Canaris (Großkommentar zum Handelsgesetzbuch, Bankvertragsrecht, 2. Bearb., Rdzn. 224, 225 und 228). Zwar stellt auch Canaris lediglich auf "die Pfändung" ab, seine Auffassung, wonach die Bank zur Leistung an die übrigen Kontoinhaber berechtigt ist, solange der gepfändete Betrag nicht an den Pfandgläubiger ausgezahlt worden ist, setzt jedoch - inzidenter - das Vorliegen einer Überweisung zur Einziehung i.S.v. § 835 Abs. 1 ZPO voraus, denn nur in diesem Falle erfolgt die - das Auszahlungsverlangen des Pfändungsgläubigers legitimierende - Ersetzung der "förmlichen Erklärungen des Schuldners, von denen nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts die Berechtigung zur Einziehung der Forderung abhängig ist".

b. Hiermit in Übereinstimmung steht auch, dass der eigentliche Streit in der Literatur nicht die Frage betrifft, ob bereits die Pfändung der Forderung eines der Kontomitinhaber die Befugnis des anderen, über seine Forderung weiterhin frei zu verfügen, "einschränkt". Umstritten ist vielmehr, ob Pfändung und Überweisung der Einzelforderung, das Auszahlungsverlangen des Vollstreckungsgläubigers oder erst die Auszahlung an diesen zu einer Beschränkung der Rechte des anderen Gesamtgläubigers führen. So halten verschiedene Autoren (vgl. Canaris, a.a.O., Rdz. 228; Gößmann, Bankrechtshandbuch, Rdz. 2/150; Hadding, Bankrecht und Bankpraxis, Rdzn. 14, 15 zu § 35; Gernhuber, a.a.O., S. 650) die Bank für berechtigt, trotz Pfändung und Überweisung an die übrigen Kontoinhaber mit Wirkung gegen den Vollstreckungsgläubiger zu leisten, solange der gepfändete Betrag noch nicht an diesen ausbezahlt worden ist. Für diese Ansicht sprechen die Bestimmungen der §§ 422, 425, 429 Abs. 3 Satz 1 BGB: danach wirkt die Erfüllung an einen Gesamtgläubiger auch gegen die übrigen, nicht aber Pfändung und Überweisung der Einzelforderung. Die Gegenauffassung (vgl. Wagner, a.a.O., Seite 856; Karsten Schmidt, MünchKomm zum BGB, Rdz. 51 zu § 741; Wagner, Interventionsrecht des Kontomitinhabers gegen die Zwangsvollstreckung in Oder-Konten, WM 1991, 1145 ff., 1146, 1147) verweist auf die mit der Errichtung eines Oder-Kontos vereinbarte Abweichung von § 428 Satz 1 BGB dahin, dass die Bank kein Wahlrecht hat, sondern an den Kontomitinhaber leisten muss, der Leistung verlangt. Zwar ist auch nach der von den vorzitierten Autoren vertretenen Auffassung die Pfändung als solche - genauer: die Zustellung des Pfändungsbeschlusses an die Bank als Drittschuldnerin - noch nicht als Geltendmachung der gepfändeten Einlageforderung zu erachten, wohl aber die im Regelfall gleichzeitige Zustellung des Überweisungsbeschlusses gem. § 835 ZPO. Denn die Überweisung verschafft dem Vollstreckungsgläubiger die zur Ausübung der Gläubigerrechte anstelle des bis dahin berechtigten Vollstreckungsschuldners erforderliche Rechtsposition: Im Falle der Überweisung an Zahlungs statt gem. § 835 Abs. 1 2. Alt. ZPO die Gläubigerschaft an der gepfändeten Forderung selbst, im Regelfall der Überweisung zur Einziehung gem. § 835 Abs. 1 1. Alt. ZPO ein selbstständiges Einziehungsrecht (vgl. statt vieler Wagner: WM 1991, a.a.O.).

c. Die gegen diese Auffassung von Hadding (a.a.O.), Gernhuber (a.a.O.) und Gößmann (a.a.O.) vorgetragenen, durchaus beachtlichen Argumente - insbesondere der auf den Wortlaut des § 836 Abs. 1 ZPO gestützte Hinweis darauf, dass die Überweisung des Einziehungsrechtes noch nicht mit dessen Geltendmachung gleichzusetzen sei (vermittelnd: Gößmann, a.a.O., wonach ggf. in der Aufforderung zur Abgabe einer Drittschuldnererklärung gem. § 840 ZPO ein Zahlungsverlangen des Vollstreckungsgläubigers zu sehen sei) - bedürfen hier keiner vertieften Erörterung. Denn diese Sachverhaltskonstellation ist vorliegend gerade nicht gegeben. Vielmehr erfolgte die Auszahlung des maßgeblichen Betrages von DM 41.000 an den Kontomitinhaber O. am 7.6.1999 und damit vor Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses am 9.6.1999. Die in § 836 Abs. 1 ZPO normierten Wirkungen der Überweisung waren mithin zum Zeitpunkt der hier maßgeblichen Verfügung noch nicht eingetreten, weshalb ein etwa dem Überweisungsauftrag des Zeugen O. entgegenstehendes Auszahlungsverlagen des Pfändungsgläubigers auch nach der von Karsten Schmidt und Wagner vertretenen Auffassung zum damaligen Zeitpunkt noch nicht vorlag.

2.2. Soweit das Landgericht wie auch die von diesem in Bezug genommene Entscheidung des OLG Stuttgart vom 20.12.1995 (InVo 1999, 150 ff., 152) die Auffassung vertreten, die Wirkungen von Pfändung und Überweisung seien in Folge der von der Klägerin auch hier erwirkten Vorpfändung gem. § 845 ZPO bereits mit Zustellung des vorläufigen Zahlungsverbotes am 21.5.1999 eingetreten, lässt dies unberücksichtigt, dass der Vorpfändung gem. § 845 Abs. 2 Satz 1 ZPO lediglich die Wirkung eines Arrestes i.S.v. § 930 ZPO zukommt. Danach hat die Vorpfändung, sofern - wie hier - die Frist des § 845 Abs. 2 Satz 2 ZPO gewahrt wird, lediglich eine Rückbeziehung der Wirksamkeit der rechtzeitig nachfolgenden Pfändung auf den Zeitpunkt der Vorpfändung zur Folge, d.h. allein die Pfändungswirkungen - Beschlagnahme und Pfändungspfandrecht (vgl. § 804 ZPO) - werden auf den Zeitpunkt der Vorpfändung zurückdatiert (vgl. Zöller-Stöber, ZPO, 22. Aufl., Rdz. 5 zu § 847; Zöller-Vollkommer, a.a.O., Rdz. 1 zu § 930). Mit der Pfändung erlangt der Gläubiger jedoch lediglich die Rechtsstellung, die ein Rechtspfandgläubiger nach BGB vor Pfandreife hat. Er kann die Sicherung der gepfändeten Forderung betreiben, aus ihr - ohne Überweisung (§ 835) - Befriedigung aber nicht suchen, sie insbesondere nicht allein einziehen. Der Gläubiger kann daher allenfalls verlangen, dass eine fällige Forderung an ihn und den Schuldner gemeinsam geleistet oder für beide hinterlegt wird (Zöller-Stöber, a.a.O., Rdz. 17 zu § 829).

Der Ansicht von Putzo (Thomas/Putzo, ZPO, 22. Aufl., Rdz. 44 zu § 829), "die Pfändung" gegen einen der Inhaber sperre "das Konto" gegenüber allen anderen, ist bereits entgegenzuhalten, dass die Pfändung sich nicht auf "das Konto", sondern allein auf die Auszahlungsforderung des Pfändungsschuldners bezieht. Zudem trägt der von Putzo in Bezug genommene Aufsatz von Wagner (ZIP 1985, 849 ff, 856) dieses Ergebnis nicht, denn auch Wagner behandelt lediglich die Folgen der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses. Soweit ersichtlich vertritt allein Stöber (Forderungspfändung, 12. Aufl., Rdz. 341, Fußnote 38) die - nicht näher begründete - Auffassung, es sei "schwerlich nachvollziehbar", warum nicht auch die Pfändung allein als - vorrangiges und damit für die Bank allein maßgebliches - Leistungsverlangen anzusehen sein solle. Dem ist indes entgegenzuhalten, dass die Pfändung für sich lediglich der Sicherung der (Vollstreckungs-)Ansprüche des Gläubigers dienen kann, wohingegen er erst infolge der Überweisung deren Beitreibung verfolgen kann. Jedenfalls aber wäre für eine Beschränkung der Verfügungsbefugnisse des Kontomitinhabers ein ausdrückliches Verlangen des Pfändungsgläubigers, die fällige Forderung an ihn und den Schuldner gemeinsam zu leisten oder für beide zu hinterlegen, vorauszusetzen. Allenfalls in diesem, hier jedoch nicht gegebenen Falle nämlich könnte - ausgehend von der von Wagner (a.a.O.) und Karsten Schmidt (a.a.O.) vertretenen Ansicht - eine Gleichsetzung von Vorpfändung und vorrangigem Auszahlungsverlagen in Erwägung gezogen werden. Denn anders als bei der gemäß § 840 Abs. 2 ZPO zusammen mit dem Pfändungsbeschluss zuzustellenden Aufforderung zur Abgabe einer Drittschuldnererklärung (§ 840 Abs. 1 ZPO), liegen im Falle einer Vorpfändung keine die Annahme eines konkludenten Zahlungsverlangens des Pfändungsgläubigers rechtfertigenden Umstände vor.

3. Dieses, mit den Bestimmungen in §§ 422, 425, 429 Abs. 3 S. 1 BGB in Übereinstimmung stehende Ergebnis ist schließlich - entgegen der von dem Kläger vertretenen Auffassung - auch nicht unbillig. Der Bundesgerichtshof hat bereits mit Urteil vom 11.7.1979 (WM 1979, 1101 f., 1102) festgestellt, dass der Schuldner von Gesamtgläubigern den Versuch eines Pfändungsgläubigers, sich im Wege der Zwangsvollstreckung Befriedigung aus einer (Gesamtgläubiger-) Forderung zu verschaffen, jederzeit dadurch zum Scheitern bringen kann, dass er an einen der übrigen Gesamtgläubiger leistet. Zwar lag der genannten Entscheidung ein mit den von der Rechtsprechung in Bezug auf Oder-Konten entwickelten Grundsätzen nicht ohne weiteres vergleichbarer Sachverhalt zugrunde. Dennoch lässt sich der Entscheidung der Grundsatz entnehmen, dass es auch nach der Auffassung des Bundesgerichtshofs im Falle des Vorliegens einer "Gesamtgläubigerbindung" mit der Rechtsordnung nicht unvereinbar ist, wenn Zwangsvollstreckungsmaßnahmen deshalb leerlaufen, weil der gleichermaßen berechtigte andere Gesamtgläubiger die Forderung für sich beansprucht. Entsprechendes ergibt sich auch aus denjenigen Entscheidungen, die sich mit dem Konkurs eines der Inhaber eines Oder-Kontos befassen (vgl. BGHZ 95, 185 ff.). Auch in derartigen Fällen ist der Gläubiger des betroffenen Gesamtgläubigers gehalten, in einen etwaigen Ausgleichsanspruch des "leer ausgegangenen" Kontomitinhabers gegen den anderen Gesamtgläubiger zu vollstrecken.

III.

Die in zulässiger Weise für den Fall des Erfolges des Rechtsmittels der Beklagten eingelegte (vgl. BGH, NJW 1984, 1240 ff., 1241) Hilfsanschlussberufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Dabei bedarf es keiner Entscheidung, ob dem Kläger, wie die Beklagte meint, ein Feststellungsinteresse (§ 256 ZPO) deshalb abzusprechen sein mag, weil eine Bezifferung der ihm erwachsenen Prozesskosten im Senatstermin vom 31.01.2001 möglich gewesen wäre, denn der Kläger hat jedenfalls einen auf der Drittschuldnererklärung der Beklagten beruhenden Schaden im Sinne von § 840 Abs. 2 S. 2 ZPO nicht zur Überzeugung des Senats dargetan (zur Zulässigkeit einer Abweisung in der Sache trotz des etwa fehlenden Feststellungsinteresses: Zöller-Greger, a.a.O., Rdz. 7 zu § 256).

Grundsätzlich kann zwar der Gläubiger, der mangels Auskunftserteilung (so: BGHZ 79, 275 ff.) oder auf der Grundlage einer falschen bzw. unvollständigen Auskunft (so: BGH NJW 1987, 64 f.) des Drittschuldners gegen diesen eine unbegründete Zahlungsklage erhoben hat, zu einer Klage auf Feststellung der Haftung des Drittschuldners für den aus der Nichterfüllung der Auskunftsverpflichtung entstandenen Schaden übergehen. Allerdings soll - und unter geringstmöglicher Belastung des Drittschuldners - durch die im Interesse des Pfändungsgläubigers in § 840 Abs. 2 S. 2 ZPO getroffene Regelung nur dessen Entscheidung erleichtert werden, ob er aus der gepfändeten angeblichen Forderung des Schuldners gegen den Drittschuldner vorgehen solle oder nicht. Nur zu diesem Zweck und in dem durch die Pfändung gezogenen Rahmen ist dem an den Rechtsbeziehungen zwischen dem Gläubiger und dessen Schuldner im allgemeinen nicht beteiligten Drittschuldner die Auskunftsverpflichtung und die Haftung aus deren Nichterfüllung auferlegt. Diese geht deshalb nicht weiter, als den Gläubiger gemäß § 249 BGB so zu stellen, wie er bei Erfüllung der Auskunftsverpflichtung durch den Drittschuldner gestanden hätte (BGH NJW 1987, a.a.O., 65). Anspruchsvoraussetzung ist daher immer, dass sich der sich aus der vergeblichen Prozessführung ergebende Schaden als Folge der unrichtigen oder unterbliebenen Auskunft darstellt (OLG Hamm, MDR 1987, 770). An diesem Ursachenzusammenhang fehlt es hier. Zwar war die "berichtigte" Drittschuldnererklärung der Beklagten vom 04.08.1999 insofern objektiv unzutreffend, als danach - bezogen auf den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 07.06.1999 und den Zeitpunkt der "Zustellung der Pfändung" - das maßgebliche Konto ein Guthaben von DM 41.802,52 aufgewiesen haben soll. Wäre die Beklagte der sie nach § 840 Abs. 1 Ziff. 1 bis 3 ZPO treffenden Auskunftspflicht in vollem Umfang nachgekommen, dann würde sie den Kläger nicht nur über das Bestehen eines eigenen Forderungsrechtes (auch) des Kontomitinhabers O. aufgeklärt haben (vgl. hierzu: Zöller-Stöber, a.a.O., Rdz. 5 zu § 849), sondern auch darüber, dass das anläßlich der Vorpfändung vorhandene Guthaben zum Zeitpunkt der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses bereits wieder abgebucht worden war. Indes kann in Würdigung der Gesamtumstände nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger im Falle einer solcherart vollständigen und zutreffenden Auskunftserteilung von einer Klageerhebung abgesehen hätte. Die Beklagte hat die Angaben in ihrer Drittschuldnererklärung bereits im Rahmen der Klageerwiderung richtiggestellt. Ihr Tatsachenvorbringen hat der Kläger zunächst bestritten, im Anschluss an die vom Landgericht hierauf durchgeführten Beweisaufnahme hat er sodann die Rechtsauffassung vertreten, bereits die Vorpfändung habe eine Beschränkung der Befugnis des Kontomitinhabers O., über die gepfändete Forderung zu verfügen, bewirkt. Es ist vor diesem Hintergrund davon auszugehen, dass er jedenfalls die zwischen den Parteien streitigen Rechtsfragen auch im Falle einer bereits vorprozessual richtigen und vollständigen Auskunftserteilung einer gerichtlichen Klärung zugeführt, mithin nicht wegen, sondern trotz der Auskunft Klage erhoben hätte (so auch: OLG Hamm, a.a.O.). Entsprechendes gilt auch für die Aufrechterhaltung und Erweiterung des Zahlungsantrages noch im Anschluss an die erstinstanzliche Beweisaufnahme: Auch wenn der Gläubiger den Rechtsstreit in der Hauptsache fortsetzt, obgleich die Auskunft nachträglich erteilt oder richtiggestellt wird, stellen sich die "unnütz" aufgewendeten Prozesskosten nicht als ersatzfähiger Schaden dar (Zöller-Stöber, a.a.O., Rdz. 13 zu § 840).

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Der Gegenstandswert des Berufungsverfahrens und die Beschwer des Klägers betragen jeweils DM 55.002,92, hierin ist der Gegenstandwert des im Wege der Hilfsanschlussberufung erhobenen Feststellungsantrages mit DM 13.950,40 (80% der voraussichtlichen Kosten des Verfahrens beider Instanzen von - geschätzt - DM 17.438,00) enthalten.

Die Revision wird nicht zugelassen; der Senat weicht mit dem vorliegenden Urteil, wie sich aus den vorstehenden Ausführungen (insbes. II.2. und 3) ergibt, nicht von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes oder des Gemeinsamen Senates der obersten Gerichtshöfe des Bundes ab (§ 546 Abs. 1 S. 2 Ziff. 2 ZPO). Auch hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung (§ 546 Abs. 1 S. 2 Ziff. 1 ZPO). Die vorliegende Fallgestaltung betrifft weder die vom BGH mit Urteil vom 24.O1.1985 (BGHZ 93, 315 ff., 321) offengelassene Frage, noch haben sich bislang Rechtsprechung und Literatur mit den etwaigen Auswirkungen einer Vorpfändung auf die Befugnis des Mitinhabers eines Oder-Kontos, über die (auch) ihm zustehende Auszahlungsforderung zu verfügen, argumentativ auseinandergesetzt. Vielmehr haben, soweit ersichtlich, bislang allein das OLG Stuttgart sowie vorliegend das Landgericht die Auffassung vertreten, bereits die Vorpfändung entfalte die (möglicherweise) mit der Zustellung des Überweisungsbeschlusses verbundenen Wirkungen. Allein die Abweichung von einer OLG-Entscheidung rechtfertigt für sich jedoch noch nicht die Zulassung der Revision. Vielmehr ist es nach der Überzeugung des Senats bei einer - wie hier - (noch) nicht kontrovers diskutierten Rechtsfrage angebracht, zu einer Klärung der Problematik durch Austragen der Kontroverse zunächst im Bereich der Oberlandesgerichte beizutragen (ebenso: Zöller-Gummer, a.a.O., Rdz. 35 zu § 546).

Ende der Entscheidung

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